Wie hat man keine Depressionen?

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Wie hat man keine Depressionen?

Beitrag Fr., 21.01.2011, 00:37

Hallo,

vor ein paar Tagen ist mir die Frage aufgekommen, warum die meisten Leute eigentlich keine Depressionen haben. Wie fühlt man sich als "normaler" Mensch? Wie geht man als nichtdepressiver Mensch um mit den Leistungsanforderungen, die das Leben einem stellt?
Wie erträgt man es:
-dass es so viele hübschere Menschen gibt als man selber
- so viele Menschen es schaffen ihre Talente besser nutzen und großartiges erreichen
- wie kann man einen normalen Beruf a la Lehrer oder Bäcker erlernen ohne dadurch auf die Idee zu kommen, dass man ein scheiß verwirktes 0815 Leben führt welches absolut keinen tieferen Sinn behinhält außer reines Dahinvegetieren?
- dass andere Menschen besser ankommen bei Mitmenschen, charismatischer sind und die hübscheren Partner finden?
- intelligenter und gebildeter sind
- einen besseren Job haben, mehr Geld und genau das erreicht haben, wovon man immer träumt aber genau weiß, dass man dieses Ziel nie erreichen wird?
- man nicht das Leben leben kann, welches einem als Ideal durch die Medien vermittelt wird?
- die meisten einen besseren Freundeskreis haben, in dem sie wirklich aufzugehen scheinen

Ich könnte ewig so weiter machen, aber ich denke ihr wisst, worauf ich hinaus will.
WIe geht sowas? Warum ist das Leben so, aber die meisten Menschen scheinen keinerlei Probleme dadurch zu bekommen?
Es ist mir unbegreiflich, und ich frage mich, warum ich das nicht kann? Sind es soziale Kontakte die einem Rückhalt geben, und die einen dermaßen stärken, dass alle Scheiße die von außen auf einen einfällt einfach abperlt wie Tropfen Wasser? Mir kommt deshalb der Gedanke, da soziale Kontakte einfach das sind, was ich nicht habe, bzw. einfach nicht haben kann, weil ich scheinbar unfähig dazu bin und verlernt habe, wie man überhaupt soziale Kontakte knüpft und aufrecht erhält. Für die meisten Menschen das einfachste der Welt und ganz natürlich - so wie atmen - aber ich kann es scheinbar einfach nicht.
Ich bin mir sicher, dass es aber auch noch andere Faktoren geben muss, die Menschen lebensfähig machen und ihnen scheinbar erfolgreich das Gefühl vermitteln, dass sie ein lebenswertes Leben leben. Die meisten anderen Menschen betreiben mindestens eine Sportart und haben irgendwelche Hobbys, aber wie bekommt man durch soetwas lächberliches das Gefühl, dass man ein erfülltes Leben lebt? Wenn ich irgendwleche Interessen habe (ich bin viel zu antriebslos um irgendwelchen Sachen ernsthaft und ehrgeizig nachzugehen), werde ich mir dadurch nur wieder meiner Unzulänglichkeiten und Minderwertigkeit bewusst, da es immer Menschen gibt, die darin "besser" und kompetenter sind als man selber und mich meine Antrieblosigkeit einfach von allem abhält?

Wahrscheinlich bin ich hier falsch, wenn ich frage wie man als normaler Mensch lebt, aber ich finde es einfach unbegreiflich wie man heutzutage ein Leben führen kann, ohne an diesem zu Grunde zu gehen. Depression wird ja immer als Volkskrankheit gehandet; ich wundere mich vielmehr warum sie eigentlich keine ist und nur eine Minderheit psychisch nicht mit dem Leben klarzukommen scheint.
Also, was macht das Leben für euch lebenswert? Woher erhaltet ihr eure Kraft, und warum haben viele von uns/euch diesen Schutzpanzer nicht?
Zuletzt geändert von Procrastinator am Fr., 21.01.2011, 03:54, insgesamt 1-mal geändert.

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chandelle
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Beitrag Fr., 21.01.2011, 00:44

Hallo!

Gerade Deine Punkte, die nicht depressive Menschen beschreiben, finde ich eher bei depressiven wieder.

chandelle

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Beitrag Fr., 21.01.2011, 00:49

versteh ich jetzt nicht ganz..

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chandelle
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Beitrag Fr., 21.01.2011, 01:22

Ich kann Dir das nicht erklären. Meinst Du denn dass Du wirkich immer depressiv warst?

chandelle

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Rezna
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Beitrag Fr., 21.01.2011, 01:30

Finde ich höllisch interessant.... und ich habe keine Ahnung. Ich schreibe aber, weil da bei mir ein kleiner Funke auf ging, als du das Soziale ansprachst. Ich empfinde mich selber als unfähigen Tölpel, was das Knüpfen und aufrechterhalten sozialer Kontakte im näheren Bereich betrifft - also Freunde. Ich habe viele Geschwister und die haben bei mir wohl diese Funktion, die anderer Menschen Freunde erfüllen. Aus einem einfachen Grund: Sie können nicht weglaufen, sie sind durch das Blut und den Mythos Familie mit mir verknüpft. Wären sie nicht meine Geschwister, sie wären nicht meine Freunde - weil ich nicht in der Lage wäre, den kontakt so aufrech zu erhalten. Eine weile ließ ich mich von dem gedanken verführen: Hätte ich meine Geschwister nicht, hätte ich zwangsläufig Freunde. Das glaube ich aber mittlerweile nicht mehr. Warum? Weil ich, selbst wenn ich tagelang, oder wochenlang alleine bin, ich deswegen nicht jeden Trottel in meinem Leben wünsche. Ich habe lieber keine Menschen um mich, als die Falschen. Mich strengen die falschen Menschen so derbe an, dass ich Erholung brauche. Das ist es ja auch nicht unbedingt. Glücklich bin ich damit aber auch nicht, weil ich mir einrede, es gäbe die richtigen Menschen, ich wäre nur zu blöd, sie zu finden und dann mit ihnen bekannt zu werden.

Wie man sehenden Auges mit der Mittelmäßigkeit des Lebens zurechtkommt, ohne sich den Kopf in die Schlinge zu legen, das weiss ich nicht. Ich kanns nicht. Ich habe mich aber auch oft gefragt, wie das sein muss. Es gab Phasen in meinem Leben bisher, die ich als "streckenweise Depressionspausiert" definieren könnte, und in denen ich... tja, einfach nur dumm war. Ich hab mir keine Gedanken gemacht - und wieso auch immer, durch welche glückliche chemische Fügung, dachte ich weniger nach über mich und das Leben und das was ich tu und das in welchem Zusammenhang irgendetwas mit irendetwas steht und wie das alles im größeren Kontext oder dem winzigen Detail... und überhaupt. Ich träumte schon immer von diesem Ideal, einfach "sein Leben zu leben". Kleiner Job, kleine Wohnung, nach acht Stunden Arbeit seine Existenz zur eigenen freien verfügung haben und tun was man will - und wenn es acht Stunden Nasenbohren ist. Irgendwie aber funktioniert das nicht, weil die Arbeit einen Ablenkt, das Leben sowieso, immer was ist und nichts schlimmer ist, wenn nichts ist.

Ich frage mich, kann das wirklich in der Kindheit liegen? Laufen bein anderen irgendwelche Elemente anders ab, erzeugen ein anderes chemisches Klima und vermindern damit das Bedürfnis, im späteren Leben etwas aufholen oder erfahren zu müssen, das man ewig schmerzlich vermisst? Gleichzeitig haben mich diese 08/15 Dinge nie interessiert. Oder anders: Ich fand es toll, dass Menschen das wollen können und glauben/wissen, dass sie das glücklich macht. Für mich war von Anfang an klar: So ein Leben könnte ich nicht ertragen. Eine Alternativlösung hatte ich aber auch nicht parat.

Allerdings offenbart das älter werden dann doch einíges. Zum Beispiel, dass der großteil der Depressionen nur nicht erkannt ist. Wenn ich mir die Probleme der so genannten "gesunden" und "nicht depressiven" Menschen ansehe, dann sind das einfach nur verdeckte, ignorierte, verdrängte Depressionen und andere Störungen. Vor allem sehr viel Verdrängung und Schönrederei, ähnlich der Szene aus "Eric der Wickinger" als Atlantis sinkt und alle singen "wir sinken nicht". Die meisten sind sich ihres Zustandes nicht bewusst. Das ist der eigentliche Zauber. Vielleicht können sie ihre Störungen einfach nur derzeit besser in ihren Alltag integrieren oder sogar nutzen - ich meine - manche psychsichen Störungen sind ja ein Segen für manchen Beruf.
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Rezna
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Beitrag Fr., 21.01.2011, 01:30

Ich glaube auch nicht zwangsläufig, wie ich lange dachte, dass nicht depressive Menschen eben nicht denken. Nicht reflektieren. Sie tun es nur anders, vielleicht. Sie denken weniger über sich nach, sondern mehr über das Aussen. Sie denken vielleicht nicht: Warum hab ich Trampel schon wieder das Glas ausgeschüttet... sondern: Dieses Glas ist so bescheuert konstruiert, dass man da nicht mal gescheit halten kann. Sie denken vielleicht nicht: Verdammt, ich werde wieder nicht zur vorgegebenen Zeit fertig, ich bin echt ein Versager, sondern denken: Dieser Unfähige Pimpf von Chef ist zu blöd, realistische Jobangaben zu machen, so wird der nie das kriegen was er will....

Aber wie man so ein Denken erlernt, ohne sich zu belügen und dabei so zu verdrängen dass man erst recht depressiv ist, keine Ahnung.

Da fällt mir ein, ich sah mal eine BBC Doku über die ersten Jahre der Kinder. Da wurde eben erklärt, dass das Glückslevel der ersten Lebensjahre sein Leben lang bleibt. Ist man in den ersten Jahren unglücklich, wird man es immer sein. Quasi. Dabei wurde auch ein Beispiel gebracht in dem man Kinder eine Schüssel mit Wasser von A nach B tragen ließ. Die Schüssel war für die Kinder viel zu groß und viel zu schwer. Die Kinder mussten scheitern. Kinder mit gesundem Selbstvertrauen sagten das auch: Die Schüssel war viel zu groß und schwer für mich, das kann nicht gehen. Oder auch: Wer hat sich den Blödsinn überlegt, dass kann ja gar nicht gut gehen. Ein Kind aber begann sich selbst Vorwürfe zu machen, es erwartete, das zu schaffen, und machte sich selber fertig, weil es diese Aufgabe nicht gemeister hat. Es meinte, es hätte stärker sien müssen, es hätte besser sein müssen. Es habe sich nicht genug angestrengt. Als ich die Sendung sah (da hatte man noch nicht erklärt was "gesund" sei) dachte ich, das letzte Kind, das die Schuld bei sich suche, würde RICHTIG handeln und denken. Kannst dir vorstellen, was in mir alles in Bewegung kam, als die Auflösung kam. Mein ganzes Weltbild war verkehrt. Und vielleicht ist es auch genau das. Wie man über sich denkt und wie man mit den Anforderungen umgeht. Sie denken nicht: Ich bin nur so ein popeliger Bäcker... sondern: Ich sorge dafür, dass hunderte Menschen einen tollen Start in den Tag haben mit meinen Croissants...
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Beitrag Fr., 21.01.2011, 01:55

chandelle hat geschrieben:Ich kann Dir das nicht erklären. Meinst Du denn dass Du wirkich immer depressiv warst?

chandelle
nein, als kind sicherlich nicht^^
wobei ich an den kindergarten sehr eigenartige erinnerungen habe. irgendwie konnte ich schon damals schlecht mit anderen kindern spielen, habe es gehasst, dass sich die anderen jungs nur geprügelt haben, hatte kein spaß an dingen wie fussball und weiß noch, dass ich eher ungern in den kindergarten bin. von der grundschule bis zur 8. klasse war ich ein ganz normaler lebensfroher mensch, ab da ging's dann aber bergab. selbstvertrauen ging in den keller, zunehmende entfremdung, hass auf alles und alle mitmenschen, soziale kompetenz ging irgendwie verloren, wurde extrem introvertiert.
während dieser zeit hatte ich immer die hoffnung, dass es irgendwann doch nochmal bergauf geht. jetzt bin ich schon länger in der phase für die ich mir eigentlich erhofft hatte, dass sie Verbesserung bringt - aber diese Verbesserung traf leider nicht ein. somit bleibt mir nichts mehr als ein ständiges gefühl der entfremdung, hass (gegen mich selber, nicht mehr gegen die mitmenschen) und keine hoffnung mehr, dass es jemals besser wird.
und mentale Probleme a la antriesblosigkeit, mutlosikgeit, gestörtes selbstvertrauen, konzentrationsprobleme etc. machen es einem auch nicht unbedingt leichter konstruktiv auf äußere Gegebenheiten zu reagieren.
wobei ich nicht mal offiziell eine diagnose "depression" oder sonstwas habe, da ich einfach nicht den mut aufbringen kann, einen ersten schritt zu wagen. ich weiß nur, dass ich so ziemlich der gestörteste mensch bin den ich kenne..wie man das nun benennt ist eigentlich nebensächlich.

naja, egtl wollte ich hier das persönliche rumgeheule weitestgehend vermeiden. mir liegt vielmehr daran rauszufinden, warum ich so bin wie ich bin und wo bei mir der denkfehler liegt, welcher alles nur noch verschlechtert.

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chandelle
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Beitrag Fr., 21.01.2011, 02:19

Tust Du eigentlich in Deinem Leben was Dir gefällt?

chandelle

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Beitrag Fr., 21.01.2011, 02:42

Arta hat geschrieben:Finde ich höllisch interessant.... und ich habe keine Ahnung. Ich schreibe aber, weil da bei mir ein kleiner Funke auf ging, als du das Soziale ansprachst. Ich empfinde mich selber als unfähigen Tölpel, was das Knüpfen und aufrechterhalten sozialer Kontakte im näheren Bereich betrifft - also Freunde. Ich habe viele Geschwister und die haben bei mir wohl diese Funktion, die anderer Menschen Freunde erfüllen. Aus einem einfachen Grund: Sie können nicht weglaufen, sie sind durch das Blut und den Mythos Familie mit mir verknüpft. Wären sie nicht meine Geschwister, sie wären nicht meine Freunde - weil ich nicht in der Lage wäre, den kontakt so aufrech zu erhalten. Eine weile ließ ich mich von dem gedanken verführen: Hätte ich meine Geschwister nicht, hätte ich zwangsläufig Freunde. Das glaube ich aber mittlerweile nicht mehr. Warum? Weil ich, selbst wenn ich tagelang, oder wochenlang alleine bin, ich deswegen nicht jeden Trottel in meinem Leben wünsche. Ich habe lieber keine Menschen um mich, als die Falschen. Mich strengen die falschen Menschen so derbe an, dass ich Erholung brauche. Das ist es ja auch nicht unbedingt. Glücklich bin ich damit aber auch nicht, weil ich mir einrede, es gäbe die richtigen Menschen, ich wäre nur zu blöd, sie zu finden und dann mit ihnen bekannt zu werden.
.
Hallo Arta,

ein paar interessante und sehr wahre Punkte, die du ansprichst. Das einen familiärer Rückhalt stärkt, kann ich mir durchaus vorstellen, vor allem bei großen und gut funktionierenden Familien.
Ich will mich nicht beklagen, ich kann auf meine Familie durchaus zählen, aber je mehr ich drüber nachdenke, desto stärker fällt mir auf, dass die Situation sicherlich nicht ideal ist:
Meine Eltern haben sich schon früh geschieden, mein Vater kommt im Leben auch nicht zurecht und existiert für mich nur noch als Stimme im Telefon. Zu meinem Bruder habe ich keinen wirklichen Kontakt, wie sind einfach zu verschieden und um ihn nochmal "neu" kennenzulernen müsste ich wohl auf ihn zugehen wie auf einen Fremden. Bleibt nur noch meine Mutter, die eine ganz normale fürsorgliche Mutter ist, ihr Lebensgefährte nach meinem Vater hat sicherlich meine Kindheit und frühe Jugend nicht gerade versüßt, aber was solls..
So gesehen ist mein familiärer Rückhalt auch nicht gerade ideal, aber ich will mich nicht beschweren, es is ok so wie es ist.
Freundschaften sind bei mir sicherlich eine große Baustelle im Leben: geblieben sind mir nur noch 3 alte Schulfreunde, wobei ich nicht mal wirlich mehr weiß, ob das wirklich noch "Freunde" sind. Alle 1-3 Monate sieht man sich nochmal, betrinkt sich ordentlich und das wars dann auch wieder für die nächste zeit. in der schulzeit haben mich selbst diese wenigen kontakte überfordert: mich hat es genervt, wenn andere etwas von mir wollten, ich war am liebsten allein zu hause vor dem pc, ich habe mich so "anders" gefühlt und war bekannt als komischer einzelgänger mit dem irgendwie niemand etwas wirklich anfangen kann.
heute ist nur noch diese Sehnsucht und Hoffnung übrig - wie bei dir - irgendwann einmal die "richtigen" menschen zu finden. "soulmates", wo ich sage könnte, dass dies menschen sind die ich wirklich liebe, denen ich mich gegenüber öffnen kann und ich mich gefördert aber nicht unterlegen fühle. darin liegt nämlich auch ein problem: menschen, an denen ich interessiert bin, fühle ich mich gegenüber immer unterlegen und habe dadurch nicht das selbstvertrauen irgendwie in kontakt zu treten.
"Normale" menschen haben diese probleme nicht. Normale menschen haben meist große Bekanntenkreise, von peripheren losen Bekanntschaften bis zu engeren wirklichen Freundschaften im zentrum. Wie gut diese engen Freundschaften wirklich sind, kann ich nicht genau sagen und das variiert wahrscheinlich von mensch zu mensch. Ich benötige nur leider immer so eine tieferes Gefühl der Identifikation mit dem Gegenüber, was ich aber niemals finde, und daher ergibt sich einfach nichts in richtung Freundschaften: und falls doch, dann steht immer noch meine soziale inkompetenz im wege., die einfach alles versaut.

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Beitrag Fr., 21.01.2011, 02:48

chandelle hat geschrieben:Tust Du eigentlich in Deinem Leben was Dir gefällt?

chandelle
ja, eben nicht. ich würde gerne so vieles tun, wäre gerne ein aktiver mensch aber irgendwas hält mich davon ab. ich sage immer meine "antriebslosigkeit" wäre daran schuld, aber vielleicht lüge ich mich da auch einfach selber an..
Zuletzt geändert von Procrastinator am Fr., 21.01.2011, 02:52, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag Fr., 21.01.2011, 02:49

Ja, versuche mal zu tun was Du magst. Ich denke das würde helfen.

chandelle

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Beitrag Fr., 21.01.2011, 03:37

Arta hat geschrieben: Ich träumte schon immer von diesem Ideal, einfach "sein Leben zu leben". Kleiner Job, kleine Wohnung, nach acht Stunden Arbeit seine Existenz zur eigenen freien verfügung haben und tun was man will - und wenn es acht Stunden Nasenbohren ist. Irgendwie aber funktioniert das nicht, weil die Arbeit einen Ablenkt, das Leben sowieso, immer was ist und nichts schlimmer ist, wenn nichts ist.

Ich frage mich, kann das wirklich in der Kindheit liegen? Laufen bein anderen irgendwelche Elemente anders ab, erzeugen ein anderes chemisches Klima und vermindern damit das Bedürfnis, im späteren Leben etwas aufholen oder erfahren zu müssen, das man ewig schmerzlich vermisst? Gleichzeitig haben mich diese 08/15 Dinge nie interessiert. Oder anders: Ich fand es toll, dass Menschen das wollen können und glauben/wissen, dass sie das glücklich macht. Für mich war von Anfang an klar: So ein Leben könnte ich nicht ertragen. Eine Alternativlösung hatte ich aber auch nicht parat.

Ich glaube auch nicht zwangsläufig, wie ich lange dachte, dass nicht depressive Menschen eben nicht denken. Nicht reflektieren. Sie tun es nur anders, vielleicht. Sie denken weniger über sich nach, sondern mehr über das Aussen. Sie denken vielleicht nicht: Warum hab ich Trampel schon wieder das Glas ausgeschüttet... sondern: Dieses Glas ist so bescheuert konstruiert, dass man da nicht mal gescheit halten kann. Sie denken vielleicht nicht: Verdammt, ich werde wieder nicht zur vorgegebenen Zeit fertig, ich bin echt ein Versager, sondern denken: Dieser Unfähige Pimpf von Chef ist zu blöd, realistische Jobangaben zu machen, so wird der nie das kriegen was er will....

Aber wie man so ein Denken erlernt, ohne sich zu belügen und dabei so zu verdrängen dass man erst recht depressiv ist, keine Ahnung.
da hast du auch etwas beschrieben, was mir definitiv "angst" vor dem leben bereitet. ich bin gott sei dank noch nicht komplett im leben angekommen. ich bin noch in einer übergangsphase aber habe tierisch angst vor dem was danach kommt. ich hatte nie das ideal von einem "normalen" kleinbürgerlichen leben: nur bin ich 1. scheinbar nicht mal der typ, der so ein leben erreichen könnte, geschweige denn 2. etwas "besseres" (das klingt arrogant, aber was solls..ich spreche ja von "unten, nicht von oben )
wo auch immer ich im endeffekt angekomme, ich weiß jetzt schon, dass ich grundsätzlich niemals glücklich damit sein werde. ich bin einfach zu weit von dem entfernt, was ich gerne sein würde: das komplette gegenteil.
ich denke mal die meisten menschen haben selbst in ihrem engeren umfeld, nah an sich selber, einfach dinge, mit denen sie sich identifizieren können. so etwas fehlt mir einfach: ich kenne keinen menschen persönlich mit dem ich mich voll und ganz identifizieren kann oder zu dem ich aufschaue, niemanden der mich irgendwie antreiben würde dinge in die tat umzusetzen, niemanden der mich unterstützt irgendelche interessen auszuleben. allem in meiner näheren umgebung stehe ich entweder abweisend gegenüber oder ich fühle mich vollkommen unterlegen. die "guten" dinge im leben sind einfach zu weit weg...von mir aufgrund meiner unzulänglichkeiten, und sonst niemand anderem. naja ich wills nicht übertreiben..

ein kleines zwischenfazit wäre deshalb für mich, dass die identifikation mit irgendetwas oder irgendwem wichtig ist und mir abhanden gekommen ist. wenn man nicht mal selber artikulieren kann, worin sowas wie selbstverwirklichung für einen liegen würde, weil man es entweder wirklich nicht weiß oder man angst davor hat, kann das leben ja nur noch in einen leerlauf münden.
das andere menschen diese identifikation besitzen und sie dabei manchmal scheinbar nicht sehr wählerisch sind ist vielleicht eine "gabe", die ich leider nicht besitze.
mir bleibt nur die entfremdung und der selbstzweifel:
ich wäre früher sicherlich auch das kind gewesen, dass die schuld bei sich selbst gesucht hätte mit der schüssel.
wobei ich heute wohl eher der typ bin, der in seiner pessimistischen grundhaltung auf der einen seite das spiel mit der schüssel von grund auf scheiße und dämlich findet, alle andere kinder auch, weil sie das dämliche spiel überhaupt mitmachen wollen aber innerlich auf der anderen seite heimlich tieftraurig ist, dass er nicht der beste und stärkste ist und die schüssel rübergetragen bekommt und ihm alle anderen kinder ihm zujubeln.

boah was ein geschwafel, naja ich drück trotzdem mal auf absenden

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Lilly111
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Beitrag Fr., 21.01.2011, 05:31

Arta hat geschrieben:Sie denken nicht: Ich bin nur so ein popeliger Bäcker... sondern: Ich sorge dafür, dass hunderte Menschen einen tollen Start in den Tag haben mit meinen Croissants...
So ist es, Arta.

Das ist das positve Denken bzw. eine Frage der Perspektive.
Wenn ich alles aufzählen würde, was ich nicht kann - so lang ist der Tag nicht. Und welchen Sinn würde es machen? Einfach mal die Perspektive um 180 Grad gedreht und gucken was man alles kann. Da bin ich deutlich schneller mit fertig und ich kann mich darüber freuen, habe ein Erfolgserlebnis.

Lilly
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Beitrag Fr., 21.01.2011, 09:27

@arta, Deinen Ausführungen kann ich nur zu 100% zustimmen!

Was das positive Denken betrifft: es nutzt einem Depressiven nicht zu sagen: denk doch mal positiv und sieh die schönen Dinge!
Man kann es einfach nicht, weil man viel zu sehr mit dem Negativen, dem Hässlichen und den eigenen Unzulänglichkeiten beschäftigt ist. Es ist einem schlicht nicht möglich, sich um 180° zu drehen.
Wenn dem so wäre, dass es mit einem "Denk positiv" getan wäre, wären sämtliche Therapeuten arbeitslos.

lg

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Beitrag Fr., 21.01.2011, 09:53

Zu den "normalen" Menschen:
meine Meinung ist auch die, dass sie ihre Zeit nicht damit verbringen, zu grübeln, was sie nicht wieder alles falsch gemacht haben, wie käsig alles ist usw.
Ich habe die Erfahrung gemacht, je einfacher ein Mensch gestrickt ist, umso glücklicher scheint er zu sein. Sie denken nicht über sich nach, wie es ist, so ist es.
Trifft nicht auf alle zu und ich werde mich hüten zu behaupten, nur intelligente Personen haben Depressionen, eben weil sie sich viele Gedanken machen, zu denen andere aufgrund ihrer Einfachheit nicht in der Lage sind - sonst sähen sie ja ihre Unzulänglichkeiten und ihnen wäre ihr 08/15-Leben bewußt.
Ich denke da z.B. an soziale Unterschichten, die trotz Arbeitslosigkeit ihr Auskommen finden und das wichtigste ist, das genügend Bier daheim ist. Und nebenbei diejenigen auslachen, die das finanzieren. Ob sie glücklich sind kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber zumindest sind sie zufrieden, auch schon was.
Weiters glaube ich, dass Zufriedenheit ein wichtiger Punkt ist. Zufriedenheit mit einem Job, der ein einigermaßen gutes Leben ermöglich, Zufriedenheit mit dem jährlichen Urlaub in Kroatien, Zufriedenheit mit den sozialen Kontakten, Zufriedenheit mit dem Partner, der zwar leidenschaftlich nicht mehr lichterloh brennt, aber Sicherheit vermittelt.
Unzufriedenheit entsteht doch dadurch, dass man etwas will und es nicht erreicht.
Depressive haben die blöde Eigenschaft, Ideale zu haben, an denen man scheitern muss.
Andererseits könnte man sagen, wenn du das und das erreichen willst, dann beweg endlich deinen Hintern!
Aber den zu bewegen ist schwer, wenn man sicher ist, sowieso nichts zu erreichen.
Deshalb läuft man seinem Ideal hinterher, erreicht nichts und wird immer frustrierter.
"Normale" Menschen wissen um ihre Möglichkeiten, rennen keinem Wunschbild nach, das im Grunde irrational ist. Sie haben das gesunde Selbstbewusstsein, zu sagen: so bin ich und so ist es gut.
Sie sind geerdet.


lg

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