Ich habe ein Problem. Mir gehts zu gut.

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Thread-EröffnerIn
Ulf
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Ich habe ein Problem. Mir gehts zu gut.

Beitrag Do., 10.01.2008, 00:46

Mein Name ist F. und mein Problem sehr groß. Mir geht es zu gut. Ich habe eine Arbeit, in der ich keinen Stress habe, gute Kollegen, und die Bezahlung ist in Ordnung. Ich habe eine Wohnung, ein Auto. Ich war mehrere Jahre in stationärer und ambulanter Therapie, die sehr erfolgreich war. Zu erfolgreich. Mir geht es wunderbar. Mehr als gut. Ich genieße jede Minute meines Lebens. Ich weiss, dass ich es selbst in der Hand habe, dass es mir gut geht. Und das in jeder Sekunde. Menschen, die anders als ich sind akzeptiere ich, jeder besitzt eigene Persönlichkeit. Menschen, die gegen mich oder andere hetzen tun das nicht lange, weil ich mich wehren kann. Arbeitskollegen schätzen meine Art sehr und mögen mich, wissen auch gleichzeitig das sie mit mir keine ernsthaften miesen Spielchen spielen können. Ich komme mir manchmal „unantastbar“ vor, ich habe das Gefühl man mag und schätzt mich unglaublich und hat gleichzeitig hohen Respekt vor meiner Persönlichkeit. Wenn mir jemand grundlos an den Karren pisst, geb ich ein contra, welches mein Gegenüber auf eigene Unzulänglichkeiten aufmerksam macht und lächle. Es interessiert mich nicht. Wer mich grundlos anmacht, hat ein eigenes Problem. Ich darf Fehler machen. Fehler kann ich mir eingestehen auch wenn sie groß sind, ich bin ein Mensch. Genau wie jeder andere auch Fehler machen darf und ich es jedem zugestehe. Und ich gebe es zu. Ja ich habe einen Fehler gemacht. Hallo, ich wars. Na und? Verklagt mich, rastet aus. Mein Herz wird immer bei mir sein, egal was passiert, mehr brauche ich nicht. Ich handle menschlich, bin aber dennoch konsequent. Ich spüre das Glücksgefühl, wenn ich es will. Ich kann den ganzen Tag lächelnd durch die Gegend laufen. Könnte. Mir geht’s zu gut. Ich habe einen Freund, für den ich durch das Feuer gehen würde und umgekehrt. Wir sagen uns die Meinung, und ist sie noch so unterschiedlich, es ändert sich nichts. Der eine steht für den anderen ein. Des Weiteren habe ich einige Freunde mit denen ich einfach nur gerne zusammen bin und sie mit mir. Spaß ist garantiert. Ich freue mich, wenn ich den Sonnenschein über dieser Stadt sehe und ein gutes Gefühl und ein Lächeln geht über meine Lippen. Ich kann (könnte) mich jede Minute über etwas freuen. Aber ich darf nicht. Ich bin mittlerweile eine sehr starke Persönlichkeit und mit eigenen Maßstäben ausgestattet nach denen ich lebe und handle. Ich bin stolz auf mich. Ich gehe mit stolz geschwellter Brust durch die Welt, mein Gefühl ist gut, zu gut. Es darf nicht. Meine Interessen erscheinen mir sinnlos, alles was mir Spass macht erscheint sinnlos, weil ich mich so über die Sachen freuen könnte. Ich darf mich nicht über diese sinnlosen Sachen freuen. Fussball. Musik. Arbeit zu haben. Sinnlos. Alles stürzt ein. So vielen Menschen geht es schlecht, leiden Hunger, haben Todesängste. Mir darf es nicht gut gehen. Ich darf mir nichts luxuriöses kaufen auch wenn ich es mir leisten kann. Andere Menschen haben nicht mal Geld für ein Stück Brot und ich kaufe mir Luxus, ein Sofa, ein Auto, einen PC. Laufe lachend durch die Gegend. Mir geht es so gut, so wunderbar gut, und dennoch, vielleicht eher genau darum, geht es mir so schlecht. Sinnlosigkeit macht sich breit.


Kennt das jemand?? Kann mir jemand weiterhelfen? Was sind eure Meinungen?

Ich wollte es einfach loswerden, fühle mich schon etwas erleichtert weil es raus ist....

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Eve...
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Beitrag Do., 10.01.2008, 05:36

Hallo!

Tja, nun würde wohl so mancher gern schreiben: "Deine Sorgen möcht ich haben!" Aber so weit hergeholt ist Dein "Problem" gar nicht, meine ich.

Ein wenig kenne ich das: Nachdem es mir lange Zeit, vor allem stressbedingt, nicht so gut ging, haben sich im Moment meine größten Wünsche erfüllt - die ungeliebte Arbeit ist Vergangenheit, meine ersehnte Liebe ist da, Wunderbares steht vor der Tür...

Und es hat manchmal fast etwas Beängstigendes, dass alles so schön ist. Hab ich das überhaupt verdient? Ja, hab ich, Punkt. (Ich hinterfrage das besser nicht weiter, weil ich mich dann in überflüssige Gedanken hineinsteigern kann.) Ich möchte es dankbar annehmen und genießen.

Gerate ich in einen Zustand, in dem ich das gerade nicht so recht kann, tut es mir gut, ein wenig Abstand zu suchen und zu finden: Ein Weilchen mit mir allein sein, ein Wechsel der Umgebung, der "Tapeten", der Umstände... bringen mich auf nicht grüblerische Weise wieder auf den Teppich zurück; aber immer auf "Wolke 7" geht eben auch nicht.

Jemand Kluges hat mal gesagt: "Glück liegt auch in der Beschränkung, im Kontrast." Ich meine, da ist einiges dran. Du musst deshalb ja nicht wie der sprichwörtliche Esel aufs Glatteis gehen, damit es Dir "besser" geht. Aber sowas wie einige Tage mit dem Rucksack durch die Lande streifen unter ganz einfachen Umständen - danach genießt Du ziemlich sicher wieder Deinen heimatlichen Luxus.

Und wenn man gar nichts mehr weiß, wäre es auch nicht das Schlechteste, in irgendeiner Form etwas für die weniger Glücklichen zu tun.

Eve

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expat
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Beitrag Do., 10.01.2008, 06:18

Eve... hat geschrieben: Und wenn man gar nichts mehr weiß, wäre es auch nicht das Schlechteste, in irgendeiner Form etwas für die weniger Glücklichen zu tun.
Das war dann auch meine erste Idee nach längerer Ratlosigkeit.
Das war's
Wo jeder Widerspruch gelöscht wird, scheint alles klar.

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Taffi
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Beitrag Do., 10.01.2008, 11:57

Ja, sich für andere zu engagieren, halte ich auch für eine ausgezeichnete Idee. Und ein zusätzlicher Gedanke von mir:

Selbst wenn du dieses Glück nicht hättest, würde es anderen nicht besser gehen.
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi

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Hiob
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Beitrag So., 13.01.2008, 21:29

vom Ulf:
Mir geht es so gut, so wunderbar gut, und dennoch, vielleicht eher genau darum, geht es mir so schlecht. Sinnlosigkeit macht sich breit.
Ich vermute, du erlebst etwas, was recht zwangsläufig eintritt. Deine Idealvorstellungen sind weitgehend erfüllt. Es stellt sich heraus, dass das ganze relativ sinnlos ist. Jetzt damit zurecht zu kommen, kann dir m.E. keiner abnehmen. Alles was wir vorschlagen, sind nur wieder neue Ideale, auch wenn sie religiös oder menschlich erscheinen.

Du merkst möglicherweise, dass all die Hilfe von Eltern,Schulen und Psychologen dazu geführt haben, das du dein Leben so umsetzen konntest, wie es deinen Vorstellungen entsprach. Du betonst deinen Stolz auf das Werkzeug, was dich hier her gebracht hat...die Persönlichkeit. Vielleicht erkennst du jetzt, was an diesen Vorstellungen vom Leben wirklich „deins“ war und wozu dieses starke, gut abgegrenzte ICH-Bewußtsein geführt hat. Ein Selbstbild hält sich möglicherweise durch bestimmte Mechanismen aufrecht...manchmal führen genau diese Mechanismen jedoch zur seelischen Isolation. Vielleicht gehst du dem mal nach. Manchmal hat diese Niedergeschlagenheit damit zutun...mir geht es manchmal so.

Viele sagen, sie pfeifen drauf, dass das Leben keinen Sinn hat, sie geben ihm einen...die meisten meinen damit sie setzen sich neue Ziele, die sie erreichen wollen oder machen sich eine Ideologie zu eigen, mit der sie sich identifizieren und wodurch sie die Verbundenheit zur Natur, zu anderen, zum Leben simulieren können. Ich empfinde das alles nicht unbedingt als sinnvoll. Weil dann dein leben nur so viel Sinn hat, wie deine Ziele entfernt sind. Und ein Heiliger oder ein besonders lieber Mensch zu sein, ist m.E. etwas durchaus Materielles. Mancheiner beschrieb das mit der Entfernung zur Mutter, mit der Entfernung von dem was da ist. Zur Welt. Vielleicht ist es an der Zeit, diese Frustration auszunutzen, um Idealbilder zu überprüfen und um herauszufinden, was sie mit der „Entfernung von dem was ist“ zutun haben könnten. Aber da würde ich nicht auf fremde hören, nur Anregungen zusammentragen.

Wahrscheinlich kannst du nur so aufmerksam wie möglich durch dein Leben tapsen, bis du deinen Sinn erkennst oder möglicherweise den Nichtsinn erkennst und zulassen kannst. Und auf dem Weg dahin oder wohin auch immer, würde ich einfach nur vorschlagen, deine Lebensfreude auf andere überfließen zu lassen, wie es die anderen hier beschrieben. Dir immer wieder kleine und große Gelegenheiten zu suchen, um etwas von dir abzugeben. Ohne solche Menschen, macht es einfach keine Freude, hier zu leben.

Mehr weiß ich nicht.
Hiob

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Ulf
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Beitrag Mo., 14.01.2008, 21:01

Hallo Hiob,

sehr interessanter Eintrag...muss mich damit aber etwas länger auseinandersetzen habe ich bemerkt, grad wenig Zeit.
Grüße

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Thread-EröffnerIn
Ulf
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Beitrag Di., 15.01.2008, 17:38

Vielleicht erkennst du jetzt, was an diesen Vorstellungen vom Leben wirklich „deins“ war und wozu dieses starke, gut abgegrenzte ICH-Bewußtsein geführt hat. Ein Selbstbild hält sich möglicherweise durch bestimmte Mechanismen aufrecht...manchmal führen genau diese Mechanismen jedoch zur seelischen Isolation
Kannst du diese Aussgae vielleicht noch einmal genauer erläutern? Ich verstehe nicht ganz was du damit meinst.

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Hiob
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Beitrag Di., 15.01.2008, 23:11

Ulf: Kannst du diese Aussgae vielleicht noch einmal genauer erläutern?
Hallo Ulf.
Ein Mensch empfindet sich meist als nen Punkt, von dem aus er die Welt wahrnimmt. Der Punkt richtet sich ein, indem er sich nach außen abgrenzt und ein Bild von sich selbst als eine Art Summe aus Schulterklopfen und Tadel erschafft (Selbstbild). Er muss der Welt mit seinen Reizen Widerstände entgegensetzen, damit er sich von ihr abhebt und separat gedeiht. (Darauf zielt unsere Art Erziehung.)

Du würdest es als Schlagfertigkeit bemerken, man könnte jede Art von Selbstbehauptung oder Abwehr nennen. Vielleicht merkst du, dass unendlich viele Denkhandlungen nur darauf abzielen, dich selbst zu verteidigen, alte Ansichten zu rechtfertigen, deinen Lebensweg, deine Handlungen zu untermauern. Ich nenne all das, und vielleicht gar fast das ganze Denken eine Methode, mit der Unsicherheit im Leben zurecht zu kommen. Das Denken schützt im weitesten Sinne dich vor der Lebensunsicherheit. Du bereitest dich auf die Prüfung vor, planst den Heimweg, schließt Versicherungen ab, errechnest optimale Wege und Geldmengen...alles, damit dein ICH aufrecht erhalten werden kann. Der Ulf wird dadurch beschützt möglichst gestärkt. Eine starke Persönlichkeit. Das ist das Ziel der meisten Menschen.

Das abgegrenzte ICH versucht nun scheinbar , da es zwangsläufig spürt, dass es allein ist, mit der Welt wieder durch Beziehungen in Verbindung zu treten, durch Partner, durch Ideale, Dinge, Orte, Suchtmittel, Nationen, Religionen, usw. und die Beziehungen aufrechter zu erhalten. Wir lassen uns von garstigen Ehefrauen und schlagenden Ehemännern drangsalieren und von korrupten Parteikollegen und Chefs niedermachen...wir arbeiten an uns und wollen eine super Form abgeben, damit sie uns lieb haben. Wuseln und hetzen herum.

Nur um diese Einsamkeit nicht zu spüren, die erst durchs Abgrenzen entstanden ist. Grenze ich mich also als ICH ab und identifiziere mich damit und lebe in ihm „gegen“ die Welt, scheint die Verbindung zur Welt abgerissen, das natürliche Geborgensein verschwunden zu sein...vielleicht beginnt an dieser Stelle die Sinnsuche. Alles, was neu in mein Leben kommt, erscheint mir als Bedrohung. Es kann mich angreifen, mein Selbstbild zerstören.

Etwas überspitzt könnte man sagen, ICH bin der Widerstand. Dann muss ich mir die Verbindung zur Umwelt künstlich wiedererschaffen. Plastik. Esoterik, Religion, Nation... Bitte nur als Vorschlag sehen, ich hab keine Ahnung wies wirklich ist.

Im Grunde könnte ich auch ein Kind bleiben und mich auf einer Wiese krabbelnd geborgen fühlen und alles entdecken und ausprobieren. Nur wird dir jeder sagen, dass das unmöglich ist. Aber nachdem er hochdekoriert und bewundert, geschunden und enttäuscht mit weißem Bart und Pfeifchen wieder auf der Wiese sitzt und in Büchern nach der Unschuld der Kindertage sucht, sitzt das Kind noch neben ihm (ohne Herzschrittmacher, Bandscheiben-OP und Yogakurs) und empfindet das Leben des alten Mannes als kindisch.

Manch alten Mann sieht man neidvoll auf das Kleine kucken. Aber heute muss er sein Lebenswerk verteidigen und das Kind als unreif bezeichnen, um sein eigenes „Lebenswerk“ nicht zu gefährden. (Da ist das „abgrenzen“ wieder.) Vielleicht ja auch begründet, denn er hat mit all seinem Gestrampel nur die Gesellschaft fett und rund genährt und fremde Karren gezogen. Er wollte immer jemand anderer sein, besser werden, hat nie sich so annehmen können, wie er war. Und er nennt sich Realist...ein altes Kind, was mit Plastikgras und Plastikschildkröten spielt.

Viele Grüße
Hiob

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sonne71
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Beitrag Mi., 16.01.2008, 20:20

Hallo,

ich habe eine Freundin, der fehlt es an nichts. Die hat einen tollen Mann, zwei tolle aufgeweckte Kinder, ein superschönes bezahltes Haus, ihr Mann hat einen Job, wo er massig Geld nach Hause bringt, sie kann mit der Familie mehrmals im Jahr in Urlaub fahren, sie hat einen großen Freundeskreis, ist also wirklich bei vielen Leuten beliebt usw. usw....eigentlich denkt man da, es könnte garnicht besser sein. Und trotzdem ist sie in ein riesengroßes Depressionsloch gefallen. Sie ist unzufrieden mit so vielen Dingen, wo andere sich die Finger nach lecken würden.
Ich würde auch sagen, ihr geht es zu gut.
Ich habe mal ein Sprichwort gelesen, ich finde, das passt irgendwie recht gut hierher:
"Häufig leidet man daran, dass man zwar viel Arbeit,
aber keine Aufgabe hat"


Lieber Gruß

lolarennt

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abcde
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Beitrag Do., 17.01.2008, 03:45

Hallo,

ist es vielleicht eine Hypomanie (sprich: eine manische Depression und nun eine Hochphase)?

- Gruß
abcde

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Thread-EröffnerIn
Ulf
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Beitrag Do., 17.01.2008, 17:01

@absde ist die frage auf mich bezogen?

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Thread-EröffnerIn
Ulf
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Beitrag Do., 14.02.2008, 00:17

So da bin ich wieder. Mir gehts Scheisse. Das Sinnlossigkeitsproblem ist weg, jetzt habe ich ein neues Problem. Es ist nicht wirklich neu aber wieder da. Sobald ich das eine Problem (Sinnlosigkeit) gelöst habe, steht das nächste selbst gemachte Problem vor der Tür: Ich habe mich dumm gesoffen. Ich bin dumm.

Leute das kann alles nicht wahr sein. Ich bin mir ganz ganz sicher das ich es unterbewusst nicht zulassen darf, dass ich wirklich intelligent bin, so viele Stärken habe, Talente habe, glücklich sein darf, Spass haben darf ohne mir Sorgen zu machen.
Wie gesagt, ich habe jahrelang Psychotherapie gemacht und alles IST da ich MÜSSTE es nur nehmen. Das Glück bzw. das "gute Gefühl"liegt 5 Meter vor mir aber zwischen mir und dem Glück befindet sich "etwas", was mir, sobald ich versuche das Glück einfach zu nehmen, die Faust in die Fresse schlägt und es um alles in der Welt verhindert, dass ich meine Stärke auslebe, meine Talente auslebe, meine Intelligenz auslebe, ohne Sorgen, die ich objektiv betrachtet auch nicht haben brauche. Stattdessen sagt mir diese "etwas": Halt, du kannst ja gar nicht glücklich sein, gut sein, intelligent sein, du hast dich dumm gesoffen, deine Hirnzellen reichen gar nicht mehr aus!!

Es hört sich lustig an, ich weiss, aber genau das sind zur Zeit ununterbrochen meine Gedanken.

Vor ca. 2,5 Jahren fing der Teufelskreis ca. an, d.h. seit dem habe ich entweder das Problem, keinen Sinn in meinem Leben zu sehen, und wenn ich dies erfolgreich behoben habe und es mir einige Zeit gut geht, habe ich mich auf einmal dumm gesoffen und, was mir grad auffällt, ganz stark ist dieser Gedanke wenn ich mich in Führungspositionen vorstelle, wenn ich daran denke was ich für Talente habe und echt gut kann.
Ist das "Ich bin dumm geworden"- Problem gelöst, geht es mir einige Zeit super gut und dann finde ich irgendwann auf einmal keinen Sinn mehr in meinem Leben "weil woanders auf der Welt Kinder verhungern".
Ein Teufelskreis, ist das eine Problem behoben, kommt das nächste stets geflogen.
Zur Zeit habe ich starke "Ich habe mich dumm gesoffen" Gedanken.

Kann sich das jemand vorstellen, da reinversetzen?

Ich glaube, alles was hinter dem Ganzen steht ist das es mir unterbewusst nicht gut gehen darf, mich nicht stark fühlen darf, keine Erfolge haben darf, nichts gutes erleben darf, es MUSS immer ein Problem geben.

Ja, denn wenn ich dieses jetzige Problem nicht hätte, Leute ich würde emotional im siebten Himmel sein, aber das darf nicht.

Über Antworten sehr dankbar....
Grüße

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Hiob
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Beitrag Do., 14.02.2008, 19:41

Hi Ulf.
Es ist m.E. eine typische Denkweise von uns Menschen, dass wir meinen nur dieses eine Problem muss noch gelöst werden, nur diese eine Sache muss ich noch erreichen, DANN geht’s mir gut. Du merksts hier ja eigentlich selber. Und beinahe würde ich sagen zeigt dir dein jetziges Problem ziemlich deutlich, eben gerade weil es so kurios ist, dass diese Probleme und Bedingungen, ohne die oder bei deren Erreichen auf einmal alles super sei...so nicht tatsächlich existieren. Das heißt, die Bedingung existiert, aber was damit verbunden ist, ist zumeist ein Versprechen, eine Vorstellung. Es wird danach m.E. nichts besser werden, nur eine neue Bedingung wird dein Verstand kreieren.

Ich finde allerdings, dass du hier schon auf n paar sinnvollen Spuren bist, ich denke, dass du das selber weiter aufdröseln kannst. Glaube, du merkst, dass du dich mit dem Dummsaufen selber garnicht so beschäftigen musst. Eher damit, zu erforschen warum du nicht glücklich sein darfst. Übrigens vermute ich, dass dieses Problem ziemlich verbreitet ist. Vielleicht ist es hier auch sinnvoll, etwas weiter auszuholen und über deinen eigenen Teller hinaus zu schauen. Schau dir doch mal die Leben anderer an...vielleicht bemerkst du hier einiges grundsätzliche.

Und dann noch die Frage: Warum glauben Menschen, dass sie nur dann glücklich sein dürften, nur dann leben dürften, wenn sie Bedingungen erfüllen.
Damit kann man sich beschäftigen. Manchmal ist die Antwort, die man glaubt zu wissen, nur wieder eine neue raffinierter gesponnene Bedingung... aber die Frage selbst bereits die Lösung. Vielleicht ist das auch zu einfach für den verstand. Für den Verstand sind möglicherweise die schwierigen Sachen die Herausforderung, aber gleichzeitig die Nahrung (für Probleme).

Kennst du die Geschichte von dem Mann der zum Psychiater geht und sagt „es ist furchtbar, ich bin ein Zebra!"...Nanu?, sagt der Arzt. Ja, ich sehe, wenn ich in den Spiegel schaue ein Zebra...lauter schwarze und weiße Streifen!“.
Dann gibt ihm der Arzt eine Tablette mit und am nächsten Tag kommt der Patient aufgeregt wieder und als der Arzt fragt, was los ist, sagt der Patient, die schwarzen Streifen sind weg, haben sie denn auch etwas gegen die weißen? Wenn du Muße hast, kannst du dir diese Geschichte noch etwas genauer anschaun...es ist einiges interessante drinnen.

Viele Grüße
Hiob

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Thread-EröffnerIn
Ulf
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Beitrag Fr., 15.02.2008, 00:13

Vielleicht ist es hier auch sinnvoll, etwas weiter auszuholen und über deinen eigenen Teller hinaus zu schauen. Schau dir doch mal die Leben anderer an...vielleicht bemerkst du hier einiges grundsätzliche.

Ja wenn ich mir das Leben anderer anschaue, das in meinem Umfeld, und ich denke das spiegelt die ganze Gesellschaft wieder, fällt einfach stark auf, dass fast niemand ganz glücklich scheint, denn irgend eine Bedingung ist nicht erfüllt, die erfüllt sein muss, um glücklich zu sein oder es sein zu dürfen.

Beispielsweise bin ich mit meinem Job und dem Gehalt dort gut zufrieden und in dem Bereich glücklich. Viele meiner Arbeitskollegen sagen "Wenn ich einen besser bezahlten Job habe, dann ist alles wieder gut".

Und so ist es überall.
"Wenn ich 10 kg abgenommen habe, bin ich glücklich"
"Wenn ich keine Pickel mehr habe, bin ich glücklich"
"Wenn ich meine Ausbildung endlich fertig habe, bin ich glücklich"
usw....

Ich gehe davon aus, dass du mit deinem Zitat ungefähr darauf hinaus wolltest, richtig?

Grüße

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Sonnenschein
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag So., 17.02.2008, 20:25

Hallo Ulf!

Das Problem kenn ich auch gut. Tatsächlich hab ich die empört-drohende Aussage von Erziehungsberechtigten*/Eltern und Lehrern "Ich glaub, Dir gehts zu gut!" mitunter selbst und auch gegenüber anderen geäussert gehört.
Ich glaub ja, dass es (no na) etliche Menschen gibt, die es nicht ertragen können, wenn es anderen Menschen offenbar gut geht. Weil es (no na) ihnen selbst nicht so gut zu gehen scheint bzw. sie eben nicht zufrieden sind bzw. eine solch krankhafte Neigung haben. Mit solchen Menschen jedenfalls bin ich aufgewachsen und habe dabei auch und vor allem unausgesprochen gelernt, dass es mir nicht gut gehen darf, dass das sehr bald höchst unangenehm bis gefährlich endet, wenn es mir gut geht. Dass es also letztlich besser, da ungefährlicher ist, wenn es mir bloss nicht gut geht bzw. das um Himmels Willen nur ja keiner merkt, wenns mir doch mal kurz "passiert".
Es ist also ein Muster zum Selbstschutz geworden, das heute immer noch wirkt und ich fühle mich irgendwo sicherer, wenn es mir nicht gut geht (oje!) bzw. wenn ich bloss nicht gesehen werde, besonders nicht, wenn ich mich z.B. freue, mich wohl und geborgen fühle, Spass habe, ich glücklich und zufrieden bin.
Was also für mich immer wieder ansteht ist: Mir selbst zu sagen "Mir darf es gut gehen. Es ist gut und ungefählich. Ich darf dafür sorgen, dass es mir gut geht bzw. es ist immer wieder meine Aufgabe, gut für mich zu sorgen." Und wenn es mir gerade gut geht, gilt: "Volle Härte - da muss ich durch! Egal wie lang es dauert."



*...auf was hinauf sind die eigentlich berechtigt?? Wer berechtigt die dazu? Und wer befähigt sie?? Ich plädiere ja für den Kinderführerschein. Kindergeld nur für nachweislich befähigte - ähem therapierte - ErzieherInnen. Am Besten gekoppelt mit durchgehenden Gesundheitsuntersuchungen, auch gleich für seelische Gesundheit. Zum Wohle aller Kinder. (Für die Hunde ist schliesslich schon gesorgt. Ich finde, jetzt sind die Kinder und deren Wohl endlich mal dran. Die wären ja doch im Gegensatz zu Tieren zumindest vom Gesetz her nicht als Sacheigentum zu betrachten. Da sollte es ja eigentlich leichter sein...)

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