Habe ich eine Depression, sind das Depressionen?

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lisbeth
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Beitrag So., 04.02.2018, 13:35

Vielleicht ist es auch einfach, dass du "ins Fühlen" hineinkommst. Raus aus dem Kopf und rein in das Herz oder in den Bauch? Für mich waren die stark depressiven Phasen immer sehr kopflastig. Grübeln bis zum Gehtnichtmehr. Bewerten. Was-wäre-wenn-Spielchen inklusive Panik vor dem was um die Ecke auf mich warten mag...

Die Wende kam für mich wirklich, als ich anfing, mich selbst mehr zu fühlen. Also auf der emotionalen Ebene. Und das eigentlich auch zum ersten Mal, mit Mitte 40. Das heißt auch, dass da vielleicht erstmal viel Traurigkeit ist, oder Angst oder Wut. Also nicht nur angenehme Gefühle. Aber alles Gefühle, die da sind, die ihre Gründe und ihre Ursachen haben, und die gespürt und gelebt werden wollen, und nicht einfach nur über den Kopf "weggepackt".

Ich kenne dich jetzt nicht wirklich, nur von dem was du hier so schreibst. Aber kann es sein, dass bei dir so ein ähnlicher Prozess gerade in Gang kommt? Für mich von außen hört sich das zumindest so an. Wenn das so ist, würde ich dir den Rat geben, dass du dir jemanden suchst, der dich beim "Fühlen" und "Halten" (manchmal auch Aus-Halten) dieser Gefühle unterstützen kann. Der dir hilft, zu spüren, und wirklich hineinzuspüren. Der dir versichert, dass es eigentlich unwahrscheinlich ist, dass du dich in diesen Gefühlen verlierst. Der dir die Rückkopplung gibt, die du brauchst, um das zu sortieren, der dich aber auch ein wenig bremst, wenn du dann mal wieder zu sehr "im Kopf" bleibst...

Falls es so ist, dann weiß ich auch noch, wie beschi.ssen und hilflos und ausgeliefert man sich dabei fühlt. Und es scheint alles so gar nicht zusammen zu passen. Aber es wird auch wieder anders. Bei mir jedenfalls ist das so gewesen. Und ja, auf einmal sind da zwischendurch auch (bisher nicht gekannte) positive Gefühle. War auch irritierend. Auch dieser Wechsel. Das nennt man "lebendig sein", glaube ich...

Alles Gute,
lisbeth.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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sine.nomine
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Beitrag So., 04.02.2018, 20:44

Gibt es nicht auch Depressionen, die sich nur von Zeit zu Zeit äußern, während aber die ganze Zeit hindurch der Gehirnstoffwechsel gestört ist? Und dass man sich an die schlechtere Funktionsweise des Gehirns und damit des restlichen Organismus einfach abfindet? Dann hätte man ja, gesetz dem Fall, gar nicht das Gefühl in einer Depression zu sein, oder? Also, wenn man sich mit allem abfindet, währenddessen der Gehirnstoffwechsel ab der ersten Depression bereits gestört war. Gibt es das nicht auch?
Denn wenn aufgrund einer Depression der Gehirnstoffwechsel gestört ist, würden nur Antidepressiva oder Stromtherapien helfen, diesen wieder in Gang zu bringen. Geschieht dbzgl nichts, bleibt es doch ewig weiter so.
Und dann gibt es ja auch depressiv bedingt, das Nicht-Zulassen von Dingen, die positiv oder hilfreich wären und das bewusste Hinsteuern zu Dingen, die Schaden bringen, weil es eh schon egal ist. Mich würde interessieren, ob da jemand Erfahrung damit gemacht hat.

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Kaonashi
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Beitrag Mo., 05.02.2018, 19:34

lisbeth hat geschrieben: So., 04.02.2018, 13:35Vielleicht ist es auch einfach, dass du "ins Fühlen" hineinkommst. Raus aus dem Kopf und rein in das Herz oder in den Bauch?
Ich weiß nicht, aber möglich wäre es.
Früher konnte ich eher einen Zusammenhang herstellen zwischen Lebenssituation und negativem Gefühl. Da war schon viel Kopf dabei, Dinge analysieren und verstehen. Aber ich hatte immer noch das Gefühl, dass etwas voran geht und dass ich irgendwo hinkomme (meistens).
Jetzt dagegen machen sich die Gefühle selbstständig und ich kann nicht mehr genau verstehen, warum ich mich so fühle.
Wenn das so ist, würde ich dir den Rat geben, dass du dir jemanden suchst, der dich beim "Fühlen" und "Halten" (manchmal auch Aus-Halten) dieser Gefühle unterstützen kann. Der dir hilft, zu spüren, und wirklich hineinzuspüren.
Ich wüsste wirklich nicht, wer das tun sollte. Ich kann anderen meine Gefühle nicht wirklich zeigen. Ich verbalisiere Gefühle zwar, aber meiner Erfahrung nach werden sie dann nicht ernst genommen.

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sandrin
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Beitrag Sa., 17.02.2018, 19:02

Ich habe vor Kurzem einen interessanten Erklärungsansatz gelesen. Das ist ein integrativer Erklärungsansatz, der für mich aber schon auch Sinn ergibt. Man geht darin davon aus, dass Depressionen das erste Mal auftreten, wenn ein "Gemisch" an frühkindlicher Traumatisierung bzw. Belastung und einer genetischen Disposition aufeinandertrifft. Das nennen die Autoren (deren Namen ich nicht mehr erinnern kann) Priming, die man sich in Form einer biologischen Narbe vorstellen kann. Bei jedem "Antriggern" dieser Narbe verfestigfen sich die Strukturen weiter, so dass im Laufe der Zeit depressive Episoden immer weniger reaktiv werden, sondern eher biochemisch "gelernt" sind.

Das, was du, Koanashi, geschrieben hast, hat mich sehr daran erinnert. Mir geht es nämlich auch so, dass ich mich manchmal frage, "was jetzt schon wieder los ist". Ich glaube einfach, dass sich da viel mehr "verselbstständigt", wie du das ausgedrückt hast, als man vielleicht vermutet. Die spannende Frage ist nun, inwieweit man diese Narbe wieder zurückbilden kann bzw. diesen Lernprozess auch in die andere Richtung durchführen kann. Aber die Hirnforschung macht da ja durchaus Hoffnung.

LG

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Kaonashi
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Beitrag Sa., 17.02.2018, 19:48

sandrin hat geschrieben: Sa., 17.02.2018, 19:02 Bei jedem "Antriggern" dieser Narbe verfestigfen sich die Strukturen weiter, so dass im Laufe der Zeit depressive Episoden immer weniger reaktiv werden, sondern eher biochemisch "gelernt" sind.
Das klingt für mich sehr plausibel.
Die spannende Frage ist nun, inwieweit man diese Narbe wieder zurückbilden kann bzw. diesen Lernprozess auch in die andere Richtung durchführen kann. Aber die Hirnforschung macht da ja durchaus Hoffnung.
Ich nehme an, dass die Antidepressiva da helfen sollen, weil sie im Gehirn chemisch etwas verändern und damit ein anderes Fühlen ermöglichen sollen. Aber es hat den Anschein, dass man noch nicht alles weiß über die Hirnchemie, und dass deshalb diese Medikamente nicht in allen Fällen helfen.
Es würde dann noch der Weg bleiben, durch Therapie eine Besserung zu erzielen. Dafür ist aber meiner Meinung nach wichtig, dass das, was die Narbe antriggert, weg sein muss, sonst wird es sicher wesentlich schwieriger.

Ich glaube, bei mir z.B. war Überforderung der ursprüngliche Auslöser, verbunden mit dem Gefühl, allein zu sein, niemanden zu haben, er einen wirklich versteht und helfen kann. Vielleicht bin ich deshalb während den Therapieterminen immer so gut drauf, weil diese Termine genau mein Grundproblem treffen: bei den Terminen ist, anders als sonst, jemand da und versucht zu verstehen (was allerdings nicht immer klappt, ich habe ja immer noch oft das Gefühl, dass ich das Wesentliche nicht rüberbringen kann). Die Überforderung dagegen ist im Alltag ein Problem und muss dort gelöst werden.

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sandrin
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Beitrag Sa., 17.02.2018, 20:13

Überforderung ist sicherlich ein Riesenfaktor und ein hohes Risiko, eine Verschlimmerung zu erleiden, weil da vermutlich genau die Hirnareale angetriggert werden, die für die depressive Entwicklung zuständig sind.

Dieses Gefühl, niemanden zu haben, der einen versteht, spielt da auch mit rein. Es gibt ja sogar Leute, die Depressiven unterstellen, sie würden durch ihr "mitleidiges Verhalten" ihr aggressives Verhalten verbergen. Ich persönlich habe es schon lange aufgegeben, mich jemandem zu erklären. Es ist bei mir auch immer so (selbst bei Ärzten), dass ich das Gefühl habe, ich kann mein Gegenüber überhaupt nicht erreichen, so, als würde man immer aneinander vorbeireden.

Ich verstehe, was du meinst: Die Probleme entstehen ja in bestimmten Augenblicken außerhalb der Therapie und den Versuch der Lösung muss man genau dort unternehmen - vertagen geht nicht.

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Kaonashi
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Beitrag So., 18.02.2018, 11:14

Ich persönlich habe es schon lange aufgegeben, mich jemandem zu erklären. Es ist bei mir auch immer so (selbst bei Ärzten), dass ich das Gefühl habe, ich kann mein Gegenüber überhaupt nicht erreichen, so, als würde man immer aneinander vorbeireden.


Bei mir ist es so, dass ich versuche, in Worten zu sagen, wie ich mich fühle, aber weil in der Therapiesituation meine Gemütslage ganz anders ist als zu Hause, und weil ich keine passende Mimik habe, kann es niemand nachvollziehen. Das ist jedenfalls meine Vermutung, dass es daran liegt. Ich kann nicht so viel Unterschied erkennen zwischen mir und anderen depressiven Menschen, und wenn ich Fragebögen ausfülle, dann kommt auch als Ergebnis immer eine Depression raus, aber andere berichten oft, dass ihnen Medikamente aufgedrängt werden, und ich habe nun sogar danach gefragt und keins bekommen. Auch meine Therapie habe ich auf eigene Faust begonnen, es war nicht so, dass meine Psychiaterin gesagt hätte, ich soll eine machen.
Deshalb denke ich, dass ich allein klarkommen muss, und das ist die gleiche Situation wie als Kind. Da konnte ich mich auch nicht verständlich machen, wobei es damals daran lag, dass ich selber nicht verstanden habe, was vor sich geht. Ich wusste ja nicht, dass ich Asperger habe und dass für mich die Dinge schwerer sind als für andere, also konnte ich es auch nicht sagen. Ich dachte, das ist alles normal und ich muss da durch.
Das ist jetzt eine Enttäuschung, weil ich anfangs so happy war, endlich Ansprechpartner zu haben, und dass zum ersten Mal etwas anders wäre als früher. Weil ich früher keine Fachpersonen als Hilfe hatte.
Dieses Gefühl, niemanden zu haben, der einen versteht, spielt da auch mit rein. Es gibt ja sogar Leute, die Depressiven unterstellen, sie würden durch ihr "mitleidiges Verhalten" ihr aggressives Verhalten verbergen.
Welches aggressive Verhalten? Ich habe nur mal gelesen, dass eine Depression eine Aggression gegen sich selbst sei. Wenn im Leben Umstände eintreten, die negativ sind, dann könnte man aggressiv werden und sich über diese Umstände ärgern. Die andere Möglichkeit wäre, dass man depressiv wird. Nur sehe ich das nicht als bewusste Entscheidung, sondern man hat in der Regel keine Wahl, wenn die Umstände nicht veränderbar sind, dann hilft Aggression nicht, dann bleibt nur die Resignation und Depression.

Was Überforderung angeht: bei mir fing das mit der Schule an und ging im Beruf weiter. Ich versuche, mir Erleichterung zu verschaffen, indem ich jetzt die Arbeitszeit auf eigene Initiative auf 3 Tage pro Woche reduziert habe. Aber dieses Gefühl von "zu viel" ist so fest in meinem Kopf, dass ich trotzdem immer noch nicht entspannen kann. Wenn ich z.B. daran denke, dass ich nächste Woche fünf Termine habe, dann bin ich schon wieder voll im Stress, obwohl ich mir extra Urlaub genommen habe und nur 1 Tag arbeiten muss. Dass das eigentlich locker zu schaffen ist, kommt in meinem Kopf nicht an. Alles ist Stress, egal wie harmlos. Aber wie soll es auch anders sein, wenn ich es nicht anders kenne.

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sandrin
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Beitrag So., 18.02.2018, 12:34

Es gibt Menschen, die meinen, Depressive würden ein anklangendes Verhalten an den Tag legen und das sei eine Form der Aggression. Meiner Meinung nach auch totaler Quatsch. Zumindest für mich.

Das mit der Überforderung kann natürlich schon auch mit dem Asperger-Syndrom zusammenhängen. Ich habe da mal eine Fortbildung dazu gemacht und dort wurde erklärt, welch unglaublich stressige Mechanismen da in Betroffenen ablaufen, wenn sie Reizen ausgesetzt sind bzw. diese verarbeiten sollen. Insofern hab ich allerhöchsten Respekt davor, wie du dich selber durchs Leben führst!

Ich habe vor kurzem mal was über Hochsensibilität gelesen und da finde ich mich schon auch wieder. Ich kann schlecht mit einer Reizüberflutung umgehen, nehme alles genau wahr, alles ist so laut und so grell für mich. Das stresst mich zum Beispiel ungemein. Und ja... Wehe dem, ich weiß, dass einiges ansteht. Das bekomme ich nicht aus dem Kopf, ich habe Angst, ich könnte es nicht schaffen. Die freie Zeit zuvor kann ich schon nicht mehr genießen. Deshalb kann ich mich auch nicht wirklich entspannen, sondern bin in Daueranspannung.

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Kaonashi
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 09:20

sandrin hat geschrieben: So., 18.02.2018, 12:34 Es gibt Menschen, die meinen, Depressive würden ein anklangendes Verhalten an den Tag legen und das sei eine Form der Aggression. Meiner Meinung nach auch totaler Quatsch. Zumindest für mich.
Auch wenn es solche Menschen gibt, die viel anklagen, aggressiv finde ich das nicht unbedingt, obwohl es sehr nervig sein kann. Es entspringt halt den negativen Gedanken. Aber viele Depressive klagen ja nicht ständig, sondern behalten ihre Gedanken eher für sich.
Das mit der Überforderung kann natürlich schon auch mit dem Asperger-Syndrom zusammenhängen. Ich habe da mal eine Fortbildung dazu gemacht und dort wurde erklärt, welch unglaublich stressige Mechanismen da in Betroffenen ablaufen, wenn sie Reizen ausgesetzt sind bzw. diese verarbeiten sollen. Insofern hab ich allerhöchsten Respekt davor, wie du dich selber durchs Leben führst!
Danke! :)
Es sind auch gar nicht nur die Reize, dafür habe ich meine Hilfsmittel und Strategien. Schwierig finde ich, dass jeder Kontakt mit Menschen mit Anspannung verbunden ist, weil ich intuitiv nie weiß, wie ich mich richtig verhalten muss. Ich habe natürlich viel gelernt und bin in vielen Situationen unauffällig. Leute, die mich kennen, würden evtl. gar nicht glauben, dass ich Asperger habe. Aber ich habe immer den Stress, dass ich befürchte, etwas falsch zu machen, und das hat oft direkt negative Konsequenzen, in dem Sinn dass man sich entweder lächerlich macht oder direkt selbst ausgrenzt.
Und ja... Wehe dem, ich weiß, dass einiges ansteht. Das bekomme ich nicht aus dem Kopf, ich habe Angst, ich könnte es nicht schaffen. Die freie Zeit zuvor kann ich schon nicht mehr genießen. Deshalb kann ich mich auch nicht wirklich entspannen, sondern bin in Daueranspannung.
Das ist bei mir auch so. Ich kann auch in der Wartezeit auf einen Termin meistens nichts anderes anfangen. So kann es dann sein, dass ich außer dem Termin an dem Tag nichts erledigt bekomme, außer falls danach noch Zeit ist. Ich habe immer Angst, ich könnte den Zeitpunkt verpassen und zu spät kommen oder einen Termin völlig verpassen. Meistens, wenn ich früh morgens einen Termin habe, träume ich in der Nacht dauernd, ich würde verschlafen oder im Verkehr feststecken oder sonst etwas.
Inhaltlich habe ich meistens vor den Terminen Angst, wo ich unsicher bin, ob ich mich richtig verhalten werde. Und natürlich bei Zahnarzt... da muss ich heute hin. Nur professionelle Zahnreinigung und mit Lachgasbetäubung, aber es macht mich trotzdem nervös.


Mia30
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Beitrag So., 18.03.2018, 20:01

Hallo liebe Community,

ich schreibe heute zum ersten Mal und erhoffe mir hier ein bisschen Austausch und vielleicht ein paar gute Ratschläge.

Ich kann mein Problem nicht genau definieren, weswegen ich auch schreibe. Ich bin 30 Jahre alt, wieder Studentin (habe mich neu orientiert und bin damit super glücklich!), lebe alleine in einer neuen Stadt und habe leider wenig Anschluss oder soziale Kontakte.

In mir herrscht grundsätzlich eine tiefe Trauer, Unzufriedenheit, Unklarheit und einfach ein tiefer Schmerz. Ich habe lange gebraucht bis ich mich dazu entschlossen habe nochmal ein neues Studium zu beginnen und muss jetzt auch sehr viel dafür tun (bekomme keinerlei finanzielle Unterstützung und habe daher viele Nebenjobs und kaum Zeit für Soziales). Ich war damit eigentlich sehr glücklich, habe mich gut gefühlt in meiner Haut und in meiner Situation und stehe hinter dieser Entscheidung auch immer noch felsenfest. In letzter Zeit (ca 1 Jahr) ist mir aufgefallen, dass ich sehr oft ohne Grund oder Anlass in Tränen ausbreche, bin einfach oft niedergeschlagen. Es ist zum Einen die Einsamkeit, die mich gerade so runterzieht und auch das Gefühl anders zu sein als andere (immer noch Studentin, keinen Partner oder Familie). Ich habe das Gefühl im Moment das Leben zu verpassen, habe wenig Freunde hier und ich bin einfach nicht mehr glücklich.

Was mir auch sehr zu schaffen macht, ist dass meine Familie mir auch immer Druck gemacht hat mit Geld verdienen, 'Karriere' machen, Familie gründen, etc. und ich heute auch keine Unterstützung bekomme. Ich versuche so sehr meine Träume zu verwirklichen und egal was ich plane oder welche Ziele ich erreichen will, meine Familie zieht immer alles in den Dreck. Es gibt niemanden, der mich ermutigt oder meinen Rücken stärkt.

Eine weitere Sache ist, dass ich eigentlich beliebt bin, mir wird gesagt, dass ich sehr hübsch sei und gebildet und dass ich aber trotz allem keine Freunde habe. Die Männer, die ich treffe, fahren meistens immer auf mich ab und wollen gerne was mit mir anfangen und mit mir nach Hause gehen. Ich hatte auch noch nie Probleme angesprochen zu werden oder die Männer zu bekommen, die ich wollte. Und das war für eine Zeit lang auch ok für mich obwohl ich das nie so großartig ausgelebt habe, wie es sich jetzt vielleicht anhört. Aber die meisten Männer sagen mir direkt, dass sie mich super attraktiv finden und mit mir schlafen wollen, aber sie keine Beziehung wollen. Normalerweise habe ich das einfach immer abgenickt und bin alleine nach Hause gegangen, aber in letzter Zeit belastet mich das ganz brutal. Ich weiß, dass viele nur nett zu mir sind, weil sie damit spekulieren mal mit mir im Bett zu landen. Ich habe viele von diesen 'Freunden'. Es ist so falsch! Es macht mich so traurig keine echten Freunde zu haben. Neue Leute, die ich kennenlerne, sagen immer, wie 'erfolgreich' ich aussehe und was für eine Powerfrau ich bin. Dabei bin ich in Warheit so einsam und gebrochen, dass ich mir selbst wie ein riesen großer Fehler vorkomme!

Das mag jetzt alles arrogant klingen, aber ich meine das toternst und ich halte das nicht mehr aus! Ich werde Deutschland auch nach meinem Studium verlassen, weil ich es hier nicht mehr aushalte! Ich hatte in meiner Jugend schon Probleme und war immer sehr sensibel. Ich hatte sogar mal eine lange Phase mit selbstverletzendem Verhalten. Da muss ich aber sagen, dass ich das Bedürfnis zurzeit überhaupt nicht habe und mir auch nie wieder was antun würde!

Ich würde trotzdem gerne wissen, wie ihr mich einschätzt und ob ich mir vielleicht Hilfe holen soll? Ich weiß nur nicht wo, weil ich mein Problem nicht einschätzen kann. Ist es eine Depression?

Ich weiß auch eigentlich nicht, wie ich das bezahlen soll. Vielleicht gibt es ja Alternativen?

Danke und lieben Gruß,

Mia30

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Fundevogel
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Beitrag So., 18.03.2018, 22:37

Hallo mia,

willkommen im Forum!

Also, ob du eine Depression hast, läßt sich aus der Ferne und als Laie natürlich nicht wirklich sagen; ich denke, du hast sehr klarsichtig deine derzeitige Situation und deinen Gefühlshaushalt beschrieben. Da kommt eine ganze Reihe von Belastungsfaktoren zusammen, die allesamt Energie kosten und irgendwoher muss ja auch Erholung und Energie wieder kommen. Belastungen können zu einer depressiven Verstimmung oder Depressionen führen, umgekehrt können diese dazu führen, dass man den Alltag zunehmend schwer hinbekommt.

Ich glaube aber auch nicht, dass man erst eine Diagnose braucht, um sich (professionelle) Hilfe zu holen. Vielleicht kannst du ja mal zu einer psychologischen Beratungsstelle gehen und deine Themen im Rahmen eines Gespräches dort abklären, die können dir dort sicher weiterhelfen.
Davon abgesehen - wenn du das Gefühl hast, dein Leben zu verpassen, was könntest du daran eventuell ändern, was würde dir Freude machen?
Also sozusagen an allen Enden gleichzeitig nach Antworten suchen wäre mein Vorschlag.
Fundevogel

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