Als ich das erste Mal nach Thailand kam, fragte ich mich angesichts der doch eigentlich gesunden Thai-Küche: warum sind hier so viele Menschen – insbesondere Expats – übergewichtig?
Ein Blick in die Straßen genügt: mindestens jeder dritte westliche Ausländer ist fettleibig. Das ist eine enorme Quote, vergleichbar nur mit den “dicksten” Bundesstaaten der USA, und sie ist mitverantwortlich für viele der gesundheitlichen Probleme, die manche Expats schon nach wenigen Jahren in ihrer neuen Heimat haben.
Doch ab wann beginnt “Übergewicht” tatsächlich? Das ist einfach: um Ihren sogenannten “Body Mass Index” (BMI) zu berechnen, dividieren Sie schlicht Ihr Körpergewicht (in kg) durch Ihre Körpergröße zum Quadrat. Bei einer Körpergröße von 1.72m und einem Gewicht von 75kg wäre die Formel: [75 ÷ (1,72 m)² = BMI 25,4]. Übergewicht besteht ab einem BMI von 25,0, krankhaftes Übergewicht (Adipositas) ab 30,0. Experten betrachten Werte ab 27,5 als erhöhtes Risiko für Erkrankungen des Kreislaufsystems, bestimmte Krebsformen, Diabetes Typ 2 und Gelenkbeschwerden.
Doch was macht manche von uns so anfällig dafür, in Thailand derart rasch zuzunehmen? Alkohol wäre eine Erklärung, Fette eine andere. Natürlich trinken viele zu viel und unterschätzen (oder verdrängen), dass alkoholische Getränke regelrechte Kalorienbomben sind. Daneben kochen heutzutage viele Thai-Küchen zu fett, seit einigen Jahren häufig auch zu süß und salzig: diese Speisen sind dann nicht mehr wohlschmeckend und gesund, sondern im besten Falle nur mehr wohlschmeckend… Doch warum essen und trinken wir tendenziell zu viel?
Eine der Erklärungen liegt in der Funktion des Essens und Trinkens als Kompensationsmöglichkeit für Alltagsfrust und Langeweile: berufstätige Expats stehen beruflich oft unter außergewöhnlich intensivem Stress – Pensionisten dagegen haben häufig kaum Aufgaben. Die Freizeit vertreiben sie sich dann mit Essen oder einem Gläschen zwischendurch, ja für manche stellt ein Buffet-Besuch sogar den Höhepunkt der Woche dar. In meiner Eigenschaft als Sexualtherapeut muss ich gerade auch die altersbedingten hormonellen und psychischen Veränderungen erwähnen, die gerade viele ältere Männer an sich erleben: war es in jüngeren Lebensjahren ein tägliches Ziel, Sex zu haben und den Körper zu trainieren, stellt für so manchen älteren Mann das Mittag- oder Abendessen den Inbegriff sinnlichen Genusses dar … leider zum Leidwesen des Körpers, und nicht selten auch der Psyche. Denn Übergewicht erhöht die Neigung zu Depression, was eine Teufelsspirale in Gang setzen kann, die uns dann zu noch mehr Essen treibt. Die Schwierigkeit beim Zurückfinden zu ausgewogener Ernährung ist, dass beim zu-viel-Essen häufig regelrechte Sucht-Dynamiken bestehen. Dies ist mit ein Grund, warum jede seriöse Abnehmklinik Beratung und Psychotherapie als integralen Bestandteil des Gesundungskonzepts anbietet. Man kann ja vieles alleine schaffen – aber manches geht mit Unterstützung von außen einfach deutlich leichter und schneller.
(Dieser Kurzartikel ist Teil einer wöchentlichen Serie, die sich mit psychischen Problemen von Expats und generellen Themen psychischer Gesundheit befaßt und in verschiedenen Medien Thailands veröffentlicht wird, 2011; Image src:theage.com.au)