Der 15 Minuten Selbstsicherheits-‘Boost’

In einem Artikel stellte K. McGonigal, Psychologin an der Stanford University, eine praktische Anwendung für Erkenntnisse aus zwei kürzlich veröffentlichten Studien vor, die den Wert selbst einfachster schriftlicher Übungen auf unsere Psyche illustrieren.

In einer Studie reduzierte die Intervention Schadenfreude. Nach einer kurzen Schreibaufgabe berichteten die Teilnehmer, weniger Schadenfreude über die Fehlleistungen einer anderen Person zu empfinden. Die meisten Menschen beschreiben Schadenfreude als positive Emotion – doch tatsächlich kann sie ein großes Hindernis für unser Glück darstellen. Je mehr wir uns am Leiden anderer erfreuen, desto schwieriger ist es für uns, aus dem Glück der anderen auch für uns selbst positive Gefühle zu beziehen, Mitgefühl für andere zu empfinden, aber auch eigene emotionale Bedürfnisse adäquat wahrzunehmen und zu nähren.

Die Versuche in der zweiten Studie, welche unter etwa denselben Versuchsbedingungen stattfand, erhöhten den Mut der Teilnehmer, Details über ihre eigenen medizinischen Risiken zu erfahren – etwas, das die meisten Menschen aus Angst, etwaige bedrohliche Krankheiten herauszufinden, instinktiv abwehren. Doch Offenheit gegenüber potenziell bedrohlichen Informationen kann nicht nur Leben retten, sie ist auch die Grundlage für die Möglichkeit, neue Perspektiven und Sichtweisen auszuprobieren und aus Fehlern zu lernen.

Zusammen deuten diese Studien auf die Möglichkeit, mittels einer 15-Minuten-Aufgabe sowohl Mut als auch Mitgefühl zu erhöhen, Stress zu reduzieren, die Selbstkontrolle und die Ausdauer im Angesicht von Herausforderungen zu erhöhen. So können Sie diese Methode McGonial zufolge auch für sich selbst nutzen:

  1. Machen Sie eine Liste der 3 für Sie wichtigsten Werte. “Werte”, das können Prinzipien, Stärken, persönliche Qualitäten,  Rollen oder Erfahrungen sein, die subjektiv sinnvoll und wichtig für Sie sind. Typische Beispiele sind Tugenden (wie Ehrlichkeit, Geduld, Mut, Mitgefühl), die Fähigkeit, die positiven Seiten und Potenziale des Lebens sehen zu können, Glaube, Verbindung zur Natur, Dienst an der Gemeinschaft oder Familie, Gesundheit, lebenslanges Lernen, Abenteuer, Tradition, Kreativität, und ähnliche Qualitäten.
  2. Wenn Sie kurzfristig eine Dosis zusätzlicher Selbstbestätigung benötigen, wählen Sie einen dieser Werte und schreiben für 5-15 Minuten auf, warum gerade dieser Wert für Sie wichtig ist – und ein Beispiel dafür, wie Sie ihn leben. Sie könnten beispielsweise über eine vergangene Erfahrung schreiben, eine Zeit in Ihrem Leben, wo Ihnen dieser Wert half, eine Herausforderung zu bestehen. Oder auch etwas, bei dem Ihnen dieser Wert tagtäglich hilft. Wenn Ihr Wert beispielsweise Großzügigkeit ist, könnten Sie über ein Erlebnis schreiben, bei dem Sie einen Menschen in einer schwierigen Situation unterstützten, oder warum Sie regelmäßig Zeit und Geld für einen bestimmten wohltätigen Zweck einsetzen.

Diese Technik hilft vermutlich nicht dabei, dauerhaft mehr Selbstwertgefühl, Selbstkontrolle etc. zu erwerben, kann aber vorübergehend dabei unterstützen, sich selbstsicherer und gelassener hinsichtlich bestimmter Herausforderungen zu fühlen und diese damit besser zu bestehen.

(Quellen:  McGonial, K, “Find Your Courage and Compassion with One Question” in: psychologytoday.com; Howell JL & Shepperd JA, “Reducing information avoidance through affirmation. Psychological Science” in: Psychological Science; van Dijk WW, van Koningsbruggen GM, Ouwerkerk JW, & Wesseling YM (2011), “Self-esteem, self-affirmation, and schadenfreude.” in: Emotion, 11(6), 1445-1449. Photo Credit: lucilleroberts.com)

Richard L. Fellner, DSP, MSc.

Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut, Paartherapeut



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11.11.22