Je älter wir werden, umso mehr wird uns bewusst, dass unser Körper nicht unversehrlich ist. Spätestens ab dem 40. Lebensjahr beginnen selbst immer mehr Männer, regemäßige Gesundheits-Checks zu absolvieren. Doch der Zustand der Seele bleibt dabei meist im Schatten, völlig unbeachtet, nicht zuletzt auch deshalb, weil in der vorgeblich auf “Effizienz” optimierten Medizin für langwierige Behandlungsgespräche gar keine Zeit ist.
Dabei gefährden seelische Nöte die Gesundheit weit stärker als bisher bekannt. Selbst mäßige Probleme, die noch keiner Krankheit entsprechen, steigern das Sterberisiko deutlich um 20 Prozent, wie die ausgewerteten Daten einer großen britischen Studie nachweisen. Demnach schlagen Angst, Unzufriedenheit oder Schwermut auf Dauer vor allem auf das Herz-Kreislauf-System. Doch tatsächlich ist das Ergebnis gar nicht so revolutionär, denn es ist seit vielen Jahren bekannt, dass psychische Erkrankungen wie etwa Depressionen die Gefahr von Herzproblemen und anderen Erkrankungen deutlich steigern. Nun rät die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) jedoch, auch leichte Symptome von psychischem Stress ernst zu nehmen und auf das eigene seelische Wohl zu achten.
Um die Zusammenhänge und Ausmasse, in dem sich auch leichtere seelische Probleme auf die körperliche Gesundheit schlagen, genauer abzuklären, analysierten Mediziner um T. Russ vom Murray Royal Hospital die Ergebnisse von zehn Studien mit insgesamt über 68 000 Teilnehmern im Alter ab 35 Jahren. Bei allen Personen, die zu Beginn der jeweiligen Studie weitgehend gesund waren, wurde das seelische Befinden untersucht.
Im Laufe der folgenden acht Jahre starben rund 8400 Teilnehmer. Die Analyse der Daten zeigt, dass schon mäßig ausgeprägte seelische Probleme mit einem erhöhten Sterberisiko einhergingen. Und die Gefahr stieg mit zunehmender psychischer Last: Unter Berücksichtigung von Begleiterkrankungen, Alter, Geschlecht, Alkohol- und Tabakgenuss der Studienteilnehmer steigerte bereits eine mäßige Belastung das Sterberisiko um etwa 20 Prozent. Die Gefahr, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, war hier sogar um 29 Prozent erhöht, wie die Forscher im “British Medical Journal” berichten. Auf die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu sterben, wirkten sich mäßige Probleme dagegen nicht aus. Bei stark gestressten krebskranken Menschen war dieses Risiko allerdings um 41 Prozent gesteigert.
Die Forscher erklären die erhöhte Sterberate mit verschiedenen Mechanismen. So könne sich seelischer Stress direkt auf die Herztätigkeit auswirken und selbst bei scheinbar gesunden Menschen einen Infarkt begünstigen. Zudem stimuliere eine solche Belastung die Bildung entzündungsfördernder Stoffe wie etwa C-reaktives Protein (CRP), Interleukin-6 (IL 6) oder Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α). Dass akuter Stress auch die Methylierung der Erbsubstanz und damit die Aktivität von Genen beeinflusst, konnten Forscher kürzlich im Fachblatt “Translational Psychiatry” nachweisen. Ferner beeinflussen psychische Probleme auch die Lebensführung, etwa wenn Betroffene rauchen, viel Alkohol trinken oder sich wenig bewegen.
“Die Studie zeigt, dass seelische Nöte auch jene Menschen gefährden, die gewöhnlich keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen”, so Professor Dr. med. Johannes Kruse, Vorsitzender der DGPM. Wer dauerhaft ängstlich oder schwermütig ist und zunehmend an Vertrauen verliert, sollte der DGPM zufolge vorbeugen und gegebenenfalls einen Experten aufsuchen. Je nach individuellem Bedürfniss ließe sich durch Entspannungstechniken und Gespräche mit Ärzten oder auch Vertrauten bereits etwas ändern und die belastenden Faktoren lindern. “Möglicherweise können auch diese Personen von einer Therapie profitieren.”, schlussfolgert Prof. Kruse vorsichtig in einer Stellungnahme.
(Quelle und Textauszüge: MedAustria; Assoziierte Quelle: Translational Psychiatry (2012) 2, e150; (doi: 10.1038/tp.2012.77)
Psychotherapie München Reply
Ich finde, das Thema Depressionen im Alter wird einen größeren Bereich auf dem Gebiet der psychotherapeutischen Versorgung einnehmen müssen. Insofern danke für diesen Blog: er macht darauf aufmerksam, wie wichtig eine frühzeitige Psychotherapie ist. In unserer Praxis in München machen wir hier ähnliche Erfahrungen ….