Weltweit leiden etwa 1 von 10 Erwachsenen unter der häufig schmerzhaften und schwächenden Erkrankung namens Reizdarmsyndrom (engl.: irritable bowel syndrome / IBS), eine Erkrankung, welche nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Gesundheitskassen enorm belastet: in den USA schätzungsweise mit 1 Mrd. US-Dollar pro Jahr.
Eine Meta-Analyse, welche im Dezember 2015 in der Zeitschrift Clinical Gastroenterology and Hepatology veröffentlicht wurde, hat nun festgestellt, dass die positiven Auswirkungen von Psychotherapie langanhaltend sind (in der Analyse der Ergebnisse von insgesamt 41 klinischen Studien aus einer Reihe von verschiedenen Ländern mit mehr als 2.200 Patienten konnte hierbei ein Zeitraum von bis zu 12 Monaten geprüft werden). Schon frühere Studien stellten fest, dass Psychotherapie mindestens genauso wirksam wie Medikamente bei der Verringerung der Symptomatik dieser gastrointestinalen Störung ist.
“Unsere Studie ist die erste, die langfristige Auswirkungen betrachtet hat”, sagte einer der Autoren, Lynn S. Walker, Professor für Pädiatrie am Vanderbilt University Medical Center. “Wir haben festgestellt, dass der moderate Nutzen, den Psychotherapie kurzfristig vermittelt, langfristig anhält.” Dies ist von Bedeutung, da das Reizdarmsyndrom eine chronische, intermittierende Erkrankung ist, für die es keine gute medizinische Behandlung gibt.
Sie ist durch chronische Bauchschmerzen, Unwohlsein, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung gekennzeichnet und als Störung der “Gehirn-Darm-Achse” klassifiziert. Für sie ist heute keine medizinische Heilung verfügbar, es gibt jedoch Behandlungen zur Linderung der Symptome wie diätetische Anpassungen, Medikamente und psychotherapeutische Interventionen.
“Westliche Medizin betrachtet den Geist als getrennt vom Körper, das Reizdarmsyndrom ist jedoch ein perfektes Beispiel dafür, wie die beiden miteinander verbunden sind”, sagte einer der Mitautoren K. Laird. “Denn Magen-Darm-Symptome können über Stress und Angst die Intensität der Symptome erhöhen: dies ist ein Teufelskreis, den psychotherapeutische Behandlung zu durchbrechen unterstützen kann.
In einer separaten Studie untersuchten die Psychologen der Vanderbilt University verschiedene psychotherapeutische Methoden hinsichtlich ihrer Verbesserung der Fähigkeit der Reizdarmsyndrom-Patienten, an täglichen Aktivitäten teilzunehmen. Sie fanden zum einen, dass Psychotherapie bessere Erfolge zeitigte als andere Verfahren. Als besonders effektiv erwiesen sich hierbei konfrontative Verfahren (wie sie z.B. in der Verhaltenstherapie und der Systemischen Psychotherapie bzw. Kurzzeittherapie eingesetzt werden), bei denen die Betroffenen mit unangenehmen Situationen konfrontiert bzw. diesen ausgesetzt werden. Schließlich sollen bei fortschreitendem therapeutischem Behandlungserfolg auch wieder lange Autofahrten, das Essen in Restaurants und Besuche von Orten, an denen nicht jederzeit Toiletten verfügbar sind, möglich sein.
“Die Bewertung der täglichen Funktion ist wichtig, weil sie zwischen jemandem unterscheidet, der körperliche Symptome erlebt, sich aber voll und ganz für Arbeit, Schule und soziale Aktivitäten engagieren kann – und jemand, der das nicht kann”, sagte K. Laird, die Hauptautorin der Studie “Comparative efficacy of psychological therapies for improving mental health and daily functioning in irritable bowel syndrome”, welche im November 2016 veröffentlicht wurde.
Mareike Becker Reply
Ich möchte ergänzend hinzufügen, dass die Reizdarm-Diagnose eine Ausschluss-Diagnose ist, was leider viele Ärzte nicht beachten. Auch ich erhielt diese Diagnose, ohne Untersuchung, obwohl eine Endometriose bereits bekannt war. Letztendlich war es ein starker Darmbefall durch die Endometriose, der ein mechanisches Passagehindernis darstellte. Man kann sich vorstellen, welche Wirkung das gegen die Krämpfe empfohlene Buscopan hatte. Es ist erfreulich, dass Psychotherapie bei einem echten RDS helfen kann. Aber bitte erst nach einer richtigen Diagnostik. Gerade Frauen, die von Endometriose betroffen sind, müssen oft viele Jahre von Arzt zu Arzt rennen, bevor die richtige Diagnose gestellt wird. Bis dahin laufen sie bei Ärzten unter Simulantin, RDS, Reizblase, somatoforme Störung oder diversen psychischen Störungen. Vor allem dann, wenn sie in ihrer Verzweiflung die Fassung verlieren und zu weinen anfangen. Wollte ich nur mal erwähnen, falls das hier Frauen lesen, die auf der Suche nach Informationen übers RDS hierhergefunden haben, aber in Wirklichkeit unter Endometriose leiden. In meiner Selbsthilfegruppe hatten nämlich FAST ALLE diese Fehldiagnose.