Prostituierte leiden häufig an Angststörungen oder Depressionen

Bisher war kaum bekannt, welchen psychischen Risiken Prostituierte ausgesetzt sind. Eine Forschergruppe der Universität Zürich um den Psychiater W. Rössler hat nun in einer weltweit einmaligen Studie rund 200 Prostituierte in Zürich befragt, etwa 5% der in Zürich registrierten Prostituierten. “Um ein möglichst repräsentatives Bild der Situation von Prostituierten zu erhalten, kontaktierten wir die Frauen unterschiedlicher Nationalitäten in Bars, Bordellen, Studios, Begleitdiensten und auf der Strasse”, erklärte der Psychiater. Die Befragten waren zwischen 18 und 63 Jahre alt, die Mehrheit war in der Schweiz geboren, zwei Drittel besassen einen Schweizer Pass.

Die kürzlich in der renommierten Wissenschaftszeitschrift “Acta Psychiatrica Scandinavica” veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass circa die Hälfte der Befragten psychische Störungen während des letzten Jahres aufwiesen. “30 Prozent erfüllten die Kriterien für eine Depression, 34 Prozent die Kriterien für eine Angststörung”, fasst Rössler die Studie zusammen. In der Gesamtbevölkerung hingegen weisen nur 12 Prozent der Frauen psychische Störungen während eines Jahres auf, davon rund 6 Prozent Depressionen und 9 Prozent Angststörungen.

Besondere Risikofaktoren für psychische Störungen sind einerseits Gewalterfahrungen im und ausserhalb des Milieus sowie die speziellen Arbeitsbedingungen und die Nationalität. Schweizer Frauen, die ihre Dienste auf der Strasse anbieten, sind besonders gefährdet; ebenso Frauen aus Asien oder Südamerika, die in Bars oder Studios arbeiten. Von diesen wiesen bis zu 90 Prozent psychische Störungen auf. “Es hat sich aber auch gezeigt”, so Rössler, “dass soziale Unterstützung das Risiko für psychische Störungen reduziert.”

Er betont, dass vor allem die Rahmenbedingungen der Sexarbeiterinnen verbessert werden müssen: “Sichere Arbeitsbedingungen sind ebenso wichtig wie soziale Hilfen für diese Frauen, die allein im Raum Zürich jährlich bis zu 2,8 Millionen Kontakte mit Freiern haben.”
Aus therapeutischer Sicht möchte ich anmerken, daß die soziale Stigmatisierung von Prostituierten sowie die soziale Isolation, in der insbesondere viele sich prostituierende Immigrantinnen erster und zweiter Generation leben, sicherlich ebenfalls einen erheblichen Anteil an der Prävalenz psychischer Störungen unter Prostituierten haben. Würden Prostituierte als Dienstleisterinnen anerkannt, legalisiert und vor allem auch von staatlicher Seite mit “moralisch einwandfreien” Berufen gleichberechtigt behandelt (z.B. hinsichtlich Sozialversicherung etc.), würde dies mit Sicherheit nicht ohne positive Auswirkung für die Szene insgesamt, besonders aber für die individuellen Schicksale der Sex-Arbeiterinnen bleiben.

(Quellen: MedAustria, Acta Psychiatrica Scandinavica, 2010: 1-10 (doi: 10.1111/j.1600-0447.2009.01533.x; Photo src:thebackbencher.co.uk)

Richard L. Fellner, DSP, MSc.

Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut, Paartherapeut



3 Antworten

Aoife Swane Reply

Hier wird die Studie aus Sexworker-Sicht diskutiert:
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=5886

Aoife Swane, Ludwigshafen am Rhein, Deutschland
Moderatorin sexworker.at

Amy Reply

Ich bin eine Germanistikstudentin und arbeite SEHR gerne als Prostituierte, jeder weiß es, dass ich es mache. Ich will es nicht verheimlichen! Was ist das Problem? es ist eine ganz normale Tätigkeit wie jede andere! Es ist die einzige Möglichkeit, um mein Studium und Ausgaben zu finanzieren.

c4 Reply

Prostitution stiftet Frieden, Religion Krieg.

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11.11.22