Der Begriff „Messie-Syndrom“ tauchte erstmals in den Medien auf, als eine Amerikanerin öffentlich über ihre schrittweise Entwicklung zum „Messie“ während der 80er-Jahre schrieb sowie über ihre Schwierigkeiten, ihr problematisches Verhalten zu ändern und wieder Kontrolle über ihr Leben zu erlangen.
Messies sammeln in ihren Wohnungen oder Häusern Gegenstände an, die zumeist bereits wert- oder nutzlos geworden sind. Ihre Wohnungen werden immer weniger bewohnbar, in extremen Fällen verbleiben nur mehr schmale Pfade zwischen Stößen von gefüllten Plastiksäcken, Übersiedlungskartons oder alten Zeitschriften und Büchern; sie können sogar ein hygienisches Problem darstellen, wenn sich unbemerkt Insekten einnisten oder schlechter Geruch entsteht. Aber selbst dann kann ein Messie diese Dinge nicht einfach wegwerfen, da er/sie das Gefühl hat, sie hätten eine wichtige emotionale Bedeutung. Eines Tages könnte man diese Dinge ja noch gebrauchen, oder sie seien Teil einer liebgewonnenen Sammlung, die sie gerne aufheben würden…
Das tieferliegende psychische Problem von Messies ist, dass sie ernste Schwierigkeiten haben, Ordnung herzustellen oder aufrechtzuerhalten und sich adäquat zu organisieren. Ihr Problem ist ihnen zwar zumeist durchaus bewusst und sie haben auch Pläne, wie sie ihr Chaos in den Griff bekommen wollen – doch sie scheitern daran, diese adäquat umzusetzen, was zu noch größerer Frustration führt. Natürlich bleibt dies nicht ohne Auswirkung auf das Selbstwertgefühl und führt häufig zu sozialem Rückzug, ja mitunter sogar völliger Isolation.
Es ist für die Betroffenen aber keine Hilfe, sie zu besserer Organisation zu zwingen oder das, was man selbst als „Müll“ betrachtet, einfach wegzuwerfen. Dies würde von ihnen als gewalttätig und gefühllos, ja als unverzeihlicher Eingriff in ihre Privatsphäre wahrgenommen werden. Denn Messies sind keineswegs „unzurechnungsfähig“, sondern im Gegenteil fast immer überdurchschnittlich intelligent und empfindsam, und nehmen sehr rasch wahr, wenn sie jemand nicht ernst nimmt. Es mangelt ihnen schlicht nur an der für uns „natürlichen“ Selektionsfähigkeit für das, was aussortiert gehört.
Eine bewährte Vorgangsweise, Messies darin zu unterstützen, ihr Problem sukzessive in den Griff zu bekommen ist eine Kombination von Psychotherapie und idealerweise einer Austauschmöglichkeit in Selbsthilfegruppen. In schweren Fällen werden häufig auch Sozialarbeiter involviert. Die Betroffenen erlernen Strategien, die ihnen dabei helfen, mehr Erfolg als bisher mit ihren Organisationsstrategien zu haben. Dies kann einige Zeit dauern, am Ende jedoch verfügen die einstigen „Messies“ über deutlich mehr Freiheit, Lebensfreude und Selbstbewusstsein als davor.
(Dieser Kurzartikel ist Teil einer wöchentlichen Serie, die sich mit psychischen Problemen von Expats und generellen Themen psychischer Gesundheit befaßt und in verschiedenen Medien Thailands veröffentlicht wird, 2010; Image src:wikimedia)
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