Einer Ende 2019 erschienenen Studie von Khan/Plana-Ripoll/Antonsen/Brandt et.al. zufolge welche im wissenschaftlichen Journal PLOS publiziert wurde, ist Umweltverschmutzung – konkret schlechte Luft- und Wasserqualität – mit einem erhöhten Auftreten von Depression und bipolaren Störungen “signifikant assoziiert”. Damit wird die Annahme in den Raum gestellt, dass Umweltverschmutzung zu spezifischen pychischen Störungen führen kann.
Die Studie wurde mit großen Datensets durchgeführt: die Erkrankungsdaten von 151 Millionen Einwohnern auf der Basis von Versicherungsansprüchen in den USA, und von 1,5 Millionen Einwohnern aus dem Dänischen Patientenregister wurden herangezogen. Die Umweltverschmutzung wurde anhand der Environmental Protection Agency (EPA) environmental quality indices (EQIs) der US-Bundesstaaten und den individuellen Werten der Luftverschmutzung in Dänemark bemessen.
Als mögliche Gründe für die Korrelation (und vermuteten Zusammenhänge) wurden Neologismen und/oder noch wenig erforschte Phänomene wie “neuroinflammation”, “Excitotoxizität” oder “oxidativer Stress” herangezogen. Aus wissenschaftlicher Sicht stellt dies insofern ein Problem dar, als dadurch die Zusammenhänge nicht direkt und kausalistisch überprüft werden können, sondern zwischen einer Mutmaßung und sichtbaren Veränderungen Vorgänge in einer “black box” bemüht werden müssen, um eine bestimmte theoretische Annahme zu argumentieren. In gewisser Weise ähnelt dieser Ansatz der Grundhaltung: “In der Hand von Uri Geller, welcher möglicherweise über telekinetische Kräfte verfügt, verbog sich ohne sichtbare Krafteinwirkung eine Gabel” -> durch mir bekannte Möglichkeiten nicht zu erklären -> ist dann vermutlich “Telekinese”. Zudem existieren auch in der Wissenschaft immer wieder Trends – mitunter bedingt durch Fortschritte in gewissen Bereichen, die dann neue Sichtweisen eröffnen, häufig sind diese Trends aber auch durch gesellschaftliche Trends beeinflußt: war es früher die Genetik, so sind derzeit gender-bezogene Schwerpunkte und Umweltverschmutzung /Klimaveränderung sehr ‘en vogue’ in der Forschung, und sie erhalten häufig auch eher Forschungsgeld zugesprochen als andere.
Wie sonst aber ließen sich die gefundenen Korrelationen erklären?
“Fooled by randomness”, so könnte man die Studienergebnisse ebensogut interpretieren. Als mögliche Erklärung der Korrelation wäre die Hypothese, dass die Korrelation zwischen psychischen Erkrankungen und der Luftqualität durch soziodemographische Faktoren besteht, aus meiner bescheidenen Sicht wesentlich besser argumentierbar als in seiner Auswirkung auf die Psyche (!) in keiner Weise näher erklärter “oxidativer Stress”. So könnte man beispielsweise davon ausgehen, dass es eher das Leben in einer Industrieregion und die damit verbundene wirtschaftliche und allgemeine emotionale Situation der Einwohner es ist, die diese depressiv macht, als die Qualität der Luft. Ja man könnte noch weitergehen und vermuten, dass es sich sowohl bei den psychischen Erkrankungen, als auch bei der Luftqualität um Symptome ähnlicher Ursachen handelt…
Ich möchte mit diesem kurzen Impulsartikel wohlgemerkt keineswegs ausschließen, dass die hergestellten Zusammenhänge korrekt sind, oder sich eine bessere Luftqualität nicht auch auf die allgemeine Befindlichkeit auswirken kann – selbstverständlich tut sie das. Sehr vorsichtig allerdings sollte man damit sein, vorschnell Zusammenhänge herzustellen, wo nicht unbedingt welche bestehen müssen – womöglich sogar, um plakative Medieneffekte zu erzielen, weitere Forschungsgelder zu lukrieren oder “Ergebnisse” präsentieren zu können, für die wenig substanzielle Evidenz vorliegt.