Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Gehirne von Menschen mit konservativen Ansichten häufig eine größere Amygdala (ein mandelförmiger Bereich im Zentrum des Gehirns) haben – ein Hirnbereich, der häufig mit “primitiven” Reflexemotionen wie Angst und Emotionen assoziiert ist. Darüber hinaus haben sie häufig auch eine kleineres sog. anteriores Cingulum, eine Region im vorderen Hirnbereich, die wichtig für die Entwicklung von Mut und Optimismus ist und bei Störungen mit Depressionen und neurotischen Verhaltensmustern in Verbindung gebracht wird.
Gelingt es, diese Ergebnisse wissenschaftlich abzusichern, könnten sie eine medizinische Erklärung dafür bieten, warum konservative Wähler eher empfänglich für terroristische Bedrohungen sind als zum Beispiel Liberale. Und es würde dabei helfen, zu erklären, warum die Konservative eher auf der Grundlage von Worst-Case-Szenarien planen möchten, während die Liberalen eher zu rosigen Aussichten neigen.
Geraint Rees, Leiter des UCL Institute of Cognitive Neuroscience in London, wurde ursprünglich halb im Scherz eingeladen, für eine Episode der “BBC 4 Today” Show die Unterschiede zwischen liberalen und konservativen Köpfen zu studieren. Nach dem Studium von 90 UCL-Studenten und zwei britischen Parlamentariern konnte der Neurologe, einigermaßen schockiert, eine klare Korrelation zwischen der Größe der erwähnten Hirnregionen und politischen Ansichten entdecken. Er warnt jedoch, dass es auf der Basis des bisherigen Standes der Untersuchungen, bei denen nur die Gehirne von Erwachsenen untersucht wurden, noch keine Möglichkeit gäbe, zu sagen, was zuerst da war – die hirnorganischen Unterschiede oder die politischen Meinungen. Doch es scheint nicht weit gegriffen, dass die politischen Grundeinstellungen einer Person bald schon durch Gehirn-Scans – oder auch DNA-Tests ermittelt werden könnten.
Denn Untersuchungen an den Universitäten University of California, Harvard and UC-San Diego zeigten, dass eine Variante des Neurotransmitters DRD4 Menschen scheinbar zu liberalen Einstellungen prädisponiert, jedoch nur, wenn sie auch ein aktives soziales Leben als Jugendliche hatten. Träger des “liberalen Gens” haben auch eher den Wunsch, neue Dinge auszuprobieren sowie weitere, gemeinhin mit liberalen Einstellungen verbundene Persönlichkeitsmerkmale.
Sind Rassisten dumm?
Damit aber noch nicht genug. Weitere Untersuchungsergebnisse lassen vermuten, dass ein niedriger IQ (Intelligenzquotient) eine der Ursachen für rassistische Vorurteile und sozial-konservative politische Einstellungen sein könnte. Die zugrundeliegende im Jahre 2012 veröffentlichte Studie, (durchgeführt von der Brock University in Ontario und geleitet von Gordon Hodson) besagt, dass Kinder mit vergleichsweise geringerer Intelligenz im Erwachsenenalter eher konservative Überzeugungen und Vorurteile entwickeln als Kinder mit vergleichsweise höherer Intelligenz. Erklärt wird dies damit, dass diese Menschen mehr Angst vor Veränderungen haben. Sie streben also nach dem Gefühl von Sicherheit – konservative Ideologien aber beinhalten mehr Struktur, befürworten gesellschaftliche “Ordnung” und fördern hierarchische Systeme. All dies und ihr Widerstand gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen macht es für Konservative ebenfalls leichter, mit einer komplizierten und komplexen Welt umzugehen. Gleichzeitig fördern solche Grundeinstellungen aber auch Vorurteile.
Hudson warnt jedoch, in den aktuellen Stand der Untersuchungen allzu viel hineinzuinterpretieren: zum einen ist das Konzept der IQ-Tests unter Psychologen nicht gerade unumstritten, zum anderen ist die Entwicklung von Vorurteilen zu komplex, um einfach nur mit Unterschieden der Intelligenz erklärt zu werden.
Lediglich der Zusammenhang, dass auf Menschen, die stärker zu Angst vor Veränderungen neigen, reaktionäre Positionen positiv und anziehend wirken, sei als abgesichert zu betrachten.
Allerdings kommen auch andere Forscher zu vergleichbaren Ergebnissen. So betrug gemäß einer im Jahre 2010 von Satoshi Kanazawa auf Basis der IQ-Ergebnisse aus der “Add Health”-Umfrage analysierten Ergebnisse der Durchschnitts-IQ von Erwachsenen, die sich als “sehr liberal” beschrieben, 106 Punkte, während solche, die sich als “sehr konservativ” bezeichneten, durchschnittlich nur 95 IQ-Punkte erreichten.
Eine weitere Studie von L. Stankov aus dem Jahre 2009 wiederum stellte fest, dass unter Studenten an US-Universitäten konservative Grundeinstellungen negativ mit SAT (“Scholastic Aptitude Test”, ein standardisierter Test für die Aufnahme an US-Colleges)-Scores, dem Wortschatz und Analogietest-Ergebnissen korrelierten. Eine noch größere Korrelation wurde hierbei allerdings hinsichtlich wirtschaftlicher Unterschiede gefunden.
Provokant formuliert: könnte der britische Philosoph John Stuart Mill mit seinem Ausspruch “Conservatives are not necessarily stupid, but most stupid people are conservatives” gar nicht so unrecht gehabt haben?
(Quellen: [1]; [2]; [3]; [4]; 5: Larry Stankov (2009-05) in: “Conservatism and cognitive ability“. Intelligence 37 (3): 294–304. doi:10.1016/j.intell.2008.12.007; 6: Satoshi Kanazawa (2010): “Why Liberals and Atheists Are More Intelligent“. Social Psychology Quarterly. doi:10.1177/0190272510361602.)
Sergej S. Reply
Ich denke nicht, dass man diese Auswertungen 1:1 auf Europa übertragen kann. Es mag schon stimmen, dass ein konservativer Texaner mit Tätigkeit im Öl oder agrar-Gewerbe weniger IQ hat als ein Informatiker in New York.
Dennoch greift es für mich zu weit, dass man politische Richtungen wie konservativ und liberal als ganzes nach IQ sortieren möchte.
Erste repräsentative Ergebnisse kann es erst geben, wenn man dass in Deutschland oder Österreich selbst nachprüft mit eigenen Test-Teilnehmern.
Es hat eben nicht jeder die Möglichkeit ein Studium in anderen Teilen der Welt in Anspruch zu nehmen.