Alkohol gefährlicher als LSD, Junk Food vergleichbar mit Heroin

Cannabis AbhängigkeitDer Drogenbeauftragte der britischen Regierung, Professor David Nutt, kritisiert die im letzten Jahr von der damaligen Innenministerin Jacqui Smith getroffene Entscheidung, Cannabis nach dem Drogenmissbrauchsgesetz von 1971 in die Drogenklasse B einzuordnen. Cannabis sei wie auch Ecstasy oder LSD weniger gefährlich als Alkohol und Zigaretten. Ecstasy und LSD gehören in England zur Drogenklasse A, in die auch Heroin, Kokain, Crack, halluzinogene Pilze, Metylamphetamin und zu injizierende Amphetamine eingeordnet werden. Für den Handel ist die Höchststrafe lebenslänglich Gefängnis.

Nutt schreibt in einem Paper als Grundlage eines Vortrags im Centre for Crime and Justice Studies am King’s College, dass es nicht wirklich nachvollziehbar ist, warum die einen Drogen verboten sind und andere, sehr gefährliche Drogen wie Alkohol oder Zigaretten nicht unter das Drogengesetz fallen, sondern nur wie Lebensmittel und mit einer Altersgrenze reguliert und weigehend unreguliert vertrieben werden würden. Die Unterscheidung etwa zwischen Alkohol oder Nikotin von anderen Drogen, die verboten sind, sei “künstlich”.

Da das Risiko gering sei, dass durch den Konsum eine Psychose ausgelöst wird, und auch sonst schädliche Folgen eher gering sind, plädiert er für die Beibehaltung der Einstufung in die Klasse C. Cannabisraucher hätten ein 2,6 Mal so großes Risiko, eine Psychose zu entwickeln wie Nichtraucher. Das aber müsse man etwa im Verhältnis zu Zigarettenrauchern sehen, die ein 20 Mal größeres Risiko haben, an Lungenkrebs zu erkranken.

Man müsse alle Drogen nach ihrer Gefährlichkeit einstufen. Dann käme Alkohol an fünfter Stelle nach Kokain, Heroin, Barbituraten und Methadon und müsste in die B-Klasse eingestuft werden. Tabak käme an neunter Stelle – auch in Klasse B – nach Ketaminen, Benzodiazepine und Amphetaminen. Cannabis bliebe in C an 11. Stelle, vor LSD und Ecstasy. Man müsse offen darüber diskutieren, meint Nutt, welchen Zweck Drogengesetze haben sollen und ob die bestehenden ihrem Zweck dienen.

Doch die Diskussion wird von unerwarter Seite sogar noch um eine ganze Palette weiterer, süchtigmachender Substanzen erweitert: Neurowissenschaftlern vom Scripps Institute (Florida) zufolge macht auch Junk Food – also Chips, Hamburger, Würstchen oder Kuchen, also alles, was viel Salz, Zucker oder Fett enthält – körperlich abhängig. Und sie ziehen den Vergleich von Junk Food mit Heroin: wenn man sich vor allem von Junk Food ernährt, verliert man die Kontrolle, was zumindest in Versuchen an Ratten nachgewiesen werden konnte. Diese wurden in drei Gruppen aufgeteilt: eine Gruppe erhielt gesundes Fressen, die andere eine begrenzte Menge an Junk Food, und die dritte uneingeschränkte Mengen an Junk Food, also an fetten, süßen und salzigen Nahrungsmitteln.

Bei den ersten beiden Gruppen ließ sich nichts Negatives feststellen, aber bei den Junk-Food-Ratten konnte man beobachten, wie sie fetter und immer gieriger wurden. Die Wissenschaftler stimulierten das Lustzentrum der Ratten und fanden heraus, dass die mit Junk Food verwöhnten Ratten immer mehr Stimulation benötigten, um die Lust zu verspüren, die Ratten mit gesünderer Ernährung hatten. Die verwöhnten Ratten aßen einfach weniger, wenn sie nicht das Richtige erhielten. Und sie fraßen Junk Food auch dann weiter, wenn sie leichte Elektroschocks erhielten.

Werden, wenn sich diese Ergebnisse auch bei Menschen nachreproduzieren lassen, also Junk-Food-Anbieter bald mit Drogendealern und Hamburger-Hersteller mit Drogenherstellern gleichgesetzt und der Kauf, Besitz und Konsum ihrer Produkte mit Strafandrohung belegt werden?

(Vollartikel auf Telepolis [1], [2], Scripps Institute). Photos: zamnesia, dreamtime

Richard L. Fellner, DSP, MSc.

Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut, Paartherapeut



1 Antwort

entwurf Reply

>Werden, wenn sich diese Ergebnisse auch bei Menschen
>nachreproduzieren lassen, also Junk-Food-Anbieter bald mit
>Drogendealern und Hamburger-Hersteller mit Drogenherstellern
>gleichgesetzt und der Kauf, Besitz und Konsum ihrer Produkte mit
>Strafandrohung belegt werden?

nein, man entlässt lieber leute wie nutt:

http://www.aerztezeitung.de/panorama/article/573703/grossbritannien-drogenbeauftragter-wegen-lsd-verharmlosung-entlassen.html

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11.11.22