Herzinfarkt: Psychische Gesundheit lebenswichtig

(Photo src: medicalnewstoday.com)

Herzinfarkt-Überlebende mit posttraumatischen Belastungsstörungen tragen ein deutlich erhöhtes Risiko, früher zu sterben – dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie an rund 150 Patienten, die nach einem Herzinfarkt oder Herzstillstand einen Defibrillator erhalten hatten. Die Wissenschafter des Helmholtz Zentrums München, der TU München sowie des Deutschen Herzzentrums fordern, den psychischen Symptomen weitaus größere Aufmerksamkeit zu widmen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Das Team wies nach, dass Herzinfarkt-Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) ein erhöhtes Risiko tragen, früher zu sterben als Patienten ohne diese Diagnose. Dies wurde in der aktuellen Ausgabe der weltweit renommierten psychiatrischen Fachzeitschrift Archives of General Psychiatry veröffentlicht.

Im Zuge der Untersuchung fragten die Wissenschaftler insbesondere nach Symptomen, die typischerweise bei einer posttraumatischen Belastungsstörung auftreten: angstvolle, sich aufdrängende bohrende “intrusive” Erinnerungen an das lebensbedrohliche Geschehen, das Vermeiden von Verhaltensweisen, die an das Ereignis erinnerten, sowie eine nach dem Erstereignis aufgetretene gesteigerte nervöse Unruhe oder Überwachheit (Hypervigilanz). Ein Teil der Patienten litt in gesteigerter Weise an diesen Symptomen. Ihr Leben war durch immer wiederkehrende bedrohliche Erinnerungen an ihre Erkrankung bestimmt. Sie lebten in einem dauerhaft angstvoll-angespannten Zustand. Diese Menschen wiesen ein 3,5fach erhöhtes Risiko auf, früher als diejenigen Patienten zu sterben, die nicht an solchen Symptomen litten und sich mit ihrer Erkrankung hatten arrangieren können.
In keinem Zusammenhang mit dem Risiko der posttraumatischen Symptomatik standen Risikofaktoren wie das Alter, die Auswurffraktion des Herzens als Maß für die verbliebene Herzmuskelkraft oder Diabetes. Überraschenderweise fand sich auch keine Verbindung mit dem komorbiden Vorhandensein von Depression und Angst. “Dies bedeutet”, so Studienleiter Ladwig, “dass das PTBS-Risiko unabhängig von den genannten weiteren Risikofaktoren besteht und keineswegs durch sie erklärt werden kann.”

Als Konsequenz aus diesen deutlichen Studienergebnissen fordern Ladwig und sein Team, bei Herzinfarkt-Patienten den Symptomen einer PTBS in Zukunft weitaus größere Aufmerksamkeit zu widmen. Spezielle Hilfsangebote, bei Bedarf auch eine psychotherapeutische Begleitung, müssen rasch entwickelt und auf ihre Wirksamkeit getestet werden. Zum anderen bedarf es weiterer Forschung nach den Mechanismen, die dazu führen, dass die PTSD-Symptomatik einen solch fatalen Einfluss auf den Krankheitsverlauf bei Patienten mit Defibrillatoren ausübt.

(Quelle: Der Standard, 07.11.2008)

Richard L. Fellner, DSP, MSc.

Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut, Paartherapeut



2 Antworten

Sophie Reply

Toller Artikel. LG

Ferdinand Schneider Reply

Mein Onkel hatte vor ein paar Wochen einen Herzinfarkt. Jetzt wollen wir natürlich nicht, dass sich das wiederholt. Deshalb lesen wir jetzt mehr darüber. Diese Forschung ist sehr interessant, ich werde den Artikel mit meinem Onkel teilen.

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