Wenn sie das Wort “Depression” hören, denken viele Leute an traurige oder hoffnungslose Menschen, die nach einem nicht verkrafteten Lebensereignis zurückgezogen und häufig weinend ihr Dasein fristen.
Doch tatsächlich ist das nur in den seltensten Fällen so. In einer US-Studie aus dem Jahr 1996 konnte beispielsweise nur ein Drittel der an einer Depression Leidenden ein belastendes oder einschneidendes Erlebnis vor der Erkrankung nennen. Und es sind auch keineswegs nur negative Ereignisse, die bei manchen Menschen Depressionen auslösen können, sondern auch solche wie etwa die Geburt eines Kindes oder das Gelingen eines Geschäftsabschlusses. Dass nicht alle Menschen bei einschlägigen Ereignissen Depressionen entwickeln, legt darüber hinaus nahe, dass auch andere Faktoren, wie etwa genetische oder Stress-Faktoren mitbeteiligt sein dürften. Für die Betroffenen selbst und ihre Umwelt also ist in der überwiegenden Zahl der Fälle auf Anhieb gar kein klarer Grund für eine etwaige Depression auszumachen – was in aller Regel zu langjährigen Verzögerungen auf der Suche nach der korrekten Diagnose für das eigene Unwohlbefinden führt.
Körperliche Symptome sind eine weitere, häufig fehlinterpretierte Facette depressiver Störungen. Kopfschmerzen, Schlafstörungen, reduzierte Gedächtnisleistung und Konzentrationsfähigkeit, aber auch andere körperliche Schmerzen, Probleme der Verdauungsorgane oder Energielosigkeit sind typische körperliche Symptome einer vorliegenden Depression.
Die mit der Depression häufig verbundene Perspektivenlosigkeit führt viele Betroffenen zu selbstschädigendem Verhalten. Die meisten Menschen, die Suizid begingen, litten vorher an einer (häufig nicht erkannten oder behandelten) Depression. Doch es muß nicht gleich Suizid sein: auch andere selbstschädigende Formen des Verhaltens, wie etwa Alkohol- und Drogenmißbrauch, selbstschädigendes Eßverhalten oder riskantes Verhalten im Verkehr sind, wie Untersuchungen zeigen, in mehr als 60% der Fälle an Depressionen gekoppelt.
Besonders bei älteren Männern äußert sich Depression häufig auch über Aggression, speziell verbale Unfreundlichkeiten, Zynismus, Schimpfen und andere Formen aggressiver Ausdrucksweise. Auch hier ist es den Betroffenen nur selten bewußt, dass sie an einer Depression leiden, sondern sie führen ihre innere Unzufriedenheit und ihren Ärger auf äußere Umstände zurück, über die sie sich regelmäßig und nicht selten auch lautstark beschweren.
Etwa 4 Millionen Menschen leiden in Deutschland an Depressionen, die Dunkelziffer dürfte aber aufgrund der häufigen Fehldiagnosen und jahrelangen Leidenswege ohne passenden Befund und adäquate Therapie deutlich höher liegen.
(Dieser Kurzartikel ist Teil einer wöchentlichen Serie, die sich mit psychischen Problemen von Expats und generellen Themen psychischer Gesundheit befaßt und in verschiedenen Medien Thailands veröffentlicht wird, 2011; Image src:TRBfoto)
Denise Reply
Es geht aber auch umgekehrt: Ich wurde mit Depressionen fehldiagnostiziert und leide jetzt darunter. Nicht alle Menschen mit körperlichen Beschwerden sind depressiv!!