In Kunst und Literatur wurden Gemütszustände schon immer mit visuellen Begriffen umschrieben: Grau und schwarz sind da die Farben, die häufig für Melancholie oder Depressivität stehen, im Englischen ist es zumindest sprachlich das Blau (“feeling blue”). Eine Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Freiburg hat nun in einer Zusammenarbeit von Psychiatern, Psychotherapeuten und Augenheilkundlern herausgefunden, daß sich hinter diesen Sprachbildern vermutlich mehr Wahrheit steckt, als bisher angenommen wurde.
Depressive Menschen können demnach Schwarz-Weiß-Kontraste schlechter wahrnehmen als Gesunde. Mittels einer elektrophysiologischen Methode wurde die Antwort der Netzhaut auf alternierende Schachbrettmuster mit unterschiedlichen Kontrasten bei Depressiven und Gesunden gemessen. Hierbei zeigten sich hochsignifikante Unterschiede: Depressive Menschen haben deutlich kleinere Antwortamplituden auf der Netzhaut. Gegentests zeigten, daß depressive Menschen und Gesunde mittels der elektrischen Netzhautmessung aufgrund der unterschiedlich hohen Sensitivität unterschieden werden konnten. Die Untersuchung wurde jetzt in dem renommierten Fachjournal “Biological Psychiatry” veröffentlicht.
Auf Basis dieser Methode könnte ein Verfahren entwickelt werden, mit dem auf objektive Art und Weise der eigentlich als subjektiv betrachtete Zustand der Depression gemessen werden könnte. Dies könnte weitreichende Auswirkungen nicht nur auf die weitergehende Erforschung der Depression, sondern auch auf ihre Diagnose und Therapie haben.
(Quelle: Der Standard; Bubl, Ebert, Kern et.al, “Seeing Gray when Feeling Blue“, in: Biological Psychiatry 01 Apr 2010, doi:10.1016/j.biopsych.2010.02.009; Bild:Wikimedia)