Burnout oder Boreout – im letzten Blog-Eintrag habe ich bereits erwähnt, dass Menschen, die an chronischer Unterforderung leiden, ähnliche Symptome entwickeln können wie solche, die mit Überlastung im Job zu kämpfen haben. Interessanterweise zeigen sich bei beiden Problemkreisen sehr ähnliche neurologische und hormonelle Veränderungen, und leider ähneln sich auch deren Konsequenzen: chronische Unterforderung und Langweile kann ebenso wie Burnout zu Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems und des Verdauungsapparates führen und das Risiko für Autoimmunerkrankungen erhöhen.
Hier sind 3 typische Anzeichen für eine Burnout- oder Boreout-Dynamik:
- Körperliche, geistige und/oder emotionale Erschöpfung: Freizeit existiert nicht oder vergeht mit einem “Wimpernschlag” ohne jedes Gefühl von Erholung (Burnout) oder sie fühlt sich unendlich lange an, wobei zunehmend Essen oder Trinken zum Höhepunkt jedes Tages wird (Boreout).
- Depersonalisation / Zynismus: grobe, unfreundliche oder abweisende Reaktionen anderen gegenüber, besonders jenen Leuten, mit denen man regelmäßig zu tun hat. Das Ziel dieses Verhaltens kann als Versuch gesehen werden, eine Distanz zu jenen Leuten herzustellen, die man subjektiv als Auslöser der eigenen Unwohlgefühle empfindet.
- Reduzierte Fähigkeit zur Selbsteinschätzung: die Betroffenen haben das Gefühl, nichts weiterzubringen, ihre Zeit zu vergeuden oder zu versagen (Burnout) oder sinnlos vor sich hinzuleben (Boreout). Ein Gefühl des Versagens und der Ineffektivität der Lebensgestaltung ist beiden gemein und zeigt einen zunehmenden Verlust an Vertrauen in unsere Fähigkeiten.
Das Hauptproblem im Umgang mit fortgeschrittenen Formen von Boreout und Burnout ist, dass man keinen Zugang zu den üblichen Ressourcen von Energie, Kreativität und positiver Lebenseinstellung mehr hat, die dabei helfen könnten, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Häufig wird statt dessen die Situation sogar noch verschlimmert, indem die Betroffenen sich nur noch mehr anstrengen, um die Kontrolle wiederzuerlangen. Doch jede Strategie, um einem Burnout-Prozess wirkungsvoll zu begegnen, muss im Endeffekt eine Reduktion der Belastungen und das Wiederfinden von Balance zum Inhalt haben. Dafür sind allerdings mitunter drastische Schritte erforderlich, wie z.B. in Extremfällen sogar ein vorübergehender Ausstieg aus der “Tretmühle Job”. Auch organisatorische Veränderungen oder eine Änderung des “Selbst-Managements” kann nötig sein, um sich nicht nach kurzer Zeit (etwa nach einem Kurzurlaub) wieder in derselben Situation wiederzufinden. Es nützt auch nichts, sich über die Firma oder “die Situation” zu beklagen – denn zu einem hohen Grad ist es letztendlich unsere eigene Psyche, die unsere Grenzen setzt – und manche von uns anfälliger dafür macht, irgendwann “auszubrennen” oder zu “verlangweilen” – insofern liegt es auch sehr stark an uns selbst, die nötigen Schritte zu setzen, die uns wieder zurück zu Glücklichkeit und innerer Balance führen können.
(Dieser Kurzartikel ist Teil einer wöchentlichen Serie, die sich mit psychischen Problemen von Expats und generellen Themen psychischer Gesundheit befaßt und in verschiedenen Medien Thailands veröffentlicht wird, 2012. Image src:blogwallet.com
Eine umfangreichere Version dieses Artikels finden Sie hier: “Burnout oder Depression“)
Linde Reply
Ich finde die Diskussion vergisst, dass gerade der Begriff Burn-out für viele Patienten auch eine Entlastung ist, die akuten Probleme zu artikulieren.