Adipositas und Sterblichkeitsrisiko

50% der jungen Männer sind zu dick. 60% der Weltbevölkerung bewegen sich weniger als 30 Minuten am Tag, Bewegung und körperliche Arbeit werden immer weniger, die Kalorienzufuhr steigt. Die Folge: in den meisten europäischen Ländern sind zwei von drei Männern und jede 2. Frau übergewichtig. Hinzu kommen die chronischen Begleiterkrankungen des Herz- und Bewegungsapparats mit der Folge steigender Kosten für das Gesundheitssystem. Eine weitere Verschlechterung der Situation in den nächsten Jahren ist zu erwarten: dringend erforderlich sind Präventionskampagnen, die eine Lebensstiländerung hin zu einer gesünderen und “bewegteren” Lebensweise fördern.
Insbesondere bei 20- bis 25-Jährigen hat Übergewicht desaströsen Einfluß auf die Gesundheit. Bei den 25-jährigen Männern aber sind bereits 50% übergewichtig, 60% rauchen und rund ein Drittel ist sportabstinent. Zwar ist nur ein Viertel der 16- bis 25-jährigen Frauen übergewichtig, jedoch waren die weiblichen Studienteilnehmer wesentlich seltener sportlich aktiv. Lediglich ein Viertel aller Studienteilnehmer weist keinen der untersuchten kardiovaskulären Risikofaktoren auf.
Großen Einfluss hat auch das Bildungsniveau. Die Gefahr, wenigstens einen kardiovaskulären Risikofaktor im jungen Erwachsenenalter zu erwerben, ist mit abnehmenden Bildungsniveau deutlich größer: Im Vergleich zu Abiturienten/Gymnasiasten ist das Risiko der Realschüler um den Faktor 3,2 erhöht, bei den Hauptschülern ist es mehr als fünfmal so hoch.

Starkes Übergewicht, ein großer Taillenumfang aber auch ein Körpergewicht am unteren Ende des Normalbereichs sind bei Menschen um die Fünfzig mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko verbunden. Das geringste Risiko haben Frauen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 24,3 und Männer mit einem BMI von 25,3. Dies sind die Ergebnisse der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC), eine der größten europäischen Langzeitstudien weltweit. Die Studiendaten belegen, dass neben dem Körpergewicht auch die Fettverteilung für das Sterblichkeitsrisiko von Bedeutung ist. Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) veröffentlichte kürzlich seine Forschungsergebnisse in der Zeitschrift New England Journal of Medicine. Die Daten der europaweiten EPIC*-Studie, welche insbesondere den Taillen- und Hüftumfang berücksichtigen, boten die größte zurzeit verfügbare Datenbasis und erlaubten somit sehr sichere Schlussfolgerungen zum Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Sterblichkeitsrisiko.

“Das wichtigste Ergebnis unserer Untersuchung ist, dass das Übergewicht an sich, aber auch unabhängig davon die Körperfettverteilung das Sterblichkeitsrisiko eines Individuums beeinflusst”, sagt Tobias Pischon, Erstautor der Studie. Denn das Bauchfett sei nicht nur ein Energiespeicher, sondern es produziere auch Botenstoffe, die die Entwicklung chronischer Erkrankungen fördern. Dies könne zum Teil erklären, warum auch schlanke Menschen mit einem niedrigen BMI aber großem Taillenumfang ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko aufweisen würden. In der vorliegenden Studie hatten Schlanke mit viel Körperfett im Bauchraum ein ebenso großes Risiko wie stark Übergewichtige. “Unsere Ergebnisse unterstreichen damit die Notwendigkeit, auch bei normalgewichtigen Personen die Körperfettverteilung durch eine Messung des Taillenumfangs oder des Taillen-/Hüftumfang-Quotienten zu ermitteln. Eine Einschätzung anhand des BMI oder des Taillenumfangs allein sei nicht ausreichend”, ergänzt Heiner Boeing, Leiter der Potsdamer EPIC-Studie.

Als Ursache für den beobachteten Zusammenhang zwischen niedrigerem BMI und erhöhtem Sterblichkeitsrisiko kommt nach Ansicht der Wissenschaftler auch ein durch Alterungsprozesse oder unerkannte Krankheiten bedingter Verlust der Muskelmasse in Frage, die im Vergleich zum Fettgewebe schwerer ist. Menschen, die Gewicht verlieren, bauen oft mehr Muskeln ab als Fett.

Im Vergleich zu Männern mit einem Taillen-Hüftumfang-Quotienten unter 0,89 haben Männer mit einem Quotienten über 0,99 ein um 43 Prozent erhöhtes Risiko für fortgeschrittenen Prostatakrebs. Bei europäischen Männern ist diese Krebsart die am häufigsten diagnostizierte und nach Lungen- und Dickdarmkrebs die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache. Die Ursachen für Prostatakrebs sind noch wenig erforscht. Bekannte Risikofaktoren sind ein fortgeschrittenes Lebensalter, eine erbliche Vorbelastung und die Zugehörigkeit zu bestimmten ethnischen Gruppen. Die Gründe für den Zusammenhang zwischen Taillenumfang und dem Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, sind noch unklar.
Den Taillen-Hüftumfang-Quotient berechnet man, indem man den Wert des Taillenumfangs durch den des Hüftumfangs teilt.  Der Taillenumfang und auch der Taillen-Hüftumfang-Quotient lassen auf die Menge an Körperfett schließen, die im Bauchraum eingelagert ist. Das Bauchfett ist nicht nur ein Energiespeicher, sondern es produziert auch Botenstoffe, die die Entwicklung chronischer Erkrankungen fördern.

* EPIC: European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition
Quellen:
– MedAustria, 200811
New England Journal of Medicine, Vol 359:2105-2120
Dt Ärztebl. 2008; 105(46): 793-800 (doi: 10.3238/arztebl.2008.0793
(Photo-Quelle: docs4you.at)

Noch mehr zum Thema Körpergewicht und Essstörungen:

Übersichts-Artikel “Eßstörungen”
Literaturtipps zum Thema

Richard L. Fellner, DSP, MSc.

Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut, Paartherapeut



1 Antwort

bleibfit Reply

Ja, ich habe soeben Dr. Meryn auf Orf 2 gesehen und er hat auch gemeint, dass Übergewicht auf Dauer zu Bluthochdruck, Krebs etc. führen kann. Doch damit man nicht zu viele Kilos bekommt braucht man keine Diät. Einfach vorbeugen, ich esse zum Beispiel gerne mal ein leichtes Joghurt oder trinke einen Joghurtdrink. Das schmeckt, ist kalorienarm und zügelt Heißhunger! 🙂
Was meint ihr??
LG

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11.11.22