Nach ersten Gesprächen kommen viele Themen hoch..

sporadischer Gast 8 W, 35

Hallo,

ich habe mal eine Frage, ich hoffe, sie ist noch nicht gestellt worden, habe nämlich noch nichts gefunden.

Ich habe vor ca 8 Wochen mit einem Termin bei einer Psychotherapeutin begonnen. 4 Termine hatte ich jetzt.
Bisher hat sie mich nur erzählen lassen, was mich gerade so beschäftigt und in den Sinn kommt. Ich habe von der Beziehung zur Schwiegerfamilie erzählt (sehr schwieriges Verhältnis), von meiner Arbeit, meinem Chaos, dass ich um mich herum verbreite und ansonsten von nichts.
Sie hat nur zugehört und ab und zu ein Wort eingeworfen. Ich habe zum Beispiel Ärger auf der Arbeit mit Bossing im klassischen Stil. Es ist die Hölle, da hat sie mir Tipps gegeben. Kann ich leider nicht so gut anwenden, da mich der Boss immer wieder unterbügelt.

Meine eigentliche Frage ist aber folgende:
Der letzte Termin war am 19.2 und der nächste ist am 9.3. seit der letzten Stunde kommen mir ständig sachen hoch, an die ich jahrelang nicht gedacht habe, ja sogar nicht wusste. Ich bin als Mädchen von einem Mann missbraucht worden. In meiner Erinnerung ging es nicht bis zum letzten. Aber die Bilder die auftauchen, sagen etwas anderes. Das schockiert mich zutiefst. Mir ist übel und es tut weh im Bauch und im Brustkorb. Ich habe davon nie erzählt. Es hat damals auch niemand gemerkt. (Was mich aber jetzt auch wundert) Die Intensität der Bilder hat in den letzten Stunden auch wieder etwas nachgelassen, aber die Angst, über das was gewesen sein könnte ist groß und wird immer größer.

Kann es sein, dass durch die 4 Sitzungen das ausgelöst wurde, obwohl ich nichts davon zur Therapeutin sagte?

Beim nächsten Termin möchte sie mit mir besprechen, welche Therapieform für mich in Frage kommt. Aber sie muss doch von meinen Ängsten dann wissen, oder. Ich muss es ihr noch erzählen. Kann das sein, dass ich das alles nicht mehr wusste? Ich habe auch noch Angst vor Höhe, Spinnen, Insekten allgemein und manchmal überfällt mich eine unendliche Traurigkeit, ein tiefes schwarzes Loch und ich bin unfähig mich zu rühren (im wahrsten Sinne des Wortes).

Ganz schön kaputt.

Danke für Antworten und liebe Grüße von Frau Antje

Anmerkung Admin: Betreffzeile von "Wie beurteile ich die Therapie(form)?" auf obige präzisiert.

Helferlein 94 Norddeutschland W, 39

Hallo Frau Antje,

ich kann mir gut vorstellen dass die Erinnerungen die für Dich so schmerzhaft sind eine Eigendynamik entwickeln, weil Du in der Therapie "loslässt".

Ich war sogar ca. 1/2 Jahr bei meinem Thera (VT) bevor es wirklich ans Eingemachte ging, vorher habe ich mehr so über die täglichen Probleme gesprochen, über wen oder was ich mich geärgert hatte, z.T. auch das aktuelle Verhältnis zu meinen Eltern (nichts dramatisches), meine Unzufriedenheit, usw. Erst nach dem halben Jahr gestand ich mir (und dann ihm) ein dass die "wirklichen" Probleme nicht die Ärgernisse des Alltags sind - obwohl ich da auch lerne mit denen besser umzugehen, das waren so die ersten Schritte - sondern u.a. mein Alkoholmissbrauch und selbstverletztendes Verhalten. Obwohl einer meiner ursprünglichen Gründe für den Beginn der Therapie war dass ich Probleme mit der Sexualität habe ist mir z.B. die Vergewaltigung durch meinen ersten Ehemann (Kurzehe) vor ca. 14 jahren erst vor ein paar Monaten "eingefallen". Ich wusste es zwar noch "vom Kopf her", also wenn mich jemand danach gefragt hätte dann hätte ich es durchaus erinnert aber ich hatte es sozusagen abgespalten (sagte der Thera) so dass ich es nicht mit MIR in Verbindung brachte. Das ist zwar nicht der alleinige Grund für das genannte Problem aber daran kannst Du sehen wie sehr man verdrängen kann.... Bei mir haben auch Entspannungsübungen eine Rolle gespielt, mein Thera legt grossen Wert darauf dass ich mehr und mehr lerne mich selbst zu spüren, was ich immer tunlichst vermieden habe.....

Auch meine Probleme mit dem SVV habe ich dem Thera erst vor kurzer Zeit schriftlich mitgeteilt, darüber sprechen kann ich ihm gegenüber aber immer noch nicht (Scham, Angst). Es gibt also viele bewusste und unbewusste Gründe warum etwas nicht gleich thematisiert wird.

Ich denke besonders wichtig an einer Therapie ist das wachsende Vertrauen zum Thera, also zu lernen dass man gegenüber dem Thera Gefühle zulassen und Dinge sagen kann die man sonst niemandem sagen würde, und man wird nicht bestraft und nicht verurteilt.... Ich habe gegenüber meinem Thera häufig (in den "guten" Stunden) das Gefühl butterweich zu sein, d.h. meine normalen inneren Schutzmechanismen fallen zu lassen und dann kommt vieles von ganz allein heraus. Mein Thera sagt auch man muss loslassen können, und in meinem Fall ist das eben die ständige innere Anspannung, die die Dinge unter Verschluss hält. Erst jetzt reden wir intensiv über mein Problem mit der Sexualität, das hätte ich früher einfach nicht geschafft. Ich denke die Theras wissen genau dass man meistens eine gewisse Anlaufzeit braucht um die ganzen inneren Geheimnisse heraus zu lassen. Man tastet sich da sozusagen gemeinsam heran.

Natürlich ist es wichtig alles in einer Therapie zu thematisieren, auch wenn man vielleicht erstmal nur sagen kann "da ist das und das Problem aber ich schaffe es noch nicht darüber zu sprechen", dann kann man es ein paar Wochen später wieder versuchen aufzunehmen.

Ich würde versuchen ihr beim nächsten Termin von dem Missbrauch zu erzählen, und auch von den anderen Ängsten, und wenn Du es nicht aussprechen kannst schreib es auf einen Zettel und gib ihn ihr zu Beginn. Oder Du druckst einfach dein Posting aus, es ist ehrlich und zeigt wie Du fühlst.

Wenn es Dir in der Zwischenzeit schlecht geht, kannst Du Deine Thera evtl. anrufen und um einen früheren Termin bitten?

Alles Gute
Dela

sporadischer Gast 8 W, 35

Vielen Dank, Dela für Deine Antwort.

ich werde beim nächsten Termin darüber reden. Ich bin nur sehr erstaunt, dass ich auf einmal diese Bilder habe und "weiß", was mir da passiert ist. Ich bin völlig fertig, da ich das nicht einordnen kann. Ich kann mich daran erinnern, dass mein Onkel mich damals an die Wand geworfen hat und bedrängte, aber mehr ist die ganze Zeit nicht dagewesen, und nun diese Bilder. Sie sind schockierend und flitzen so schnell vorbei und kommen dann wieder. Sie lösen Gefühle in mir aus, die ich noch nie hatte. Mir ist zum Weinen und ich bin gleichzeitig so wütend, dass ich schreien könnte. Ich glaube, dass mein Onkel froh sein kann, dass es tot ist.

Wenn ich darf, werde ich gerne weiter berichten, ich habe das Gefühl, dass mir das Schreiben hier etwas Erleichterung verschafft.

Danke,
Frau Antje

Helferlein 94 Norddeutschland W, 39

Hallo Frau Antje,

na klar schreib weiter wenn Dir danach ist, das tun wir doch alle hier weil es irgendwie hilft, mal hilft man vielleicht jemand anders, mal erfährt man selbst diese Hilfe, oder es ist einfach nur erleichternd... Rolling Eyes

Kommst Du denn jetzt soweit klar mit den Bildern, dass Du bis zum nächsten Termin warten kannst? Ich kann mir vorstellen dass diese Erinnerungen ziemlich überwältigend sind, und wünsche Dir viel Kraft für die nächste Zeit!

Dela

Guest W

Hallo Frau Antje,

naja ich bin etwas unsicher und habe einige Zeit überlegt, ob ich Dir antworten soll.
Ich möchte Dir nur einen Wink mit dem Zaunpfahl geben, vielleicht bringt er Dir etwas.

Du schreibst, dass Du Angst hast, vor Deinen Erinnerungen. Zumindest was das betrifft, "hatten/haben" wir etwas gemeinsam.
Und z.Z beschäftige ich mich sehr intensiv damit, die Angst genau davor los zu weden. Das hört sich sehr leicht an und ist so gar nicht umzusetzen, denkst Du vielleicht.

Vielleicht ist es Dir möglich Deinen Erinnerungen ruhig entgegen zu blicken. Vielleicht schaffst Du es, ihnen zuzuschauen. Ruhig und besonnen.
Nicht verkrampft und (bildlich) die Decke bis zu den Augen hochgezogen.
Das IST schwer, aber machbar und das widerum erleichtert, wenn auch nur gering.

Ich finde das toll, dass Du hier schreibst, denn es gibt Dir das Gefühl nicht alleine zu sein. Und das ist wichtig!

Wenn sich meine Erinnerungen bei mir melden, dann höre ich ihnen zu, erst seit kurzem.
Und dann mache ich mir bewusst, dass ich jetzt gerade auf meinem Sofa sitze und keinen Grund habe, jetzt Angst zu bekommen, weil ich sicher bin.
Ebenso, wenn sich die Dinge melden, wenn ich arbeite, auf der Strasse laufe, oder sonst etwas mache.

Du bist in Sicherheit, das versuche Dir klar zu machen, wenn beängstigende Bilder an Dir "vorbeiflitzen".

Einen schönen Abend - Chaes

Forums-InsiderIn 459 Österreich W, 20

Sonnenscheinendes Hallo! flower

Nicht umsonst heißt es, dass es einem in der Anfangsphase einer Therapie des Öfteren nicht gut geht...
Aber, wenn etwas auftaucht, .... dann ist das immer positiv zu sehen! Es handelt sich dabei um Dinge, die irgendwann mal beiseite geschoben, "vergessen" wurden, aber in Wirklichkeit kann man nur dann etwas aufarbeiten, wenn man es auch tatsächlich getan hat.... Und dafür ist eine Therapie da.
Sicherlich, am Anfang ist das immer eine schwierige Phase...aber man kommt da durch.. Wink

Wichtig ist, dass du mit deiner Therapeutin wirklich über alles sprichst... so auch über dieses, als auch über dein schwarzes Loch, dieses nicht bewegen können....etc. Natürlich geht alles step by step und nicht alles auf einmal zum Aufarbeiten, aber die kleinen Schritte machen die großen aus! Wink

Und wenn es dir gar nicht gut geht... denke daran, dass das alles gut ist so, denn das ist wichtig und das kommt jetzt dran (wurde lange genug beiseite geschoben), damits mir dann wirklich wieder ganz gut gehen kann... gut gehen kann, um in meinem Leben glücklich, erfüllt,...zu sein...

Schicke dir gaaanz viele Sonnenstrahlen,
LG,
Ela Very Happy

sporadischer Gast 8 W, 35

Liebe Dela, Ela und Chaes,

ich danke Euch für Eure Antworten.

@Chaes, es hat irgendwie wirklich geholfen, mir vorzustellen, dass mir jetzt ja keine Gefahr mehr droht. Die Angst ist ein wenig geringer geworden.

@Ela, ich fühle mich schon etwas besser, da es anscheinend normal ist, dass man sich so fühlt, wie ich mich fühle. Ich dachte anfangs, dass es nicht normal ist. Ich kannte das ja nicht, es ist das Erste Mal, dass ich eine Therapie begonnen habe.

@Dela,mit den Bildern geht es momentan, sie flitzen nicht mehr ununterbrochen, und der Tipp von Chaes mit der Vorstellung auf dem Sofa zu sitzen ist da auch hilfreich.

Wenn ich weiter hier schreiben kann, wird mir das bestimmt auch helfen. Ich bin nämlich ansonsten eher der Typ, der alles in sich hineinfrisst. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Davon können meine Kilos ein Lied singen. Aber komisch, seit ein paar Wochen steht das Gewicht, es steigt nicht mehr stetig an. Nur runter ging noch nichts.

Liebe Grüße von Frau Antje

Forums-InsiderIn 459 Österreich W, 20

Sonnenscheinendes Hallo! flower

Quote:

Ich dachte anfangs, dass es nicht normal ist.

Ja, kann dich gut verstehen, dass das dann belastend ist... Schön, dass es jetzt anders ist! Very Happy

Quote:

Wenn ich weiter hier schreiben kann, wird mir das bestimmt auch helfen. Ich bin nämlich ansonsten eher der Typ, der alles in sich hineinfrisst.

Na, wir freuen uns über jeden hier, dem das Forum ein wenig hilft! Hier ist immer jemand da, der ganz Ohr ist! Schön,dass du bei uns bist! flower

Quote:

Aber komisch, seit ein paar Wochen steht das Gewicht, es steigt nicht mehr stetig an. Nur runter ging noch nichts.

Schön,dass freut mich für dich....hm...um eine Esstörung gehts jetzt eh nicht? Frage nur, weil es oft vorkommt und es dann natürlich nicht gut ist, was du grad erzählst... Rolling Eyes

Aber ich nehm mal das Gute an..

Schicke dir gaaanz viele Sonnenstrahlen,
LG,
Ela Very Happy

Helferlein 90 Niedersachsen W, 22

Hallo Frau Antje und alle anderen,
ich habe ein ähnliches Problem...
Bin vor gut drei Monaten zur psychosozialen Beratungsstelle meiner Universität gegangen, weil es einfach einige Dinge gab, bei denen ich mit mir nicht im Reinen war. Hmmm... Die erste Sitzung war ganz schön hart. Es ging meiner Meinung nach ganz schön ans Eingemachte, ich konnte die nächsten 2 Tage nicht richtig schlafen, weil einfach sehr viel hochgekommen ist und ich mir viele Gedanken gemacht habe.
Ich war mir sehr unsicher, ob ich überhaupt noch hingehen sollte. Der nächste Termin war 3 Wochen später, ich wollte mich spontan entscheiden.
Nun ja, in den 3 Wochen dazwischen ist einiges passiert - mein Stiefdad ist gestorben Sad

Also bin ich zum Termin gegangen, aber einfach aus dem Grund, weil ich jemanden zum Reden brauchte, was auch gut tat. In der letzten Sitzung vor fast 2 Wochen habe ich aber wieder gemerkt, dass die alten Dinge wieder hochgekommen sind, Bilder etc. wie auch du es beschreibst. Das alles war mir ein bisschen zu viel. Naja, eine Beratung an der Uni hat höchstens 10 Termine, das ist natürlich zu wenig, also hab ich mir eine Überweisung zur Psychotherapie geholt.
Zögere allerdings, einen Termin zu machen, einfach aus Angst davor, dass es mir zuviel wird, dass alles, was hochkommt, mich überschwemmt, mir die Luft nimmt. Ja, ich weiß, dass es langfristig gesehen nur gut ist, die Dinge zu bearbeiten, aber kruzfristig gesehen habe ich einfach Angst vor dem Beginn der Therapie. Wer fängt mich dann auf, wenn alles aufbricht? Schaffe ich das?

Grübelnd, Kleine Prinzessin

- "Und wenn du dich getröstet hast (man tröstet sich immer), wirst du froh sein, mich gekannt zu haben. Du wirst immer mein Freund sein. Du wirst Lust haben, mit mir zu lachen. Und du wirst manchmal dein Fenster öffnen, gerade so, zum Vergnügen... Und deine Freunde werden sehr erstaunt sein, wenn sie sehen, dass du den Himmel anblickst und lachst. Dann wirst du zu ihnen sagen: 'Ja, die Sterne, die bringen mich immer zum Lachen' Und sie werden dich für verrückt halten. Ich werde dir einen hübschen Streich gespielt haben" (aus: Der Kleine Prinz) -

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