Paartherapie

neu an Bord! 3 W

Hallo!
Hat jemand Erfahrung mit Paartherapie gemacht? Ist es besser einen Therapeuten und eine Therapeutin hinzuzuziehen, oder ist das Geschlechterverhältnis egal? Wäre Euch sehr dankbar über einige Infos, da mein Partner und ich uns entschlossen eine Therapie zu beginnen, aber noch keine Erfahrungen mir Psychotherapie gemacht haben.

Psychotherapeut 1589 Wien M

Liebe Downunder,

als Systemischer Therapeut (die Wurzeln der Systemischen Therapie liegen ja u.a. in der Paar- und Familientherapie) kann ich nicht der Verlockung widerstehen, Ihnen darauf zu antworten. Wink

Haben Sie keine Sorgen bezüglich des Geschlechts Ihres(r) Therapeuten(in) - bietet er/sie Paartherapie an und arbeitet er(sie) womöglich auch systemisch, sollte das Geschlecht keine Rolle spielen, da Neutralität eine der wichtigsten Säulen der Paartherapie ist.

Naturgemäß kann es bei einer Paartherapie schon mal dazu kommen, daß einer der beiden Partner mehr "Redezeit" hat als der andere oder daß das "Anliegen" einer Seite vorübergehend im Vordergrund steht - üblicherweise wird dann aber auch die nötige Zeit aufgewendet, um den Sichtweisen des Gegenübers Platz zu geben und letztlich einen gemeinsamen Weg, also einen, der für beide zumindest realistisch vorstellbar ist, zu entwickeln.

Meiner Erfahrung nach (und ich arbeite sehr gerne und verhältnismäßig häufig mit Paaren) stellt es eine ganz wesentliche Erleichterung für die Paartherapie dar, wenn es beide schaffen, mit einer gewissen Offenheit, einer Bereitschaft, sich überraschen zu lassen und Neues zu wagen, in die Sitzungen kommen. Ich würde also vorschlagen: lassen Sie's einfach auf sich zukommen und sich überraschen! Wink

Es kann einige Stunden dauern, bis sich erste Veränderungen bemerkbar machen und ein guter Kontakt zwischen Ihnen und dem/der Therapeuten/in entsteht, aber er sollte gelingen. Für beide Partner. Wenn Sie sich auch nach einigen (3-5) Stunden noch nicht so richtig wohl fühlen, dann ist diese Person vermutlich einfach nicht die richtige für Sie. Diesbezüglich gilt also prinzipiell das Gleiche wie in einer Einzeltherapie.

Herzliche Grüße, viel Erfolg für Ihren gemeinsamen Weg (zunächst in die Therapiestunden Wink

) und alles Gute
Richard L. Fellner

-> Info-Artikel zur Paartherapie

sporadischer Gast 5 M, 40

hallo,
es ist am sinnvollsten wenn sie sich ein therapeutenpaar suchen, da auch dann das geschlechterverhältnis ausgewogen ist.

vile grüsse
wolfstetter

Psychotherapeut 1589 Wien M

Hallo wolfstetter,

dieser Sichtweise kann ich mich nicht anschließen - im Gegenteil, es handelt sich aus meiner Sicht um eine heute überholte Sichtweise noch aus den Anfangszeiten der Familienberatung. Ein(e) professionell ausgebildete(r) Paartherapeut(in) sollte es beherrschen, neutral zu beraten.
Ich weiß schon, absolute Neutralität gibt es nicht Wink

, aber insbesondere Systemische Familientherapeuten erlernen bewußten Umgang mit den verschiedenen Formen der Neutralität in der Kommunikation von "therapeutischen Kinderschuhen" an und ich gehe davon aus, daß Grundlagen davon auch in anderen anerkannten Therapierichtungen ausreichend vermittelt werden. Meine Kenntnis einzelner Klientengeschichten lassen mich da z.B. "Verführungen" zu etwaigen Koalitionen aufgrund besserer kommunikativer Fähigkeiten eines der Partner oder mangelnde innere Bereitschaft eines der Partner zur Therapie als wesentlich riskanter für den Therapieerfolg erscheinen als das Geschlecht der Therapeutenperson.

Sollte allerdings einer der Partner schon von vornherein Bedenken haben, vom jeweils andersgeschlechtlichen Therapeuten(in) benachteiligt zu werden, dann ist es sicherlich angezeigt, lieber das doppelte Honorar zu zahlen und dafür von dieser Sorge unbelastet die Therapie beginnen zu können als sich in den Gesprächen ständig unwohl zu fühlen, oder sich einer solchen überhaupt zu entziehen... Wink

Lieben Gruß aus Wien
Richard L. Fellner

sporadischer Gast 15 woanders W, 49

Hallo,

eigentlich hab ich mich bisher immer in den Themenbereichen zu Wort gemeldet, in denen es irgendwie um die Beziehung zum Therapeuten ging. Ich bin jetzt traurigerweise fast am Ende und mag den Abschied nicht akzeptieren, aber das ist ein anderes Problem. Die Therapie hat mich in Vielem weitergebracht, aber es ist mir nicht gelungen, mein in einer langjährigen Ehe bestehendes Beziehungsproblem zu lösen. Es dürfte auch der Hauptauslöser für meine weiterhin vorhandenen Depressionen sein. Nachdem mein Therapeut bereits früher auf die Möglichkeit einer Paartherapie hinwies (selbstverständlich nicht bei ihm), hab ich jetzt das Gefühl, dass er mir dringend dazu rät. Ich möchte jetzt ganz gerne wissen, ob es hier im Forum Betroffene gibt, die Erfahrungen mit Paartherapie haben und mir dazu was sagen möchten. Vielleicht muss ich noch dazu ergänzen, dass der Erhalt meiner Ehe nicht mein erklärtes Ziel ist. Ich bin mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem ich erkenne, dass es mir auf Dauer nicht besser gehen wird, wenn ich die Beziehung zu meinem Mann nicht verändere. Ich würde mich freuen, wenn mir jemand von seinen/ihren Erfahrungen berichten könnte. Vor allem interessiert mich natürlich wie erfolgreich eine solche Paartherapie sein kann und vielleicht auch, wie das so in den einzelnen Settings abläuft, wie sich der Partner eventuell verhält und wie man sich selbst dabei fühlt.

Danke im Voraus

Steppenwölfin

Helferlein 123 Deutschland W, 26

Hallo,

ich bin auch gerade an einem Punkt angelangt, an dem ich mich frage, Paartherapie oder gleich trennen. Deshalb würde ich den von downunder initiierten thread nochmal erwecken, da mich Erfahrunsschilderungen sehr interssieren würden. Scheue mich ja schon vor dem ersten Anruf, um einen Termin zu machen... Was erzähle ich denn da?...

Wer hat Erfahrungen, egal wie geartet, mit Paartherapie gemacht, macht es überhaupt Sinn oder erreicht man damit nur das Ziel, dass eine unabhängige Person sagt: trennt euch!, da ich hier viel davon lese, dass in der Therapie "Trennung auf Zeit" vorgeschlagen wird...

Wäre dankbar für Antowrten.

LG

Forums-InsiderIn 273 weit weg W, 34

Hallo carrie

Wenn ich dein Posting richtig interpretiere, kannst Du also nur noch gewinnen?
Weil die Trennung für Dich schon klar ist? Oder Du doch noch etwas Hoffnung hast, daß ihr das Ruder nochmals rumreißen könnt?

In jeder Beziehung gibt es auch mal echte Krisen und da kann eine Paartherapie schon auch helfen rauszukommen.
Sie ist natürlich kein Allheilmittel und auch kein Superultrakleber für etwaige Risse in der Beziehung.

Und da Du nach Erfahrungen fragst, ein befreundetes Ehepaar hat mit Hilfe der Therapie mal eine wirklich schlimme Krise überwunden, es folgten gute Jahre, aber nach 10 Jahren kam eine neue Krise, an der die Beziehung dann leider zerbrach, trotz Thera.

Letzten Endes ist es deine/ eure Entscheidung, ob Ihr noch eine Funken Hoffnung habt.

Liebe Grüße

Yeti

Helferlein 123 Deutschland W, 26

Hallo Yeti,

danke für deine Antwort.

Es ist leider tatsächlich so, dass ich täglich in mir abwägen muss, ob ich den Schritt in die gemeinsame Therapie gehen will oder mich lieber sofort trenne. Es gibt Tage, an denen ich der Meinung bin, dass selbst ein Therapeut uns/mir nicht mehr helfen kann...

Dann gibt es wiederum Tage, an denen ich denke, wir könnten es schaffen, wenn er mitzeiht, und darauf habe ich ja keinen Einfluss.

Wenn ich von Leuten lese, die eine Paartherapie gemacht haben, dann schreiben sie meistens, dass innerhalb der Therapie vorgeschlagen wurde, sich auf Zeit zu trennen. Dazu brauch ich aber keine Beratung, dann kann ich mich doch auch gleich trennen, so meinte ich.

Leider sind wir jenseits von "mal in eine Krise geraten". Es ist alles so traurig, dazu kommt meine Ungeduld...

Gibt es denn noch glückliche Paare?

Psychotherapeut 1589 Wien M

Liebe carrie,

ich kann natürlich Ihre Beziehung aus der Ferne nicht beurteilen (und folglich auch nicht die Erfolgschancen einer Therapie in Ihrem konkreten Fall), grundsätzlich würde ich aber gern anregen, dass Sie sich beide zumindest die Chance geben, die aktuellen Probleme mithilfe einer Paartherapie zu bewältigen zu versuchen.
So gut wie kein Paar ist in der heutigen Zeit vor gelegentlichen, durchaus sehr heftigen und langfristigen Belastungen und Herausforderungen gefeit - viele davon sind aber zu meistern, sofern sich beide Partner von den vorübergehenden Schwierigkeiten nicht abschrecken lassen. Und wie immer gilt: je rascher Beratung gesucht wird, desto besser. Wie heißt es so schön: "Krisen sind Chancen". Sie können - erstmal bewältigt - eine neue Phase von Partnerschaft einleiten, in der man sich ehrlicher begegnet und Raum für Neues geschaffen wird. Das kann sehr, sehr anstrengend sein (und bis zum Punkt gehen, dass Paare einige Stunden lang nur mehr wegen der "Verpflichtung" zur Therapie kommen, weil sie diese Abmachung getroffen haben, aber nicht, weil sie noch ernsthaft glauben, es miteinander schaffen zu können) - plötzlich passiert dann aber ein Durchbruch und es geht in Riesenschritten vorwärts.

Zu Ihrer anderen Frage: persönlich habe ich - obwohl schon recht lange als Paartherapeut tätig - noch nie einem Paar eine "Trennung auf Zeit" empfohlen. Es mag da aber unterschiedliche Ansätze geben. Wenn Sie einen derartigen Rat im Zuge einer Therapie erhalten und sich nicht wohl damit fühlen, hielte ich es für sinnvoll, wenn Sie dies dann ansprechen - und den Therapeuten nach einer Alternative fragen.

Ich möchte Ihnen beiden raten, tief in sich hineinzusehen und sich zu fragen: "Ist es mir mein(e) Partner(in) wert, uns noch eine gewisse Zeit zu geben? Mit einer neutralen "Stimme von aussen" zu versuchen, unsere Probleme zu lösen, selbst wenn es bis dahin unerträglich schwierig wird?" Wenn Sie beide diese Frage mit "Ja" beantworten, wäre es schön, wenn Sie sich mal auf zumindest 5 Therapie-/Beratungssitzungen einlassen und dann gemeinsam besprechen, ob das dort bisher Erfahrene und Besprochene weitere X Sitzungen rechtfertigt usw.

Persönlich bin ich eigentlich in schöner Regelmäßigkeit über die positiven Veränderungen in Paarbeziehungen überrascht, die mitunter schon nach wenigen Sitzungen möglich sind - gerade auch, wenn beide selbst eigentlich kaum mehr an eine Lösung glaubten, aber doch ernsthaft mitarbeiteten. Es kommt allerdings aber mitunter auch vor, dass ich von vornherein von Therapien abrate, wenn mir im Zuge des Ersttermins aufgrund gewisser Rahmenbedingungen ein Therapieerfolg als sehr unwahrscheinlich erscheint.

Alles Gute!
Richard L. Fellner

Helferlein 123 Deutschland W, 26

Vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Oft denke ich auch, ich muss es wenigstens versuchen, ich kann mich nur schwer mit dem Gedanken abfinden, mich zu trennen, bevor ich nicht ALLES versucht habe. Und die Tatsache, dass er es nicht ablehnt, macht mir auch Mut...

Also danke nochmals, das hat mir wieder ein paar Zweifel genommen!

Helferlein 45 Salzburg M, 32

Hallo carrie!

Wenn ich darf, möchte ich von einem Paar erzählen, dass es geschafft hat.

Die Beiden waren zum Zeitpunkt der Krise schon lange verheiratet und hatten drei Kinder. Damals, in den frühen 80ern war eine Therapie "was für Geisteskranke", das Verständnis für die Notwendigkeit professioneller Hilfe gab es damals noch nicht. Aber: es gab Seelsorger. Die sind manchmal auch nichts anderes als Therapeuten. zwinkernd..

Auch wenn Hr. Fellner mich dafür fressen wird Wink

Unser damaliger Pastor hat zusammen mit den Beiden in langer, zäher Arbeit (für alle drei!!) einen Weg für sie ermöglicht. Das war auch nichts Anderes als eine Paartherapie ... halt mit theolgischem Ansatz, was bei zwei tief gläubigen Menschen auch nicht verkehrt sein muss.

Dadurch wurde die Ehe gerettet und der Familienverbund gestärkt. Sie hat bis zum Tod des Mannes Ende 2004 gehalten: insgesamt über 46 Jahre!

Die Beiden waren meine Eltern. Meine Mutter lebt noch und überlegt, ob sie sich wieder auf einen Mann einlassen will. Wink

Viel Kraft wünscht
Diogenes

Helferlein 123 Deutschland W, 26

Hallo Diogenes,

danke für deine aufmunternden Worte! Smile

Hab heute Nachmittag nach Herrn Fellners Statement einen Termin für kommenden Montag gemacht. Ich merke ja auch, dass, wenn eine dritte Person in ein "Beziehungsgespräche zwischen meinem Partner und mir involviert ist, es sachlicher abläuft und die Dinge auch mal auf den Punkt gebracht werden können.

Es macht mir absolut Mut zu lesen, dass es Paare gibt, die es (auch) damit geschafft haben Smile

so wie deine Eltern...

Ich würde hier wieder posten und berichten, wie es bei mir "vorangeht", sollte es jemanden interessieren...

Forums-InsiderIn 273 weit weg W, 34

Quote:

Ich würde hier wieder posten und berichten, wie es bei mir "vorangeht", sollte es jemanden interessieren...

Ja, gerne! Und viel Glück Euch beiden!

Liebe Grüße Yeti

Helferlein 123 Deutschland W, 26

Hallo zusammen,

habe nun also gestern mein erstes Beratungsgespräch zu dritt bei ProFamilia gehabt. Von dem Gespräch an sich war ich ein wenig enttäuscht. Wahrscheinlich hatte ich aber auch einfach nur zu große Erwartungen, weil ich ja einerseits therapieerfahren bin und andererseits mir schon soooo lange wünsche, wieder mit meinem Freund glücklich zu sein.

Und auch wenn noch viele weitere Termine folgen werden, kann ich schon jetzt sagen: jeder, der mit dem Gedanken spielt und sich nicht sicher ist - tut es.

Erstaunlich fand ich die Reaktionen meines Freundes, bis gestern wusste ich nicht, dass er auch nicht glücklich ist, weil er merkt, dass ich nicht glücklich bin. Er scheint seit Tagen wie ausgewechselt. Es kommt mir teilweise so vor, als ob er nun alles, was ich ihm bisher immer vorgeworfen habe, unterlässt, damit ich keinen Grund mehr habe, es (in dem Beratungsgespräch) zu kritisieren. So nach dem Motto: das war mal, kannst du mir heute doch nicht mehr vorwerfen.

Naja, wie gesagt, es war das erste Gespräch und es folgen noch welche. Bin aber super motiviert, weil ich nun endlich merke, dass ich nicht allein am Strang ziehe - schon allein das hat schon einiges bewirkt.

Also ihr merkt, ich blicke der ganzen Sache nun sehr positiv entgegen.

Meld mich wieder, bis dahin

LG, carrie

neu an Bord! 2 Deutschland W, 25

Hallo Carrie!

Würde mich sehr freuen zu hören, wie es bei dir/euch weitergegangen ist. Mein Freund und ich sind momentan auch in einer Kriese und überlegen zum Paartherapeuten zu gehen.
Daher würde es mich freuen Erfahrungsberichte zu lesen.

Vielen Dank im voraus! Very Happy

LG, Räubertochter81

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