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Baby Bruno
sporadischer Gast
5
M, 26
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Mon, 12.Jan.04, 3:21 Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Hallo!
Die Vorgeschichte:
Ich bin Physikstudent und stehe kurz vor der erfolgreichen Beendigung meines Studiums.
Mit vierzehn Jahren habe ich zum ersten Mal bewusst wahrgenommen, dass die Existenz des Menschen an sich sinnlos ist:
Die Arterhaltung ist das, was den Menschen voran treibt. Als denkender Mensch kann man daraus natürlich keine Lebensmotivation ableiten; wer etwas Anderes denkt, der lebt in einer Illusion.
Diese Kurzfassung meiner philosophischen Einstellung hat sich im Laufe meiner Schulzeit und meines Studiums durch das Erlernen der wissenschaftliche Denkweise immer weiter gefestigt.
An Religion, Gott oder ein anderes höheres Wesen glaube ich nicht.
Und nun das Kernproblem:
Da meine Existenz ja sinnlos ist, habe ich für Nichts, was ich tue, eine Motivation. Daraus ergeben sich einige Konsequenzen für mein Leben, die ich allerdings nicht ausführlich darstellen möchte (So viel Text liest eh keiner ).
Manchmal gelingt es mir für kurze Zeit mir einen Lebenszweck einzureden, so dass ich sehr diszipliniert und erfolgreich arbeiten kann. Dies funktioniert insbesondere in Stresssituationen, wie z.B. bei der Prüfungsvorbereitung. Meine guten Noten spiegeln dies wider.
So lange wie ich den Ball am Rollen halte und gefordert werde, bin ich ein sehr ausgeglichener Mensch und kann dem Leben viele Gutes abgewinnen.
Sobald ich aber Zeit habe in mich zu gehen und über die Welt nachzudenken, falle ich wieder auf meine Definition des Sinns der Welt zurück. Es würde also völlig genügen, den ganzen Tag nur vor mich hin zu vegetieren und triebhaft das zu tun, wozu ich gerade Lust habe.
Ich leide an Antriebslosigkeit, Langeweile, Selbstzweifel, und einer weltablehnenden Haltung; kurzum, ich würde mich als depressiv bezeichnen.
Wer sich die Mühe gemacht hat bis hier zu lesen, der wird mein Dilemma erkennen: Ich habe meinen Sinn des Lebens gefunden, und dieser ist nicht gerade die Basis für eine gesunde menschliche Existenz.
Meiner Meinung nach könnten eine Therapie und Antidepressiva die Stärke meiner Depression mindern; deren Ursache können sie aber nicht behandeln.
Ich spreche übrigens oft mit anderen Leuten über meine Probleme und Weltanschauung. Ich habe viele enge Freunde und bin auch nicht kontaktscheu Fremden gegenüber. Dies gehört also nicht zu meinen Problemen. Es dient mir sogar als eine Art Selbsttherapie.
Zu guter letzt:
Wer weiss Rat oder hat ähnliche Gedanken? Insbesondere wäre ich natürlich daran interessiert einen Ausweg aus dieser Sackgasse zu finden.
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Last edited by Baby Bruno on Mon, 12.Jan.04, 9:42; edited 1 time in total |
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Eternity
neu an Bord!
4
M, 17
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Mon, 12.Jan.04, 3:43 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Ich bin zwar kein Therapeut, aber ich kann dir nur Raten dir über gewisse Dinge keine Gednakne zu machen. Es ist wohl nicht wichtig für dich slebst, wenn du dir Gedanken machst wie Sinnlos das Leben ist oder? Genieße dein Leben und akzeptiere dieses "verlangen zum Überleben" wie du es beschrieben hast. Wenn das allerdings nicht funtkioniert und du schon soweit bist das du deine nahezu negativen Gedankengänge nicht kontrollieren kannst würde ich dir eine Therapie vorschlagen, aber vorerst ohne Antidepressiva. Denn so etwas empfielt man nur Menschen die wirklich am ende sind.
Das dazu. MfG Eternity
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tanzendes_irrlicht
Moderatorin
2129
NRW W, 30
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Mon, 12.Jan.04, 7:33 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Hallo Du,
Quote: | Ich habe meinen Sinn des Lebens gefunden, und dieser ist nicht gerade die Basis für eine gesunde menschliche Existenz. |
In Deiner Konstruktion ist der Sinn auf das mögliche Nichts, der Endlichkeit bezogen.
Weil Du einen Gott ausschliesst, der Sinn geben könnte, ercheint Dir die Existenz sinnlos - doch fällt Dir auf, dass dies abhängig von einem Gottesbild ist?
Wenn ich den Sinn im Hier suche, im Leben selbst, finde ich Sinn. Der Weg ist das Ziel quasi.
Baby Bruno wrote: |
Die Arterhaltung ist das, was den Menschen voran treibt. Als denkender Mensch kann man daraus natürlich keine Lebensmotivation ableiten; wer etwas Anderes denkt, der lebt in einer Illusion. |
Das denke ich nicht. Wir haben unterschiedliche Primärmotivationen, wobei Reduplikation nur eines ist. Meine Prof sagt sehr schön "Sex, Macht, Geld" und dann haben wir dann ja noch ne Menge anderer Motivationen.
Diese Motive geben Sinn im Jetzt - sind sinnlos wenn sie auf ein Nichts bezogen werden.
Quote: | Ich leide an Antriebslosigkeit, Langeweile, Selbstzweifel, und einer weltablehnende Haltung; kurzum, ich würde mich als depressiv bezeichnen. |
Menschen mit Depressionen sehen die Welt in einer gewissen Weise realistischer. Die Illusionen, die das Leben auch schön machen (und nicht nur zu verändernder Selbstbetrug sind) nimmt sich der Mensch durch Depressionen.
Ich wünsche Dir, dass Du da raus kommst (mal an professionelle Thera gedacht?) und die schönen Seiten, die dem Leben Sinn geben, finden kannst.
Lieben Gruß,
Tanzendes_Irrlicht
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_________________ Toleranz ist, wenn sich die Menschheit in die Menschlichkeit verliebt. C.M. |
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tanzendes_irrlicht
Moderatorin
2129
NRW W, 30
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Mon, 12.Jan.04, 11:29 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Hi Nele!
Ich finde auch gut, was Du schreibst!
Und ich mag es, Dinge auzudiskutieren
Bei meiner Aussage bezüglich des Realismus bei Depressionen bleibe ich dennoch
nele wrote: | Menschen mit Depressionen sehen die Welt meines Erachtens in einer Illusion!
Illusionen müssen nicht zwangsläufig „schön“ sein, ehr im Gegenteil. |
Wir müssten vielleicht klären, was Du unter Realismus und Illusion verstehst und was ich.
Ich meine mit realistisch, die Fakten des Lebens (auch das Schlechte und Schlimme, unmenschliche und frustriende) zu sehen. Wenn man sich hinsetzt und überlegt, wieviel Leid tatsächlich (real) in der Welt ist und worauf das Leben (real) hinausläuft - den Tod, denn wir sind geboren zu sterben..., nehmen wir uns die Zwischentöne und die Illusionen (das doch alles in Ordnung sei und mich der umfallende Sandsack in China überhaupt nicht interessiert).
So ganz allein kommt das auch nicht von mir (Attkinson)
Ich glaube zu verstehen, dass Du unter Illusion die "Schwarzmalerei" der Depression zählst. Da stimme ich schon auch zu, dass es auch nicht realistisch ist zu denken "ich kann gar nix, niemand mag mich, ich werde nie wieder glücklich" etc. Das ist auch Illusion und nicht realistisch.
Dennoch - sich das Leben nicht in dem Maße schön zu reden, wie es jeder gesunde Mensch macht (!) ist das "zu realistische" einer Depression.
Liebe Grüße,
Tanzendes_Irrlicht
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_________________ Toleranz ist, wenn sich die Menschheit in die Menschlichkeit verliebt. C.M. |
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Fipsi
Guest
W
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Mon, 12.Jan.04, 11:50 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Hallo Bruno,
einen höheren sinn hat das leben wahrscheinlich nicht. ob es schön ist hängt aber nicht vom sinn ab. wir machen soviel sinnloses und können spaß daran haben. nach meiner schweren depression hab ich mich neu orientiert und sehe einen gewissen sinn in der liebe zu anderen menschen von denen ich umgekehrt auch wertschätzung und liebe erfahre. mir sind einfach positive emotionen wichtig.
gruß, Fipsi
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tanzendes_irrlicht
Moderatorin
2129
NRW W, 30
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Mon, 12.Jan.04, 13:53 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Hi ,
nele wrote: |
Stimmt! Ich glaube nämlich, dass unsere Weltanschauungen sich da ziemlich unterscheiden!
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Ja, ich glaube Du vertrittst den radikalen Konstruktivismus.
nele wrote: |
Ich kann mich nicht „einfach hinsetzen“ und etwas, was schon da ist, von außen betrachten,
sondern ich vollziehe etwas und dadurch wird es erst real/existent. |
Für mich gibt es schon Dinge in der Welt, die mein Geist nicht eben durch Wahrnehmung erschafft, sondern die da sind.
Wenn ich Dich richtig verstehe, sagst Du, alles ist Wahrnehmung (im heuristischen Sinne), nichts gegeben.
Ich versuch noch mal meine Position an einem Beispiel darzustellen:
Da beginnen zwei Menschen eine Beziehung. Statistisch wahrscheinlich ist es -je nach unterschiedlichen Konstellationen- wann/dass sich dieses Paar wieder trennt. Aber so geht kaum jemand (oder eben der Depressive ) in eine Beziehung, denn man macht sich die Illusion, dass man sich nicht trennt. Der Depressive holt sich ständig ins Bewusstsein, wie wahrscheinlich eine Trennung ist.
Oder: Ich verhalte mich auf bestimmte Weise risikoreich und verdränge, negative Folgen "mir passiert das nicht". Das ist schützend illusorisch - während jemand deprssives eher denkt "sowas passiert - und wahrscheinlich auch mir."
Oder: Jeder mensch weiß, er wird sterben. Der Gesunde denkt nicht oder nur selten darüber nach (Illusion das es mich jetzt nicht betrifft). Jemand mit Depressionen macht sich eher bewusst, dass das Leben doch nur auf den Tod hinausläuft.
Noch was: Mit meiner Aussage "realistisch" war keine Wertung im Sinne von positiv gemeint. Für das Selbstkonzept/Lebenskonzept ist es günstiger, sich manchmal besser zu fühlen/halten als man ist, Dinge nicht so ernst zu nehmen, wie man es könnte usw.
Lieben Gruß,
Tanzendes_Irrlicht
P.s. Hast aber recht, wie zwei müssen zusehen, dass wir nicht off topic werden - aber dann verschieb ich uns einfach - aber nicht in die "psychotische Ecke" *fg sondern in die Plauderecke.
P.p.s Attkinson ist Sozialpsychologe aus Amiland.
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_________________ Toleranz ist, wenn sich die Menschheit in die Menschlichkeit verliebt. C.M. |
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nele
Forums-Gruftie
672
im Urlaub :-) W
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Mon, 12.Jan.04, 13:56 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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den auch. Fertig!
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Last edited by nele on Tue, 13.Jan.04, 0:00; edited 2 times in total |
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tanzendes_irrlicht
Moderatorin
2129
NRW W, 30
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Mon, 12.Jan.04, 14:03 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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...also doch nicht radikaler Konstruktivismus.
Und vielleicht meinen wir dann auch gar nicht so unterschiedliches
nele wrote: | „Leben zum Vorwurf zu machen“ ist nicht Ok. |
Nele, wenn Du meine Beträge so liest, wirst Du nie eine Behauptung von mir finden, wo ich das sage!
Lg,
Tanzendes_Irrlicht
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_________________ Toleranz ist, wenn sich die Menschheit in die Menschlichkeit verliebt. C.M. |
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nachttau
Helferlein
59
Berlin W, 41
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Mon, 12.Jan.04, 14:27 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Baby Bruno wrote: |
Die Arterhaltung ist das, was den Menschen voran treibt. Als denkender Mensch kann man daraus natürlich keine Lebensmotivation ableiten; wer etwas Anderes denkt, der lebt in einer Illusion.
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Hallo Bruno,
ich hoffe dir ist bewußt, welche Überheblichkeit in Deiner Einschätzung liegt, wenn Du andere, die Deine Weltsicht nicht teilen, indirekt als nichtdenkende Illusionisten abqualifizierst. Das nicht als böse Kritik, sondern als Denkanstoß - wenn ich mir vorstelle, daß es nur wenige Mitmenschen gäbe, die meine Überzeugung von der Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz teilen und alle anderen sowieso nur Träumer sind - das würde mich wirklich deprimieren
Eine Frage noch: hast Du in Deine Überlegungen auch mit einbezogen, daß der Mensch als denkendes Wesen die einzige Kreatur ist, die sich überhaupt um "den Sinn des Lebens" schert?
LG, nachttau
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_________________ Denken ist oft schwerer, als man denkt.
(Werner Mitsch) |
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dito
Helferlein
40
brandenburg W, 33
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Mon, 12.Jan.04, 18:16 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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das frühstücksei, welches man sich gerade reinzieht ?....
ist das hier ?
...und von welchem man weiß, dass es aus einer legebatterie stammt ? ....
ist das, worüber man besser nicht nachdenken sollte ?
.... und da sitzen noch genug bedauernswerte kreaturen, die auch morgen mein frühstücksei legen ?
ist das, worüber man sich erst recht keine gedanken machen sollte ?
ist es nicht die vergangenheit, die uns gelehrt hat, ob dinge gut oder schlecht sind ? und ist es nicht die zukunft, die wir vielleicht verbessern sollten ? genügt es denn, sich nur an der gerade wahrgenommenen zu erfreuen ?
keine ahnung von philosphie.
nur die menschen denken über den sinn des lebens nach, korrekt, grund genug haben sie ja wohl auch, sie sind am gefährlichsten und sie gefährden sich selbst.
fragt sich daher, ob menschliche intelligenz etwas positives oder etwas negatives ist.
ein tier oder eine pflanze "handelt" stets sinnvoll, d.h. arterhaltend. auch im verband.
den eindruck hab ich von der menschheit nicht.
ich möchte gern wasser sein.
heute morastig grün schillernd und faulend.
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_________________ dito |
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Baby Bruno
sporadischer Gast
5
M, 26
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Mon, 12.Jan.04, 19:25 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Vielen Dank für die große Anzahl von Beiträgen in so kurzer Zeit!
Alleine die Tatsache, dass sich fremde Menschen bemühen sich in mein Problem einzufühlen, hat mir ein Lächeln geschenkt und einen schönen Tag beschert.
Ich habe hier einige interessante Dinge gefunden, über die ich intensiver nachdenken werde.
Die 'Der Weg ist das Ziel'-Hypothese, und dass ich meinen Sinn des 'Totens' nicht auf das Leben anwenden kann, sind mir bekannt. Allerdings fällt es mir schwer sie zu akzeptieren, da sie nach meinem Verständnis ja eine Illusion sind. Mit Selbstüberschätzung hat dies nichts zu tun: Es ist meine Überzeugung. Ich kritisiere nur die Menschen, die meinen Standpunkt nicht zumindest nachvollziehen können, ungeachtet dessen, ob er richtig oder falsch ist. Im Gegenzug beneide ich die Menschen, die wissen, dass sie sich selbst etwas vormachen, aber damit zufrieden sein können.
In meinem Fall führt die Depression scheinbar dazu, dass ich der Welt und mir viel zu häufig den Spiegel vorhalte.
Ich habe die Realität zwar im Grunde richtig verstanden, aber die Tatsachen haben einen höheren Stellenwert für mich als es gesund wäre. Leider fällt es mir schwer zu sagen: "Es ist ja eigentlich egal.", wo wir wieder beim denkenden Mensch angelangt sind. Durch meine analytische naturwissenschaftliche Denkweise passieren mir z.B. solche Dinge, wie dass mir das Ei nicht schmeckt. Und das nur, weil ich gerade über das arme Huhn in seinem Käfig nachgedacht habe. Beim überwiegenden Teil meiner Handlungen weiss ich über die Konsequenzen für mich und meine Umwelt bescheid. An dieser Stelle gehe ich immer bewusst einen Kompromiss ein, der zwischen meinen Interessen und denen der Umwelt liegt. Ich esse also das Ei, weil ich sonst hungern müsste, auch wenn ich damit den Erhalt der Legebatterien fördere.
Da ich meinen Lebenssinn als etwas empfinde, das die Facetten des Lebens und die 'Weg-Ziel'-Hypothese umschliesst, fühle ich mich sogar in meinem Denken eingeschränkt. Zeit und Raum mögen ja unendlich sein, aber wenn man sich das einmal verdeutlicht hat, dann sitzt man in seinem kleinen unendlich großen Raum und kann doch nicht heraus.
Im Gegensatz zu Vielen glaube ich auch, dass der Tod ein endgültiges Ende ist. Ich kann mir vorstellen, dass ich irgendwann einfach nicht mehr existiere. Das macht mich zwar nicht glücklicher, aber ein Leben nach dem Tod tut dies auch nicht.
Aber warum darf ich meine Methodik nicht auf das Leben anwenden? Schiesslich ist doch das, was ich denke Realität, sobald es mir in den Sinn gekommen ist. Also ist es auch etwas, was ich hinterfragen und worüber ich nachdenken kann.
Die ganze Sache hier wird sehr philosophisch. Als meine Entschuldigung möchte ich auf die Nähe von Naturwissenschaften, Philosphie und Theologie hinweisen, die ja bekanntlich ein wichtiger Bestandteil der Geschichte des Menschen ist.
Ich frage mich, wie ein Therapeut mit so einer Sache umgeht. Er wird wohl kaum den Sinn des Lebens in seinem Schreibtisch haben...
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r.l.fellner
Psychotherapeut
1589
Wien M
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Mon, 12.Jan.04, 20:58 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Liebes Baby Bruno (was für ein "süßer" nickname! )
ich finde Ihren Beitrag naturgemäß sehr "lockend" und möchte dazu auch einige Gedanken einbringen...
Baby Bruno wrote: | Alleine die Tatsache, dass sich fremde Menschen bemühen sich in mein Problem einzufühlen, hat mir ein Lächeln geschenkt und einen schönen Tag beschert. |
dann macht es für mich schon Sinn, Ihnen auch darauf zu antworten!
Als ich Ihren Beitrag gestern kurz durchlas, fragte ich mich ähnlich wie Tanzendes_Irrlicht, wie eigentlich Ihre persönlichen Konstruktionen "geschnitzt" sind. "Die Naturwissenschaft", auf der Sie Ihr Weltbild begründen, wäre mir da ein wenig zu ungenau, denn heute gibt's ja nicht mehr nur "die" Naturwissenschaft, sondern eine Vielzahl von Wissenschaften, deren Ergebnisse sich zum Teil widersprechen. Insofern können wir - ob uns das paßt oder nicht - unsere Einstellung bestimmten Grundfragen des Lebens gegenüber nur auf Hypothesen begründen. Als "Normalsterbliche" suchen wir uns da (den Therapeuten wundert's nicht ) meist das Modell aus, das am besten unserer bereits vorhandenen, persönlichen Sichtweise entspricht.... wie auch die meisten Philosophen - einst und jetzt...
Ich denke also, daß eines der größten Probleme, in denen Sie stecken, vielleicht jenes ist, daß Sie fixe Erklärungen dort suchen, wo Sie eigentlich von vornherein nicht aus einer bestimmten Konstruktion "entweichen" können. Man könnte auch so weit gehen, zu sagen: wenn Sie sich nicht davon überzeugen lassen wollen, daß "das" Leben "Sinn" macht (was auch immer "das" und dessen etwaiger Sinn für Sie wäre, dazu aber später mehr), dann werden Sie davon auch nicht zu überzeugen sein.
Quote: | Allerdings fällt es mir schwer sie [Weg-ist-das-Ziel-Hypothese z.B., Anmerkung rlf] zu akzeptieren, da sie nach meinem Verständnis ja eine Illusion sind. |
wieder ein (noch dazu recht selbstbequem erscheinendes) Konstrukt. "So wie ich die Welt verstehe(n will), macht sie keinen Sinn."
Üblicherweise wird man hier sagen: sorry, I give up, sir."
Quote: | Durch meine analytische naturwissenschaftliche Denkweise passieren mir z.B. solche Dinge, wie dass mir das Ei nicht schmeckt. Und das nur, weil ich gerade über das arme Huhn in seinem Käfig nachgedacht habe. |
das zeigt mir nur, daß Sie offenbar sehr leicht in gedankliche Kreisläufe geraten, aus denen Sie dann plötzlich mit einem Gefühl (ist das schon eine "Erkenntnis"?), eigentlich nichts richtig machen zu können, aufschrecken.
Derartige Denkstrukturen wirken sich natürlich auch auf die Sinnsuche aus.
Quote: | Zeit und Raum mögen ja unendlich sein, aber wenn man sich das einmal verdeutlicht hat, dann sitzt man in seinem kleinen unendlich großen Raum und kann doch nicht heraus. |
auch das ist wieder ein gedanklicher Trugschluss. So, wie Sie dieses Beispiel verwenden, ist "Raum" nur eine Konstruktion. Dann sollten Sie aber auch konsequent danach handeln, und sie sich nicht als Indiz für die 'Realität' zurechtschnippseln, daß Sie "nichts tun" können!
Quote: | Im Gegensatz zu Vielen glaube ich auch, dass der Tod ein endgültiges Ende ist. |
spätestens hier beginnen Sie, zu "glauben". Ok, aber andere Leute glauben anderes.
Was mich zur Frage bringt: lautet Ihre Meinung, zu der Sie uns hier befragen, "das Leben ist sinnlos", "Leben an sich ist sinnlos" (wenn nein, warum dann unseres oder Ihres?) oder nicht vielmehr "Mein Leben ist sinnlos." ? .. ..
Wenn aber letzteres: warum gerade Ihres?! Darüber haben Sie in Ihrem Beitrag nämlich nichts erwähnt.
Quote: | Die ganze Sache hier wird sehr philosophisch. Als meine Entschuldigung möchte ich auf die Nähe von Naturwissenschaften, Philosphie und Theologie hinweisen, die ja bekanntlich ein wichtiger Bestandteil der Geschichte des Menschen ist. |
nichts davon ist aber eigentlich Thema dieses Forums. Aber da auch ich (siehe meine Link-"Einschaltung" oben) deren Grenzen zur Psychologie und Therapie als fließend empfinde, drück' ich gern ein Auge zu: .
Quote: | Ich frage mich, wie ein Therapeut mit so einer Sache umgeht. Er wird wohl kaum den Sinn des Lebens in seinem Schreibtisch haben... |
oh doch!
Liebe Grüße
Richard L. Fellner
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markus32
sporadischer Gast
6
M, 34
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Mon, 12.Jan.04, 21:43 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Hallo!
Vorweg: Der Text könnte triggern, also ggf. *nicht* weiterlesen.
Zu Beginn muß ich mich gleich mal entschuldigen, daß ich mitten in eine Diskussion mit einer neuen Meinung hereinschneie, jedoch kann ich sehr gut mit Baby Bruno mitfühlen. Als Atheist (oder auch Humanist/augeklärter Mensch) mit einem Hang zu Naturwissenschaften habe ich das selbe Problem. Warum sollte man an einen Gott glauben? Mir wurde hier aufgrund meines Geburtsortes die katholische Richtung des Christentums "aufgezwungen". Ebensogut könnte es der Buddismus, Islam oder sonst etwas sein, das hängt nur von der Kultur ab. Wo ist da der Unterschied zu dem sich teilweise widersprechenden Naturwissenschaften? Das sich Relativitätstheorie und Quanteneffekte nicht zusammenbringen lassen, ist seltsam, aber nicht zwangsläufig falsch, denn im kleinen oder großen kann man nur das eine nachvollziehen. Das wir (noch?) nicht alles wissen, macht nichts, wir können weiter forschen. Wir haben schon "erstaunliche" Fortschritte, weg von den mit Speeren jagenden "Urmenschen" hin zu (leider nur teilweise zivilisierten) unserer technischen Welt heute.
In einer Hinsicht sind die Wissenschaften der Religion, dem großen Sinngeber des Lebens, einen Schritt vorraus:
Man spürt sie. Man kann sie empirsch feststellen. Man kann sie sogar nachvollziehen. Das nicht jeder dazu in der Lage ist, mag sein, aber man muss nicht die Relativitätstheorie verstehen, um ihre *Auswirkungen* verstehen zu können.
Hier beginnt nun mein denken:
Daher kenn ich für mich nicht einen von einer Religion vor die Nase gesetzten Sinn des Lebens entdecken.
"Warten auf das Jenseits" versus "Arterhaltung". Keine schönen Alternativen. Die große Zahl der Menschen wird die Art auch ohne mich erhalten können. Andererseits: Welchen Sinn macht Arterhaltung? Die "Natur" würde ohne den Menschen viel besser dastehen. Sie wäre nicht zerstört, beeinflußt, etc.
Anstatt auf das Jenseits zu warten, könnte ich mich auch genausogut dorthin befördern. Alles Mist. Man kann es viel einfacher haben als hier.
Meine Darstellung der Situation. Allerdings habe ich auch eine Art Ausweg:
Nicht: Der Weg ist das Ziel oder ähnliches. Sondern: Die Sinnsuche auf wissenschaftlicher Basis ist das große "Endziel". Ob der Sinn gefunden wird, werden kann oder nicht, ist irrelevant. Einzig alleine der Fortschritt bringt und dort hin. Oder auch nicht. Ob wir begreifen können, oder erst die Menschen in 50. Generationen, oder die Menschen von der Evolution eingeholt werden, kann sich nicht ohne Suche entscheiden.
Was gibt einem die Kraft, diesen Weg überhaupt zu beschreiten? Ein bischen Sysiphus-Mentalität schadet da sicher nicht, denn ein reines trotzdem, der Kampf und Selbstüberwindung können Spaß machen. Nur, wenn es einem schlecht geht, dann hilft es nicht weiter.
Mir hat es geholfen, kleine Subziele zu setzen. Bestimmte Stationen in der Schullaufbahn, oder noch kleiner, z.B. was man lernen will, was man an sozialen Kontakten hat, so etwas in der Richtung. Dabei kann ich einen Beitrag zu meinem Ziel leisten. Und trotzdem dass Leben genießen, das widerspricht dem Ziel nicht. Das reicht für mich aus, die Perspektive, das irgendwann irgendjemand mal verstehen könnte.
Just my 2 cents,
markus
PS: Im Nachhinein zielt das vielleicht sehr auf Religion ab, aber andere Sinngeber im Leben hat man normalerweise nicht. Außer, es gibt persönliche Ziele, die man aber im allgemeinen nicht nachvollziehen kann. Deshalb habe ich diesen Punkt in meiner "Philosophie" vernachlässigt, da er auf mich nicht zutrifft.
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kili
Helferlein
121
Fake M, 35
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Mon, 12.Jan.04, 21:50 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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hmm... hallo... habe mir *sorry* nicht alles durchgelesen...
aber mal Folgendes:
Wissenschaftlich gesehen, lässt sich das menschliche "Ich" auch nicht beweisen, oder?
im Prinzip lässt sich gar nichts beweisen. und denoch IST es doch so... oder?
wer hat denn den ersten thread hier geschrieben?
siehste
Also, ich möchte darauf aus, dass wir zwar oft meinen, Alles zu wissen, aber noch lange davon entfernt sind, auch nur einen grossteil zu wissen...
Der Sinn des Lebens ist der, den man ihm gibt meinte meine Klavierlehrerin und ich denke, sie hat damit nicht unrecht.
Also... um mal einen sinn rauszupicken... ich finde, alleine die tatsache, dass man lebt, ist grund genug.
ich rate Dir: setze dich gedanklich mit dem Thema auseinander. Auch wenns unangenehm ist.
Wenn DU DIhc damit auseinandersetzt, bringt das Dir bestimmt am meisten als wenn du das verdrängst.
Kilian
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markus32
sporadischer Gast
6
M, 34
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Mon, 12.Jan.04, 22:01 Re: Das Leben ist wissenschaftlich gesehen sinnlos. |
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Diese Abhandlung ist bereits das Resultat meines Nachdenkens.
Deiner Theorie zufolge existieren wir also, obwohl oder gerade weil wir das "Ich" nicht definieren können. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß das "Ich" biologisch gesehen weg ist, wenn man stribt.
Deiner Theorie, daß man nicht alles weiß, stimme ich voll und ganz zu.
Die Theorie, daß der Sinn des Lebens der ist, den man ihm gibt, beantworte ich mit einer Gegenfrage: Warum die Mühe machen, ihm überhaupt einen zu geben? Zu welchem Zweck? Triebbefriedigung? Sein Verlangen stillen? Egoismus?
markus
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