Mein Mann ist lernsüchtig

Helferlein 33 Wien W, 35

Hallo Leute!
Bisher habe ich versucht, es zu übersehen, aber heute hat es sich mir bestätigt, was ich seit 10 Jahren immer schon vermutet habe: mein Mann ist - so blöd es klingt! - "lernsüchtig".
In der Schule hatte er immer nur lauter Einser, dann kam das Studium, das er natürlich ebenfalls mit lauter Einsern machte. Er hat immer nur gelernt und gelernt.
Nach dem Studium begann er eine Ausbildung nach der anderen, die im Moment darin gipfelt, dass er ein Zweitstudium betreibt (BWL) - natürlich auch alles auf Sehr Gut.
Es hört sich blöd an, aber ich halte das für abnormal. Er hat keine Freunde, keine Interessen, seine einzige Freizeitbeschäftigung ist Lernen und Studieren. Er kommt mir total rastlos vor und wird zunehmend zerstreut, weil er ja nicht nur das Studium hat, sondern auch noch zwei (!) Jobs!
Heute hat er wiedermal eine Prüfung auf Sehr Gut bestanden und hätte das Semester damit eigentlich bereits inhaltlich beendet. Eine Klausur gibt es noch, die müsste er aber gar nicht machen, weil nur zwei Klausuren für eine Semesternote nötig sind. Und nun eröffnet er mir, dass er die dritte Klausur ebenfalls noch machen will und das natürlich mit Sehr gut. Er wolle einfach schauen, ob er es zusammenbringt. Ich meine: wer strengt sich bitte freiwillig so sehr an, wenn er es nicht mehr muss??? Mir ist das schleierhaft. Einmal haben wir schon darüber geredet, auch puncto unserer Beziehung, die natürlich ziemlich auf der Strecke bleibt, weil ja ständig das Lernen wichtiger ist, und ich habe den Verdacht, dass er eigentlich nur einen totalen Minderwertigkeitskomplex damit kompensieren will. Er sagte: er habe noch nie in seinem Leben versagt und er will es in jeder Hinsicht überall bringen. Er will perfekt sein! Seine Kindheit war von Gewalt und psychischem Missbrauch geprägt, also würde es mich nicht wundern, wenn meine Vermutung stimmt, dass er in Wirklichkeit gar nicht sooooo selbstbewusst ist, wie er immer tut.
Was sagt ihr dazu? Gibt´s hier jemanden, der ähnliche Probleme kennt?
Ich denke, "Lernsucht" ist wahrscheinlich eher selten, wird sich aber nicht weiß Gott wie von Computersucht etc. unterscheiden.
Was kann ich tun? Mich darauf einrichten, dass er nie mit dem Studieren aufhören wird? (Das nächste Projekt ist ja nun die Steuerberaterprüfung... Confused

) Ich habe oft das Gefühl, dass ich dabei völlig auf der Strecke bleibe.....vor allem ist es arg, wenn ich von allen Seiten höre, was ich doch für einen tollen Mann habe etc.
Dass das oft gar nicht so toll ist, wenn der Partner andauernd nur lernt, daran denkt keiner, weil das Ergebnis dieser "Sucht" ja etwas ist, was gesellschaftlich anerkannt, ja sogar gewünscht ist.
Was meint ihr? Bin ich einfach zu zickig?? Am besten ist es wohl, ich such´ mir ein Hobby und lass´ ihn werken, bis er halt mit 40 einen Herzkasperl kriegt....
LG, Cyrano

Forums-InsiderIn 196 Tau Ceti Center (TC²) M

Quote:

Am besten ist es wohl, ich such´ mir ein Hobby und lass´ ihn werken, bis er halt mit 40 einen Herzkasperl kriegt....

ganz recht es wäre am besten, du suchst dir eine beschäftigung, und läßt ihn machen. du hast ihn so kennengelernt, wieso willst du ihn jetzt unbedingt ändern? er fühlt sich doch wohl dabei (sonst würde er es ja anders machen). und außerdem kann er mit 2 jobs sicher eine familie versorgen, selbst wenn er (s)einen job verliert.

vom lernen bekommt man keinen herzinfarkt, denke ich. eher von schlechter ernährung, wenig bewegung, zigaretten, alkohol.
deinen mann würde ich eher als wiss-begierig und somit einen wissenschaftler nennen. ein wissenschaftler lernt sein ganzes leben, das ist sein job (seine leidenschaft?), und keine krankheit/sucht.

Helferlein 33 Wien W, 35

Also wenn Du Dein gesamtes Leben darauf ausrichten musst, niemals spontan mal ins Kino gehen kannst mit Deinem Mann, weil immer irgendeine blöde Prüfung wichtiger ist, geschweige denn mal Essen gehen oder auf urlaub fahren, dann ist das schon ziemlich nervig.
LG, Cyrano

Forums-InsiderIn 151 oberoesterreich ,

Wahrscheinlich erhält er nur so Bestätigung. Du kannst ihn nur motivieren, sich zu ändern, wenn Du an Dir arbeitest und ohne ihn etwas unternimmst. Das Ziel ist es, daß er sich einsam fühlt und merkt, daß Du ihm fehlst.

sporadischer Gast 9 FFM M, 16

In diesem Forum lese ich ja wohl die verrücktesten Sachen. Ist doch eigentlich gut, wenn er nur Einser hat. Jedoch sollte er auch mal etwas Freizeitbeschäftigungen haben (außer lernen). Ein Leben ohne Spaß ist kein Leben. Man sollte ein eigenes Maß entwickeln, d.h. dein Mann sollte sich mal mit Freunden treffen und so ein richtiges Leben leben. Wink

Moderatorin 2129 NRW W, 30

Hallo Cyrano,

ja, da kann durchaus was dran sein an Deiner Theorie zur "Lernsucht". Im Prinzip gehts um Leistung. Man ist so viel wert, wie man leistet (das gilt jetzt für leistungsorientierte menschen - und diese Leistung kann sich auf den unterschiedlichsten Ebenen zeigen).
Er bekommt nicht nur von Freunden und Professoren Anerkennung sondern vor allem von sich. Und da scheint er Schwierigkeiten zu haben sich diesen Selbstwert andersweitig zu geben, bzw. es "mal gut sein zu lassen".
Mir fallen zwei Dinge ein, die Du tun könntest:
- sprich mit ihm über Deine Empfindungen seiner Art der Selbstbestätigung und mache ihm deutlich, dass so gesehen auch auf der Beziehungsebene etwas geleistet werden muss. Gerade eine Liebesbeziehung lebt nicht von selbst, sondern muss erhalten und "umsorgt" werden. Möglicherweise ist ihm das gar nicht bewusst, denn Dich "hat er" und seine Bestätigung holt er sich eben über die 1er.
- mach seinen Lernstress nicht so geduldig mit, wie Du das scheinbar tust.
Ein wenig neige ich auch zur Übertreibung beim Lernen und auch wenn ichs situativ total blöd finde und rumjammern könnte, was für einen verständnislosen Freund ich doch habe Wink

, tut es mir (und uns) sehr gut, wenn er meinen Lernwahn unterbricht und mir "Schreibtischverbot" gibt. Funktioniert am besten, wenn er mich vorwarnt (zB. "Freitag Abend ab 18 Uhr gehen wir essen") und ich mich drauf einstellen kann.

Lg,

Tanzendes_irrlicht

Forums-Gruftie 885 Köln W, 35

Sirius1 wrote:

Ein Leben ohne Spaß ist kein Leben.

Und du legst fest, was Spaß ist?

Es ist doch gut möglich, dass ihm das Lernen einfach Spaß macht. Warum auch nicht?

Helferlein 102 Wien M

Hallo Cyrano!

Meiner Meinung nach ein nicht kleines Problem.
Duch die gesellschaftliche Akzeptanz, natürlich schwer als solches zu klassifizieren.

Die Frage ist, ob er sich selbst damit schädigt?

Quote:

Er hat keine Freunde, keine Interessen...Herzkasperl

Würde darauf hindeuten.
Vergleichen wir es mit einer anderen sozial sehr anerkannten Sucht, der Arbeitssucht.
Abgesehen von deinen genannten Erscheinungen, bedingt dies oft auch eine körperliche Selbstausbeutung, welche nicht selten lebensbedrohend im Krankenhaus endet. Ein "normaler" Mensch kann sich nicht vorstellen, dass man sich zu Tode arbeiten kann, aber solche Menschen können z.T. quasi 7x24h nicht mehr abschalten und der Körper wehrt sich.

Meineserachtens gibt es zwei Möglichkeiten, wie quasi bei jeder Sucht.

a) Er erkennt sein Problem und du gehst mit ihm den sehr mühsamen Weg durch seine Entwöhnung
b) Wenn es deine Person selbst schädigt und keine Einsicht/Änderungsbereitschaft vom Partner gibt, suche das Weite.

Wünsch dir natürlich a) und wenn nicht, dann genug Kraft für b)

Hubert

sporadischer Gast 11 irgendwo M, 22

Hi,

mich würde interessieren, ob sich an seinem Verhalten inzwischen etwas geändert hat oder er weiterhin am ständigen Lernen festhält?
Immerhin ist der ursprüngliche Beitrag beinahe ein Jahr alt. Ist Cyrano im Forum überhaupt noch aktiv?

Helferlein 64 Wien M, 35

Hallo,

Cyrano wrote:

Er sagte: er habe noch nie in seinem Leben versagt und er will es in jeder Hinsicht überall bringen. Er will perfekt sein!

Äh?!?! Vielleicht solltest du ihn einmal fragen wie es diesbezüglich mit seiner Beziehung und seinem sozialen Dasein aussieht.

Gruß
G

Guest W

im ersten moment dachte ich, nein, man einem menschen nicht nehmen, was ihn glücklich macht, aber was mich dann doch dazu bewogen hat, anders zu denken, ist die tatsache, daß er einen überflüssigen test macht. ihm scheint die tatsächliche 1 auf dem papier wichtiger zu sein, als die kreative energie die wissen mit sich bringt und auch der schöpferische wille, den diese auslöst. da er dann wahrscheinlich die zeit mit wissen seiner interessen gemäß, so zu sagen seinem "steckenpferd", eben dass, was seinen forscherdrang vorantreibt, gefüllt hätte.

doch stellt sich mir jetzt die frage, was ist mit künstlern, kreativen menschen, (darunter fallen für mich z.b. auch forscher aller art, eben menschen die von einem gedanken, einer idee besessen sind), sollte man diesen helfen, mit ihrer "sucht" umzugehen? eine sucht ist es allemal.

.....................0...marble

Helferlein 82 W, 34

hallo zusammen, ich weiss nicht, ob cyrano noch mitliest und wie es mittlerweile geht...?

ich schreib jetzt einfach mal von meinen eigenen erfahrungen. ich bin auch "lernsüchtig". als ich die lehre gemacht habe, habe ich brutal viel gelernt, auch weil ich wenig kontakte hatte und weil ich alleine war, das hat mir darüber hinweg geholfen, denke mal rückblickend, das war besser als das problem mit alk zu ertränken.

nun bin ich an der uni in der abschlussphase, ich lerne immer noch sehr viel, doch ich habe bisweilen auch viele freunde und kann das eine mit dem anderen vereinbaren. ich kann immer noch viel lernen, das verbiete ich mir nicht, doch ich mache es sinnvoller. mache vielleicht nach ein paar stunden eine lernpause und treffe mich mit freunden zum kaffee oder auf ein bier. ich kann freunde und lernen miteinander kombinieren.

einen tag pro woche mache ich lern- und sportfrei, das ist rein zur entspannung. das hat zwar einiges gebraucht, bis ich das konnte, aber das bringt mir sehr viel. mit der gleichen disziplin, wie ich lerne, mache ich nun auch diesen freien tag.

cyrano, wie wäre es denn, wenn dir dein mann auch einen tag pro woche "schenken" würde?

lg bunny

neu an Bord! 1 Deutschland M, 20

Hallo zusammen,
ich habe ein großes Problem, das mir große Sorgen macht. Ich habe eine lernsüchtige Freundin! Sie studiert im dritten Semester und lernt und lernt und lernt. Sie hat ständig das Gefühl das sie "etwas tun muss" weil sie sonst mit dem Stoff den sie für eine Prüfung lernen muss nicht hinkommt. Ich weiß, dass sie einen dicken Ordner wälzen muss und dass das nicht in 2 Wochen passieren kann. Und es stört mich auch nicht dass sie lernt, sondern wie sie lernt! Sie hat keine Minute während der sie nicht an die Uni oder ans Lernen denkt.Ihr Körper steht unter ständiger Anspannung. Und sie kann auch nicht mal einen Tag gar nichts machen. Das ist bei ihr einfach nicht drinn! Und ich würde es auch nicht so wahnsinnig schlimm finden, wenn sich nicht ständig ihr Körper melden würde! Zum einen knirscht sie nachts recht heftig mit den Zähnen, zum andern hat sie sehr oft Probleme mit ihrem Körper. Seien es Entzündungen im Vaginalbereich oder andere "kleinere" körperliche Krankheiten. Die sind zwar alle nicht unbedingt schlimm oder gefährlich, aber es sind Krankheiten die einfach nicht sein müssen! Und ich bin mir so sicher, dass die von ihrem ständigen lernen kommen, weil ihr Arzt gemeint hat, dass der Stress eine große Rolle bei all den Krankheiten spielen kann. Das haben ihr zwei Ärzte unabhängig voneinander gesagt. Ich würde es auch verstehen können, wenn sie Leistungsdruck von außerhalb bekommen würde, das ist aber nicht so. Ganz im Gegenteil! Sogar ihre Mutter führt des Öfteren intensive Gespräche mit ihr und macht ihr immer wieder klar, dass sie unter keinerlei Druck steht und dass sie es sogar mittlerweile freuen würde, wenn sie mal durch eine Prüfung fallen würde, dass sie sieht, dass da nichts schlimmes passiert wenn es mal nicht so klappt. Also Druck von außen kann definitiv ausgeschlossen werden. Ich weiß nicht was ich tun soll! Wir haben auch deswegen ziemlich oft Streit miteinander, weil ich ihr auch immer versuche zu helfen und klarzumachen, dass das nicht gut für sie ist, was sie tut und versuche das mit ihren Krankheiten zu verdeutlichen. Sie sagt auch, dass sie das ganze zu eng sieht, es lockerer angehen muss und dass sie da etwas ändern muss. Sie sagt auch immer, dass sie sich Mühe gibt, da was zu ändern. Aber ich habe das Gefühl, dass sich überhaupt nichts tut! Sie hat im Moment Semesterferien und schreibt am Ende dieser Ferien eine Zwischenprüfung.Ihr Plan war der, dass sie eine Woche Ferien macht, mit mir eine Woche in den Urlaub geht und dann anfangen muss zu lernen. Bei 3 Monaten Semesterferien! Und sie wollte sogar in unseren ersten geimeinsamen Urlaub ihre Uni-bücher mitnehmen um jeden Tag eine Stunde etwas zu tun. Weiteres Beispiel: Wir wohnen noch bei unseren Eltern und wenn ich sie anrufe, mit ihr rede, dann kommt nach spätestens 10 min, dass sie aufhören muss zu telefonieren weil sie weiterlernen muss. Würd ich auch verstehen, wenns net 6 Wochen vor der Prüfung wär!Und ich will ja nicht stundenlang mit ihr telefonieren, da wir uns eh fast jeden Abend sehen. Da erzählt sie aber auch von der Uni....
Ich bin völlig Rat- und Holflos. Ich weiß nicht was ich tun oder lassen soll. Ich will einfach nur, dass sie den ganzen Scheiß lockerer sieht und nicht ihre ganze Freizeit die sie hat mir ihren Gedanken an die Uni kaputt macht! Und schon gar nicht will ich, dass sie der Stress krank macht! Ich liebe sie über Alles und will ihr helfen.
Könnt ihr mir dabei helfen?

PS: Danke fürs lesen. ist etwas durcheinander, ich hab aber so viel zu sagen und zu erklären und außerdem beschäftigt mich das Ganze sehr.

sporadischer Gast 8 hamburg W, 19

Hey Tuk,

das was deine Freundin da macht ist scheisse. Aber ich kann sie verstehen. Mir geht es ähnlich. Sobald du eine zeitlang nur gute (oder sehr gute) Noten schreibst, hast du schon bei einer 3, manchmal bei einer 2 das Gefühl ein Versager zu sein. Das ist bekloppt, ich weiß, aber ich lerne mich teilweise auch zu Tode, weil ich Angst habe sonst zu versagen, obwohl ich weiß, dass ich es auch mit weniger lernen gut schaffen würde. Hat deine Freundin ein Hobby? Durch mein Hobby hab ich es geschafft das Ganze dieses Jahr etwas lockerer zusehen, denn ich weiß, wenn mal eine Klausur daneben geht, dass ich wenigstens in meinem Hobbie gut bin. Das beruhigt mich komischerweise, kannst du ihr ja mal vorschlagen.

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