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swordfish
sporadischer Gast
6
M, 35
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Thu, 13.Nov.03, 19:32 Kränkungen- wie verdaut man die ? |
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Eine Frage an die Experten und Erfahrenen !
Ein Begriff fehlt mir in diesem (hervorragenden) Forum leider besonders- Kränkungen !
Sagt mir, wie geht man mit Kränkungen um ? Wie heilt man die ? Besonders, wenn diese bis zu 15 Jahren zurückliegen.
Die Seele hat auch ein Gedächtnis, die (leider oft lyrisch-belächelten) berühmten Narben auf der Seele.
Sicherlich kann Forendiskussion keine wirklich gute Therapie ersetzen, aber es muss doch "Rezepte" geben, um Kränkungen zu überwinden, zu vergessen, heilen zu lassen...
Sicherlich sind Kränkungen aufs engste verknüpft mit Vokabeln wie Schmerz, Trauer, Depression, Angst, Selbstwert...
Ich habe mich jahrelang kränken lassen, durch "Begrinsen lassen" im Vorbeigehen bis hin zur filmreifen Niedermachung durch den Chef.
Das kann soweit gehen, dass man auch nur bei den kleinsten spitzen Bemerkungen an die Decke geht. Die Seele bekommt eine Art "Pergamenthaut" - das definitive Gegenteil zum "dicken Fell"
Viele haben dafür eine handgreifliche, gern verwendete, aber fragwürdige Lösung: "Sex, Drogen, Alkohol".
Es muss doch so eine Art "Handwerkszeug" geben. Damit man sich beispielsweise zumindest im Nachhinein nicht noch zusätzlich verletzt, indem man sich die Traumata von gestern nicht immer wieder hervorholt aus dem "seelischen Archiv des Leidens".
Denn dieses Archiv hat nur begrenzte Kapazität. Es will aufgeräumt werden . Wenn nicht, geht die Seele daran zugrunde.
- wer bis hierhin gelesen und verstanden hat - keine Frage - bin therapiereif wie eine Tomate.
Bin aber weisgott nicht alleine, und Euer Wissen, Ratschläge und Expertenmeinung kann und wird mir und allen anderen helfen !
Herr Fellner, auch Ihr Rat wäre mir lieb!
Danke Euch herzlich
LG swordfish
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_________________ Sei Du selbst Dir dein bester Freund ! sonst gehts in die Hose |
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renibabe
sporadischer Gast
5
frankfurt W, 34
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Fri, 14.Nov.03, 17:43 Re: Kränkungen- wie verdaut man die ? |
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hallo sworfish,
leider kann ich dir da auch keine antwort drauf geben...bin selbst seit langem auf der suche nach dem patentrezept, ich glaube allerdings dies gibt es gar nicht.
mir geht es da ähnlich wie dir...lasse unendlich viel mit mir machen, wehre mich zu wenig, sage meistens nix und irgendwann holt es mich aber wieder ein und dann ist die reaktion folgende: ich flippe total aus und verhalte mich so absolut nicht mehr verhältnismässig, also der situation eben nicht angemessen. dies führt dann dazu, dass mich meine mitmenschen überhaupt nicht mehr verstehen und von meiner heftigen art zu reagieren (wo ich doch die ganze zeit überhaupt nicht reagiert habe) total geschockt sind und in distanz gehen. was mich widerum auch verletzt. irgendwie ist das ein teufelskreis.
durch meine verhaltenstherapie bin ich nun auf den trichter gekommen, dass es ganz wichtig für mich ist, mich zu trauen mich direkt zur wehr zu
setzen. dies verhindert, dass ich mir unendlich viele gedanken mache und somit die sache unnötig aufbausche was dann immer zu der unverhältnismässigen reaktion geführt hat. letztendlich habe ich mir da selbst ein bein gestellt. das habe ich aber erst vor kurzem begriffen.
meiner meinung geht es auch hierbei darum, verletzungen zuzulassen und sie anzunehmen vor sich selbst. durch meine selbst gebastelte mauer
habe ich mich jahrelang vor negativen gefühlen geschützt, wie ablehnung,
kritik, negative resonanz in jeglicher hinsicht. habe sogar mein vokabular dem angepasst. hat mich jemand verletzt habe ich gesagt es sei mir egal, so habe ich das letztendlich selbst geglaubt. ich habe mich da selbst belogen.
jetzt versuche ich (und das fällt mir unendlich schwer) meine Gefühle, negativ als auch positiv zuzulassen, sie zu realisieren und damit umgehen zu können. ich bin davon überzeugt, dass dies ein weg für mich sein kann,
zu lernen mich adäquat zur wehr zu setzen, sachlich aber bestimmt und ohne aus der haut zu fahren, eben rechtzeitig zu reagieren.
sicherlich konnte ich dir damit nicht großartig weiterhelfen, aber vielleicht
hast du lust mal drüber nachzudenken, würde mich interessieren wie du das siehst.
herzliche grüße,
reni
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Miranda
sporadischer Gast
12
Wien W, 39
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Fri, 14.Nov.03, 22:05 Re: Kränkungen- wie verdaut man die ? |
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Hi Swordfish,
das ist wirklich nicht leicht und Patentrezept gibt's sicherlich keines.
Ich hab einmal ein Buch gelesen, worin ein paar wirklich praktische Tipps standen, wie man sich schon im vornhinein bei Leuten, wo man weiß, dass sie immer wieder mit Beleidigungen daherkommen, ein bißchen wappnen kann. Vielleicht schaffst Du es Dir ein paar Antworten zurecht zu legen (z.B. bei Deinem Chef ).
Mit Kränkungen umgehen ist enorm schwer, nur hole sie nicht immer wieder hervor - dadurch werden sie gepflegt und Du bist derjenige der daran leidet. Ist leicht gesagt, ich weiß.
Hast Du Freunde oder Bekannte, die Dich schätzen und es Dir auch sagen? Halt das vor Deine Augen und sei Dir bewußt, dass Du ein wertvoller Mensch bist, wie jeder andere auch.
Ich hoffe, ich konnte Dir ein bißchen weiterhelfen.
Lieben Gruß
Miranda
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Stöpsel2
Forums-Gruftie
917
Deutschland W, 35
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Sat, 15.Nov.03, 10:00 Re: Kränkungen- wie verdaut man die ? |
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Hallo Swordfish,
gut, das Du dieses Thema aufgreifst, ist nämlich auch mein Thema. Ich mach u.a. deshalb eine Verhaltenstherapie. Konkret dieses Problem gehen wir nächstes Mal an, ich bin gespannt. Aber ich denke, daß das sehr individuell ist, wie man dieses Problem angehen kann.
Meine bisherigen eigenen Erfahrungen dazu:
Ich hatte mal in einer WG gewohnt, wo ich subtil auch ständig gekränkt wurde. Aber das war z.T. so massiv, daß ich erst mal nichts anderes tun konnte, als aus der Situation rauszugehen.
Von einer anderen Person wurde ich auch sehr verletzt. In diese Zeit fiel hinein, daß mich eine Freundin, die woanders wohnt, besuchen wollte. Durch ein Mißverständnis und weil ihr etwas dazwischen gekommen ist, ist daraus nichts geworden. Sie hatte sich dafür entschuldigt, doch ich konnte es zu dem Zeitpunkt nicht verzeihen, obwohl ich wußte, daß das nicht im Verhältnis zueinander steht. Es hatte einfach mit der Situation davor zu tun. Ich hab ihr gesagt, daß ich mit etwas anderem probleme habe und ihr zu dem jetzigen Zeitpunkt nicht verzeihen kann. Ich hab lange gebraucht, daß ich über die erste Sache wenigstens soweit hinweg war, daß ich abstrakt darüber reden konnte und sagen konnte, wie der Zusammenhang zu der Situation mit der Freundin aussah. Und hab ihr irgendwann einen Brief geschrieben und alles erklärt. Das war lange Zeit später, doch seitdem ist wieder alles ok
Im Moment befinde ich mich in einer ähnlichen Situation. Ich bin gespannt, wie sich diese in der Therapie auflöst. Ich soll verschiedene Varianten eines mögliches Gesprächs darüber mit der betreffenden Person aufschreiben. Und dann verschiedene Gesprächsstile kennenlernen, wie man so etwas ansprechen kann.
Generell ist es natürlich wichtig, zu lernen, daß man gar nicht mehr in eine solche Situation hineingerät, wo man verletzt wird, sprich: man sollte sich vorher selbst zur Wehr setzen.
Und ich persönlich meine, daß man dafür auch die Zusammenhänge verstehen muß, wie es zu der ersten Verletzung gekommen ist. Bisher ist mein Therapeut darauf nicht eingegangen, ich hoffe, nur deshalb, weil es nicht zum roten Faden paßt und nicht, weil man in VT generell weniger auf "Verstehen" ausgerichtet ist.
Viele Grüße
Stöpsel
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thefreak
Helferlein
101
Amsterdam, NL M
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Sun, 16.Nov.03, 3:35 Re: Kränkungen- wie verdaut man die ? |
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Ui, von Kränkungen kann ich auch ein Liedchen singen! Und zwar, waren diese Kränkungen natürlich immer besonders ausgeprägt, in meinen desolaten psychotischen Phasen.
In Phasen, in denen die Welt verrückt spielte und Verletzungen unvermeidbar waren. In denen mir mein eigenes Gehirn übelste Streiche spielte: Mein Gehirn verzerrte "normale", "neutrale" Aussagen zu feindlichen Angriffen - eine normale Konversation wurde so zu einer Hasstirade gegen mein eigenes Selbst. Wurde zu Angriffen gegen mein Selbst, gegen die zu wehren ich unmöglich im Stande war.
Ich hatte erst vor wenigen Wochen wieder eine psychotische Phase, die erst in den letzten Tagen abgeklungen ist - ausgelöst durch das gedankenlose Weglassen von Medikamenten, experimentieren mit dem Schicksal... Was dabei alles auf dem Spiel steht! Job, Privat, alles, das ganze Leben. Ein Leben in dieser psychotischen Hölle, wo Freunde zu Monstern mutieren ist kaum möglich. Eher ein vegitieren.
Im Nachhinein muss ich sagen - es war Ansichtssache. Wenn ich jetzt, aus dem nicht-psychotischen Zustand auf das reflektiere was mir vor Wochen noch so zu schaffen machte, und die Gespräche in meinem Geist nochmals durchlaufe, dann erscheinen sie mir nicht mehr feindlich. Ja, im Gegenteil sogar kollegial, freundschaftlich. Alles eine Sache der Hirn-Chemie, des Hirn-Cocktails?!
Irgendwie ist es so. Zumindest bei mir..... Weitestgehendst. In den positiven Phasen meines Lebens, in denen alles leicht von der Hand läuft, bin ich relaxt, gechillt, kann easy mit allem umgehen. Fühle mich nicht verletzt, sondern Herr der Dinge. On Top, nicht zerstört, sondern im Flow, sozusagen. Ganz locker.... Die Psychose ist wie die Umkehrung des Ganzen. Die Umkehrung von Freundschaftlichkeit und Kollegialität in Verderben. Eine Falschschaltung im Gehirn - und Kränkungen, über Kränkungen. Aber irgendwie bin ich dann auch in der Lage zu abstrahieren (manchmal, nicht immer) und zu sagen - das ist die Krankheit. Jedoch ist es wirklich die sprichwörtliche 180° Wendung, von psychotisch zu nicht-psychotisch...... Übel!!!
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