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tracy
sporadischer Gast
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Tue, 17.Dec.02, 0:25 Psychoanalyse / Gesprächspsychotherapie |
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Ich weiß gar nicht, wonach ich eigentlich suche... aber ich weiß, dass ich meine Analyse wahnsinnig vermisse, die ich vor kurzem nach über drei Jahren abgebrochen hab (gehe für einige Zeit ins Ausland). Es gibt so einiges an Für und Wider für mich in dieser Therapieform. Aber inzwischen wird mir bewußt, was es für ein Luxus war, sich zweimal die Woche jemandem so anzuvertrauen. Ich würde mich gerne mit anderen PA-Erfahrenen darüber austauschen wollen - und außerdem interessiert mich, ob es stimmt, dass die "Gesprächspsychotherapie" der Psychoanalyse tatsächlich am ähnlichsten ist und maximal 3-6 Monate dauerte und trotzdem ähnliche Erfolge erzielt?! (das las ich jedenfalls) Freue mich über Antworten
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tracy
sporadischer Gast
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vielleicht noch ergänzend, um nicht mißverstanden zu werden: es geht mir nicht darum, Details von Sitzungen zu erfahren... sondern ganz allgemein, ob jemand meint, dass ihm/ihr die PA geholfen hat (mir hat sie es)..., wie ihr mit der Patienten-Therapeuten-Anarchie umgegangen seid und was ihr an dieser Therapieform positiv und was negativ findet/fandet.
Ich glaube, ich werde in ein paar Jahren nochmals eine Therapie machen wollen - und überlege daher, statt der PA eine Psychogesprächstherapie zu machen... ich nehme mal an, dass der allgemeine Begriff "Gesprächstherapie" dasselbe meint oder?!
Kennt sich da jemand aus?
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r.l.fellner
Psychotherapeut
1589
Wien M
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Sehr geehrte Tracy,
aus Ihrem Beitrag ist nicht herauszulesen, was es eigentlich ist, das Sie nun vermissen... wozu würden Sie denn gerne wieder eine Psychotherapie machen?
Wenn Ihr vorrangiges Bedürfnis intensive, hochfrequente 'Gespräche' sind, dann sollten Sie wieder eine Psychoanalyse (bzw. in Deutschland ein sogenanntes 'tiefenpsychologisch fundiertes' Verfahren) wählen. Oder, noch besser, sich möglichst bald Freunde in der neuen Stadt suchen.
Wenn es dagegen darum gehen soll, in absehbarer Zeit eine Lösung für ein bestimmtes persönliches Problem zu finden oder Erleichterung bei psychologischen Beschwerden zu erfahren, wird in den meisten Fällen eher ein anderes Verfahren als die Psychoanalyse geeignet sein.
Natürlich gibt es gewisse Ähnlichkeiten zwischen Gesprächstherapie und Psychoanalyse, allerdings bestehen in einigen Aspekten auch derart große Unterschiede, daß eine pauschale Aussage a'la "GT und PA sind von allen Methoden die ähnlichsten" eigentlich nicht wirklich korrekt ist.
Freundliche Grüße
Fellner
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hanna
sporadischer Gast
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@tracy: ich habe frueher einmal eine ambulante therapie gemacht, die im wesentlichen in kognitiver gespraechstherapie bestand, hatte aber auch andere elemente (uebungen aus der verhaltenstherapie, katathymes bilderleben - das hab ich absolut geliebt!!!!!!!! koennte ich dauernd machen ). was diese bestimmte therapieform nun aber ausmacht, kann ich dir auch nicht sagen, weil die info "kognitive gespraechstherapie" von meinem damaligen therapeuten stammt + ich mich nie ueber methodik mit ihm unterhalten habe. ich weiss ehrlich gesagt auch nicht, ob es in der praxis wirklich "reine" methoden gibt; ich denke mal, das haeufigste duerften wohl mischformen mit unterschiedlich ausgepraegten schwerpunkten auf diesem oder jenem verfahren sein. kommt wohl immer auch ein wenig auf den klienten an. ich hatte bisher immer den eindruck, dass therapeuten da auch ein wenig in ihrem repertoire kramen, je nachdem, womit dem klienten besser gedient ist.
die therapie lief so ab, dass ich viel erzaehlt habe, was mich gerade so bewegt, womit ich probleme habe, habe um rat gefragt (in speziellen situationen); wir haben visualisierungsuebungen gemacht (darauf spreche ich ziemlich gut an), ich habe ab und an verhaltensuebungen aufbekommen; das "stuhl-spiel" war zeitweise sehr wichtig (ich weiss nicht, wie das in der fachsprache heisst; man benuetzt stuehle, um die positionen verschiedener menschen zu einem selbst [oder umgekehrt? ] darzustellen - da bestehen unglaublich viele moeglichkeiten; neben dem abstand kann man auch ueber die richtungen zueinander usw. sehr viel ausdruecken bzw. sich klarwerden - und das ganz fantastische daran war fuer mich, dass man sich selbst auf verschiedene stuehle setzen + sich damit in die jeweilige person hineinversetzen kann. fand ich oft sehr aufschlussreich.) je, was noch? manchmal habe ich bilder oder gedichte mitgebracht, das war allerdings eher die ausnahme.
das gespraech war eben das zentrale (weiss allerdings nicht, wie im vergleich dazu z.b. eine verhaltenstherapie aussieht). zur zeit mache ich eine analyse + wenn ich die damalige therapie mit der pa vergleiche, wuerde ich sagen, gespraechstherapie ist mehr dialog, waehrend mir die pa oft wie ein monolog meinerseits (bzw. als "schweige-"log) vorkommt. haengt aber wohl auch vom analytiker/therapeuten ab. zwei teststunden hatte ich bei einem analytiker, mit dem ich ueberhaupt nicht konnte, das war mir zu abstrakt. er hat so gesessen, dass praktisch kein blickkontakt moeglich war + ununterbrochen geschrieben. ich hatte den eindruck, ich koennte genausogut an eine wand reden. das ist bei der analytikerin, bei der ich jetzt bin, anders. obwohl ich sie als deutlich "zurueckhaltender" empfinde als meinen ersten therapeuten (gespraechstherapie). schwer auszudruecken. mal so gesagt: aus dem gespraechstherapeuten einen konkreten loesungsvorschlag fuer ein konkretes problem herauszubekommen, ging praktisch von selbst; bei der analytikerin beiss ich da auf granit
als "luxus" empfinde ich die analyse mal nicht, eher als stress. ich bin nicht der grosse redner (auch wenn die epische ausdehnung von diesem posting etwas anderes vermuten laesst) + richte mich normalerweise komplett nach meinem gegenueber aus. wenn dieses gegenueber nun aber wie ein blanker spiegel ist + mir keine vorgabe macht, komme ich voellig ins schleudern. es hat fuer mich allerdings etwas wohltuendes zu wissen, dass zwei stunden in der woche jemand FUER MICH da ist + nicht - wie sonst - umgekehrt. in der "normalen welt", also ausserhalb des therapieraumes, bin ich naemlich immer der allgemeine kummerkasten, muelleimer, ratgeber, weiss-nicht-was fuer alle, alles + jeden + da stellt die analyse mein weltbild gewissermassen auf den kopf. davon bin ich (zumindest jetzt noch) allerdings eher ueberfordert als dass ich es wirklich schaetzen koennte.
@herrn fellner: jetzt bin ich etwas verwirrt. welches ziel hat denn eine psychoanalyse, wenn nicht erleichterung bei psychologischen beschwerden oder die loesung zu einem bestimmten problem zu finden?
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r.l.fellner
Psychotherapeut
1589
Wien M
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Sehr geehrte Hanna,
r.l.fellner wrote: | Wenn es dagegen darum gehen soll, in absehbarer Zeit eine Lösung für ein bestimmtes persönliches Problem zu finden oder Erleichterung bei psychologischen Beschwerden zu erfahren, wird in den meisten Fällen eher ein anderes Verfahren als die Psychoanalyse geeignet sein. | (Hervorhebung von mir)
es ging in meiner Bemerkung um die Zeit, die für die Erreichung diverser Therapieziele erforderlich ist. Hier gehören analytische Verfahren aufgrund der angewandten Methodik nun mal zu jenen, die im Vergleich mit anderen Methoden deutlich am längsten dauern. Dies sagt aber nichts über die Erfolgswahrscheinlichkeit aus - diese ist bei der Psychoanalyse ja ebenso wie bei den anderen Methoden (Liste auf meiner Website) nachgewiesen.
Freundliche Grüße
Fellner
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hanna
sporadischer Gast
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sehr geehrter herr fellner,
aha!!!!!!!!!! danke fuer die prompte antwort, da hab ich sie missverstanden.
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tracy
sporadischer Gast
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Hallo Hanna!
Sorry, ich hab länger nicht reingeschaut und hab mich gefreut, deinen Beitrag zu lesen
Das mit der kognitiven Gesprächstherapie klingt interessant, finde ich. Ich bin auch eher ein visueller Mensch und vielleicht probier ich irgendwann doch mal eher so was aus. Ich dachte mir immer, ich möchte nicht ständig wechseln, sondern lieber länger bei einer Therapieform bleiben - als ständig hin- und herzuspringen und letztlich nur oberflächlich etwas mitnehmen zu können. Aber du hast recht, zumindest sollte der/die Therapeut/in einem anfangs einigermaßen sympathisch sein, sonst bringts ja nix...
Bei meiner Analyse war es auch so, dass ich so gut wie keinen Blickkontakt hatte, sondern mehr oder weniger an die Decke oder auf ein Bild sah. Allerdings muss man der Analyse zugute halten, dass es ja genau darum geht, nicht von der Mimik der anderen Person abgelenkt zu werden und sich voll und ganz auf sich selbst konzentrieren zu lernen - was manchmal schon verdammt schwer auszuhalten ist. Auf mein Bedürfnis, ihre Meinung zu hören, erhielt ich oft "nur" Gegenfragen (manchmal zum Ausrasten )
Bilder oder Gedichte hab ich bei meiner PA aber auch mal mitgebracht (wenn auch selten) und ich hab gelernt, meine Sensibilität für die Sprachliche Kommunikation zu stärken. Früher war ich der Auffassung, ich müsse nur in die Augen meines Gegenübers sehen - und man bräuchte dann auch nicht darüber zu reden... Aber es ist wirklich ungewohnt jemandem nicht in die Augen sehen zu "dürfen" (und es gab Momente, da empfand ich es sogar als Strafe).
Das Patienten-Therapeuten-Verhältnis kam mir oft sehr hierarchisch vor, was mich störte und oft Anlaß zu hitzigen Diskussionen gab. So aber lernte ich, mich nicht gleich bei allem gekränkt zu fühlen, sondern zu argumentieren und meinen Standpunkt zu vertreten. Außerdem war die Metakommunikation ein wesentlicher Bestandteil der Therapie (im Alltag hilft das schließlich auch, mal aus der Situation herauszutreten und zu gucken, was passierte eigentlich gerade!).
Auch mein Weltbild wurde wieder und wieder auf den Kopf gestellt, so dass ich entweder total gestreßt hinterher war oder sehr glücklich und zufrieden. Zudem war mir klar, dass ganz gleich mit welchem Gefühl ich hin- oder hinausgehen würde, die Möglichkeit besteht, es in einer der nächsten Stunden zu besprechen.
Nachdem ich nun nach über 3Jahren die Analyse aus äußerlichen Gründen beendet (meinetwegen auch "abgebrochen") hab, merke ich, welch ein
"Luxus" diese Gespräche für mich waren. Seit über einem halben Jahr, bin ich nie wieder in ein solches Gespräch mit jemandem gekommen... Den Dialog hast du mit z.B. Freunden - allerdings so, dass auch die anderen ihren Raum für ihre Probleme (zu Recht) beanspruchen (sollten). Bei der Therapie ist dieser Raum und der Focus nur auf dich gerichtet. Und das empfinde ich letztendlich als Luxus.
Ich sehe die kommende Zeit als Probe für mich, in der ich hoffe zu erkennen, wo noch immer dieselben Probleme bestehen und wo sich was zum Positiven geändert hat.
Was bleibt, ist ein Eindruck der Einseitigkeit der Analyse. Und die Tatsache, dass es eben keine Verhaltenstherapie ist...
r.l.fellner wrote: |
Wenn Ihr vorrangiges Bedürfnis intensive, hochfrequente 'Gespräche' sind, dann sollten Sie wieder eine Psychoanalyse (bzw. in Deutschland ein sogenanntes 'tiefenpsychologisch fundiertes' Verfahren) wählen. Oder, noch besser, sich möglichst bald Freunde in der neuen Stadt suchen.
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@herrn fellner: Aus Interesse an hochfrequenten Gesprächen oder aus Spaß oder Langeweile habe ich die Therapie natürlich nicht gemacht. Selbstverständlich können auch Freunde für einen da sein - aber diese haben natürlich auch ihre emotionalen Grenzen, was sie annehmen und verarbeiten können und was nicht (umgekehrt: man sollte auch vorher darüber nachdenken, dass man jenen nicht alles zumuten sollte)... Da ich solche Situationen oft genug erlebt hab, teile ich meinen Freunden auch immer nur teilweise meine Gedanken mit (um sie nicht zu überfordern!!). Ohne Zweifel können Freunde emotional für einen da sein, das will ich nicht bestreiten - und doch werde ich irgendwann mit großer Wahrscheinlichkeit wieder eine Therapie für mich suchen, denn viele bisherige Probleme ließen sich erst durch die PA lösen... und einige werden sind noch übrig...
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