Verhältnis mit Vorgesetztem

Guest W

Hallo liebe Leute!

Ich hab ein ziemlich großes Problem in meinem Job. Seit über vier Jahren arbeite ich in einem kleinen Team in einer großen Firma. Die Hierarchien bei uns sind nicht sehr ausgeprägt, was ich auch gut finde, aber natürlich gibt es sie letztlich dennoch. In meinem Team arbeite ich hauptsächlich mit meinem Chef als Zweierteam. Ich bin seine Assistentin, arbeite aber sehr selbständig. Wir haben uns immer gut verstanden und ohne Mühe recht locker alles gut hin gekriegt. Einerseits sind wir uns sehr ähnlich, andererseits gibt es auch Bereiche, wo wir uns gut ergänzen. Na ja, eigentlich ergänze ich ihn eher. Er ist 30, ich bin 45 und wenn er zu chaotisch wurde, wurde ich systematisch. Gewisse Führungsschwächen gegenüber denen, die noch mit arbeiten, hab ich immer ausgebügelt, weil sie zu mir den besseren Draht hatten.
Vor fast 2 Jahren begann sich zwischen uns privat mehr zu entwickeln. Seine Lebensgefährtin hatte ihn verlassen und ich stand vor meiner eigenen Scheidung. Wir haben während der Arbeit viel über Privates geredet und eine Zuneigung zueinander entwickelt, vielleicht auch Halt ineinander gesucht. Das war teilweise sehr innig, spontane Umarmungen usw. Vor einem halben Jahr haben wir dann miteinander geschlafen. Ich lehne die Verantwortung nicht ab, aber er hat sehr darauf gedrängt, während ich eher ziemlich vorsichtig war. Ich war besorgt, wie wir danach damit umgehen sollten. Aber so lange alleine zu sein, ist nicht gerade lustig und meine Bedürnisse nach Wärme und Nähe waren groß. So dachte ich, es wird schon gut ausgehen, wir mögen einander ja. Das war ein großer Irrtum. Er hat sich danach völlig distanziert und abweisend verhalten. Mich hat das sehr getroffen und verstanden habe ich es auch nicht. Gerade weil das ja schon eine längere Vorgeschichte hat, die damit auch zu Ende war. Ich wollte keine Partnerschaft mit ihm, aber ich dachte, wir würden gemeinsam an einem Strang ziehen. Dem war nicht so. Er hat sich sehr rasch eine Freundin gesucht und sich verhalten, als wäre nie etwas vorgefallen. Ich bin nun aus anderen privaten Gründen in einer ziemlichen Krise und die Probleme mit ihm geben mir den Rest. Ich bin nun schon wochenlang krank geschrieben, habe Depressionen und könnte jetzt unmöglich mit ihm weiter arbeiten. Ihm ist das egal, er fühlt sich für nichts verantwortlich. Ich weiß nicht, was ich tun soll, habe ihm sogar eine Mediation vorgeschlagen, aber die hat er strikt abgelehnt. Er meinte nur, wir könnten weiterhin "förmlich und korrekt" zusammen arbeiten, private Kontakte würde es keine mehr geben. Also ich muss euch sagen, ich bin menschlich total enttäuscht von ihm. Ich hätte ihn für einfühlsamer und gefühlvoller gehalten. Wozu das Ganze gut sein sollte, weiß ich auch nicht. So können wir nie wieder gut zusammen arbeiten, das ist eine Illusion. Ich fühle mich ziemlich ausgenützt und zum Narren gehalten. Beruflich sitzt er natürlich am längern Ast und wenn ich mich jetzt nicht so verhalte wie er das will, kann ich wahrscheinlich gehen. Das Dumme ist nur, ich kann mich nicht so verhalten wie er, das geht mir viel zu nahe. Was soll ich nur tun?

Anmerkung Admin: Betreffzeile zwecks Erhöhung der inhaltlichen Aussagekraft von "Ganz großer Frust" auf obige geändert. mfg, rlf

sporadischer Gast 24 real world M

Hi Jeannie

Also,dieses Problem hatte ich auch schon so ähnlich und leider
sind die allgemeinen Erfahrungen dazu,dass es meist nicht gut
geht,wenn man ein sich mit dem Chef auf eine Liebesbeziehung
einlässt.
Wenn die Beziehung in die Brüche geht,gibt es dann Probleme,weil die
kleinen und größeren Kränkungen und Zurücksetzungen dann auf
die Arbeit übertragen werden.
Nur sehr charakterfeste und über den Dingen stehende Menschen
sind in der Lage,so etwas wegzustecken,aber das ist die Ausnahme.
Bei mir war es nicht der Chef,sondern eine Kollegin in der Abteilung,
wir konnten danach auch nicht so einfach trennen zwischen privat
und Arbeit.

Die beste Lösung für Dich wäre wohl,die Arbeitstelle zu wechseln,aber
ich weiß,dass das in der heutigen Zeit nicht so einfach ist.
Aber einen anderen Rat weiß ich nicht,wenn schon alles ausgereizt ist.

LG unloveable

Guest W

Ist genau das, was ich auch denke, weil mir die Belastung zu goß wäre. Ich glaub, an meinem Charakter liegt es nicht, aber über den Dingen stehe ich nicht. Da geht's ja um meine verletzten Gefühle und die kann ich nun mal nicht so einfach weg schieben, besonders, da ich ja hauptsächlich für ihn arbeite. Wir müssten jeden Tag mehrere Stunden gemeinsam Konzepte besprechen u.dgl. Sowas kann nicht funktionieren, wenn das im Hinterkopf sitzt. Er hat mich ja auch schon in der letzten Zeit immer mehr davon ausgeschlossen. Mir ist ein Rätsel, wie er sich das vorstellt. Alles im Leben kann man nicht durch Flucht lösen, aber er bleibt beharrlich dabei.
Danke jedenfalls für deine Antwort.
LG
Jeannie

W

liebe jeannie,

Quote:

ich dachte, wir würden gemeinsam an einem Strang ziehen.

das ist was, das ich wahrscheinlich nie verstehen werde! ich hab oft den eindruck, als ob die leute nehmen, was sie kriegen können und dann sind sie weg. wieso machen die leute solchen aufwand um so oberflächliche sachen wie sex oder kurzfristiges aufpolieren des eigenen selbstwerts auf kosten anderer? wenn es aber um die sachen geht, die ich wirklich wichtig finde, einander beistehen, etwas geborgenheit schenken, zuverlässigkeit usw, da sind die meisten leute ganz fix wech.

Quote:

Ich fühle mich ziemlich ausgenützt und zum Narren gehalten.

da fühle ich mit dir. ich kenn das gefühl gut, ganz besonders aus dem berufsleben. die allermeisten benehmen sich, also ob sie kein herz hätten. im zweifelsfall werden gefühle einfach ausgeblendet.

ich denke du hast das naheliegende getan, daß du die beziehung mit dem mann, mit dem du die meiste zeit verbringst, ausgelebt hast. war ja auch ne schwierige situation für euch beide und es tut so gut wenn jemand da ist, auch wenn man keine partnerschaft beabsichtigt. und für dich und mich wäre es "normal", die sache dann offen und "mit herz" untereinander zu regeln (unterstell ich mal so Wink

), so daß jeder weiß, woran er ist und sich danach richten kann.
aber der typ verschanzt sich hinter seiner position. das macht mich schon sauer!

die arbeitsstelle kannst oder willst du nicht wechseln...hätt ich auch am einfachsten gefunden...aber wenn's halt partout nicht geht... Rolling Eyes

mach dich stark, jeannie, die zurückweisung dieses mannes ist im moment rücksichtslos und demütigend, aber wenn's dir schlecht geht, warte nicht darauf, daß ER sich ändert(naja, es soll immer wieder wunder geben, aber die kommen ja nie, wenn man sie wirklich braucht Rolling Eyes

)! wenn du aus dem umfeld nicht rauskommst, dann bau deine position aus. an beruflicher kompetenz scheint es dir ja nicht zu mangeln Razz

wie sieht denn seit der scheidung dein privatleben aus? bist du zufrieden? hast du freunde? interessen? oder nur den job?
komm mit dir selbst in reine! dann haben solche blender keine macht mehr über dich!!! (wenn er ein blender ist, ich kenn ihn ja nicht)

ich hoff ich knall dich hier jetzt nicht mit ungewollten ratschlägen zu und grad wenn du depri bist, wird dir das wohl zu heftig und viel zu weit weg sein, aber einen anderen weg seh ich nicht. man kann ja mit kleinen schritten anfangen, zb indem man sich mit anderen geschiedenen austauscht...

alles gute wünscht cleo

Guest W

Hallo Cleo!

Danke für deine einfühlsamen Zeilen. Ich bin froh, dass es auch Menschen gibt, die meine Gefühle nachvollziehen können. Ein Jobwechsel wäre natürlich das Einfachste, aber ich habe so gut wie keine Chancen, etwas Geleichwertiges zu finden. Ich denke aber ernsthaft darüber nach, mich insofern "stark" zu machen, dass ich alles versuchen werde, um von dieser Stelle weg zu kommen. Ich will und kann nicht mehr dort weiter machen. Ja, ein Wunder wäre mir auch lieber - etwas Einsicht, mehr Herz von seiner Seite. Aber bei so einem schwachen Ego wäre das ja wirklich ein großes Wunder und ich glaube nicht mehr daran. Hab ihn menschlich wohl sehr überschätzt.
Privat geht's mir leider auch nicht gut, bin viel alleine und kämpfe derzeit mit der neuen Situation sehr (Umzug, mein Sohn ist ausgezogen, Scheidung). Möchte aber bei einer psychotherapeutisch Frauengruppe demnächst mitmachen und hoffe, das hilft mir langsam weiter.
Ich finde auch, dass die Menschen mit viel zu wenig Herz leben, das merkt man ganz besonders, wenn man nicht zu den Glücklichen gehört, die alles haben. Nicht alle sind so, aber insgesamt gibt es doch viel mehr Egoisten als offene und weichere Menschen. Ich war früher lange Alleinerzieherin und weiß, wovon ich rede. Ausgrenzung, Gleichgültigkeit waren das Übliche. Wenn ich irgendeinen Weg finde, beizutragen, das auch nur ein wenig zu ändern, werde ich ihn gehen. Auch bei meinem Kollegen war ich nicht nur selbstsüchtig, er hat mich gerührt und ich gab ihm gerne Halt. Nun muss ich nur aufpassen, dass ich nicht die Konsequenz daraus ziehe, es lohnt sich nicht, menschlich zu sein. Denn das wäre nur ein weiterer Beitrag zur allgemeinen Kälte.
LG
Jeannie

Forums-InsiderIn 151 oberoesterreich ,

Er hat Dich benutzt. Außerdem hat er seine Position mißbraucht.
Ich könnte auch nicht mehr mit ihm arbeiten und würde mich versetzen lassen.

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