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Aya
neu an Bord!
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W, 16
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Fri, 26.Sep.03, 17:06 Ich kann niemandem Vertrauen |
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Hallo,
Ich werde noch verrückt, wenn ich nicht bald mit irgendjemandem darüber reden kann. Also mach' ich das jetzt hier einmal:
Es fing alles damit an, dass mein kleiner Vetter (6 Jahre) vor etwa einem Jahr bei uns zuhause war und mit meinem kleinen Bruder (10) spielte. Ich (16) saß mit meiner Mutti im Wohnzimmer auf der Couch. Irgendwann kam mein Bruder mit dem Kleinen im Schlepptau herunter und erklärte total verstört, wir sollten uns mal anhören, was er zu sagen habe. Daraufhin erklärte T. (so nenne ich ihn jetzt einfach mal), Dinge, die ganz klar bedeuten: Sein großer Bruder hatte ihn vor Kurzem zum Sex gezwungen.
Wir waren natürlich total geschockt und fragten ihn, ob das denn auch stimme. Er beteuerte, es wäre ide Wahrheit.
Was meine Mutter dann gemacht hat, ist, ihrem Bruder und seiner Frau das Ganze zu erzählen. T. behauptet inzwischen, er habe sowas nie gesagt (ich könnte mir vorstellen, dass sein Bruder ihn dazu bringt); mein Patenonkel glaubt nicht, das das wahr sein könnte (Warum wohl? Er will es nicht wahr haben, denkt ihr? Ha! Dazu später...) und meine Tante hat uns unter sechs Augen gesagt, sie glaube es.
Weiter wurde dann nie mehr darüber geredet. Man schweigt sich regelrecht aus. Die einzige Veränderung ist, dass meine Tante ihre Söhne nie zusammen alleine lässt.
Aber was mir fast den Verstand raubt ist das, was später herauskam:
Meine Ma erzählte ihrer kleinen Schwester (35) alles und diese brach sofort in Tränen aus und schluchzte, das alles wäre sicher wahr,denn mein Onkel habe sie jahrelang immer wieder missbraucht.
Seit dem komme ich mit meinem Leben nicht mehr klar. Ich war schon immer Männern gegenüber sehr misstrauisch, da so ziemlich alle Ehen in meiner Umgebung, besonders die meiner Eltern, ein einziger Scherbenhaufen sind (So sind mein Vater und zwei meiner Onkel Alkoholiker und in meiner Kindheit gab es kaum einen Abend, an dem ich nicht verängstigt in meinem Bett lag und mir wünschte, meine Mutter würde sich scheiden lassen. Heute ist es weit erträglicher geworden: Sie reden kaum noch miteinander. Außerdem hat mein Vater sie, wie ich heute weiss, auch jahrelang betrogen.).
Ich möchte so gerne mit jemandem über alles reden! Aber ich bin nicht mehr fähig irgendjemandem zu vertrauen! Bei Männern ist es besonders schlimm; da habe ich nun totale Berührungsängste! In meinem Kopf hat sich dieser Satz meiner Ma "Du kannst niemandem vertrauen." total festgesetzt. Ich meine,das war mein Patenonkel! Er war einer der wenigen erwachsenen Männer zu denen ich je etwas Vertrauen aufgebaut hatte. Und dann kommt so was heraus: Auch er ist ein Schwein.
In jedem Jungen sehe ich nun einen rücksichtslosen Fiesling, egal wie nett er mir eigentlich erscheint.
Den Kontakt mit meiner besten Freundin habe ich schon vor etwa einem halben Jahr ganz abgebrochen, denn ich weiß, dass ich es ihr irgendwann erzählen würde. Ich war schon so oft kurz davor, aber ich darf es nicht und möchte sie damit auch nicht belasten. Seit dem habe ich das Genze erfolgreich verdrängt; mir sobald die Gedanken daran erwachten immer gesagt: "Denk nicht daran; denk nicht daran!" Das hat auch tatsächlich ganz gut funktioniert, bis ich in diesem Jahr die Schule egwechselt habe. Bis jetzt hatte ich eine reine Mädchenschule besucht und war so gut wie nie an Wochenenden wohin gegangen. So konnte ich der Gesellschaft von Männern immer aus dem Weg gehen. Aber jetzt ist das ganz anders: Ich möchte mein Abitur machen und bin jetzt natürlich auch mit Jungen in einer Stufe. Tatsächlich gefällt mir einer auch sehr und ich glaube, er interessiert sich auch für mich. Aber sobald wir uns etwas näher kommen schrecke ich zurück weil irgendeine Stimmme in meinem Kopf sagt: "Nein, lass dir nicht wehtun!"
Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich möchte ihm so gerne vertrauen, aber ich kann einfach nicht! Was würdet ihr mir raten???
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_________________ Das Vertrauen gibt dem Gespräch mehr Stoff als der Geist. |
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nofling
Forums-InsiderIn
296
Hamburg M, 23
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Fri, 26.Sep.03, 22:57 Re: Ich kann niemandem Vertrauen |
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Der Missbrauch wurde in Deiner Familie totgeschwiegen, weil es eine sehr schlimme Sache ist. Es gibt aber Millionen von Familien, wo niemand missbraucht wird. Du musst Dir klarmachen, dass das Einzelfälle sind, die zwar vorkommen aber eher selten sind.
Wenn Du diese Fälle auf alle Männer verallgemeinerst, wirst Du nie zufriedenstellende Beziehungen führen können. Es gibt auch keinen rationellen Grund warum Du dem Mitschüler misstrauen solltest. Was kann er Dir denn schon tun ? Vielleicht verführt er Dich und will dann hinterher nichts mehr von Dir wissen. Das wäre das schlimmste was passieren könnte. Du solltest versuchen den Männern eine Chance zu geben und erst misstrauisch werden wenn es tatsächlich einen Grund dafür gibt.
Ich denke auch Du solltest die Hilfe eines Psychotherapeuten in Anspruch nehmen. Je früher Du anfängst diese Erfahrungen aufzuarbeiten desto einfacher wird es. Ich würde das nicht verschleppen, denn irgendwann musst Du es doch tun.
Ich wünsch Dir alles gute.
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Aya
neu an Bord!
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W, 16
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Sat, 27.Sep.03, 16:24 Es könnte viel passieren! |
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Hi,
ich habe selber schon daran gedacht, ob eine Therapie nicht das beste wäre. Aber das ist hier auf dem platten Land gar nicht so einfach! In der nächsten Stadt gibt es nur eine Stelle, wo das möglich ist und da gibt es eine lange, lange Warteliste. Die Beraterin hat mir gesagt, dass, wenn ich Glück hätte, in einem guten Jahr mal jemand für mich Zeit hat. Außerdem möchte ich meine Mutter nicht mit meinem Zustand belasten. Sie hat ihr ganzes Leben lang nur für uns Kinder gelebt und meinen Vater aushalten müssen. Sie lebt in dem Glauben, ich würde schon damit klarkommen. Ich glaube,wenn sie merken würde, dass ich nicht damit klarkomme, würde sie sich sofort Vorwürfe machen. Denn sie hat mir das Ganze mit meiner Tante ja erzählt und meinte schon nicht viel später, als ich unter Tränen total aufgelöst auf dem Boden saß, sie häääte es mir wohl niemals sagen dürfen. Ich glaube, sie wollte mich in dem Moment einfach warnen und hatte wohl auch das Gefühl, mit jemandem reden zu müssen. Ich bin mir auch sicher, dass sie sich Vorwürfe macht. Es war schließlich ihre kleine Schwester und sie meint wohl, sie hätte etwas merken müssen.
Und zu dem "was kann denn schon passieren": Viel! Hey, wenn der Bruder schon die kleie Schwester missbraucht, wozu ist ein Mann dann einer völlig Fremden gegenüber fähig?
Ich habe jedes Vertrauen in die Männerwelt verloren.
Und ich merke, dass der Drang, mit jemandem zu reden immer stärker wird. Aber wie kann ich das machen ohne mein Gegenüber gleich mit zu belasten? Ich möchte das niemandem aufzwingen.
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_________________ Das Vertrauen gibt dem Gespräch mehr Stoff als der Geist. |
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Annemarie
Moderatorin
1682
Oberösterreich W, 45
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Sat, 27.Sep.03, 17:03 Re: Ich kann niemandem Vertrauen |
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Liebe Aya,
ich finde es sooo lieb von Dir, daß Du so rücksichtsvoll Deiner Mutter gegenüber sein möchtest.
Aber ich gebe Dir den dringenden Rat, REDE mit Deiner Mutter! Gib ihr die Chance, für Dich da zu sein, wenn Du sie so sehr brauchst.
So, wie Du Deine Mutter beschreibst, ist es nicht nur eine Mutter für "gute Zeiten". Es ist ihr sehr wahrscheinlich auch ganz wichtig, schlechte Zeiten miteinander durchzustehen. Schenke auch Du ihr Dein Vertrauen, liebe Aya. Sprich mit ihr darüber, was das alles in Dir ausgelöst hat und wie Du Dich damit fühlst. Ich bin mir ganz sicher, sie wird Dir zur Seite stehen.
Alles Liebe und Gute ... gib Dir einen Ruck liebe Aya, das wünsche ich Dir/Euch!
Annemarie
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_________________ Liebe ist das Fundament des Lebens |
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darius
Forums-InsiderIn
366
vienna M, 28
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Sat, 27.Sep.03, 21:13 Re: Ich kann niemandem Vertrauen |
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Liebe Aya,
Du misstraust der Männerwelt zurecht. Aber nur in dem einen Aspekt, als du in eine Geschichte geboren wurdest, die dir dieses Misstrauen als logische Konsequenz vorbereitet hat. Deshalb ist es momentan vermutlich schwer dir nahe zu legen, daß du der Männerwelt lieber Vertrauen schenken solltest, da ja nicht alle Männer Schweine seien. Nichts desto Trotz – und wenn du in einer anderen Geschichte geboren wärest, würde dir verständlich sein, daß verschiedene Menschen verschieden miteinander umgehen, und nicht alle Menschen – Männer und Frauen nach dem gleichen Vorsatz handeln.
Genauso in ihrem Ursprung ist deine Last zu erklären die du empfindest, wenn du lieber für dich behältst -> um andere nicht zu belasten. Diese Last hat seinen Ursprung in der Unachtsamkeit deiner Tante, als sie euch erzählte (deine Tante ist weder schuld, noch hat sie etwas in böser Absicht getan. Dinge geschehen einfach, und so wird man in die Geschichte der Familie verstrickt. So wie wir alle.) ->
Quote: | Meine Ma erzählte ihrer kleinen Schwester (35) alles und diese brach sofort in Tränen aus und schluchzte, das alles wäre sicher wahr, denn mein Onkel habe sie jahrelang immer wieder missbraucht. |
Denn was bei den Eltern passiert ist, das geht die Kinder nichts an. Die Kleinen sind schutzbedürftig und nie schuld. Wenn man sie dann den schwermütigen Wahrheiten der Familie aussetzt, mit denen die Kinder noch nicht umgehen können, empfinden sie das Ausgesprochene selbstverständlich als einen Zustand von schwerer Last. Und da nun Aussprache (durch die Tante) mit dem Gefühl von Belastung (für das Kind – Dich) verknüpft wird, wird Aussprache zur Last, vor der man – so wie du jetzt – die anderen instinktiv schützen will. Vor dieser Last hätte aber deine Tante dich schützen sollen. Denn was bei den Eltern vorgefallen ist, das geht die Kinder nichts an. Wenn man Kinder dennoch solch schlimme Wahrheiten der eigenen Familie präsentiert, belastet man sie und hemmt sie in ihrer Entwicklung. Die Kinder wiederum wollen ihren Mitmenschen nun aber diese Last, welche sie durch Aussprache erfahren haben ersparen. Paradoxerweise wäre es aber außerordentlich wichtig sich solche Dinge von der Seele zu reden. Aus falscher Angst vor Belastung wird dann keinem mehr etwas aus seinem Innenleben erzählt und es beginnt das Verdrängen. Denn irgendwo muß die Last hin. Und wenn sie nicht nach außen abgebaut werden darf diese Last, richtet sich der Druck nach innen. Es ist ein selbstzerstörerischer Prozess. Diese Vorgangsweise erfährt ihre Rechtfertigung durch Misstrauen. Denn wenn man Menschen nicht trauen kann, braucht man ihnen auch nichts mehr erzählen.
Wichtig ist hier, daß du keinem Vorwürfe machst. Nicht deiner Tante, nicht deinem Onkel oder Cousins, und vor allem nicht dir. Daß das nun leere Worte sind für dich ist mir klar. Wenn du nicht die Möglichkeit hast mit einem Therapeuten zu reden, dann rede auf jeden Fall mit deiner Mutter oder auch anderen. Daß du deine Mutter nicht belasten wirst steht fest, denn egal was du ihr erzählst, sie wird damit umgehen können – du bist ihre Tochter.
Gut ist, daß du hier den Anfang gemacht hast. Wenn man ein Problem totschweigt stirbt es nicht, sondern wächst im Verborgenen. Irgendwann ist es so groß hinter deinem Rücken geworden, daß sich deine Aufmerksamkeit ständig und zwanghaft darauf richten wird. Wenn nicht bewusst, so in unbewusster Form von psychischen Ausweichmechanismen.
Meld dich wieder und rede dir die Last vom Herzen. Auch wenn du der Meinung sein magst, daß es klüger sei für dich zu behalten, was so schrecklich ist im Leben, sage ich dir, daß es hilft, wenn man über Probleme redet.
Im griechischen gibt es ein Wort, das in unsere Sprache nicht übersetzt werden kann. Dieses Wort beschreibt einen Zustand oder eine Art der Kommunikation. Früher und auch heute noch pflegte und pflegt man bei den Griechen auf den Marktplatz zu gehen und seine Einkäufe zu erledigen. Während man das tut unterhält man sich mit den Menschen, die dasselbe tun über alles Mögliche. Es ist eine Art Flanieren. Auf den Marktplatz gehen, von Stand zu Stand spazieren und mit den anderen reden. Wesentlich ist, daß der Marktplatz ein Ort ist, wo die Menschen zusammen kommen und kommunizieren. Alleine dadurch erspart man sich viele Stunden beim Psychiater...
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_________________ Alles beginnt und endet am rechten Ort und zur rechten Zeit. |
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Regenbogenfisch
sporadischer Gast
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Österreich W, 20
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Tue, 21.Jun.05, 22:24 Fehlendes Vertrauen |
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Hallo!
Es ist so dass ich in allen zwischenmenschlichen Beziehungen nie wirklich vertrauen kann. Ich schwanke immer, in einem Moment denke ich dass alles gut läuft und im nächsten habe ich wieder das Gefühl dass ich der Person nicht genug bedeute, dass sie nicht will dass ich glücklich bin und nur so tut als würde sie mich gernhaben.
Das ist bei mir wirklich bei allen Leuten so, sogar bei meiner besten Freundin, zu der ich ein sehr gutes Verhältnis habe. Aber wenn sie nur irgndwas macht dass mir das Gefühl gibt dass ich ihr nicht wichtig genug bin (wenn sie sich z.B. mal einige Zeit nicht meldet) zweifle ich schon an ihrer Freundschaft/Aufrichtigkeit. Ich vermute dass diese Probleme von meiner Kindheit (der problematischen Beziehung zu meinen Eltern) kommen. Es ist wirklich schlimm weil ich niemandem richtig vertrauen kann - in einem Moment schon, im nächsten wieder überhaupt nicht. Kennt das vielleicht jemand?
Lg,
Rf
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Seelchen
Helferlein
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Bayern W, 20
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Wed, 22.Jun.05, 10:48 Re: Fehlendes Vertrauen |
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Ja, ich kenn das.
Allerdings hab ich weniger Anlass dafür.
Okay, da war mal eine Geschichte, wg. der ich viele Freunde verloren habe (im nachhinein betrachtet: Das WAREN nie Freunde).
Aber auch meinem Freund vertrau ich keine 100 %.
Und meiner besten Freundin... naja... das ist wohl die Person, der ich am meisten vertraue.
Das ist jetzt nicht gg. meinen Freund. Aber wenn meine beste Freundin und mein Freund mir das selbe antun, verletzt es mich bei meinem Freund mit Sicherheit um einiges mehr.
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