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shiwa
sporadischer Gast
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Wien W, 30
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Tue, 16.Sep.03, 17:49 Meine Mutter hatte manische Depressionen |
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Hallo!
Meine Mutter hatte wahrscheinlich schon vor meiner Geburt manische Depressionen. Sie lebt seitdem ich zehn bin, nicht mehr, nahm sich mit Tabletten nach mehreren Versuchen endgültig das Leben.
Ich kann mir vorstellen das diese Art Krankheit furchtbar ist.
Dennoch komme ich mit vielen Dingen nicht klar. Seit drei Jahren gehe ich in Psychotherapie um den ganzen Wahnsinn den ich mit ihr als Kleinkind erlebte, zu verarbeiten.
Aber womit ich eben nicht klarkomme ist, das ich nicht verstehen kann das ein Mensch völlig die Beziehung zu anderem, speziell mir damals verlieren kann, das ich ihr völlig egal war, sie war z.b. wie ich 4 u. 5 war, 1-2 Tage weg, ich war völlig allein und als sie heimkam sagte sie nur sie hatte vergessen das ich auch noch da bin. Oder wie wir bei meiner Oma waren hatte sie mir eine Hacke gezeigt die sie im Nachtkasten versteckt hielt, weil sie in der Nacht die Oma köpfen wollte. Oder einer ihrer Selbstmordversuche wo sie im sterben lag und ich vor versperrter Tür auf der Straße stand und nicht weiter wußte.
Ich erlebte viele solche Dinge mit ihr und es war für mich als kleines Kind fast nicht auszuhalten.
Können Depressive Menschen sich so von ihrer Umwelt abschalten das alle egal werden? Nicht ein bißchen Verantwortung für ihr Leben und das ihrer Kinder leben? Haben diese überhaupt eine Ahnung oder Kümmerei welche Belastung ihr Verhalten ist?
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Neue
Helferlein
102
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Fri, 19.Sep.03, 6:41 Re: Meine Mutter hatte manische Depressionen |
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Ich spreche aus Erfahrung: meine auch.
Als Kind habe ich die Schuld bei mir gesucht. Zum Glück hat meine Oma woanders gewohnt und ich bin zu ihr gezogen. Schlimm war die Reaktion der Umwelt: alles wurde nur vertuscht!
Als Kind hast Du keine Erklärung und die Tatsache, daß alle (inkl. mein Vater) die Augen schließen führt dazu, daß Du glaubst, die Mutter sei normal und Du nicht. Die Tage, wo sie keinen Streit suchte, waren sehr selten. In der Depression war sie aber auch nicht still, sie erwartete Mitleid von jedem. Ich mußte in die Erwachsenen Rolle schlüpfen und meine Geschwister trösten, und sie auch. Schließlich waren wir alle 3 bei meiner Oma, ohne finanzielle Unterstutzung. Ihre Rente reichte nicht.
Sie brachte es fertig, daß meine Oma für sie für einen Kredit bürgte.
Sie hatte nie eine Behandlung, weil Maniker nicht einsichtig sind. Die die Vertuschung durch die Familie wurde sie nach außen nicht sehr auffällig (von Diebstähle abgesehen). Ich kann Dich gut verstehen. Aber bei mir wäre es eine Erlösung gewesen, wenn sie sich umgebracht hätte. So traurig es sich anhört.
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shiwa
sporadischer Gast
6
Wien W, 30
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Fri, 19.Sep.03, 7:57 Re: Meine Mutter hatte manische Depressionen |
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Hi,
Es tut gut zu wissen das es da draußen Leute mit ähnlichen Erfahrungen gibt. Und nicht nur arme depressive Menschen.
Der Tod meiner Mutter war nur eine Scheinerleichterung. Denn die Erlebnisse von 1-7 mit ihr hatten sich in mir festgefressen. Diese Angst. Die Angst das sie mich auch umbringen würde, die Angst das ich wenn nicht mal sie da wär´ich auf der Straße leben müßte, die Angst genauso zu werden wie sie. Und diese Schuldgefühle die sie mir immer einredete. Ich war ja laut ihr Schuld, denn wenn ich nicht auf die Welt gekommen wär´wär´s ihr besser gegangen, hätte sich der Vater von ihr nicht getrennt, bla bla bla. Und das Gefühl nichts wert zu sein. Nicht wert geliebt zu werden, nicht wert das die anderen auf mich mal Rücksicht nehmen und nicht nur ich immer die Wünsche u. Bedürfnisse anderer zu erfüllen versuchen müßte.
Diese arme depressive hatte mich nämlich dazu benutzt das sie in mir eine schwächere als Kind fand. Und an mir konnte sie rächen und auslassen was ihr angetan wurde. Denn gegenüber Erwachsenen war sie die schwache die sich nicht durchsetzen konnte.
Das alles und vieles mehr hatte sich in mir festgefressen.
Ich finde du hattest großes Glück das deine Oma in der Lage war auf euch zu achten.
Denn bei mir war niemand da, der wenigstens schaute ob ich was zu essen und zum anziehen hatte. Alle haben nur zugeschaut und mich behandelt als wär´ich gleich abstoßend wie die Mutter.
Mit 7 bin ich Gott sei dank zu Zieheltern gekommen.
Aber der Horror in meiner Seele spulte sich wie ein Film weiter ab. Und wenn ich das nicht alles in meiner Therapie aufarbeiten würde ginge es wahrscheinlich ewig so weiter. Obwohl sie schon 20 Jahre tot ist.
Wie geht´s dir dabei, wie ist es dir weiter ergangen in deinem Leben. Wie sehr hängt dir das alles nach?
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dickbaer1
sporadischer Gast
19
W, 35
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Thu, 25.Sep.03, 22:29 Re: Meine Mutter hatte manische Depressionen |
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Meine Mutter litt und leidet auch unter manischen Depressionen. Du hast ja gefragt, ob es wirklich so sein kann, dass ihr alles, sogar ihr Kind, egal war. Nach meiner Einschätzung würde ich dem absolut zustimmen. Bei meiner Mutter hat sich der Zustand noch verschlimmert, als sich mein Bruder das Leben genommen hat. Seitdem ist sie fast nur noch stationär in Behandlung.
Mein Leben geht zur Zeit auch senkrecht bergrunter und ich bin selbst Vater einer Tochter. Ich leide nicht unter manischen Depressionen und habe eine 7jährige Therapie hinter mir.
Im Augenblick sitze ich so tief im Mist, dass sich meine Gedanken nur noch um mich drehen. Somit kann ich auch ungefähr nachvollziehen, was z.B. in Deiner Mutter vorgegangen ist.
Das beste ist, hört sich etwas seltsam an, wenn Du ihr verzeihen kannst.
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shiwa
sporadischer Gast
6
Wien W, 30
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Fri, 26.Sep.03, 10:23 Re: Meine Mutter hatte manische Depressionen |
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Hi
Das mit dem verzeihen ist bestimmt richtig. Im Moment geht´s mir aber darum, das ich in meiner Therapie erkannt habe, sie nicht immer schützen zu müssen so wie als kleines Kind. Sie nicht nur als die arme kranke die ich versorgen mußte zu sehen, sondern in mir das kleine Kind zu Wort kommen lasse, das tatsächlich arg vernachlässigt und von ihr mißbraucht worden ist. Und den ganzen Hass und die Wut auf sie rauslassen kann. Denn die Realität mit ihr war brutal und sie war brutal. Diese Gefühle konnte ich als Kind nie zeigen. Aus Angst. Ich konnte nicht mal piep sagen sondern ließ einfach geschehen, ließ mich für ihre kranken Zwecke mißbrauchen ohne das eine Sekundevon irgndwem an meine Entwicklung gedacht wurde. Ich hatte ja auch damals keine andere Möglichkeit.
Und es ist schön, wenn man auch hassen darf, den Hass auch zeigen kann, genauso die Wut. Es ist ein Stück Freiheit. Den man muß niemanden, ich glaub es geht ja auch gar nicht, das man immer nur liebt, die anderen mag, nett ist zu ihnen usw.
Wie geht es dir mit deiner Therapie? Du hörst dich an als hättest du wieder einen "Schub". Das ist bei mir immer so arg, einmal denk´ich ich hätt´aufgeräumt mit meiner Kindheit, Ängsten usw. und im gleichen Moment steht schon wieder so ein unangenehmer Prozeß an. Das ist echt mühsam.
Wie geht es deinem Kind?
Grüße, Tschau
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Stringarella
sporadischer Gast
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Wien W, 18
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Fri, 03.Oct.03, 20:53 Re: Meine Mutter hatte manische Depressionen |
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Seit meine Mutter den Tod ihrer Eltern und damit den Verkauf ihres Heimathauses nicht verkraften konnte, stellten die Ärzte ihr die Diagnose "Manisch-Depressiv".
Nachdem ich jetzt die ganzen Beiträge hier gelesen habe, frage ich mich, ob es da wirklich so extreme Abänderungen unter ein und demselben Begriff gibt.
Ich war, als es anfing, wohl höchstens 14(bin jetzt17), mein Bruder 16, vielleicht habe ich es deshalb nicht so extrem miterlebt.
Gerade wollte ich schreiben, dass ein weiterer für mich positiver Punkt sein könnte, dass ich ziemlich frühreif und schon in sehr jungen Jahren einsichtig und verantwortungsvoll war, doch jetzt frage ich mich, ob ich mich vielleicht gerade durch diese Umstände unterbewusst so entwickelt habe.
Weiters sind beide meiner Eltern Ärzte und ich denke gerade dadurch wurde die "krankheit" (in dem Fall meiner Mutter bezeichne ich es lieber als Schwäche) früh erkannt.
Sie hatte keine Kraft mehr und schlief den ganzen tag. Sie war verzweifelt, weil sie ihre ärztlichen, häuslichen, mütterlichen wie auch ehefraulichen Pflichten nicht mehr erfüllen konnte. Schon allein hier unterscheiden sich die symptome von den anderen genannten. Denn sie hat die einsicht nicht verweigert, sondern ist gerade an ihr zerbrochen und hat sich dadurch dann helfen lassen.
Ihre Therapeutin gab ihr Antidepressiva, durch die sie ziemlich zunahm , aber ihr gemütszustand und Energie verbesserten sich wenigstens.
In ihren manischen Phasen ist sie total unternehmungslustig, backt 5 Kuchen auf einmal (ohne Untertreibung) und will viel zeit mit mir verbringen, sieht es aber auch ein, dass ich auch andre interessen habe.
Wenn es ihr schlecht geht, kümmere ich mich mütterlich um sie, muntere sie auf. Mein Bruder kann damit leider nicht gut umgehen, er zeigt überhaupt kein Verständnis, schreit sie an, wenn sie vor dem fernseher eingeschlafen ist und macht auch sonst nur mist.
Mein Vater hat sie nach einiger Zeit auch nicht mehr richtig unterstützen können, da er ein gestresster Krebschirurg ist und er hatte vor kurzem auch was mit einer jüngeren, aber darüber weiss ich (zum glück) nichts genaueres. Jedenfalls hat er auch mal befürchtet, dass meine mutter Selbstmord gedanken hat.....
Und dann war da noch diese plötzliche sinneswandlung meiner mutter: sie will kündigen... (sie ist 48 und fix in einem spital angestellt und mag ihren Job im großen und ganzen) Sie meinte, sie sieht keine weiterbildungsmöglichkeit. Das hat sich jetzt aber auch wieder gelegt....
Ich würde ihre Zustände mehr als Stimmungsschwankungen deuten, so wie ich sie manchmal auch vor der menstruation habe.
Manchmal bin ich wirklich wütend auf sie, dass sie sich so gehen lässt und sie in ihrer Krankheit versteckt. Aber wenn ich kein Verständnis für sie hätte aus der Familie würde sie sich wohl ganz allein vorkommen.
Diese Fragen hab ich noch: Steigert sich diese Krankheit nach einer zeit? muss sie die Dosis ihrer antidepressiva erhöhen, um beständig gut drauf zu sein? Gibt es eine Heilung von dieser Krankheit?
LIebe Grüsse
Stringarella
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