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Kerubo
Helferlein
69
W, 30
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Wed, 03.Sep.03, 22:21 Sucht nach Informationen |
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Hallo, ich hab da mal ne Frage.
Gibt es eigentlich sowas wie ne Sucht nach Informationen?
Vielleicht sollte ich erklären, was ich damit meine:
Also, ich bin ständig am lesen, quasi schon seit ich des Lesens mächtig bin, also seit der 1. Klasse. Anfangs waren das Kinderbücher, die Tageszeitung, Werbeprospekte, Heimatromane meiner Mutter, alles was ich in die Finger gekriegt hab.
Später dann Romane und Zeitschriften ohne Ende, alles was mein Wissen erweitern konnte wozu ich Zugang hatte und was ich halbwegs verstehen konnte.
In der Schule hat sich das dann, vorallem je näher es Richtung Abi ging, so entwickelt, daß ich nicht mehr auf Prüfungen gelernt hab sondern soviel über ein Thema gelesen hab bis ich mich darin auskannte bzw. bis der Prüfungstermin einfach da war.
Bis dahin war das auch alles recht unproblematisch, Schule ist ja eine recht theoretische Angelegenheit. Aber mittlerweile krieg ich echt ein Problem.
Das Leben lebt ja eigentlich von der praktischen Erfahrung, aber ich gehe jedes Problem immer nur theoretisch an. Recherchiere im Internet, lese (Fach)zeitschriften, Bücher, Lexikas etc. erschließe mir jede mögliche Informationsquelle und schaffe es kaum mich einem Problem in der Praxis zu stellen.
Eher lese ich zehn Artikel und durchwühle Foren etc. statt zu überlegen wen ich einfach fragen könnte.
Eher suche ich stundenlang nach Informationen zu einem Thema als etwas einfach auszuprobieren.
Das frisst natürlich viel Zeit, die mir dann fehlt um tatsächlich etwas zu schaffen, was vorallem bei der Arbeit ein Problem ist.
Ich bin zwar immer bestens informiert, hab aber wenig vorzuzeigen. Naja und ich bin Mediendesignerin, ein Job der von dem lebt was man produziert.
Und mittlerweile bin ich echt besorgt, weil ich zwar um diese Zusammenhänge weiß aber trotzdem nicht davon lassen kann immer nur Informationen zu sammeln ohne etwas damit anzufangen.
Was sich ändert sind lediglich die Themen die mir gerade wichtig sind, und seit einiger Zeit sind das mehr und mehr Ratgeber die ja auch meist einen Praxisteil haben mit zum Teil recht konkreten Handlungsanweisungen. Aber meist regen diese Ratgeber mich nur an noch weiter in das Thema einzusteigen, sprich noch mehr zu lesen.
Irgendwie hat das echt Suchtcharkter.
Gibts vielleicht jemanden dem's ähnlich geht?
liebe grüße
kerubo
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_________________ Schicksal
Alles ist auf fatale Weise so oder anders
Janosch |
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r.l.fellner
Psychotherapeut
1589
Wien M
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Liebe Kerubo,
es gibt in der Diagnostik den Begriff der "nicht substanzbezogenen Abhängigkeiten", unter die, wie der Begriff schon sagt, alle Abhängigkeiten fallen, die nicht mit "Substanzen" - also vorwiegend dem, was man gemeinhin unter "Drogen" versteht - im Zusammenhang stehen.
Man spricht ja umgangssprachlich manchmal von sog. "Informations-Junkeys": meinen Sie, würde diese Bezeichnung auch auf Sie zutreffen?
Ich habe mich recht viel mit nicht substanzbezogenen Abhängigkeiten beschäftigt (einen Teil davon, diverse Materialien zum Thema "Internet- und Computer-Abhängigkeit", finden Sie auf meiner Website veröffentlicht), und kann sagen, daß es teils sogar erhebliche Abhängigkeiten sind, die zu allem Überfluß oftmals von der Umwelt (und den Betroffenen selbst) nicht ernst genug genommen werden - einfach, weil sie keine offensichtlichen medizinischen Kosten verursachen .. keine "Süchtigen" am Wegesrand zur Folge haben .. keine offensichtlichen körperlichen Symptome zu erkennen sind.
Im Gegenteil: meist "funktionieren" (!) diese Menschen beruflich und im Alltag sogar sehr gut, sind erfolgreich und überdurchschnittlich intelligent. Im privaten Bereich dagegen herrscht oft "Ebbe", Leere, mehr oder weniger starke Beziehungs- und Sprachlosigkeit.
Zum einen gibt es dagegen die klassischen "Entwöhnungstipps", von denen Sie viele bereits hier im Forum erwähnt finden (Tipp: Suchfunktion nutzen, und die Sucht-Forumsbereiche durchblättern!). Wenn Ihnen diese auf Dauer nicht weiterhelfen, aber Sie das Gefühl haben, etwas wirklich ändern zu wollen .. ja vielleicht sogar zu müssen, damit Ihre Lebensqualität wieder steigt und Sie mehr Lebendigkeit auch in Ihren Alltag bringen können, dann mag eine Psychotherapie zumindest über einen begrenzten Zeitraum hinweg der beste Weg sein, dieses Ziel zu erreichen. In der Therapie können Sie sich in Ihrer Geschwindigkeit darauf einlassen, Neues und Ungewohntes zu beginnen - und erfahren dabei professionelle Unterstützung und Begleitung. Ein oftmals spannender Weg, kann ich Ihnen sagen - und auf Dauer wesentlich "sättigender" als wochenlanges Literatur- und Google-Studium.
Alles Gute!
Richard L. Fellner
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_________________ Website | Kontakt | Artikel-Archiv |
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Kerubo
Helferlein
69
W, 30
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Hallo Herr Fellner,
vielen Dank für ihre Antwort. Zu einer Therapie hab ich mich vor ca. einem Jahr entschlossen und bin auch nach wie vor dabei. Allerdings bin ich nicht wircklich zufrieden mit dem Verlauf, naja es macht eher den Eindruck, daß nicht wircklich viel vorwärts geht...und dann siehts doch wieder wenigstens so gut aus, daß ich einen Abbruch auch nicht wage bzw. doch nicht für nötig halte.
Auf jeden Fall hat mein Studium psychologischer Texte mehr oder weniger dramatische Ausmaße angenommen (mengenmäßig).
werd mich hier noch weiter umsehen und schicke
viele grüße
kerubo
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_________________ Schicksal
Alles ist auf fatale Weise so oder anders
Janosch |
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Fredchen
Guest
W
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Fri, 17.Oct.03, 10:59 Re: Sucht nach Informationen |
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Hallo,
ich weiss nicht, ob man das Sucht nennen kann.
Aber ich weiss aus eigener Erfahrung, das wir Menschen schonmal dazu neigen (nicht alle), ihre Hobbys ganz extrem zu betreiben. Dein Informationsdurst ist denke ich dann noch normal.
Aber darüber nachdenken sollte man vielleicht schonmal, wann das vielleicht zur Sucht werden kann.
Ich trinke morgens meine Tasse Kaffee, die brauch ich da auch, kann man auch schon als Sucht bezeichnen. Ich brauche morgens meinen Rechner und meinen Newsticker (ist wie meine Zeitung, da hab ich keine). Wäre das dann auch ne Sucht, im Urlaub hab ich keinen Rechner, da brauch ich auch den newsticker nicht, aber im Alltag gehört er von berufswegen schon dazu.
Gerade Internet und Information ist auch so eine geschichte, ich kann zum Beispiel stundenlang nach irgendwelchen Infos im Netz suchen, ob ich die irgendwann mal brauche, weiss ich nicht. Wissen ist ein Grundbedürfniss für mich wie Essen, Schlafen und trinken. Wenn ich nicht mehr lerne dann bin ich tot...
Weiss nicht ob dir das jetzt helfen konnte, konnte jetzt nur mal meine Sichtweise darstellen.
l.g.
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Laetitia
Helferlein
78
Wien W, 29
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Sun, 19.Oct.03, 13:10 Re: Sucht nach Informationen |
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wow, Informations-Junkey...das war der begriff den ich für mich selbst definiert hab...Informations-Junkeys sind glaub ich die...die sich nicht auf eine gewisse sache spezialisieren können....die tausend verschiedene interessen haben....und alles aufsaugen....ganz schlecht...dich zerrt es in tausend verschiedene richtungen...und du findest nie EINEN POL auf dem du dich ausruhst und dranbleibst ohne dich durch irgenetwas anderes INTERESSANTES ablenken lässt....deshalb wünschte ich, dass mein gehirn wirklich eine harddisk ist...wo du eine hd nach der anderen dazuhängen kannst...und jederzeit auf die gewünschten infos per Search Funktion zugreifen kannst....tja is aber wohl eine wunschvorstellung...*argh* und man braucht wieder einmal eine therapie dafür...*seufz*
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molly
Helferlein
80
Österreich W, 56
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Sun, 19.Oct.03, 16:32 Re: Sucht nach Informationen |
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hallo kerube,
ich verstehe dich gut, denn auch ich informiere mich stundenlang oft im internet. finde mich selber auch nicht süchtig, bin allerdings durch mein "hobby" gepaart mit ehrlichkeit schon kräftig auf die nase gefallen.
ich suche mitunter auch informationen über menschen, die mich einfach interessieren. verwende diese informationen aber natürlich nicht bei dritten, sondern freue mich einfach viele dinge zu wissen oft schon bevor ich es von diesen menschen selber erfahre. nur manchmal bin ich zu ehrlich oder zu dumm - wie man es nimmt - und gestehe mein wissen ein.
es wird mir als spionieren vorgeworfen.
ich habe leider auch meinen geliebten therapeuten so verloren.
also achtung!!!
ich finde aber trotzdem informationen und gute beziehungen braucht man einfach im leben.
ich wünsche dir weiterhin viel spass beim lesen oder beim googeln.
Molly
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Deex
Helferlein
42
wenn ich älter wäre, würde man mir glauben W
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Tue, 16.Dec.03, 0:02 intelligenz sucht? |
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Ich strebe immer nach mehr wissen!
Wenn ich in eine Bibliothek hineinspaziere denke ich mir „wie dumm ich doch sei und dass ich nichts wüsste!“.
Leider macht sich das bei meinen Noten bemerk bar!
Im Unterricht ist es bei mir so, dass wenn der Lehrer die Frage stellt ich die Antwort darauf kenne, aber mich nicht traue diese zu verkünden!
Oder sie nicht verkünden will!
Das zeigt sich bei meiner Benehmens Note auch stark aus ..
Wenn ich mich mit Freunden unterhalte, kann ich das was ich weiß .. gut darbringen! Bei Lehrern oder anderen bin ich wie dumm gemacht... – als ob ich nicht einmal wüsste was „Synthese“ ist.
Mein Kopf schein regelrecht zu zerplatzen! Obwohl ich ja eigentlich „nichts“ weiß..?!?
Ist das eine Sucht? Oder einfach nur ein Hirngespinst von mir?...
Könnt ihr mir hier helfen, ich packe es nicht mehr!
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Sirius1
sporadischer Gast
9
FFM M, 16
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Wed, 27.Oct.04, 12:06 Re: Sucht nach Informationen |
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Das kenn ich auch! Ich muss ständig lesen und alles wissen. Es gibt nix, dass ich nicht wissen will. Ich bin eine echte Leseratte und zudem ein "Informations-Junky". Kann man glaub ich nix gegen tun.
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positron
Forums-InsiderIn
151
Oldenburg M, 25
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Thu, 07.Apr.05, 18:29 Re: Sucht nach Informationen |
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Hallo Kerubo
Scheinbar gibt es viele hier die gerne immer weiter lernen möchten. Ich zähle mich auch dazu. Aber wie genau ist das bei Dir? Ist es wirklich so, daß du dein Wissen manchmal nicht anwendest, obwohl es naheliegen würde? Wenn ja, würde ich es wirklich krankhaft nennen. Wenn du dich zum beispiel sehr für Ernährung und Stoffwechsel interessierst, aber dich schlecht ernährst und keine Bewegung hast z.B. Wenn du dich für Raketen interessierst, aber keine baust, ist das etwas anderes. Und bei Psychologie wie du schreibst kann es wohl das eine oder das andere sein. Versuch eventuell dich mehr für Sachen (im Sinne von Themen) zu interessieren bei denen die Praxis unmittelbar auf der Hand liegt und ganz einfach ist.
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Nunca
Helferlein
67
Wien W, 25
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Wed, 13.Apr.05, 13:14 Re: Sucht nach Informationen |
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Hallo
ich kenne das auch. Wobei sich meine Sucht etwas auf Wissenschaft "begrenzt", ich lese alles von Bilder der Wissenschaft, div. Pms, Science, Nature, Publikationen, ectr. Lasse mir sogar extra Sachen aus den USA kommen.
Da ist kaum etwas dabei was mich nicht interessiert, mein Bücherregal ist voll, und die Buchhändlerin sieht goldene Wasserhähne vor ihren Augen, wenn ich den Laden betrete.
LG
Julia
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Sparkle
[nicht mehr wegzudenken]
1277
München M, 24
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Thu, 14.Apr.05, 16:19 Re: Sucht nach Informationen |
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Hi!
Hey, das freut mich, dass das mal jemand anspricht. Ich bin auch so einer! Ich hab es für mich selbst "lern-süchtig" genannt und das können auch scheinbar ganz sinnlose Dinge sein wie Angelologie oder alle Hauptstädte der Welt usw.
Mir geht es ganz genauso, ich stürze mich auch gern theoretisch auf etwas, hole mir alle möglichen Informationen (aber auch in der Praxis), um etwas dazuzulernen.
Dabei wüsste ich gar nicht, was das höhere Ziel dabei wäre. Vielleicht ein unbewusstes "Wissen ist Macht" ? Ich sehe das ganze allerdings nicht pathologisch, denn es macht Riesen-Spaß, was neues kennenzulernen!
vlg
Sparkle
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_________________ Most people try to avoid pain instead of seeking joy. (Dalai Lama) |
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