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Das_Stimmchen
neu an Bord!
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Berlin W, 23
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Wed, 14.Nov.07, 22:37 Ich habe Fragen und möchte Antworten. Keine Gegenfragen |
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Hallo erstmal,
bin noch sehr neu hier und habe erstmal ne Weile still mitgelesen. Keine Ahnung, ob ich in diesem Forum richtig bin. Naja,vielleicht stelle ich mich erstmal vor:
Ich bin 23, drei Kinder. Im Juli habe ich es geschafft mich von meinem Partner, mit dem ich 7 Jahre verbracht habe, loszueisen.
Ich bin jetzt glücklicher, freier.
In dieser Beziehung sind Dinge passiert, die man niemandem an den Hals wünscht: Liebe, Zuneigung, Beleidigung, Streit, Ohrfeigen, Boxen, Würgen, erzwungener Sex.
Die Liebe war schön, die Zuneigung auch. Aber alles andere hinterliess einen üblen Nachgeschmack, der meine Gefühle für ihn veränderte, der mich veränderte.
Ich bin stillergeworden, lache weniger. Ich misstraue jedem, selbst meiner Familie.
Gerade wegen dem was jetzt alles "hochkommt", habe ich mich entschlossen, eine Beratungsstelle aufzusuchen und heute war der zweite Termin. Am Ende meinte sie: "Für mich besitzen Sie innere Stärke. Sonst hätten Sie das Alles nicht überstanden."
Das hat mich irritiert und ich habe wieder, zu Hause angekommen, ein paar Zeilen niedergetippt.
Ich weiss nicht wie ich damit umgehen soll, vielleicht könnt ihr mir hier Rat geben?
Folgende Zeilen habe ich mir von der Seele geschrieben:
Ich besitze innere Stärke? Strahlt meine eigene Fassade mittlerweile soweit nach außen, das es wie innere Stärke wirkt? Oder bilde ich mir das alles nur ein? Ist meine Psyche doch nicht so angegriffen, wie ich glaube?
Aber warum könnte ich dann wegen jedem bisschen heulen? Aber warum kann ich dann nicht von den Dingen reden, die mich quälen, die ich nicht wage auszusprechen?
Warum bade ich freiwillig heiss? Warum knabbere ich an den Fingernägeln?
Warum schlafe ich so schlecht und unruhig oder gar nicht?
Ich verstehe das nicht.
Sieht man es mir nicht an, was mich belastet oder das mich überhaupt etwas belastet?
Ich wünsche mir gerade zwei Arme die mich halten, zwei Hände die mir über den Kopf streichen. Aber gerade in diesem Augenblick bin ich allein.
Ich habe wieder das Gefühl, dass man mir sanft lächelnd auf die Schulter klopft: Das wird schon, Kleines. Halb so wild, Kleines.
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Toughy
[nicht mehr wegzudenken]
1312
Dtld W, 29
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Wed, 14.Nov.07, 23:04 Re: Ich habe Fragen und möchte Antworten. Keine Gegenfr |
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Hallo Das_Stimmchen,
zunächst sei uns willkommen in diesem Forum!
Dass du gegangen bist, ist stark. Du hast so lange "durchgehalten", und viele andere hätten resigniert, sich gebeugt, sich nicht getraut, weil gedacht, nie wieder jemanden zu finden. Weil der Partner demütigend, den Selbstwert zerstörend ist. Du weißt noch, was richtig und gut für dich ist, hast das nicht vergessen. Hast nicht vergessen, mehr verdient zu haben, Besseres. Und bist deswegen gegangen. Das zeigt, finde ich, dass du stark bist
... was nicht heißt, dass sich Menschen mit starken Seelen nicht auch schwach fühlen, erschöpft und traurig.
Alles Liebe,
Toughy_die dir virtuell über den Kopf streicht, wenn du magst
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_________________ Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will. |
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Williams
Forums-Gruftie
531
Germany W, 39
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Wed, 14.Nov.07, 23:33 Re: Ich habe Fragen und möchte Antworten. Keine Gegenfr |
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Hallo Stimmchen,
Du schreibst über das was in den letzten Jahren in der Beziehung los war.
Die Frage ist aber auch, was davor war.
Wie war Deine Jugend und Deine Kindheit. Gab es da auch Belastungen?
Wenn Du nun die letzten Jahre soviel Kraft gebraucht hast, um Dich über Wasser zu halten, dann ist Dein jetziger Zustand vielleicht die Folge.
Eine tiefe Erschöpfung, eine tiefe Trauer über den Verlust dessen, was Du Dir erhofft hast. Deine Stärke ist, das Du für Dich (und Deine Kinder) gesorgt hast, indem Du gegangen bist.
Deine innere Wahrheit sieht anders aus, jedenfalls nach dem was Du schreibst. Es erscheint Dir wohl nicht so sehr als Stärke, wenn man sich mit letzter Kraft rettet. Wie sollte es Dir auch so vorkommen? Du gehst ja auf dem Zahnfleisch.
Aber eine Situation zum Guten zu verändern, hat nicht sofort ein "sich besser fühlen" zur Folge. Das ist ein Prozess.
Deine Seele kann nicht so schnell begreifen, was Dein Verstand schon weiß. Und sie fordert Dich auf, Dich mit der Selbstheilung zu befassen.
Wenn man einen Tumor entfernt, muß die Wunde auch erst heilen.
Es tut weh, man fühlt sich verletzt und schwach. Aber der Tumor ist weg.
Er kann nicht weiter Schaden anrichten. Die Genesung bis zu einem besseren und gesünderem Gefühl dauert trotzdem seine Zeit.
Ich denke im Moment hast Du eine schwere Zeit vor Dir, weil nun eben der Platz da ist, das alles hochkommen kann. Davor ging es um das tägliche "Überleben" und aushalten, was nicht lange ohne seelische Wunden auszuhalten ist.
Du hast für Dein junges Alter auch schon wirklich eine große Verantwortung übernommen. Das ist sicher etwas, das manchmal auch überfordernd wirkt.
Irgendwie hört es sich auch an, als ob Du unter einer Posttraumatischen Depression leidest.
Es gab wohl eine Zeit des Durchhaltens und des sich taub machens.
Ich nehme an Du hast trotz des Leids versucht für Deine Familie perfekt zu funktionieren? Und nun kommt der Zusammenbruch.
Wie geht es Dir denn momentan im Alltag?
Du hast Dich getrennt, aber Du hast drei Kinder.
Als Alleinerziehende (?) bist Du demnach auch schon auf´s Äußerste belastet, einfach mit diesem rundum Job.
Darauf setzt sich nun noch die Verarbeitung, die Trauer, alle Gefühle eben, die sich auf das Kapitel Exmann, Exbeziehung beziehen.
Und wie gesagt: Wenn Du auch noch ein Päckchen aus der Kindheit mit Dir trägst, dann bündelt sich das nun alles auf einmal.
Liebe Grüße
Williams
P.S.: Ich wünsche Dir Kraft
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_________________ Alles, was uns an anderen mißfällt, kann uns zu besserer Erkenntnis führen. C.G Jung |
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AnnaK
Helferlein
43
Deutschland W, 28
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Thu, 15.Nov.07, 0:00 Re: Ich habe Fragen und möchte Antworten. Keine Gegenfr |
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Hallo Stimmchen,
Quote: | Ich habe wieder das Gefühl, dass man mir sanft lächelnd auf die Schulter klopft: Das wird schon, Kleines. Halb so wild, Kleines. |
Mir scheint, dass diese Aussage Dir das Gefühl gegeben hat nicht ernst genommen zu werden mit all Deiner Not?
Ich (aus meiner Perspektive) würde die Aussage so interpretieren:
Andere Frauen bleiben in solchen Situationen, weil sie nicht gehen können. Sie ertragen eine schlimme Beziehung, weil sie sich so sehr davor fürchten diesen Rahmen den sie kennen zu verlassen. Diese Angst vor Unbekanntem kann einen dazu bringen Unglaubliches zu ertragen.
Ihr seid sehr jung zusammen gekommen und habt auch recht früh mit Kindern angefangen, wenn Du mit 23 "schon" drei hast.
Das Leben "alleine" ist Dir wohl eher neu. Und dann noch gleich mit drei Kids, das ist sicherlich eine echt harte Nuss!
Die Angst davor treibt viele Menschen dazu in Situationen zu bleiben in denen es ihnen schlecht geht, weil sie das wenigstens kennen. Weil sie so viel Angst vor der Einsamkeit (einem Leben mit sich allein) haben, dass ihnen die bestehende Beziehung immer noch besser und vor allem sicherer scheint.
Dass Du den Schritt geschafft hast über diese Angst hinweg in ein völlig neues Leben bezeugt auch für mich eine gewisse Stärke.
Aber gleichzeitig ist auch klar, dass ein kraftvoller Schritt nicht bedeutet dass man eine Marathonstrecke absolvieren kann!
Das heißt also NICHT! dass man nicht leiden, trauern und schwach sein dürfte. All das gehört auch zu Dir und das eine schließt das andere nicht aus!
Diese Aussage hätte auch Mut machen können á la "Na Gott sei Dank, es gibt noch Hoffnung für mich!"
Sie kann aber auch Angst machen! Weil sie einen wieder auf sich selbst zurückwirft. Wenn man sich sowieso schon an der Grenze oder schon darüber hinaus fühlt, ist das ganz schön hart!
Vielleicht hast Du auch das Gefühl, dass Du dann ja keine Berechtigung mehr hast um Hilfe zu bitten, wenn ja Stärke da ist...
Nachträglich editiert:
Ich habe den Nachsatz mit den Gegenfragen erst nach Absenden des Beitrages gesehen. Ich nehme sie trotzdem nicht raus. Ich erwarte nicht, dass Du sie mir beantwortest. Wenn Du damit nichts anfangen kannst, kannst Du sie gerne ignorieren. Aber vielleicht hilft es Dir ja doch weiter, diese Fragen für Dich zu beantworten. Und vielleicht magst Du das in der Beratung ansprechen....
Was hättest Du Dir denn gewünscht statt dieser Aussage? Was hätte Dich denn weniger irritiert?
Liebe Grüße und ein wärmendes Licht für Dich
von AnnaK
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Das_Stimmchen
neu an Bord!
3
Berlin W, 23
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Thu, 15.Nov.07, 10:49 Re: Ich habe Fragen und möchte Antworten. Keine Gegenfr |
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Williams wrote: | Wie war Deine Jugend und Deine Kindheit. Gab es da auch Belastungen? |
Nein, meine Familie war immer sehr liebevoll zu uns Kindern.
Das einzige was war, ich war meine gesamte Schulzeit hindurch Aussenseiterin. Piesaken, Hänseln, Knuffen -das Übliche halt.
Für mich jedoch eine Zeit, an die ich mich nicht zurückerinnern will.
Quote: | Ich nehme an Du hast trotz des Leids versucht für Deine Familie perfekt zu funktionieren? |
Ja, ich wollte nur noch funktionieren. Ausbildung, Kinder, Haushalt und Familie, Partnerin und Mutter. Alles sollte unter einen Hut passen. Schwäche war fehl am Platz.
Ich weiss noch, das ich mir nicht mal für Erkältungen die notwendige Zeit nehmen konnte/durfte/wollte. Eine Nacht habe ich mir genommen, damit ich am Tag darauf wieder fit war für alle.
Und immer nur nach aussen Lächeln, keiner sollte sehen, wie ich litt.
Und wenn es doch einer merkte, dann hiess es nur: Naja,das wird schon. Jede Beziehung hat mal nen Hänger. Und ein ständiges Geben und Nehmen gibt es nicht. Also schwieg ich lieber weiter.
Code: | Wie geht es Dir denn momentan im Alltag? |
Ich führe alles fast normal weiter. Die Wohnung wurde völlig verändert und auch dieKinder sind zufriedener. Nur das mein Mittlerer fehlt. Er wollte zu seinem Vater (die Beiden hatten schon immer einen super Draht zueinander). Und um dieses Band nicht zu zerreissen, habe ich ihn zu seinem Vater gehen lassen. Leider ein Fehler. Denn nun sehe ich mein Kind nur alle zwei Wochen und jedes Telefonat mit meinem Ex zieht mich runter. Denn um an meinen Sohn zu kommen (Gute Nacht sagen) muss ich an dem Vater vorbei.
Aber dennoch halte ich den Kopf oben, (allein schon wegen der Kinder, weniger wegen mir) auch wenn ich manches mal einfach nur lauthals meine Hilflosigkeit heraus schreien möchte.
Und ich befinde mich am Anfang einer neuen Beziehung. Er ist wie der Vater, den ich mir für die Kinder gewünscht hätte. Und es interessiert ihn wie es uns geht. Auch wenn er mir nur mit seinen Worten und einer Umarmung in meinen tiefen Stunden helfen kann und mehr nicht. Aber mir reicht das völlig. Es ist besser als völlige Ignoration.
Danke für deine Kraft
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Das_Stimmchen
neu an Bord!
3
Berlin W, 23
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Thu, 15.Nov.07, 11:02 Re: Ich habe Fragen und möchte Antworten. Keine Gegenfr |
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Quote: | Quote: | Ich habe wieder das Gefühl, dass man mir sanft lächelnd auf die Schulter klopft: Das wird schon, Kleines. Halb so wild, Kleines. |
Mir scheint, dass diese Aussage Dir das Gefühl gegeben hat nicht ernst genommen zu werden mit all Deiner Not? |
Ja, dieses Gefühl hatte ich. Ich... nein es ist mirklar,das ich mit einigen Erinnerungen nicht klar komme und dennoch scheine ich anderen das Gefühl zu geben, das es mir gut geht. Egal ob ich unter Tränen und erstickter Stimme von der Situation erzähle in der er mich zum Sex zwang.
Quote: | Ihr seid sehr jung zusammen gekommen und habt auch recht früh mit Kindern angefangen, wenn Du mit 23 "schon" drei hast.
Das Leben "alleine" ist Dir wohl eher neu. Und dann noch gleich mit drei Kids, das ist sicherlich eine echt harte Nuss! |
Er ist 9 Jahre älter als ich. Was natürlich nicht heissen soll, das er Verantwortung mitbrachte.
Hinzu kommt, das seine Familie einem sehr überzeugend sagen kann, das man fertig gemacht wird, wenn man geht. Das einem die Kinder weggenommen werden, wenn man sich trennt.
Ja, ich habe geglaubt, das ich das lieber ertrage, als hinterher noch mehr zermürbt zu werden, als ohnehin schon.
Aber als er anfing die Älteste anzugreifen, war auch für mich dieses Dulden und Ertragen Schluss.
Quote: | Aber gleichzeitig ist auch klar, dass ein kraftvoller Schritt nicht bedeutet dass man eine Marathonstrecke absolvieren kann! |
Oh ja,esistschwer, jeden Tag mit Bravour zu meistern, ohne den Gedanken, du schmeisst jetzt alles hin und holst ihn zurück.
Da hilft mir der neue Freund und meine Gtroße.
Quote: | Was hättest Du Dir denn gewünscht statt dieser Aussage? Was hätte Dich denn weniger irritiert? |
Ich weiss nicht. Irgendwie etwas wie: Naja Sie haben sich ja Hilfe gesucht und das ist vielleicht gut so.Bevor sie sich ganz zermürben oder so.
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AnnaK
Helferlein
43
Deutschland W, 28
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Thu, 15.Nov.07, 12:16 Re: Ich habe Fragen und möchte Antworten. Keine Gegenfr |
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Quote: | Naja Sie haben sich ja Hilfe gesucht und das ist vielleicht gut so.Bevor sie sich ganz zermürben oder so. |
Auch wenn Du das gerade anders zu spüren scheinst:
Das ist absolut nicht dadurch ausgeschlossen, dass Du die Stärke aufgebracht hast zu gehen und Dir Hilfe zu suchen. Im Gegenteil!
Aber ich sehe, dass Du die im Moment nicht sehen/spüren kannst. Ist klar, wenn man den Schritt erst mal gegangen ist, dann kommt noch mal einiges was da auf einem lastet und einen runter drückt. All das was Du da erlebt hast haut Dich grad von den Füßen, denn weg ist das nicht nur weil man es beendet hat. Ich glaube nicht, dass jemand mit ein wenig Einfühlungsvermögen ernsthaft auf die Idee kommt, dass das einfach so wird. Und Menschen auf Beratungsstellen für Frauen in Deiner Situation oder Therapeuten wissen das in der Regel auch.
Es ist gut, dass Du Dir Hilfe gesucht hast!
Aber auch das erfordert Mut. Sich jemandem mit diesem ganzen Balast anzuvertrauen. Du bist damit schon über eine Mauer gestiegen, die für andere unüberbrückbar ist!
Aber jeder Abschied von Bekanntem schmerzt. Auch wenn es noch so schlimm war, es ist ein Abschied und ein Gang ins Unbekannte. Die Verwirrung, die Trauer und die Überforderungsgefühle sind normal. Es ist auch normal, dass es schmerzt all das zu verarbeiten.
Und es ist eine gute Entscheidung sich dafür Hilfe zu holen um sich nicht in diesem Strudel zu verlieren, in dem Du verständlicherweise gerade hin und her wirbelst.
Du hast noch Termine dort?
Vielleicht kannst Du das wirklich dort ansprechen, dieses Gefühl dass sich da in Dir breit macht.
Denn ich denke, jemand anderes hätte diese Aussage wirklich wie von mir oben interpretiert annehmen können. Es ist kein Fehler, das nicht so zu verstehen, versteh mich da nicht falsch. Aber Menschen sind so unterschiedlich, in zwei Terminen kann der Beste Thera nicht bis ins letzte Eckchen raushaben wie sein Gegenüber tickt. Es hilft dem Therapeuten im Umgang mit Dir, wenn er versteht, wie was bei Dir ankommt. Dann kann er sich besser danach richten was Du im Moment wirklich brauchst.
Liebe Grüße und viel Kraft
wünscht AnnaK
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