Was tun gegen Selbstverachtung?

neu an Bord! 3 Baden-Württemberg/Dublin W, 22

Hallo zusammen!

Meine Situation ist folgende: Ich bin eigentlich schon immer unzufrieden mit mir gewesen. Mit meinem Aussehen, meinen Leistung in der Schule oder Uni (obwohl ich wirklich nicht schlecht bin), mit meinem Auftreten gegenüber anderen usw. Mir ist bewusst, dass ich mich selbst mit Sicherheit sehr viel negativer wahrnehme, als meine Umwelt das tut. und ich versuche auch, an mir zu arbeiten, es bringt jedoch keinen großen Erfolg bisher.
Im Moment bin ich für 6 Monate im Ausand (Irland) zum studieren, habe also viel Zeit, mich mit mir selbst zu beschäftigen und würde diese neue Situation gerne nutzen, um mir über mich und vor allem auch über meine Werte klar zu werden.
Wichtig ist mir dabei in erster Linie mal, irgendwie zu einer größeren Selbstakzeptanz zu kommen. Oder besser: zu überhaupt einer. Ich geb mir große Mühe, positiv zu denken, mich nicht in Gedanken zu beleidigen und mir Komplimente zu machen. Das Problem damit ist, dass ich wohl sehr tiefsitzend davon überzeugt bin, weder Komplimente noch Lob verdient zu haben, denn je mehr ich positiv denke, um so stärker fängt diese Stimme in meinem Kopf an, mir zu sagen, wie dumm ich bin, zu glauben, Aufmerksamkeit, Zuneigung oder Lob verdient zu haben. Und zwar so lange bis "ich" sozusagen nachgebe, und mir sage "ja stimmt schon. Schließlich hast du das und das und das falsch gemacht, also fühl dich mal nur nicht zu toll".
Ich hab außerdem eine ziemliche Abneigung gegen Leute, die allzu sehr von sich eingenommen sind, und habe immer Angst, selbst so zu wirken, sollte ich jemals überzeugt davon sein, dass ich toll und liebenswert bin.

Hat jemand einen Vorschlag, wie ich dieses tiefe Gefühl der Wertlosigkeit austricksen kann? Hab einfach ziemlich genug von meiner Selbstverachtung und das mit dem positiven Self-talk ist wohl irgendwie nicht stark genug.

Wichtig ist vielleicht auch noch, dass ich eigentlich rein objektiv keine Probleme habe. Meine Familie ist intakt, ich bin seit 5 Jahren in einer stabilen Beziehung, habe Bekannte und ein paar gute Freunde und meine Studienleistungen sind konstant gut. Nur mit mir selber komm ich einfach nicht klar... Ich hab kann mich nich leiden, hab ziemliche Angst vor der Zukunft (vor allem der beruflichen), bin mir bei vielem sehr unsicher wo meine Prioritäten liegen (zB Karriere oder soziales Leben) und ich bin sehr leicht zu beeinflussen (vor allem im negativen Sinn).

Freu mich sehr über jede Antwort grinsend

Danke schon mal.
Liebe Grüße,
Kalli

Forums-InsiderIn 242 neben der Spur W, 27

Hallo Kalli,

ich weiß nicht, ob ich Dir helfen kann, eigentlich müsste mir wohl auch eher auf Deine Frage geantwortet werden, als dass ich selbst antworten könnte, allerdings kann ich zumindest sagen: Ich verstehe Dich gut. Und zum anderen: Mir geht es im Prinzip ähnlich, allerdings habe ich damit momentan kein so großes Problem, weil ich es ein stückweit einfach akzeptiert habe, dass ich so bin. Damit meine ich aber nicht die Selbstverachtung, aber die Tatsache, dass ich keine superselbstbewusser Überflieger bin. Dass ich mich trotzdem nicht selbst verachte, führe ich auf eine differenzierte Sichtweise zurück. Ich rede mir nicht ein: die Menschen mögen mich, sondern: manche Menschen (mein Freund, Freundinnnen, ...) mögen mich. Oder wenn ich mich über mich ärgere, dann versuche ich nicht, mich dafür etwa noch zu loben, sondern sage mir: das was ich gemacht habe, war doof, aber das war mein Verhalten, ich als Person bin ok, was kann ich aber daraus lernen bzw. den Schaden begrenzen. Wie ich es z. B. auch doof finden würde, wenn mein Freund das getan hätte, ohne dass ich ihn als Person ablehne. Das ist überhaupt hilfreich, die Erwartungen an sich selbst mit denen an andere zu vergleichen. Wenn ich finde, dass jeder Mensch einzigartig ist, gute Seiten hat und Liebe verdient, dann gilt das auch für mich...

Außerdem hat das selbstunsichere nicht nur Nachteile: Mit meiner Bescheidenheit und Unsicherheit bin ich bis jetzt jedenfalls recht weit gekommen in Schule und Studium und Du ja offensichtlich auch. Unbeliebt bin ich auch nicht, und ich denke zum Teil auch deswegen. Außerdem finde auch ich mich noch jung genug, um langsam reifer und sicherer zu werden und Du bist ja noch mal 5 Jahre jünger, da muss man sich auch noch nicht und seinen Platz im Leben so ganz genau gefunden haben.
Mir hilft es ganz gut, das ganze einfach etwas lockerer zu sehen und mir auch mal zu erlauben, mich über mich zu ärgern und da auch reinzusteigern. Da fällt es dann viel leichter, selbst darüber zu schmunzeln als wenn man in den Teufelskreis gerät, sich über sich zu ärgern, weil man sich schon wieder über sich ärgert. Dass man sich annimmt, heißt eben auch sich mit seinen Schwächen anzunehmen und nicht erst, wenn man perfekt geworden ist.
VG
Selene

[nicht mehr wegzudenken] 1075 wien W, 24

hm- ja das kenn ich...das hab ich auch. ich helfe mir dann immer über so gedanken hinweg mit dingen die mich positiv stimmen, die diesen gedanken einfach quasi "übermalen". zb denke ich an den wunderbaren morgen wo noch alles ruhig und schön war und ich die sonne aufgehen gesehen habe, oder ich sehe mir ein besonderst gelungenes foto von mir an, oder ich denke intensiv an eine schöne farbe, ich schreibe auf was ich mir denke (ganz schlechte sachen über mich...meistens halt) und schreib dann (wenn ich mich wieder ein bissi im griff hab) drunter wie mich meine freunde sehen (also nur gute dinge)....sind halt alles sachen die man ausprobieren muss...nicht immer gelingt mir diese inneren dämonen wirklich zum schweigen zu bringen...aja- oder ablenkung: sudoku, lesen, malen...oder: am besten mitten in der nacht wenns ganz leise ist spazierengehen..

Forums-InsiderIn 175 münchen W, 30

ich habe mir so geholfen, indem ich das negative gedankengut versucht habe systematisch zu unterbinden.
ich habe nicht versucht mir einzureden wie toll ich bin, denn das hat nie geklappt und ich bezichtigte mich lediglich dadurch der selbstlüge.
also mich selbst auszutricksen gelang einfach nicht.

also habe ich zumindest versucht, wenn selbstzerstörerische gedanken hochgekommen sind, sie sofort mit dem satz "nein, jetzt nicht!", oder "du hast jetzt hier nix zu sagen" oder ähnliches, auszulöschen.

das habe ich dann wochenlang gemacht und die negativen gedanken über mich selbst kommen heute nur noch äußerst selten hoch. ja ich bin eignetlich total zufrieden mit mir, und zwar OHNE daß ich mich ach so tolle sachen eingeredet habe.
mich selbst zu belügen hat noch nie funktioniert.
gedanken aber nicht hochkommen zu lassen, hat mit training sehrwohl geklappt.
und siehe da, es kamen und kommen immer mehr positive gedanken über mich selbst hoch.
außerdem bin ich stolz auf meine selbstdisziplin die ich diesbezüglich an den tag legte. denn einfach ist es auch nicht seinen geist zu beherrschen. das braucht zeit und übung und muß in fleisch und blut übergehen.

lg u

sporadischer Gast 19 düsseldorf W, 33

Hallo Zusammen,

ich kenne dieses Gefühl der Selbstverachtung nur zu gut. hammer

Mein Problem ist, dass ich alles was ich im Leben tue richtig machen will. Merke ich selber, dass ich meinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht werde, bestrafe ich mich noch zusätzlich. Dann sage ich mir, war doch klar das ich es nicht schaffe und genau deshalb mag mich auch keiner und niemand will mit mir zu tun haben.
Obwohl es nicht stimmt.

Bei mir ist das bereits chronisch und ich will es weg haben. Ich will nur noch positiv über mich denken. Allerdings ist es für mich schwierig anders zu denken, weil ich seit meiner Kindheit schon so über mich denke. Meine Eltern haben mir dieses Gefühl sehr stark vermittelt.

Hängt Dein traurig sein, vielleicht mit Deinem Aufenthalt in Irland zusammen? Gefällt es Dir dort zu studieren?

Ganz liebe Grüße,
Tanja knuddel

Helferlein 59 Österreich M, 21

Hallo kalli!

Was magst du denn an dir? (ich meine jetzt keine taten, sonder aspekte deiner person)

lg the eagle

neu an Bord! 3 Baden-Württemberg/Dublin W, 22

Halli ihr lieben,
danke erst mal für alle eure Antworten...

@ selene: du hast recht, man muss differenzieren und es macht keinen Sinn, von der ganzen Welt geliebt werden zu wollen. Und auch aboslute Perfektion ist kein besonders gutes Ziel. Das ist mir klar, und ich will auch nicht der perfekte Mensch werden. Ich weiß, dass ich an mich selbst oft sehr viel höhere Ansprüche stelle, als alle anderen und ich will versuchen, das zu ändern. Allerdings fällt es mir schwer, mich damit abzufinden, dass ich "nur" mittelmäßig bin. Ich habe das Gefühl, dass meine Familie (vor allem die Großeltern, glaub ich) eigentlich eine leuchtende Zukunft für mich voraussieht und schon immer gesehen hat.

@ anarchistin: genau das ist die Taktik, die ich bisher auch probiert hab. Klappt aber halt mal gar net. zwinkernd..

@ undercover: Ja, genau so geht es mir auch. Sich positive Sachen einzureden, ist gleichbeutend mit Selbstbeschiss und das macht alles nur noch schlimmer. Und das mit dem Unterbinden ist vermutlich wirklich eine Sache der Übung. Auch das hab ich schon ab und zu probiert, ich fall allerdings immer sehr schnell wieder in die alten Muster. Vor allem sobald es stressig wird.

@ Tanja: Ich denke,es tut mir sehr gut hier in Irland zu sein. Zuhause wohn ich mit meinem Freund zusammen. Das ist toll und ich würd es nicht anders wollen, aber es bedeutet eben doch, dass man nie wirklich unabhängig ist. Das genieß ich gerade sehr hier und obwohl ich ihn sehr vermiss, geht es mir gut. Und wie gesagt, hoffe ich, dass ich die Zeit, die ich hier für mich hab, nutzen kann grinsend

@the eagle: tja, was mag ich an mir.... da gibt es schon einige dinge. ich bin zum beispiel sehr freundlich und aufmerksam, ich bin gut im Studium, ich hab schöne Haare zwinkernd..

, bin zuverlässig und ehrgeizig und mir würden auch noch n paar mehr Sachen einfallen. Allerdings fällt mir zu jeder positiven Eigenschaft sofort ein Aber ein. Ich bin zwar sehr freundlich aber das liegt eher daran, dass ich zu feige bin, mich zu wehren, wenn mich was stört. Ich bin zwar sehr aufmerksam, aber das bedeutet, dass ich im Bus nie ruhig sitzen kann und immer schaue, ob jemand in den Bus steigt, dem ich meinen Platz anbieten sollte, damit ich das dann auch sofort tun kann und niemand denkt, ich wäre rüde. Ich bin zwar ehrgeizig, aber das bedeutet, dass ich mich oft verrenne, meinen Freund und Freundinnen vernachlässige und mir selbst ungeheuren Durck mach. Hab das alles auch schon mehrfach durchgespielt...
Und genau das nervt mich, dass ich nichts an mir unkritisiert lassen kann. Nicht einmal positive Eigenschaften...

Helferlein 59 Österreich M, 21

Hi kalli,

na das ist doch schon mal was Wink

.
Ich bin übrigens gerade in einer ähnlichen Situation, bin auch 800km weg von zuhause wegen Studium. Ich habe auch ähnliche Probleme wie du, bin aber zur Zeit auf einem ganz guten Weg, diese zu überwinden - denke ich zumindest Smile

. Auch ich war immer (sehr) gut in der Schule und jetzt im Studium auch. Das ist ja an sich kein Problem (ganz im Gegenteil), es wird aber eins, wenn man seinen Selbstwert an diesen Erfolge misst. Das merkt man bei dir, kann das sein? Was mir hilft (neben dem Nachdenken über meine positiven Eigenschaften), ist, meine eigenen Gefühle ernst zu nehmen, nicht immer nur die der anderen (und z.b. im Bus sitzen zu bleiben wenn einem danach ist, nicht aufstehen nur weil man es damit vl. jemanden anderen Recht macht). Jeder Mensch ist mal gut gelaunt, zuvorkommend und freundlich, ein anderes Mal halt dafür wütend, aggressiv, schlecht gelaunt. Wichtig ist es, seine eigenen Gefühle wertzuschätzen und auf sie einzugehen.
Soviel meine mehr oder weniger intelligenten Worte dazu, Shocked

,
tschüss,
the eagle

neu an Bord! 3 Baden-Württemberg/Dublin W, 22

Hi eagle,

danke für deine schnelle -und intelligente zwinkernd..

- Antwort. grinsend

Ja, ich denke schon, dass meine Erwartungen an mich selbst oft höher sind, als eigentlich gut wäre. Ich hab einfach immer das Gefühl, zu den besten gehören zu sollen (nach Meinung meiner Umwelt und meiner eigenen). Ich finde, es ist nicht an sich schlecht ergeizig zu sein, man sollts halt nich übertreiben. Das Ding daran ist, dass ich nicht jemand bin, dem die guten Noten nur so zufliegen, sondern ich muss wirklich was dafür tun. Auch das ist an sich nicht schlimm, nur übertreibe ich es wahrscheinlich häufig. Da meine Noten hier in Irland nicht wichtig sind für meine Uni zu Hause, werd ich aber mal ausprobieren, ob ich nicht auch mit weniger Stress und Druck zu den gleichen Ergebnissen komm.
Was mir zu denken gibt, ist auch der Unterschied, wie mich andere wahrnehmen und wie ich mich selbst. Ich wirke auf andere glaube ich meistens recht selbsbewusst, souverän und stark. Also genauso, wie ich gerne wär. Bin ich vielleicht schon so und muss jetzt nur noch anfangen, das auch zu sehen? verwirrt

Gewagte Behauptung... Laughing

Ich hab gestern aufgeschrieben, was ich alles will. Also so Sachen wie, mich selbst mögen, nicht dauernd drüber nachdenken, was jemand über mich denkt, etwas finden, dass mir wirklich Spaß macht, usw. Irgendwie war das gut. grinsend

Ich glaube, ich hab mich heute kaum beleidigt. Und wenn doch, hab ichs mit undercovers Vorschlag gehalten und mir gesagt Shut up!

Eagle, wo bist du denn gerade und was studierst du? Ich muss sagen, dass ich mich nur sehr halbherzig auf diesen Austauschplatz beworben hab, aber im Moment bereu ichs keine bisschen. grinsend

Liebe Grüße,
Kalli

Forums-InsiderIn 175 münchen W, 30

hello again

ob dir das hilft oder nicht, weiß ich nicht - meinen vorschlag meine ich.... aber du hast ja jetzt schon einen guten start gemacht, und ich sage dir, nur weiter so!! gut

was wirklich wichtig ist bei dem wie ich es geschafft habe damit aufzuhören mich selbst zu zerstören, ist disziplin!!

als chaotin hab ich s auch nicht so mit dsiziplin, aber in diesem fall ist es unumgänglich!
immer wieder diese gedanken die dich fressen wollen so schnell wie möglich vorbeiziehen lassen und durch gute gedanken ersetzen.
so ein gedanke (also musterunterbrechung) könnte lauten, "heute ist ein wunderschöner tag, ich bedanke mich daß ich heute gesund bin, daß ich gehen und sprechen usw kann" usw.... oder "die sonne ist so schön und wärmt mich" oder " ein heißer kakao würde mir jetzt gut tun" usw usf...............................................................

also wirklich rasch das negative gedankenmuster unterbrechen durch andere gute oder neutrale gedanken. sich auf anderes konzentrieren und diesen zerstörerischen gedanken förmlich die macht entziehen!

mit konsequenter disziplin!!

und nach ein paar wochen wird das dann immer weniger und weniger.....

den kern, den selbstwert, sollte man dennoch über aufarbeitung veruschen aufzubauen und zu stabilisieren. das sollte parallel laufen, zb mit einer therapie.

ich denke, so könntest du aus dieser spirale wieder rauskommen! Very Happy

versuch es!

lg u

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