Ich empfinde meine Mutter als Last

neu an Bord! 1 Wien W, 34

Hallo,

ich hoffe es kann mir hier jemand einen Rat geben, denn ich hab in letzter Zeit immer öfter das Gefühl, mein Kopf würde platzen vor Schmerzen, wenn ich mit meiner Mutter zu tun habe.

Als kurze Erklärung: Ich bin die jüngste von 4 Geschwistern, meine beiden Schwestern leben in Tirol, mein Bruder in Wien wie ich und auch meine Mutter. Mutter ist 73 Jahre alt, geistig und körperlich leider nicht mehr sehr fit. Sie hütet von Montag bis Donnertag meinen Hund, da ich Vollzeit arbeite und den Hund nicht den ganzen Tag alleine lassen möchte. Dafür bin ich ihr auch wirklich dankbar.

Meine Mutter war immer schon eine sehr anklagende Person, sie vergisst keinen Fehltritt anderer Leute und kann nach 20 Jahren noch in den schillernsten Farben davon erzählen. Nur selten hört man von ihr etwas Positives.

Letzten Sonntag habe ich Sie mit meinem Freund zum Essen in ein gutes Lokal eingeladen. Es war ein besseres Wirtshaus, das sehr bekannt und beliebt ist. Als der Kellner ihre Bestellung aufnehmen wollte, sagte sie in anklagendem Ton zu ihm, daß sie gerne Schweinsbraten gehabt hätte, aber das gäbe es hier ja nicht, obwohl jedes richtige Wirtshaus das haben müsste. Ich schämte mich wieder mal für ihr Verhalten, verhielt mich aber ruhig und nett, da das Essen anläßliches ihres Geburtstages war und ich ihr einfach nur eine Freude machen wollte.
Sie hört sehr schlecht, hatte ihr HÖrgerät natürlich nicht dabei, so daß man wirklich laut schreien mußte um sich mit ihr zu Unterhalten. Auch sehr unangenehm in einem vollen Lokal, aber was solls. Ich habe den Tag hinter mich gebracht, wurde abends von heftigen Kopfschmerzen belohnt.

Heute rief sie mich im Büro an um mit mitzuteilen, daß der Ex-Hausmeister im Alter von 70 Jahren gestorben sei. Das berührte mich kaum, da ich zu dem Mann nie eine Beziehung hatte. Das sagte ich ihr. Daraufhin meinte sie, daß er mich gut kannte, weil er mich einmal erwischte, wie ich ein schmutziges Taschentuch im Lift wegwarf.
Ich kann mich an nichts derartiges erinnern und fragte sie, wann das gewesen sein soll. Sie sagte darauf, daß ich da ca. 12 oder 13 Jahre alt war. In dem MOment riss mir der Geduldsfaden und ich brüllte ins Telefon, daß ich mir sowas mit 34 nicht mehr anhören müsse und habe aufgelegt.

Jetzt habe ich natürlich ein schlechtes Gewissen und möchte mich bei ihr entschuldigen, was ich morgen auch tun werde.
Aber wenn ich über die Beziehung zu meiner Mutter nachdenke wird mir immer mehr klar, daß ich eigentlich kaum Zuneigung sondern vielmehr Mitleid mit ihr empfinde.

Ich danke euch schon jetzt, daß ihr diese lange Geschichte gelesen habt und bin froh, sie mir von der Seele geschrieben zu haben.

Eure Meinung dazu würde mich wirklich interessieren.

Liebe Grüße,
Dolly

Helferlein 93 Graz W, 23

Hm, klingt sehr schwierig. Manche Leute sind halt so... is schwer zu akzeptieren, aber noch schwerer zu ändern. Zumindest ist sie geistig ja anscheinend doch noch ganz gut drauf Very Happy

Überleg einmal wie du dich fühlen würdest, wenn du die Mitteilung bekommst, dass sie verstorben ist...
Ältere Menschen sind oft sehr eigen. Man könnte sie manchmal auf den Mond schiessen, aber doch sind sie ja mehr als liebenswert oder?

[nicht mehr wegzudenken] 1071 Bayern W, 32

Oh man! Das kenn ich auch!!! Ich habe mit 9/10 Jahren meinen ELtern Geld geklaut (der psychologe sagt ich wollte auf mich aufmerksam machen). Und meine Mutter hat mich noch bis Ende 20 wie einen Schwerverbrecher behandelt!!!Und hat es auch immer wieder geschafft daß ich mich total mies fühle und ein schlechtes Gewissen habe. Das war ihre Trumpfkarte für alles. "Damals, als Du gestohlen hast, da habe ICH zu Dir gehalten!!" SO als sei es eine unglaubliche Tat zu so einer Tochter zu halten und sie nicht gleich zu verstossen oder ins Heim zu stecken. Als Kind hatte sie mich damit voll in der Hand und hat es immer und immer wieder aufgewärmt. Mir ist erst mit 29 in der Therapie aufgegangen, daß in dem Alter kein schlimmes Verbrechen begangen habe. Ich habe vorher immer mit einem "dunklen Geheimnis" in der Seele gelebt und mit dem Gefühl ich sei böse und meine Eltern unheimlich gnädig weil sie mich nicht aus dem Haus geworfen haben mit 9.
Bis dahin hatte ich eigentlich eine Kindheit die ok war und ab dem hat sich alles geändert und ich habe meine meisten Minderwertigkeitskoplexe und Ticks bekommen.

So macht sie es aber auch mit kleinen Sachen. Das mit dem Taschentuch und dem Hausmeister hätte auch von ihr sein können.
Meine Mutter redet auch immer von Leuten die ich überhaupt nicht kenne und die meine Mutter manchmal auch nicht persönlich kennt, die interessieren sie mehr als die eigenen Kinder.

Leider muß ich feststellen daß dieses "Nicht verzeihen können" auf mich auch ein bisschen zutrifft. Mit manchen Leuten aus der Schulzeit würd ich heute immer noch nicht reden wollen.

[nicht mehr wegzudenken] 1075 wien W, 24

jaja - mamas...ich denk so sind sie alle- meine mama macht mir immer noch vorwürfe und versucht mir zu sagen wie ich mein leben zu führen habe. es war natürlich nicht ok das du sie angebrüllt hast. klar. eine entschuldigung wär da angebrahct- aber weiss sie denn das dir ihr verhaltn oft unangenehm bzw peinlich ist- hast du ihr das schon mal gesagt (gaaaaaaanz ruhig aber).? war sie schon immer so ein mensch oder denkst du das es auch ein wenig das lter sein könnte...? deine mama war wahrsch. immer ein selbstständiger mensch der sich immer durchboxen musste (wo ist denn dein papa?)...daher fällts ihr nicht leicht irgendwas wem andren zu überlassn...mag sein das sie angst davor hat bald nichts mehr allein zu können und deswegen so merkwürdig ist

Forums-Gruftie 556 Duitsland W, 32

vielleicht wäre es für dein verhältnis zu ihr besser, wenn ihr etwas weniger kontakt hättet. musst du sie denn jeden tag sehen, um ihr den hund zu übergeben. habt ihr sonst zwischendurch auch noch kontakt (du hast geschrieben, dass sie dich im büro anrief).
wenn ihr etwas weniger kontakt hättet und dein bruder in wien, vielleicht auch deine schwestern sich mehr kümmern würden, könnte es deine negativen gefühle etwas entlasten.
oder möchte sie vielleicht sogar weniger kontakt haben?

Helferlein 84 Wien W, 21

Meine Großmutter ist genauso, ich hab das Problem so gelöst indem ich sie öfters daran erinnerte, was mich stört bzw. was ich nicht mochte. Es dauert lang und man braucht geduld, bis es bei einem tatsächlich "klick" macht.

Helferlein 73 nahe zu belanglos M, 39

hallo dolly! Very Happy

jaja - die mütter. da muss ich einfach die anarchistin zitieren. ich habe auch so ein besonderes exemplar, die ausserordentlich ichbezogen ist. wenns mir mal ganz schlecht ging, war es immer so, dass ihr nicht wichtig war, warum es mir schlecht ging und was man dagegen machen kann, sondern nur darum, dass sie sich dann auch noch darum sorgen machen muss.

vor 1-2 monaten hätte ich dir geraten, mit deiner mutter darüber zu sprechen, ihr deine meinung zu sagen. jetzt denke ich ein bissl anders. meine mutter ist 69 und ich habe es einfach aufgegeben, von ihr gehör zu erhalten. das geht einfach nicht mehr. j.p. sartre hat einmal geschrieben, dass alte menschen ein wenig wie automaten sind, man wirft eine münze hinein und es kommt das heraus, was man sich erwartet: eine lawine von eigenen geschichten und ichbezogenen botschaften. ich will das jetzt nicht verallgemeinern, aber vielfach ist es schon so. deine mutter ist scheinbar eine "gewordene" pessimistin und sie wird diese einstellung nicht mehr ändern (können). also bist du es, die ihre einstellung ändern kann. einerseits durch weniger kontakt oder was ich "leider" gemacht habe durch abbruch des kontakts. das hat meine mutter sehr verletzt, aber mich hat es sehr erleichtert. so muss ich keine anrufe mehr fürchten, bei denen ich nur mehr sachen an den kopf geworfen bekomme.

lg
atomo

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