Trauma Therapie nach Peter Levine

sporadischer Gast 19 Deutschland W, 43

Hallo zusammen,

habe leider nicht die Zeit mich durch zu googeln, kann mir vielleicht jemand erklären wie genau die Trauma Therapie nach Peter Levine (Somatic Experiencing) abläuft?

Was ich bereits weiss ist, dass

"bei SE das traumatische Ereignis körperlich und geistig „neuverhandelt“ wird. Dabei ist nicht das Ereignis selbst entscheidend, sondern die Reaktionsweise des Nervensystems, d.h. wie die physiologischen Regulationskräfte des Nervensystems mit der Bedrohung fertig geworden sind. Mit SE ist es möglich, ohne Inhalt oder Erinnerung zu arbeiten, wenn das Ereignis emotional zu belastend erscheint. Eine mögliche Re-Traumatisierung bei der Aufarbeitung wird vermieden, indem die „eingefrorene“ Energie in kleinen Dosen „aufgetaut“ wird und schrittweise zur Entladung kommt. Durch das Aufspüren und Wiederbeleben dieser biologischen, körperlichen Abwehrkräfte, entsteht aus dem traumabedingten Gefühl von Lähmung und Erstarrung ein Gefühl von Lebendigkeit und eine Eröffnung von neuen Möglichkeiten und Lebensfreude. Die tief verankerten Nachwirkungen von Trauma können sich schonend auflösen".

Das klingt ja alles ganz phantastisch - aber wie genau geht denn der/die Therapeut/in vor?

Forums-InsiderIn 176 Hessen W, 48

Hallo Somnabuli,

die Therapieform ist mir nicht bekannt aber da ich gerade Traumabewältigung per EMDR mache frage ich mich, wie es möglich sein soll "ohne Inhalt oder Erinnerung zu arbeiten"?

Das schwierige bei der Traumabearbeitung sind doch die bereits bestehenden Bilder und Gefühle. Natürlich muss in der Behandlung vorsichtig vorgegangen werden aber die Methode finde ich nach deiner Kurzbeschreibung etwas seltsam... .

Gruß

Zwiebel

sporadischer Gast 19 Deutschland W, 43

Hallo Zwiebel,

genau diese Frage habe ich mir auch gestellt, denn wie soll das funktionieren, dass man die tief verankerten Nachwirkungen von Trauma auflöst, ohne sich auch thematisch anzunähern.

Aber darf ich dir eine Frage zu EMDR stellen? Ich kann mir vorstellen, dass durch EMDR-Stizungen eine erinnerbare belastende Situation zu einer nicht mehr belastenden Situation wird - wie aber funktioniert es, dass durch EMDR Dinge erinnert werden, die einem momentan noch nicht im Bewußtsein sind?

Ich möchte dir aber nicht zu nahe treten, antworte nur, wenn du magst,

Grüße

Somnambule

Forums-InsiderIn 176 Hessen W, 48

Somnambule wrote:

Ich kann mir vorstellen, dass durch EMDR-Stizungen eine erinnerbare belastende Situation zu einer nicht mehr belastenden Situation wird - wie aber funktioniert es, dass durch EMDR Dinge erinnert werden, die einem momentan noch nicht im Bewußtsein sind?

Dazu muss ich ein wenig über EMDR und wie es dazu kam Erzählen. Ich bin mit Erinnerungen konfrontiert worden. Erinnerungen mit Bildern und damaligen Gefühlen. Übrigens erst vor kurzem 40 Jahre NACH dem Trauma. Ich hatte es all die Jahre komplett vergessen. Dann kamen nach und nach Erinnerungen. Erst seltsame Verhaltensweisen, meiden von Situationen z.B. . Dann erste Bilder und Gefühle. Die ließen sich auch kurzfristig wieder "verstecken" kamen aber immer wieder. EMDR: es wird ein besonders belastendes Einzelbild betrachtet. Die Gefühle, ev. neue Bilder die dabei entstehen werden wiederum erst angesprochen und dann mit den Augenbewegungen bearbeitet. Man stellt sich dann nur dieses Gefühl vor. Auch dabei kommen manchmal neue hinzu. Aus welcher Ecke des Gehirns weiß ich nicht, es geht von ganz allein... . Auch in den Tagen nach der Sitzung (habe bisher eine und die hat 120 Minuten gedauert Confused

) kommen Bilder und vor allem Gefühle. Manchmal mit kleinen neuen Erinnerungsstücken die das Puzzle vervollständigen oder es tauchen Verknüpfungen damit auf. Das muss aber nicht sein. Es geht ja darum, aus der unnötig heftigen Reaktion ein normales Erinnern der Situation werden zu lassen. Abgelegt unter "es war schlimm, es ist vorbei". Es ist nicht notwendig dafür das Ganze zu erkennen. Wenn die Erinnerungen sich erweitern ok aber wenn nicht - auch gut. Es wird so lange daran gearbeitet bis alles, die alten und die neuen Erinnerungen/ Gefühle, auf ein erträgliches Niveau gekommen sind. Daher ist die Stundenzahl individuell zwischen einer und X . Ich habe heute die nächste Doppelstunde.

Entscheidend ist das eigene Schuldgefühl los zu werden, die Angst, Hilflosigkeit etc. . Schon seltsam, wie sehr längst vergangenes mich belastet. Wie viel sich rückblickend erklären lässt. Ganz ohne die "Geschichte" lückenlos zu kennen. Ob ich sie nach Abschluss der EMDR Behandlung kenne weiß ich auch noch nicht. Innerhalb des bisher betrachteten Abschnitts habe ich jetzt einige neue Erinnerungen. Die einiges Erklären und damit gut sind. WARUM das bei EMDR funktioniert kann ich dir auch nicht sagen. Es funktioniert.

Gruß

Zwiebel

Forums-InsiderIn 176 Hessen W, 48

Habe mich jetzt mit der Therapie nach P. Levine beschäftigt. Hier eine gute Erklärung der Therapie aus dem ich ein paar Passagen Zitiere und meine Meinung dazu:
http://de.wikipedia.org/wiki/Somatic_Experiencing

Zitat: Ebenfalls zentral ist die genaue Dosierung der Belastung während des therapeutischen Prozesses. Einerseits ist es notwendig, Aspekte des Traumas zu berühren, um die gebundene Energie zu lösen, andererseits bedeutet zuviel Energie eine Wiederholung der Überforderung, die im Trauma liegt, also eine Retraumatisierung. Der Klient wird in der Wahrnehmung und Steuerung der Intensität geschult, so dass Klient und Begleiter gemeinsam daran arbeiten im Bereich zumutbarer Belastung zu bleiben. - Genau das ist entscheidend in jeder Traumatherapie. Eine Retraumatisierung muss vermieden werden.

Zitat: Diese (Anm.: Erinnerungen) tauchen im therapeutischen Prozess von allein auf z.B. durch Stimmungen, Gefühle, Körperzustände, Reaktionen des Nervensystems und Ansätze von Bewegungen bzw. Haltungsänderungen. Diese werden vom Therapeuten aufgegriffen, in das Bewusstsein gebracht und ggf. mit Hilfe der Ressourcen einzeln durchgearbeitet und somit aufgelöst.

Und: Traumatische Ereignisse (Anm.: gemeint sind Ereignisse zu denen auch z.b. Geburt gehört so dass jeder mehrfach traumatisiert sein soll) bilden im Unterbewusstsein der Menschen Traumasysteme, deren Zusammenhang über Ähnlichkeit von Aspekten der traumatischen Erfahrungen hergestellt wird. Beim Somatic Experiencing macht man sich diese Verbindungen zunutze. Indem am Prozess gearbeitet wird, und nicht am Ereignis, können durch Lösung von Traumareaktionen unterschiedliche, aber unbewusst zusammenhängende Ereignisse gleichzeitig bearbeitet werden. Zusammenhängende Prozesse erkennen (Verknüpfungen) und bearbeiten gehört immer dazu. Nicht am Ereignis arbeiten empfinde ich als unzureichende Verarbeitung.

Im Grunde ist es in weiten Teilen eine Traumatherapie wie sie auch mit anderen Methoden durchgeführt wird. Unterschiedlich zu EMDR ist die stärkere körperliche Einbeziehung bei Somatic Experiencing und die bei EMDR beabsichtige Verbindung des Traumainhaltes in beiden Gehirnhälften. Zu EMDR hier näheres: http://de.wikipedia.org/wiki/EMDR

So weit meine laienhafte Interpretation und kleiner Vergleich der Methoden. grinsend

Gruß

Zwiebel

sporadischer Gast 19 Deutschland W, 43

Hallo Zwiebel,

danke für die Infos!

Grüße Somnambule

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