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philoktet
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Post Sun, 16.Sep.07, 0:24      Gewalt? oder hysterischer Vater? Reply with quoteBack to top

Hallo Forum

ich habe mich angemeldet, da mich eine Frage beschäftigt in der es um die Haltung zu, den Umgang mit und die Verarbeitung eines Gewalterlebnisses in meiner Familie geht.

Meine Tochter (12) wurde zu Beginn der Sommerferien von einem 10 jährigen mit Schlägen gegen den Körper, heftigen Schlägen mit der flachen Hand ins Gesicht und Fußtritten schwerst attackiert.

Ich war indirekter Zeuge (mir war die Sicht verstellt) sah sie nur flüchten, mein Sohn (9) jedoch sah mit eigenen Augen die unglaubliche Wucht der Schläge und ich ließ mir von ihm an mir demonstrieren was er beobachtet hatte. Auch andere umstehende Kinder sahen was passiert war.

Der Schläger war ausgezuckt, so erfuhr ich von den anderen Kindern, die dabei waren nachdem ihm meine Tochter genervt von seinen Hänseleien versucht hatte sein Kapperl vom Kopf zu stupsen.

Ich sagte zu dem Jungen, dass er selbst Schwestern habe, somit wissen müsse, dass man mit Mädchen anders umzugehen habe und dass Schläge ins Gesicht etwas ist, das überhaupt nicht getan werden dürfe.

Unmittelbar darauf wurde ich von seiner Mutter, die sich wohl in der Nähe aufhielt, mit wüstesten Kraftausdrücken beschimpft.

Meine Tochter mittlerweise im Haus, hatte ein hochrotes Gesicht, die Fingerabdrücke zeichneten sich noch ab und war nur mehr weinend.

Wir alle waren wie gelähmt und kümmerten uns um unsere Tochter, die am Tag darauf an Mumps erkrankte und für ca. 10 Tage das Haus hütete.

Wir unternahmen nichts.

3 Wochen später schlug derselbe Junge, meinen 8 jährigen Sohn in ähnlich brutaler Weise.

Da ein Gespräch mit der Familie des Jungen unmöglich schien, schreiende Mutter s.o. und mir eine befreundete Nachbarin zugetragen hatte diese Mutter würde in der ganzen Siedlung über unsere Familie herziehen, beschloß ich mich an die zuständige Behörde zu wenden und führte eine Telefongespräch mit einer Sozialarbeiterin.

Diese fragte mich ob ich zu einem Gespräch mit dieser Familie bereit sei, was ich bejahte und betonte mir ginge es um das Wohl meiner Kinder, darum dass wieder Ruhe einkehrt, dass sich die Wogen wieder glätten in der gegen uns aufgehetzten Nachbarschaft und nicht um Rache. Mein Anruf soll bitte nicht als Vernaderung aufgefasst werden sonder entspringe in erster Linie der Sorge, dass in unserer Nachbarschaft ein derartig gewaltbereites Kind wohnt. Dass es ausgerechnet meine Familie trifft sei nicht der Hauptgrund meines Anrufes wohl aber Ursache.

Die Sozialarbeiterin führte ein Gespräch mit der betreffenden Familie und ich erhielt ein Schreiben mit ca. fünf Zeilen in dem stand:
Quote:
„betreffend angebliche Gewaltanwendung“ „dürfte es sich um sog. „Rankeleien“, wie sie unter Kindern vorkommen, gehandelt haben“.

So nun steht er da der arme Tor und ist so klug als wie zuvor.

Nun frage ich mich als Vater, der seinen drei Kindern noch nie körperliche Züchtigung als Erziehungsmittel spüren ließ und gewaltfreie Erziehung lebt, aber wirklich nicht zimperlich ist und selbst auch kein überbehütetes Kind war.

Habe ich also meine Bitte um Hilfe vorschnell, unüberlegt, mit zu geringem fachmännischen Wissen, laienhaft sozusagen formuliert.

Ich denke es nach wie vor nicht. Bin ich jetzt ein uneinsichtiger Querulant, der eine Meinung, eine fachliche fundierte einer ausgebildeten und diplomierten Sozialarbeiterin anzweifelt?

Meine Möglichkeiten mit der Familie des Aggressors in Kontakt zu treten, diesen Wunsch, den ich äußerte gegenüber der Sozialarbeiterin, sehe ich nicht ansatzweise umgesetzt.

Nur was kann ich jetzt noch tun? Warten? Warten auf Zeitungsberichte in denen steht "zwei junge Männer schlugen eine jungen Mann zum Krüppel" und sich denken so einer wohnt in meiner Nachbarschaft, ich habs wenigstens gesagt und nicht geschwiegen.

Wenn also jemand dazu etwas sagen kann, Ratschläge geben möchte was ich noch tun kann oder besser nicht mehr tue oder helfen möchte zu reflektieren

Liebe Grüße

philoktet
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ungewiss
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Post Sun, 16.Sep.07, 8:16      Re: Gewalt? oder hysterischer Vater? Reply with quoteBack to top

hallo Philoktet

Ich selbst habe einige Erfahrungen darin gesammelt, wie´s ist wenn man um hilfe bittet, und alles wird heruntergespielt. Ich war gezwungen zu resignieren, aber ich habe mir das bis heute nicht verziehen. Unter anderem findest du eine Geschichte mit Phsychischer Gewaltanwendung bei der ich machtlos war in dem thread "das schlimmste was du je gemacht hast" (Seite 1 ) helfen wirds dir leider nicht, aber dann siehst du dass auch anderen nicht geholfen wird, die um Hilfe bitten.

Im letzten Jahr kamen meine Zwillinge in die erste Klasse. Alle freuten sich, auch die Kinder. Sie waren und sind Fußgänger. Alles war in bester Ordnung. Kleine und größere Rangeleinen standen zwar an der Tagesordnung, aber wie das halt so ist. Aber nicht mit solchen Schlägen und Tritten, wie deine Kinder das leider miterlebten. Ich kann dir von einer Reaktion einer Mutter erzählen, die ich angerufen hatte.

Meine Zw.Söhne haben hier in der Straße seit 3 Jahren einen besten Freund. Dieser kam wie fast jeden Tag zu uns, nur war er an diesem Tag ganz unruhig und aufgeregt. Er erzählte mir ganz wirr, das ein Mädchen ohne erlichtlichen Grund einer meiner Jungs auf eine stark befahrene Straße gestoßen hat. Der Freund erzählte ganz aufgeregt, dass er ihn gerade noch von der Straße ziehen konnte. Weil ein Auto kam, und mein Sohn mit der schweren Schultasche nicht gleich wieder aufstehen konnte.

Ich fragte gleich wie es ihm geht. Er hätte es mir nicht einmal erzählt. Weil dieses Mädchen bekannt für ihre Reaktionen war. Ich war so schockiert, dass ich ihre Mutter (die ich übrigens kenne) anrief. Diese wiederum sagte sie würde es ihr sagen und dass sie eine Strafe dafür bekommt.(die Strafe war dass sie einen anderen Weg für eine Woche nach Hause laufen muss).Ich hatte mich dann beruhigt, war aber innerlich immer noch verängstigt.

Am nächsten Tag lief ich meinen Jungs entgegen. Dieses Mädchen ist natürlich nicht einen anderen Weg nach Hause gegangen. Ich sprach sie darauf an, warum sie meinen Sohn auf die Straße geschupst hat.(ich kenne auch dieses Mädchen). Sie erwiederte, die anderen Kinder haben mich geärgert, da war dann halt grad er da und ich habe ihn gestossen. Aber ich wollte nicht, dass er auf der Straße landet. Nun gut, sie entschuldigte sich bei meinem Sohn, und sagte, dass sie das nicht mehr macht.

Als ich zu Hause war, klingelte schon das Telefon. Wenns möglich gewesen wäre, wär sie rausgesprungen...aus dem Hörer. Sie machte mich komplett zur Sau. Was ich mir überhaupt einblide mit ihrem Kind (das ich kenne) zu sprechen. (ich habe weder geschrieben noch sonst was..sie nur gefragt, warum sie das getan hat). Das Kind hatte keinerlei Strafe bekommen, das sie zu einer Einsicht käme. Ihre Mutter sagte zu mir in einem schorfen Ton, dass alle größeren Kinder sie ärgern, und sie es an den kleineren auslässt. Das war in ihren Augen Grund genug, dem armen Mädchen keine Gewissenssbisse zu vermitteln.(sprich Folgen wenn das Auto ihn überfahren hätte)Mein Sohn hatte für Wochen Angst auf dem Schulweg. Er sah ja wie das Auto auf ihn zukam.

Ich kann dir leider keinen Rat geben, außer redet sehr viel mit euren Kindern.

Und ich danke dir für deinen Beitrag, denn jetzt ist mir noch eine alte Geschichte wieder ins Bewusstsein getreten. Mein ältester wurde wirklich geschlagen..auf seinem Schulweg. Erst seit dem letzten Sommer muss er diese Kinder nicht mehr sehen. Sie saßen all die Jahre in seiner Klasse. Schrecklich ist das.. Wenn selbst Kinder schon gewalttätig sind, und die Eltern es als rangelei abtun.


liebe Grüße ungewiss

Und nein, du bist kein hysterischer Vater. Gewalt darf man nicht verharmlosen.
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Post Sun, 16.Sep.07, 13:23      Re: Gewalt? oder hysterischer Vater? Reply with quoteBack to top

Hallo philoktet,

noch in der Nacht hatte ich deinen Beitrag gelesen, aber mir fiel bis eben nichts ein, was evtl. zu einer Lösung führen könnte. Nun sieht's besser aus.

Aber erst kurz zu deinen Fragen:

philoktet wrote:
Habe ich also meine Bitte um Hilfe vorschnell, unüberlegt, mit zu geringem fachmännischen Wissen, laienhaft sozusagen formuliert.

So wie du's hier beschrieben hast, wird m.E. gar nicht deutlich, was dein eigentliches Ziel war. Du wolltest lt. eigener Aussage ein Gespräch und dass sich die Wogen glätten, Ruhe einkehrt. Aber das war doch nicht dein Hauptanliegen...?!

Quote:
Bin ich jetzt ein uneinsichtiger Querulant, der eine Meinung, eine fachliche fundierte einer ausgebildeten und diplomierten Sozialarbeiterin anzweifelt?

Wieso "anzweifelt"? Du weißt es doch besser. Die Sozialarbeiterin war nicht dabei und hat sich offenbar auf die Aussagen der Mutter des Jungen gestützt.

Quote:
Nur was kann ich jetzt noch tun?

Ich sehe derzeit zwei, drei Möglichkeiten, die einander nicht ausschließen, sondern auch parallel in Angriff genommen werden können:

1. Mach dir mal bewusst, dass es sich um einen 10-Jährigen handelt - mit einer offenbar nicht konfliktfähigen/-willigen Mutter, die lautstark rumbrüllt. Was mag das für das Kind bedeuten? Welche Strategien zur Konfliktlösung mag der Bursche erlernt haben? Kinder lernen am Modell...

Quote:
Ich sagte zu dem Jungen, dass er selbst Schwestern habe, somit wissen müsse, dass man mit Mädchen anders umzugehen habe und dass Schläge ins Gesicht etwas ist, das überhaupt nicht getan werden dürfe.

Vielleicht hat er das anders erlebt und somit gelernt. Gewaltsame Auseinandersetzungen, auch so massiv wie deine Tochter sie mit ihm erlebt hat, könnten bei ihm daheim an der Tagesordnung sein. Kinder werden nicht gewaltbereit geboren.

Hier könntest du evtl. ansetzen. Such mit dem Jungen das Gespräch. Nur ihr zwei. Vielleicht kann er sich darauf einlassen. Ich selber würde ihn wohl quasi "überfallen", ihm einfach ein Glas Cola in die Hand drücken oder so und fragen, was da los war, dass er so wütend war/wurde. Nimm ihn ernst, klage ihn nicht an. Du suchst ja schließlich nach einer Lösung, hm?
Zeige auch Anteilnahme, wenn sie angebracht ist, unternimm den Versuch, ihn zu verstehen. - Mach aber auch Grenzen deutlich, z.B.: "Hey, ich kann verstehen, dass du da wütend warst. Wut ist in Ordnung. Aber sie so an anderen abzureagieren, das geht nicht." Lade ihn lieber ein, mit dir zu sprechen, wenn es bei ihm brennt oder mit dir zusammen eine Runde zu boxen o.ä. Frag in auch, was er denkt, was ihm in solchen Momenten helfen könnte.

2. Schau dir genauer an, wie deine Kinder mit Konflikten umgehen.

Quote:
Der Schläger war ausgezuckt, so erfuhr ich von den anderen Kindern, die dabei waren nachdem ihm meine Tochter genervt von seinen Hänseleien versucht hatte sein Kapperl vom Kopf zu stupsen.

War sie genervt oder verärgert? Wink Auch ihr Ärger ist in Ordnung; nur wenn ich einen knurrenden Hund anpacke, muss ich damit rechnen, gebissen zu werden.
Erarbeite mit deinen Kindern Strategien, wie sie mit Hänseleien umgehen könnten, die weniger auf Eskalation ausgelegt sind. Lass sie lernen, ihre Gefühle und Grenzen zu formulieren: "Mich verletzen deine Hänseleien. Lass das bitte!" Und denk dran: Kinder lernen am Modell. Insofern wäre das ggf. auch eine Anregung für euren familialen Alltag. Lasst eure Kinder erleben, dass Gefühle und Grenzen ernst genommen werden. Das stärkt sie - und erlaubt es ihnen u.U. auch, Hänseleien nicht so ernst zu nehmen, dass sie das Gefühl haben, sich wehren zu müssen. Innere Stärke hat es an sich, dass sie nicht wehrhaft nach außen hin deutlich gemacht werden muss.
Ähm, und schau mal, wie du mit Hänseleien/Lästereien umgehst Wink


3. Nimm ggf. noch einmal Kontakt zu dieser Sozialarbeiterin auf, definiere noch einmal genau(er) deine Ziele und frag sie, welche Wege sie zur Zielerreichung sieht. Teile ihr auch mit, dass du frustriert bist, wie die Angelegenheit behandelt wurde.


Was meinst du dazu?

Viele Grüße,
Toughy


PS: Wenn deine Kinder nun unsicher sind und Angst haben, kannst du sie vielleicht dazu ermuntern, einen Selbstverteidigungskurs zu machen. Auch das stärkt sie, gibt ihnen die Sicherheit, sich zur Not wehren zu können. Das hebt das Selbstbewusstsein und lässt sie über Hänseleien leichter hinwegsehen.

_________________
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.
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