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Niniwech
sporadischer Gast
21
Baden-Württemberg W, 20
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Thu, 05.Jul.07, 15:31 Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Eltern) |
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Huhu,
Ich wurde als Kind und bis ich ca 13/14 war (weiß nicht mehr genau) von einem meiner großen Brüder sexuell mißbraucht. Miteinander geschlafen haben wir nicht, aber ziemlich viel anderes (berühren, Finger reinschieben, sich lecken.. etc).
Nun ist mir das erst vor kurzem in der Therapie klar geworden, dass das so war. Zwar hatte ich das nicht vergessen, aber immer als Doktorspielchen abgespeichert, und weil ich ja doch wusste dass "man so was nicht tut mit dem Bruder" nie darüber geredet und auch gescheut darüber nachzudenken.
Nun ja, das hat sich jetzt geändert und das Wissen tut mir schon ganz gut.
(zum Bsp dass ich Gründe kenne, warum ich mich Männern immer so abweisend verhalten habe wenns langsam darum ging körperlich sich näher zu kommen.)
Aber ich stelle mir auch manche Fragen, und zwar würde ich gerne seine Sicht kennen lernen.
Ich frage mich echt, was ihn mit, 14?15? oder wann er
damit begonnen hat und dann bis ins junge Erwachsenenalter bewogen hat so was zu tun. Dass ich unschuldig bin weiß ich schon, das ist mir klar, mir gehts mehr darum zu verstehen, was in ihn vorging.
Nun haben wir aber nicht wirklich Kontakt und stehen und auch gar nicht nahe und haben natürlich seit meinem ersten sehr deutlichen "nein" und sein sofortiges Aufhören auch nie mehr darüber geredet.
Ich frage mich, gibt es hier Leute, die das Gespräch darüber mit demjeniger (oder derjenigen, soll ja auch Frauen geben) gesucht haben? Und wars richtig das zu tun, was ist bei rumgekommen?
Das andere, was ich mich frage, ist ob ich mit meinen Eltern und meinem anderen Bruder darüber reden soll.
Wäre alles ach deswegen nicht leicht: Zu meinem Bruder hab ich kaum Kontakt außer wir sind zufällig zur gleichen Zeit bei meinen Eltern. Meinen Vater mag ich am meisten, aber wir haben keine sehr enge Bindung weil er früher fast nie zu Hause war. Und die Beziehung zu meiner Mutter ist ziemlich schlecht.
Aber es interessiert mich zum Beispiel, ob mein anderer Bruder was mitbekommen hat (er ist der einzige, der das vielleicht unter Umständen konnte). Und vielleicht was er darüber denkt.
Und irgendwie denke ich, dass meine Eltern das wissen sollten.
Andererseits hab ich natürlich Sorgen, wie sie darauf reagieren zumal wir kein gutes Verhältnis haben. Und frage mich auch ob es das richtige ist, das ihnen zu erzählen, jetzt da all ihre Kinder erwachsen und aus dem Haus sind.
Ich bin mir auch nicht klar, was ich mir denn erhoffen (außer, dass das "böse Geheimnis" weg ist)
Auch da die Frage, ob wer mit Erfahrungen gemacht hat und was daraus geworden ist?
Die Meinungen derer, die da keine Erfahrungen mit gemacht haben, interessieren mich auch
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fragezeichen123
Helferlein
120
Wien W, 19
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Thu, 05.Jul.07, 16:57 Re: Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Elt |
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Hallo Niniwech!
Ich würds an deiner Stelle nicht erwähnen, da man nicht weiss wie jeder reagiert. Das kann ziemlich unangenehm werden. Ich sehe auch keinen Sinn hinter dem Ganzen. Was würde es denn für dich ändern?
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Afrika
sporadischer Gast
14
Sachsen W, 50
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Fri, 06.Jul.07, 11:02 Re: Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Elt |
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Ihr sucht in dieser Frage einen Sinn?
Die Folgen eines solche "Verstoßes" kommen immer erst später. Und es ist "Tradition", dass dieses Thema in der eigenen Familie ein Tabu-Thema ist - aber nicht sein darf. Frag nicht nach dem Sinn. Rede mit dem betroffenen Bruder (unter 4 Augen), erzähle ihm deine Eindrücke und sieh, wie er es sieht. Schildere, wenn das Gespräch ruhig verläuft, deine Gefühle heute.
Ich weiß, dass erst nach so einem Gespräch der Andere darüber wirklich nachdenkt. dass in einem späteren Gespräch erst das wahre Ausmaß erkannt wird. Wenn du es also schaffst, mit dem betroffenen Bruder ein Gespräch zu führen, wirst du dich danach ganz bestimmt erleichterter fühlen. Deine weiteren Schritte besser abwägen können. Du hast sehr gute Voraussetzungen, dass merke ich an deinem Text. Auch wenn viele der Meinung sind, das gehört zur Anzeige, bin ich der Meinung, dass soll jeder selbst entscheiden. Du hast das Vorgehen deines Bruders in gewisser Weise damals akzeptiert, aber nicht verstanden. heute hast du es verstanden und suchst nach Gründen oder Entschuldigungen, die es aber nicht geben wird oder geben kann.
Vielleicht hast du eine gute Freundin oder Freund, mit der man solch ein Tabu-Thema (ohne Namen) ansprechen kann.
das beste ist: reden-reden-reden.
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fragezeichen123
Helferlein
120
Wien W, 19
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Fri, 06.Jul.07, 15:15 Re: Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Elt |
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Ich finde halt , dass das Thema missbrauch sehr heikel ist. Man muss erst einmal definieren wo Missbrauch beginnt. Ist freiwilliger Sex wirklich missbrauch? Ich finde nicht, dass man das pauschalisieren kann, abhängig vom Alter usw..
Ich rate dir deshalb davon ab das Geschehene außerhalb der Therapie zu erwähnen, weil es dich wirklich fertigmachen könnte. Therapeuten neigen zusätzlich eh schon dazu alles zu dramtisieren. Ich empfinde das als gefährlich, weil man sich dadurch noch mehr hineinsteigert und irgenwann ist man kurzfristig ein bisschen kaputt.
Wie groß war der Altersunterschied?
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tanzendes_irrlicht
Moderatorin
2129
NRW W, 30
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Fri, 06.Jul.07, 15:30 Re: Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Elt |
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Fragezeichen,
ich finde Deine Sicht auf das Thema Ansprechen des Mißbrauchs sehr heikel, um nicht zu sagen, daneben.
Quote: | Ich empfinde das als gefährlich, weil man sich dadurch noch mehr hineinsteigert und irgenwann ist man kurzfristig ein bisschen kaputt. |
Man ist kurfristig ein bisschen kaputt? Ich bitte Dich. Was hat denn langfristig der Mißbrauch mit einem gemacht?
Aussagen wie diese von Dir helfen den Tätern. Sie beschönigen und verharmlosen das Geschehene, machen die Opfer zu Verantwortlichen. Schweigen und zweifeln tun mißbrauchte Kinder meist von sich aus. Darin müssen sie nun wirklich nicht unterstützt werden...
Liebe Niniwech,
das Thema Ansprechen ist schwierig, ja. Vielleicht redest Du mit Deiner Thera darüber, was Du glaubst, was für Reaktionen kämen und wie Du mit diesen dann umgehen kannst. Könntest Du zB Leugnen und Vorwürfe, Du würdest lügen, verkraften?
Überlege, in welchem Rahmen und wie Du einzelne Familienmitglieder einbeziehen möchtest. Sprichst Du besser einzeln mit deinen Brüdern oder besser zusammen? Wie mit Deinen Eltern?
Wie verhälst Du Dich danach, bzw was forderst Du?
Lg,
Irrlicht
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_________________ Toleranz ist, wenn sich die Menschheit in die Menschlichkeit verliebt. C.M. |
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Mausie
Helferlein
40
M-V W, 20
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Sat, 07.Jul.07, 1:46 Re: Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Eltern) |
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Ich selber habe leider auch jahrelangen Missbrauch hinter mir (leider auch GV). Ich habe 2 ältere Brüder (einer 6 1/2 Jahre älter, der andere 4 1/4 Jahre älter). Mein ältester Bruder fing damit an, als ich noch in den Kindergarten ging. Damals war ich ca. 5/6 Jahre alt. Mit 7 oder 8 Jahren sprach ich mit meinem anderen Bruder, welcher den anderen danach fragte. Dieser widersprach dem und beide lachten mich aus, meinten ich hätte schlecht geträumt oder so. Als ich 10 Jahre war, missbrauchte der andere mich auch. Dummerweise wussten es meine Eltern bzw. mind. meine Mutter und sie hat sich für meine Brüder entschieden diese zu schützen.
Stell dir mal vor, deine Mutter entscheidet sich auch für deinen Bruder? Was ist, wenn keiner dir glaubt und der andere es bestreitet? Dir sagt, du hättest schlecht geträumt oder möchtest dich nur wichtig machen? Was ist, wenn deine Eltern sich für dich entscheiden und deinen Bruder verstossen? Was wäre dann?
Klar wäre es schön, wenn er seinen Fehler einsehen würde und meinen könnte, dass es ihm total Leid tuen würde. Aber was wäre wenn nicht? Wenn er das Ganze herabspielen würde und zu dir meinen würde, du sollst dich nicht so haben. Du hättest es ja auch gewollt? Selbst wenn er der Klügere bzw. der Ältere der es besser wissen sollte, war?
Ich persönlich scheue das Gespräch. Das Thema ist Tabu. Dafür lässt mich meine Familie viel zu sehr hängen. Wie glaubst du, würde deine Familie darauf reagieren? Wäre es das Wert?
Wünsche dir auf jedenfall viel Kraft für deinen weiteren Weg, egal wie du dich entscheidest.
Lg Mausie
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_________________ Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, solange müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken. |
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Afrika
sporadischer Gast
14
Sachsen W, 50
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Sat, 07.Jul.07, 10:15 Re: Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Elt |
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Du bist noch sehr jung, glaube mir, die Erinnerungen kommen zurück. Ich habe nie in der Familie darüber reden können, dürfen. Mußte mir auch anhören, das hast du geträumt. Ich hatte (Gott sei Dank) damals das ärztliche Gutachten zur Bestätigung. Aber auch das wurde von der gesamten Familie negiert. Sie sind immer noch der Meinung, es hat nie etwas stattgefunden, er war unschuldig im Gefängnis. Ich werde von Allen gemieden. Aber jetzt, wo ich darüber sprechen kann und mit Hilfe des Zufalles habe ich auch den wahren Grund erfahren, weshalb dieses Thema auch nach der Verurteilung totgeschwiegen wurde: auch meine Cousinen waren Opfer! Aber ihnen wurde nicht geglaubt, wie dir auch, denn der Beweis, ein ärztliches Gutachten, konnte bei ihnen nicht gemacht werden. Diese Wahrheit ist sehr bitter und ich weiß jetzt, dass das Totschweigen nicht nur wegen mir ist, sondern die anderen Täter (Familienangehörigen) damit straffrei ausgehen.
Wenn du schweigst, tust du dir nichts Gutes. Es geht beim Reden nur um DICH, nicht um irgendwelche Rachegelüste oder so. DEINE Gesundheit steht im Vordergrund. Ich mußte diesen Prozess jetzt erst durchmachen, weiß um die gesundheitlichen Probleme, die sich schleichend mit der Zeit einstellen. Darum rate ich Jedem, sprecht es Offen (Thera oder so) aus, es geht um EURE Gesundheit.
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Niniwech
sporadischer Gast
21
Baden-Württemberg W, 20
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Sat, 07.Jul.07, 15:58 Re: Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Elt |
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Ich danke euch für eure Meinungen!
Fragezeichen, ich glaub mit 5 kann man irgendwas noch nicht "wirklich" freiwillig machen. Aber ich denk, ich weiß schon was du meinst mit reinsteigern, dass man anfängt alle möglichen anderen Probleme darauf zurückzuführen, obwohl diese vielleicht eine andere Ursache haben.
Meine Thera wusste es als erstes und dann Freundinnen von mir, die es auch nicht schlimm oder peinlich finden, immerhin ist so was ja recht häufig.
Mit meinem Bruder habe ich nun telefoniert. Er hat gemeint, er erinnert sich nicht daran. Ich selbst habe insgesamt 5 Erinnerungen, die auch recht klar sind (weiß noch wie der Raum aussah und was gesagt wurde etc), deswegen fällt es mir demensprechend schwer zu glauben, dass ich alles geträumt habe oder so. Vielleicht trifft sich die Wahrheit irgendwo in der Mitte, ich werde mit meiner Thera noch mal darüber sprechen.
Allerdings haben wir dafür ziemlich lang über alles Mögliche in der Familie geredet, und unsere etwas missglückte Kindheit und Teenie-Zeit, über jetzige Probleme, und über mein Problem mit Männern. Was ja in meiner Theorie wegen der Sache mit meinem Bruder entstand, aber er erzählte mir er hätte in meinem Alter das gleiche Problem gehabt und seine Theorie zu seinem Problem war, dass unsere Eltern uns ja wenig berührt hätten (mja unsere Eltern waren schon nicht so nett zu uns), daher die Probleme und sich gegenseitig auch nicht und dass wir generell mit dem Thema Verführung, Berührung, und allem was zugehört im Vergleich zu Gleichaltrigen was zu aufholen haben, und das da halt manche Leute von Natur aus weniger "begabt" für sind. War im Grunde auch ganz schlüssig. Er hat aber gemeint, dass es ihm echt leid tut zu hören, dass ich grad unter Dingen leide, und er hofft wirklich dass irgendwelche Handlungen von ihm mir da geschadet hätten, bzw wenn sie das hätten, dass ich das überwinden kann.
Natürlich, hätte ich vor dem Gespräch nachgedacht, hätte ich mir denken können, dass diese Antwort von ihm möglich ist. Angenommen meine Erinnerungen sind völlich richtig, kann es gut sein, dass er lügt. Wäre ich in seiner Lage, würde ich vielleicht ähnlich handeln. Ich bin auch in der Lage die völlige und offene Wahrheit mit Lügenkörnchen vermischt vorzutragen. Vielleicht hat er das ja getan. Aber - wäre es so, fände ich es nicht so schlimm.
Er hat ja im Grunde gesagt: Nein, ich bin unschuldig oder zumindest nicht SO schuldig, wie du dich erinnerst. Wäre ich schuldig, was ich durchaus teilweise sein kann, (aber SO eben nicht), hoffe ich, dass ich nich schuld an deinen Probleme bin, aber sollten die Probleme teilweise wegen mir entstanden sein, tut es mir sehr leid, und ich hoffe nicht nur, dass du es schaffst sie zu überwinden, sondern wenn es mir möglich ist (zwar bin ich darin unbegabt) will ich dir gern durch Rat behilflich sein.
Die Aussage akzeptiere ich
Ansonsten hats mir echt gut getan zum ersten Mal überhaupt mit nem Familienmitglied ein offenes Gespräch zu führen.
Momentan ist mir gar nicht mehr danach dem Rest der Familie was zu erzählen, werd ich also denk ich mal nicht. Vielleicht werd ich zum anderen Bruder Kontakt suchen, aber dann nicht über das Thema.
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Afrika
sporadischer Gast
14
Sachsen W, 50
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Sat, 07.Jul.07, 16:06 Re: Missbrauch Bruder - mit wem reden? (seine Sicht,Elt |
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Niniwech,
ich bewundere deine Stärke! Das meine ich ganz ehrlich!
Ich hätte mir so was nieeee zugetraut.
Du hast einen guten Anfang gefunden und ich glaube nicht, dass dein Bruder dir was vorgemacht hat. Du fühlst dich jetzt bestimmt erleichtert bei diesem Thema und ich finde auch: es ist vorrangig eine Sache zwischen euch Beiden.
Der Anfang ist da, dein Bruder weiss über deine verletzen Gefühle, und er zeigt ja auch Einsicht.
Wirst sehen, folgende Gespräche sind für euch beide hilfreich.
Wo nimmst du nur so einen Mut her???
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