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Apple26
Helferlein
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Post Thu, 10.May.07, 18:23      Niemals ankommen im Leben? Reply with quoteBack to top

Hallo,

ich weiß mein Thread wird sich inhaltlich genauso anhören, wie so viele andere hier. Rolling Eyes Vielleicht ist es auch sinnlos hier zu schreiben, ich weiß nicht mal so wirklich, was ich mir davon erhoffe...ich weiß nur, dass im Moment alles still zu stehen scheint und ich einfach nicht mehr weiter weiß. traurig
Alles ist im Umbruch...vor drei Jahren bin ich nach Abschluss des Studiums 400 Kilometer weit weg von meiner Familie gezogen, habe versucht hier vorsichtig kleine Wurzeln zu schlagen, immer in der Angst, in dem Wissen, dass mein Vertrag nur befristet ist und ich weiter ziehen muss. Aus Furcht neue Freunde so schnell wieder zu verlieren habe ich mich sehr zurückgehalten und mich damit auch selbst sehr einsam gemacht. Jetzt ist es so weit. Mir bleiben noch acht Monate. Dann werde ich auch hier wieder alles zurücklassen müssen. Es macht mich innerlich so taub, müde und herzleer. Sad Warum immer wieder einsam weiterziehen, wenn man doch nie ankommt? Wenn alle Verträge immer befristet sind?
Es ist wie eine Leere im Kopf, die mir dadurch in der letzten Zeit enorm zusetzt. Jegliche Konzentration, jegliches vernünftige Denken fällt mir momentan so schwer, wie lange nicht mehr. Alles wie Watte im Kopf, alles so schläfrig, alles dumpf und gelähmt. Ich möchte es nicht, versuche mich immer wieder dazu anzuhalten jetzt verdammt nochmal wach und da zu sein, aber egal wie sehr ich versuche meine eigene Haltung, mein eigenes Denken selbst zu korrigieren, es klappt einfach nicht so, wie ich möchte. Mein Kopf streikt. Ich kann nicht mehr klar denken. Alles verschwommen. Unendlich müde. Müdigkeit. Absolute Müdigkeit.
Ich drifte weg...ständig, überall, mein Geist klinkt sich aus. Einfach so. Mist! Verdammter Mist!
Ich beschimpfe mich selbst für meine Trägheit, für mein derzeitiges Unvermögen klare Sätze zu sprechen und diese Syntaxprobleme nicht loszuwerden.
Ich weiß im Moment kaum mehr, was richtig ist, was falsch ist...

Traurige
Apple
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Hiob
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Post Thu, 10.May.07, 20:23      Re: Niemals ankommen im Leben? Reply with quoteBack to top

Hallo Apple.

Es ist hier eine grundsätzliche Entscheidung, die du treffen kannst. Der Arbeit immer hinterher zu ziehen oder dich an irgendeinem Ort, deinem Lieblingsort oder deinem Geburtsort oder dort wo du jetzt bist, niederzulassen und da zu bleiben. Es ist auch die entscheidung, ob dein leben nach deinen Vorstellungen gestaltet werden soll oder ob du dem entsprechen willst, was man von dir verlangt.

Du wirst jetzt sagen, dass es arbeitstechnisch nicht anders möglich war und ist, als du es gerade machst. Und so geht es sehr vielen. Der Arbeitgeber und der Staat verlangt, dass du alles aufgibst und dort hin ziehst, du sollst ihnen dafür dann noch dankbar sein, dass du dein Leben deiner Arbeit opferst. Es wird erwartet.

Die Sache ist jedoch nicht so festgefahren wie du glaubst, es gibt auch andere Möglichkeiten, beispielsweise mittels Selbständigkeit und/oder Arbeitslosengeld durchzukommen, du könntest eine Familie gründen und dich darauf konzentrieren, du könntest aussteigen, du könntest jobben und deine Aufmerksamkeit auf andere Bereiche als die Arbeit legen, du könntest durch die Welt ziehen, mit einem Rucksack und Sandalen, du kannst eine „geringere“ Stelle annehmen, du kannst dich entscheiden, ob dein leben für dich da ist oder um anderen gerecht zu werden.

Grundsätzlich steht im Raume, dass junge Menschen heute bis aufs Blut ausgesaugt werden...und wenn sie dem Leistungsdruck auf Seiten der Arbeit oder auf der „Ausgabenseite“ (Konsum, Aussehen, Image, Selbstbild) nicht mehr mithalten können, krank werden oder durchdrehen, werden sie fallen gelassen. Dann sind sie unproduktives Humankapital. Nicht mehr auszubeuten. Bitter. Dir steht frei, in diesem Spiel mitzuspielen. Was du aufs Spiel setzt ist Anerkennung und das Geld für bunte Spielsachen.

Klingt sicher heute mal derb, was ich schreibe, aber es steht dir frei. Dass das ganze ein langer Prozess sein kann und du das nicht im Handumdrehen entscheiden kannst, ist mir klar. Ich hab fast 30 Jahre gebraucht, um zu erkennen, was mein Leben sein kann. Wenn du heute noch wenig Druck spürst, hier eine richtige Entscheidung zu treffen, wird es schwieriger sein.

Wenn du jeden Tag versuchst, so zu sein, wie die Gesellschaft es von dir verlangt, also ein selbstloses, liebes genügsames Bienchen, was selbstbewusst auftritt und den anderen viel Freude macht..., wird dein Versuch, dem zu entsprechen, deine Kraft aufzehren. Deine Müdigkeit kann daher kommen. Ich würde hier grundsätzlich überlegen, ob das, was du von dir verlangst, das ist, was dir gut tut und was du magst. Das was man von sich selbst verlagt, kann nach meiner Ansicht nur ursprünglich einmal als Anforderung von außen gekommen sein, was man dann zu seinem eigenen gemacht hat. Man kann es aber über Bord werfen, wenn man es erkennt. Und das wünsch ich dir.

Das Gefühl angekommen zu sein, hat damit zutun, dass man erkennt, dass man selbst bereits richtig ist, so wie man ist, mit jeder noch so komischen Macke. Eine Einschätzung in richtig und falsch ist unnötig. Aber das ist ein Thema, was die Arbeiterei übersteigt, es geht viel weiter. Es hat damit zutun, zu erkennen und zu spüren, dass du einfach hier sein darfst...ohne irgendetwas dafür zu tun, ohne irgend eine Bedingung erfüllen zu müssen. Unmöglich? Vielleicht. Aber vielleicht findest du etwas, was dir hilft.

Alles Gute
Hiob
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Lisa29
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Post Thu, 10.May.07, 21:06      Re: Niemals ankommen im Leben? Reply with quoteBack to top

Hallo Apple26,
ich kann Dich so gut verstehen!!Ich bin sooo oft umgezogen, ich glaub 17 mal seitdem ich 19 bin! Innerhalb von 9 Städten in 4 Ländern. Alles wegen der Karriere. Ich dachte einfach da muss ich durch! Ich hatte dann mit 29 einen Burn-out und war arbeitsunfähig geschrieben für 1,5 Jahre. Seitdem bin ich einfach in der Stadt kleben geblieben wo ich meine letzte Arbeitstelle hatte, weit weg von dort woher ich komme (600 km) und im Umkreis von 500 km kannte und kenne ich immer noch keinen. Ich war innerlich einfach total zerbrochen und hatte gar keinen Halt mehr. Und keine Kraft noch mal umzuziehen. Ich wusste auch nicht wo hin, wo mein zu Hause ist. Und ich weiss es immer noch nicht.
Ich möchte gerne woanders wohnen, aber ich weiss nicht ob ich die Kraft tatsächlich habe und wohin eigentlich?! Ich habe jetzt zum Glück den BEscheid bekommen dass ich noch mal 20 Stunden Therapie bekomme (hatte schon über 100!) und da werd ich mich wohl mal darauf focusieren.
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Nachtvogel
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Post Thu, 10.May.07, 21:40      Re: Niemals ankommen im Leben? Reply with quoteBack to top

Hallo Apple,

ich kann mich Hiob nur anschliessen: Man hat echt die Wahl, auch wenn man im Zweifelsfall ziemliche Kompromisse eingehen muss. Manche Leute stellen den Job an erste Stelle und bauen ihr Leben darum auf. Das geht auch - ich kenne einige Familien, die wie Nomaden um die Welt ziehen, weil der Hauptverdiener immer sehr gut bezahlte aber befristete Verträge hat (z.B. grosse internationale Konzerne oder höhere Posten in der Uni). Das klappt, wenn alle mitspielen. Die Leute haben viel Interessantes zu berichten. Ich denke aber auch, dass sie ziemlich ihre Wurzeln verloren haben und sich nirgendwo richtig heimisch fuehlen. Schwierig ist es vor allem fuer ihre Kinder. Es gibt internationale Schulen in der ganzen Welt mit der Unterrichtssprache Englisch - aber dauerhafte Kontakte/Freundschaften gibt es beim "Nomadenleben" kaum. Internationale Clubs schon, in denen man schnell Leute kennenlernt. Das sind dann aber eher Bekanntschaften, mit denen man halt einem Hobby nachgeht. Was Tiefes, Dauerhaftes entsteht kaum, wenn nach ein paar Jahren der eine oder andere schon wieder das Land verlässt.

Ich kenne aber auch bodenständige Leute, die halt da wohnen wo sie wohnen und sich genau dort was suchen. Einige davon waren längere Zeiten arbeitslos, haben verschiedene Kleckerjobs gemacht und danach irgendwann was "Richtiges" gefunden. Geht auch. Diese Leute haben dann meist ein gut ausgebautes soziales Netzwerk, zum Teil sogar ihre Freunde aus der Schul-/Studienzeit um sich, Familie, ... Da liegt der Schwerpunkt deutlich woanders als bei den "Nomaden".

Dann gibt's natuerlich auch viel Mittelwege. Wichtig ist halt, dass du weisst, wohin du willst - dann kannst du Sachen in die Wege leiten.

LG, Nachtvogel
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Apple26
Helferlein
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Post Fri, 11.May.07, 19:50      Re: Niemals ankommen im Leben? Reply with quoteBack to top

Hallo ihr drei,

erstmal vielen, vielen lieben Dank für eure Antworten, mir ist dadurch nochmal einiges klarer geworden.

@Hiob: deine Zeilen empfand ich an mehreren Punkten als sehr entlastend, sehr klar und strukturiert aber auch bestärkend. Im Wesentlichen umschreibt es für mich auch die Aussage meines Therapeuten während der letzten Therapiestunde, als er meinte: "Ich möchte, dass Sie sich in erster Linie einen Ort aussuchen, an dem Sie sich vorstellen könnten sich wohl zu fühlen - unabhängig von einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrag." Embarassed Ich wünschte ich könnte es schaffen in meinem Denken und Fühlen so frei zu werden. Rolling Eyes

@ Lisa: 17 mal?? Au weia das ist in der Tat unheimlich oft! Ich wünsche Dir ganz fest, dass es Dir bald wieder besser geht!! friend

@Nachtvogel: wie recht du hast. Danke!! Blumen für dich

Liebe Grüße
Apple
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