Motivationstief und Langeweile - Wem geht es ähnlich?

sporadischer Gast 9 Wien M, 27

Hallo liebe Leute!

Auch wenn Geschichten wie meine hier vielfach zu finden sind, würde ich es mich freuen, wenn sich jemand für meinen Beitrag interessiert.

Mein erstes Problem ist, dass für mich jede Kleinigkeit zunehmend schwieriger zu werden scheint. Angefangen vom Aufstehen in der Früh, zur Arbeit zu gehen, einzukaufen, was zu essen machen… – ich könnte die Liste endlos fortsetzen.

Dann weiß ich auch mit meiner Freizeit kaum was anzufangen, schon gar nicht alleine. Freunde habe ich keine, geschweige denn eine Beziehung. Obwohl ich mir das am meisten wünschen würde.
Meine Eltern sind auch ziemlich früh gestorben.
Würde sagen, dass ich durch Zufall in Wien gelandet bin.

Jetzt auch noch diese so genannte „schöne Zeit des Jahres“. Alle scheinen glücklich zu sein, Paare turteln durch die Straßen, Gastgärten sind überfüllt. Ich komme mir manchmal vor wie ein Außerirdischer, wenn ich allein wo hingehe. Darum mache ich auch nur die notwendigsten Erledigungen um mir das zu ersparen.
Mich nervt einfach diese ganze Oberflächlichkeit, jeder scheint sich bestmöglich präsentieren zu wollen, sei es privat oder beruflich. Wer geht heute schon wirklich auf seinen Mitmenschen ein? Vor allem in der Stadt, wo man ohnehin nur aneinander vorbeieilt. Ich würde mir gerne auch Gedanken anderer Menschen anhören, aber ich kenne ja niemanden. Und in der Arbeit will ich meine Probleme wirklich nicht ausbreiten.

Ich weiß eigentlich auch nicht, welche Antwort ich mir hier erwarte. Hab mir mal gedacht, ich schreib mir mal einiges von der Seele. Vielleicht geht es jemanden von euch ähnlich, ich würde mich über einen Gedankenaustausch sehr freuen.

Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, zu Ende zu lesen!

Lg John 27

sporadischer Gast 8 Schwabenländle/Deutschland W, 21

Hallo John27,

ich bin per Zufall auf deinen Bericht gestoßen und hatte spontan das Bedürfnis dir zu antworten.
Erstmal herzlich willkommen hier! Smile

Das was du beschreibst, kenn ich auch irgendwie. Naja, nciht nur irgendwie - es ist mir mehr als vertraut.
Ich könnte dir jetzt lattenweise Tips, Ratschläge und Lösungen niederschreiben. Aber ich glaube nicht, dass es das ist, was du dir wünschst.

Ich denke, es ist schonmal ein guter Weg, dass du hier ins Forum geschrieben hast. Auf diese Weise kannst du dir auch Sorgen und Gedanken von anderen anhören ... aber genauso auch deine eigenen preis geben.
Natürlich ist es nicht das Gelbe vom Ei .... man ist im Schutz der Anonymität, aber es ist doch besser als gar nix, oder?!

Hmm ... dass kaum noch Menschen auf andere eingehen, ist ein großes Problem unserer Gesellschaft - unter dem wir alle leiden (auch die, die ganz vorne mitmischen). Da bleibt dir eigentlich nur übrig, zu aktzeptieren, dass unsere Mitmenschen einfach so sind. ABER: es sind nicht alle so! Und wenn du die Augen (und vor allem auch dein Herz) offen hälst, wirst du die Menschen erkennen.
Mann, ich red schon total geschwollen daher ... *grins* ... aber ich hoffe, dass du dennoch verstehst worauf ich hinaus will.

Eigentlich wollte ich dir einfach nur schreiben, Gedankenaustausch betreiben (wie du das ja so nett bezeichnet hast) .... und dir einfach noch einen schönen Abend wünschen!

Liebe Grüße
~*Crys*~

sporadischer Gast 9 Wien M, 27

Hallo ~*Crys*~,

da bin ich jetzt aber überrascht, mit so einer schnellen Reaktion habe ich nicht gerechnet Very Happy

Danke für deine netten Zeilen, da kann ich wirklich nichts Geschwollenes daran finden *g*!

Da du schreibst, dass dir manche Dinge von mir auch vertraut sind, würde ich gern wissen, wie du damit umgehst, welche Tips und Ratschläge du auf Lager hättest. Doch, das würde mich schon interessieren!

Überhaupt wäre ich neugierig - wie eh schon angesprochen - wie andere in ähnlichen Situationen klarkommen.

Freue mich auf zahlreiche Beiträge!

Lg John 27

Helferlein 48 NRW M, 24

Die Schwierigkeiten mit den Kleinigkeiten kenne ich auch. Das ist normalerweise gekoppelt an depressive Phasen, und je schlimmer die Phase, umso schwerer auch nur die geringsten Tätigkeiten wie Zähneputzen oder Staubsaugen. Insofern klingt das für mich im Moment so, als würdest Du gerade in so eine depressive Phase abrutschen.

Mal so als Zwischenfrage - hast Du irgendwelche Ziele im Leben? Also Dinge, die Du Dir wünschst und auf die Du hinarbeitest? Oder ist es eher so, dass Du in allem eine gewisse Sinnlosigkeit siehst?

Was mir in solchen Phasen hilft, sind ausgedehnte Spaziergänge alleine. Egal ob durch die Stadt oder durch den Wald, vielleicht ist sogar Wandern alleine im Wald noch angenehmer, weil man nicht ständig mit anderen (scheinbar) glücklichen Menschen konfrontiert wird, und weil Oberflächlichkeit dort keine Rolle spielt. Zudem wirkt Sonnenschein zumindest etwas lindernd bei depressiven Verstimmungen.

Ich kenne viele der Gedanken, die Du Dir machst, aber irgendwann bin ich an den Punkt gekommen, wo ich mir gesagt habe, dass sie einfach nutzlos sind. Und wenn man sich noch so sehr darüber aufregt, dass alles so oberflächlich ist und niemand auf den anderen eingeht, es ändert nicht auch nur das geringste bisschen. Der einzige, der sich eine Welt schaffen kann, in der er auf andere eingeht und nicht oberflächlich lebt, ist man selbst.

Außerdem glaube ich nicht daran, dass die meisten Menschen oberflächlich sind. Diese Oberflächlichkeit ist ihr Schutz. Viele Menschen sind weitaus weniger glücklich, als sie jemals zugeben würden, und viele brauchen ihre Lebenslügen, um überhaupt vernünftig leben zu können. Ich beneide diese Menschen nicht, auch wenn sie scheinbar glücklich sind.

Möglicherweise besteht Deine Lebenslüge darin, dass mit einer Beziehung alles besser würde. Du klammerst Dich in meinen Augen sehr daran. Vielleicht zu sehr.

sporadischer Gast 29 Thüringen W, 36

Lieber John,ich kann mich meinen Vorschreibern nur anschließen-diese Lustlosigkeit ist vielleicht Zeichen einer depressiven Verstimmung...

Auch ich habe lange Zeit so "dahingelebt",wenig empfunden,selten geärgert aber auch kein Glück gespürt...Bis eines Tages die große Krise kam und eine Therapie unumgänglich wurde.

Heute weiß ich,dass nicht alle scheinbar fröhlichen Menschen schauspielern,sondern sich wirklich glücklich fühlen.Früher war das unvorstellbar für mich.

Wirklich auf andere eingehen kann natürlich nur,wer mit sich selbst im Reinen ist.Ich weiß,dass viele Menschen dazu inder Lage sind.Versuche doch vielleicht ,dich einem Menschen in passender Situation zu öffnen.

Schau genau,wem du dieses Vertrauen schenkst-das Forum ist bestimmt ein guter Anfang.

Liebe Grüße, Zarin

sporadischer Gast 9 Wien M, 27

Hallo Zarin2005, hallo Horizon!

Tut mir leid, dass ich mir so lange Zeit gelassen habe, um mich für eure Beiträge zu bedanken. Embarassed

Auch wenn es schwer fällt, werde ich versuchen therapeutische Hilfe zu bekommen.

Wie gesagt, ich würde mich freuen, auch von anderen zu erfahren, wie das war, als ihr eine Therapie begonnen habt, was ihr sonst so alles versucht habt, etc., etc.

Lg, John27

Helferlein 38 Österreich M, 25

Scheint ein "Generationen"-Problem zu sein. Ich bin 26 und ich hänge in der Freizeit eigentlich nur vor dem Computer. Gut gelaunt kann ich nur mit frei erhältlichen Schmerzmitteln aus der Apotheke sein. Sozial habe ich mich selbst isoliert, ich kann mir nicht mehr vorstellen mit jemand locker Spass zu haben, so krank das jetzt klingt. Es interessieren mich keine Hollywood Filme mehr, meine Computerspiele sind mir schon fast peinlich (Ha, in meinem Alter spielt man doch nicht mehr) und meine Beziehung besitzt auch keine positiven Gefühle mehr.

Ich weiß nicht recht, wie soll das weitergehen. Ich komme mir so verkorkst vor. Interessanterweise scheint das alles verschwunden, wenn ich meine Nerven mit Medikamenten beruhige. Stark Baldrianhältige Substanzen zB.

Rauchen hilft mir auch nicht mehr. Habe früher viel Zigaretten geraucht. Verflucht, vielleicht sollte ich wie alle Österreicher einfach auch jeden Tag Bier oder Wein trinken. Die Mutter einer Ex-Freundin hat mit Ihrem Mann in einer Woche 50 (fünfzig!) Flaschen Wein versoffen...

Von Glück auf der Straße will ich lieber nicht sprechen, wenn man sich mal ernsthaft mit Leuten unterhält und Sie Vertrauen fassen, dann brodeln die nur so richtig raus mit Ihren Sorgen und Ängsten. Im Alltag will das keiner zugeben. Da mimen die Coolen.

Mein Problem ist, dass ich mich selten mit Menschen über etwas unterhalten kann was mich auch interessiert. Über Sachen, die andere interessieren kann ich schon mit ihnen sprechen, nur gibt mir das kein Gribbeln um den Hals, wenn du verstehst was ich meine.

Verständnis erhalte ich keines. Mir scheint, dass Mitgefühl zu Konsumverhalten geführt hat, einige wenige geben und viele andere nehmen es sich selbstverständlich. Der Dumme ist, der gibt und dann einmal braucht, dann steht er da, als würde er fordern.

Ich bin wahnsinnig enttäuscht von sehr vielen Menschen in Wien. Früher wollte ich immer "dumm sein", damit ich wahre Freunde haben kann, was leider nicht funktioniert hat. Ich dachte, wenn ich selbst nicht mehr über den Tellerrand blicken kann, dann werde ich akzeptiert.

Reicht nicht. Ellbogen-trainiert muss du auch sein, denn Respekt zollt dir jemand nur, wenn du in stärkerer Position bist und ordentlich Muskeln hast spielen lassen. Zumindest in der Arbeit bei mir hat sich durchgesetzt, dass willkürlich Mitarbeiter, die der eingeschworenen Arbeitsgemeinschaft missfallen, ausgetauscht werden. Leihfirmen sei dank, gibt es nun in vielen größeren Unternehmen soetwas wie "fixe Belegschaft" und "Leiharbeiter". Letztere sind wie die Zivildiener im Krankenhaus, falls jemand Zivi gewesen ist hier. Da passiert am laufenden Band Mobbing der härtesten Art, aber die Leiharbeiter haben keinen Betriebsrat und keine langjährigen Kollegen, die sich einsetzen, sie werden einfach ausgetauscht. Ich selbst "konnte effizienter eingesetzt werden in meiner Firma und wählte den vorzeitigen Ausstieg".

Wie gut, dass ich mit den Kollegen gar nicht anfing eine menschliche Beziehung aufzubauen, denn jetzt wäre all die Arbeit dahin gewesen.
Somit sind wir wieder ganz am Anfang: Die Kunst menschliche Beziehung zu pflegen in einer 1Mann-Welt, die nur die skrupellosen Anstrengungen für sich selbst honoriert: Jeder sägt am Stuhlbein des anderen, Anerkennung und Annehmen des anderen Arbeit ist glaube ich nicht mehr zeitgemäß, jeder will das für sich, was der andere hat.

Für sanfte Menschen nicht gerade der ideale Ort würde ich sagen.

sporadischer Gast 9 Wien M, 27

Hallo zusammen!

Möcht mir einfach kurz mal was von der Seele schreiben:
Ich hab mich jetzt doch endlich mal aufgerafft, mal einen Termin für ein "Beratungsgespräch" über Psychotherapie zu vereinbaren (Wo und wie zu schreiben, wird, glaube ich, hier nicht so gern gesehen, darum lass ich es mal bleiben).
Jedenfalls ist es schon übermorgen so weit! Einerseits bin ich gespannt, was mich erwartet, andererseits fürchte ich mich, ob die mich überhaupt ernst nehmen?! Und ob sie mir in irgendeiner Weise helfen können? Ich erwarte jetzt eh nicht gleich "Freude strahlend" rauszukommen, einen WEG raus aus meinem negativen Gedankenkreis zu sehen, würde mir vollauf reichen.
Naja, ich warts mal ab...

Lg

sporadischer Gast 10 Wien W, 24

bei mir ist es zur zeit auch so, dass ich mich extrem abgeschlagen fühle, müde bin und zu nichts lust habe. in der firma sitze ich nur herum, es gibt nichts zu tun und am abend will ich nur mehr ins bett. ja, ich bin hier in wien, komme aber usprünglich vom land. die leute sind teilweise oberflächlich bzw. ich finde, dass sie so anders sind. mache auch eine therpie

sporadischer Gast 10 Wien W, 24

bei mir ist es zur zeit auch so, dass ich mich extrem abgeschlagen fühle, müde bin und zu nichts lust habe. in der firma sitze ich nur herum, es gibt nichts zu tun und am abend will ich nur mehr ins bett. ja, ich bin hier in wien, komme aber usprünglich vom land. die leute sind teilweise oberflächlich bzw. ich finde, dass sie so anders sind. mache auch eine therpie

sporadischer Gast 5 München M, 32

@Atlantik

Quote:

meine Computerspiele sind mir schon fast peinlich

Computerspiele sind Dir peinlich? Warum eigentlich. Schließlich handelt es sich um eine angenehme Freizeitbeschäftigung die erstens dazu dienen kann, Frust abzureagieren, und zweitens manchasmal auch den einen oder anderen Lerneffekt hat.

Ich für meinen Teil spiele sehr gerne (bin 32).

Quote:

Mein Problem ist, dass ich mich selten mit Menschen über etwas unterhalten kann was mich auch interessiert. Über Sachen, die andere interessieren kann ich schon mit ihnen sprechen, nur gibt mir das kein Gribbeln um den Hals, wenn du verstehst was ich meine.

Was interessiert Dich denn z.B.? Kannst Du Deine Interessen denn auch so 'rüberbringen', daß sie fpr andere 'interessant' erscheinen? Oder machst Du sie selbst runter, weil sie Dir 'peinlich' sind (s. oben)?

sporadischer Gast 9 Wien M, 27

Hallo miteinander,

vielleicht liest ja hier noch jemand mit, darum schreib ich, so nach dem Motto: "4 Monate später" Smile

Ich glaub sagen zu können, dass ich das Schlimmste bereits hinter mir habe! Zum einen habe ich einen Therapeuten gefunden, mit dem ich sehr gut kann, zum anderen habe ich es einigermaßen geschafft meine Gedanken- und Gefühlswelt durch Lesen eines bestimmten Buches in eine positivere Richtung zu lenken. So glaube und hoffe ich mit dem Wissen von heute nicht so schnell wieder in einer Depression zu versinken...

Zumindest gehe ich heute wieder viel zielstrebiger und lebensfroher in den Tag hinein, und das ist schon viel wert! Wenn ich auch in anderen Punkten noch viel vor mir habe, glaube ich wieder an ein positiv gestaltbares Leben!

Vielleicht kann ich wem mit meinen Zeilen ein wenig Mut machen, falls wer mehr von mir wissen möchte, stehe ich gern zur Verfügung Very Happy

Helferlein 92 München W, 30

Hallo john27,

freut mich, dass es dir besser geht.
Was hat denn denn positiven Wandel verursacht?
Dein Therapeut?
Und was ist das für ein Buch, dass du gelesen hast?

liebe grüße
paris

sporadischer Gast 9 Wien M, 27

Hallo paris!

Was jetzt von beiden genau mehr zu meinen "Wandel" beigetragen hat, ist schwer zu sagen, weil ich beides in etwa zugleich gemacht habe. Und auch ganz verschiedene Ansätze dahinterstehen.

Das Buch, das mir am meisten geholfen hat, ist "Gefühle verstehen - Probleme bewältigen" von Doris Wolf & Rolf Merkle. Am hilfreichsten war für mich der Teil, wo es darum ging, wie man selbst seine Gefühle positiv beeinflussen kann, das Wissen zu haben, dass es an MIR selbst liegt, ob ich mich über eine bestimmte Situation ärgere, mich traurig fühle - oder eben das beste daraus mache, mich meiner Stärken besinne...; so blöd und einfach das jetzt klingen mag.

Mit meinem Therapeut passte zum Glück von Anfang an einfach "die Basis", er ist mit mir schon einiges durchgegangen, auch Sachen, die ich am liebsten ruhen gelassen hätte, aber das gehört wohl dazu.

Begleitend hat mir Ausdauersport (Laufen, Radfahren) auch sehr gut geholfen, beides habe ich zum Glück nie ganz vernachlässigt.

Tja, aber ich habe noch immer einen langen Weg vor mir, aber ich freue mich schon über meine kleinen Schritte der letzten Wochen und Monate...

Ach ja, ich würde mich auch freuen, hier vielleicht neue Leute kennen zu lernen, zum Erfahrungsaustausch, zum Plaudern, sehr gerne "real". Vielleicht meldet sich ja wer, auch per pm?

Lg, john27

Psychotherapie-Forum (Archiv 2002-2007)

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