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Stilles Wasser
sporadischer Gast
5
Bayern W, 21
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Sun, 08.Apr.07, 10:59 Gefühlschaos |
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Hallo,
ich hab noch nie einen Beitrag ins Forum geschrieben, obwohl ich schon seit einiger Zeit im Forum mitlese.
Naja, also zur Zeit gehts mir nichts so gut. Ich geh schon seit einiger Zeit in eine Beratungsstelle, aber ich habe totale Probleme mich zu öffnen und Vertrauen aufzubauen. Nun war ich mal wieder dort und jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich denken und fühlen soll. Nach dem Gespräch war ich ziemlich aufgewühlt. Ich erzählte der Psychologin, dass ich auf meine Mutter so wütend sei, weil ich nie das bekommen habe, was ich mir gewünscht hätte. Ich habe das erste Mal die Wut über meine Mutter etwas rausgelassen. Die Psychologin meint, dass es vielleicht besser sei, zu akzeptieren, dass ich von meiner Mutter nicht mehr das bekommen werde, was ich mir schon seit langer Zeit erhoffe. Ich soll meine Erwartungen zurückschrauben oder aufgeben, aber das tut wahnsinnig weh. Wie soll ich das nur schaffen? Ich weiß es nicht. Klar, vielleicht ist es besser als die Enttäuschungen über die Jahre hinweg zu ertragen, aber indem ich die Hoffnung aufgebe, verliere ich meine Mutter, auch wenn ich nie wirklich eine gute Mutter hatte. Ich bin auch ziemlich wütend auf die Psychologin, weil sie mir nur sagt, dass ich akzeptieren soll, dass ich nicht mehr viel von meiner Mutter erwarten dürfte und nicht WIE ich das nur schaffen könnte. Irgendwie geht’s mir bei dem Gedanken schlecht. Und irgendwie weiß ich nicht mehr weiter. Ich fühle mich von meiner Mutter und von vielen Menschen total im Stich gelassen. Ich schaffe das nicht. Ich möchte und ich kann die Hoffnung doch nicht einfach aufgeben. Wie soll ich den Schmerz nur ertragen können?
Liebe Grüße
Stilles Wasser
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Julia™
Helferlein
30
England W, 31
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Sun, 08.Apr.07, 23:23 Re: Gefühlschaos |
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Liebe Stilles Wasser,
meine Mutter war und ist auch immer noch ein Thema in meiner Therapie. Was ist es denn worauf du von deiner Mutter hoffst? Und warum bedeutet die Hoffnung darauf aufzugeben deine Mutter zu verlieren? Du beschreibst es so, als wuerdest du sie dann ganz und gar verlieren.
Julia
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Mouchette
Helferlein
127
OÖ W, 27
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Mon, 09.Apr.07, 7:29 Re: Gefühlschaos |
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Die Wut auf deine Psychologin kommt wahrschinlich auch daher, dass du es nicht akzeptieren kannst, und sie genau das von dir verlangt.
Ich finde es total gut, dass du jetzt darüber sprechen kannst, es ist so wichtig die Wut auch rauszulassen, und du bist zum Glück professionell dabei betreut, also steht einer weiteren Arbeit an dem Thema nichts mehr im Weg.
Aber ich kann dich auch ein wenig verstehen. Mir gings mit meinem Vater so, es hat einfach nicht geklappt mit einer guten Vater-Tochter-Beziehung. Als ich dann ausgezogen bin, hab ich die Beziehung zu ihm auch eine Zeit lang verloren. Aber mir sind dann einige Sachen bewußt geworden, die ich z.T. auch von ihm geerbt habe und das hat mich besser verstehen lassen. Man muss sich wirklich eingestehen, dass man in der Familien nicht lauter Bilderbuchbeziehungen und -szenarien erwarten kann, weils ja bei jedem anders ist. Und eine Akzeptanz der Situation hilft sehr gut eine schöne Atmosphäre aufzubauen. Der Hass auf meinen Vater hat sich auf jeden Fall sehr gewandelt.
Ich wünsch dir was für die Mutter-Kind-Beziehung!
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_________________ Schöne Grüße
Mouchette |
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Jenny Doe
Forums-Gruftie
536
BRD W, 39
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Mon, 09.Apr.07, 10:20 Re: Gefühlschaos |
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Hallo Stilles Wasser!
Willkommen im Forum.
Quote: | Die Psychologin meint, dass es vielleicht besser sei, zu akzeptieren, dass ich von meiner Mutter nicht mehr das bekommen werde, was ich mir schon seit langer Zeit erhoffe. |
Dein Beitrag erinnert mich sehr an mich. Mich haben solche sätze auch stets wütend gemacht. Damals verstand ich nicht, was man mir damit sagen wollte.
Mir ging es wie Dir: Meine Mutter hat mir vieles vorenthalten, insbesondere ihre Liebe. Noch viele Jahre nach meinem Hauszug aus dem Elternhaus konnte ich die Hoffnung nicht loslassen, doch noch eines Tages das zu kriegen, wonach ich mich sehnte. Vergeblich. Ich bekam es nicht. So sehr ich auch um die Liebe und Aufmerksamkeit meiner Mutter kämpfte, meine Kämpfe waren vergeblich.
Doch ich konnte die Hoffnung nicht aufgeben. Das blockierte mich. Es blockierte mich insofern, dass ich nicht wirklich in der Lage war, mir mein eigenes Leben aufzubauen. Und es blockierte mich insofern, dass ich nicht in der Lage war, mir woanders das zu suchen, was ich brauche.
Es war die Sehnsucht des kleinen Kindes, dass nicht erwachsen werden konnte, nicht selbständig und unabhängig werden konnte, weil es sich nach dem sehnte, was es nie bekommen hat, weil es um das weiter kämpfte, worum es bereits sein ganzes Leben lang kämpft.
Heute weiß ich: sie hat es mir in meiner Kindheit nicht gegeben, wieso sollte sie das plötzlich tun, wenn ich erwachsen bin?
Und heute weiß ich: Selbst wenn meine Mutter mir im Jugendalter doch noch das gegeben hätte, was sie mir im Kindesalter vorenthalten hat, es wäre zu spät gewesen. Ich war bereits erwachsen, die Bedürfnisse hingegen waren kindlicher Natur und hätten im Kindesalter befreidigt werden müssen. Im Erwachsenenalter wäre sie irgendwie falsch, unabgemessen gewesen.
Heute komme ich damit klar und heute weiß und verstehe ich, was man mir damals sagen wollte.
Wenn sie dir in Deiner Kindheit nicht geben konnte, was Du brauchst, wird sie es Dir auch heute nicht geben.
Man muss lernen loszulassen, die Hoffnung loszulassen und sich das heutige Leben so gestalten, dass es einem gut geht.
Das, was man Dir vorenthalten hat, es kann durch nichts und niemanden heute gefüllt werden. Es wird immer eine Loch in einem bleiben. Aber man kann lernen mit diesem Loch zu leben, loslassen lernen und dafür sorgen, dass es einem heute gut geht.
Um so weit zu kommen ist erst mal Trauer notwendig, die Trauer um das, was man nicht bekommen hat. Irgendwann kommt dann der Punkt, wo man loslassen kann, die Hoffnung der Mutter gegenüber aufgeben kann. Mehr noch: Irgednwann entsteht das Gefühl, es von der Mutter gar nicht mehr zu brauchen, haben zu wollen, weil man sich erwachsen fühlt und mit den kindlichen Bedürfnissen abgeschlossen hat. Wenn man das erreicht hat, dann ist man auch offen für andere Menschen, deren Liebe und Geborgenheit und kann sie inder Rolle einer Erwachsenen wahrnehmen, spüren, ausleben und auch genießen.
Ist meine Erfahrung.
Gruß
Jenny
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_________________ Forum für falsche (induzierte) Erinnerungen, erfundener Missbrauch und Fehldiagnose DIS:
www.induzierte-erinnerungen.com |
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Karola
Forums-InsiderIn
354
Deutschland W, 33
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Mon, 09.Apr.07, 13:02 Re: Gefühlschaos |
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Hallo,
mir geht es auch so. Hatte auch noch keine Beziehung wegen unerfüllter Bedürfnisse aus der Kindheit und wenn doch, wäre sie wohl keine gleichberechtigte erwachsene Partnerschaft.
Frage: Wie kann denn die Thera einem noch helfen, die Bedürfnisse aufzugeben? Sie hat den Satz zu mir auch schon gesagt, dass ich das mit meiner Mutter abhaken muss. Wütend hat mich das nicht gemacht, aber WIE ich das schaffen kann, hat sie mir auch nicht erklärt. Jenny hat ja geschrieben, man müsse durch diesen Trauerprozess gehen. Hm.. irgendwie füllt dieses Thema dann ja schon eine ganze Therapie an sich aus. Ich habe aber noch viele andere Themen. Das hat zur Folge, dass immer mal wieder meine ungestillten Bedürfnisse Thema sind, aber im grunde drehe ich mich im Kreis. Ich wünsche mir nach wie vor, dass die Bedürfnisse nach Nähe in der Therapie befriedigt werden. Freunde habe ich leider wenige, das macht es noch schlimmer.
Karola
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Jenny Doe
Forums-Gruftie
536
BRD W, 39
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Mon, 09.Apr.07, 18:57 Re: Gefühlschaos |
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Hallo Karola!
Quote: | Hm.. irgendwie füllt dieses Thema dann ja schon eine ganze Therapie an sich aus. |
Das habe ich auch immer gesagt. Aber weißt Du, Entwicklung, Trauer usw. findet ja nicht nur in der Therapie statt, sondern auch im Alltag. Manchmal ist das einem gar nicht so richtig bewusst. Wenn man z.B. zu Hause weint, dann ist das auch Trauer und gehört zum Trauerprozess dazu.
Quote: | Ich wünsche mir nach wie vor, dass die Bedürfnisse nach Nähe in der Therapie befriedigt werden. |
Es ist schmerzhaft, wenn man diese Bedürfnisse verspürt, aber sie nicht erwidert werden. Da ensteht schnell das Gefühl, das sei immer so, erst in der Kindheit, jetzt auch noch in der Therapie, ...
Quote: | Freunde habe ich leider wenige, das macht es noch schlimmer.
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Ja, das macht das schlimmer und es macht einen vom Therapeuten abhängig.
Man kann die Kindheit aber nicht komplett aufholen. Manches schon, aber nicht alles. Ich hatte mir z.B. im Jugendalter mal eine Babyflasche gekauft und lange daraus getrunken. Irgendwann brauchte ich sie nicht mehr. Manches kann man nachholen, auch wenn es vielleicht nicht dasselbe ist.
Freunde sind wichtig, weiß ich heute. Sie müssen nicht unbedingt genau das tun, wonach man sich sehnt. (Ich hätte nie einen meiner Freunde gebeten, mir die Babayflasche gegeben.) Aber schon das Lächeln der Freunde kann einem viel geben.
Irgendwie ist das ein Teufelskreislauf: Wenn man keine Freunde hat, dann fehlte einem nicht nur damals was, sondern auch heute noch. Und dadurch, dass heute was fehlt, wird man immer wieder daran erinnert, dass ja auch schon früher was fehlte.
Aber wenn man heute was kriegt, und sei es nur ein nettes Lächeln, dann gibt das einem viel, füllt einen irgendwie mit Leben.
Gruß
Jenny
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Karola
Forums-InsiderIn
354
Deutschland W, 33
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Mon, 09.Apr.07, 22:51 Re: Gefühlschaos |
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Hallo Jenny,
Quote: | Das habe ich auch immer gesagt. Aber weißt Du, Entwicklung, Trauer usw. findet ja nicht nur in der Therapie statt, sondern auch im Alltag. Manchmal ist das einem gar nicht so richtig bewusst |
Ja, da hast Du recht. Trotzdem wäre eine analytische oder tiefenpsychologische Therapie wahrscheinlich für den Trauerprozess besser geeignet als eine Verhaltenstherapie,oder?
Quote: | Irgendwie ist das ein Teufelskreislauf: Wenn man keine Freunde hat, dann fehlte einem nicht nur damals was, sondern auch heute noch |
Früher war es bei mir noch besser. Zwar auch nur oberflächliche Freundschaften, die immer nur "Abschnittsfreundschaften" waren (also Schule, Ausbildung). Danach trennten sich die Wege...
Hatte auch schon Phasen, wo ich fast nur noch Kontakt zu prof. Helfern hatte (Psychiater, Therapeut, Sozialpädagoge). Das war dann für mich der "Freundschaftsersatz". Dort konnte ich wenigstens erzählen, was mich bewegt und mir wurde zugehört. Leider halt nur beruflich...
Liebe Grüße
Karola
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Stilles Wasser
sporadischer Gast
5
Bayern W, 21
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Mon, 09.Apr.07, 23:22 Re: Gefühlschaos |
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Hallo,
danke erst Mal für eure Antworten.
Vielleicht erzähle ich noch etwas mehr, damit ihr meine Situation noch besser verstehen könnt. Mein Vater ist gestorben als ich 12 Jahre alt war. Meine jüngere Schwester ist vor einigen Jahren an Leukämie erkrankt. Ich war damals 14. Mittlerweile geht es ihr körperlich wieder so einigermaßen gut. Zu dieser Zeit war meine Mutter ständig bei meiner Schwester im Krankenhaus. Sie hatte dann verständlicherweise keine Zeit für mich. Ich weiß, dass ich ihr deswegen auch keine Vorwürfe machen darf, aber trotzdem habe ich sie sehr vermisst. Oft lag ich weinend im Bett, wenn niemand zu Hause war.
Von meiner Mutter habe ich mir vor allem Liebe, Wärme und Unterstützung erhofft. Ich kann mich aber leider nicht daran erinnern, dass ich jemals in den Arm genommen worden bin. Das alleine tut schon weh. Irgendwie fühlt es sich für mich so an als müsste ich die Beziehung zu meiner Mutter abhaken, damit ich akzeptieren kann, dass ich nie das bekomme habe, was ich mir gewünscht habe. Damit würde ich meine Mutter "verlieren". Und das möchte ich auf keinen Fall nicht. Ich liebe meine Mutter, auch wenn sie nicht immer für mich da war.
Ich weiß, dass die Psychologin und ihr Recht damit habt, dass man irgendwann mal "loslassen" muss. Ich denke auch, dass diese Bedürfnisse schon viel früher befriedet werden hätten müssen und dass es jetzt nichts mehr bringen würde. Leider tut das Loslassen trotzdem so verdammt weh, auch wenn alles total logisch klingt. Mit dem Verstand lässt sich alles so leicht erklären, bloß was ist mit den Gefühlen. Muss man die dabei ausschalten? Irgendwie glaub ich nämlich manchmal, dass das Ziel einer Psychotherapie ist, dass alle Geschehnisse an einem abprallen sollen, dass man ein kalter, gefühlsloser Mensch wird. Sorry, für die ganzen Zweifel.
Jenny Doe, du hast geschrieben, dass man erst Mal über die Trauer zu dem Punkt gelangen kann, loszulassen. Was ist, wenn man diese Trauer gar nicht zulassen kann oder nie mehr aus dieser Trauer herausfindet. Ich habe meistens das Gefühl, dass man sich dann vor allem selbst bemitleidet und dass es einem dann noch viel schlechter geht. Ich bekomme auch oft dabei ein schlechtes Gewissen.
Dann mal gute Nacht.
lg
Stilles Wasser
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Julia™
Helferlein
30
England W, 31
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Tue, 10.Apr.07, 1:08 Re: Gefühlschaos |
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Liebe Stilles Wasser,
Ich kann das gut nachvollziehen, alleine zuhause zu sein und sich in den Schlaf zu weinen. Und dann durftest du nicht mal sauer auf sie sein, weil deine Schwester ja wirklich schwer krank war. Ich finde dass du ein Recht hast sauer zu sein, ganz bestimmt auf die damaligen Umstaende. Und das wuerde ich einfach mal ansprechen mit der Thera. Dass du da jetzt kopfmaessig einfach loslaesst, das erwartet sie ganz bestimmt nicht von dir.
Hast du schon einmal mit deiner Mutter ueber all das gesprochen?
Julia
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Jenny Doe
Forums-Gruftie
536
BRD W, 39
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Tue, 10.Apr.07, 5:35 Re: Gefühlschaos |
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Hallo Stilles Wasser!
Quote: | Was ist, wenn man diese Trauer gar nicht zulassen kann oder nie mehr aus dieser Trauer herausfindet. Ich habe meistens das Gefühl, dass man sich dann vor allem selbst bemitleidet und dass es einem dann noch viel schlechter geht. Ich bekomme auch oft dabei ein schlechtes Gewissen.
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Ich habe für mich während meiner derzeitigen Therapie etwas gemerkt und gelernt, was mich selber sehr überrascht hat.
Ich bin auch nicht der Typ, der hier sitzen kann und weinen kann oder Gefühle zulassen kann, Trauern kann, ... Mir geht es da so wie Dir: Ich habe ein schlechtes Gewissen. Ich denk dann immer: "Mensch, reiß Dich mal zusammen" oder so. Und ich mag es nicht, wenn es mir schlecht geht. Mir muss es immer gut gehen - warum auch immer.
Ich habe in den letzten Monaten viele Menschen durch den Tod verloren. Trauern konnte ich nicht, weinen konnte ich nicht, ... dachte ich. Heute weiß ich, dass das nicht stimmt. Ich habe getrauert, auf meine Art, auf eine Art, die mir nicht bewusst war. Irgendwie war in meinem Kopf: Man muss weinen, man muss sich vor Schmerzen auf dem Boden rumwälzen, ..., sonst ist das nicht Trauer. Und da ich all das nicht tat dachte ich, ich hätte nicht getrauert. Doch irgendwann stellte ich fest, dass der Schmerz mehr und mehr nachließ und das, obwohl ich, wie ich glaubte, nicht getrauert habe. Meine Therapeutin hingegen nahm bei mir sehr wohl ein Trauerprozess wahr. Nur ich nahm ihn nicht bewusst wahr, weil ich mich nicht so verhielt, wie man sich in meiner Vorstellung verhalten muss, wenn man trauert.
Was ich damit sagen will ist: Es gibt mehrere Möglichkeiten zu trauern. Weinen ist eine, andere Möglichkeiten sind z.B. auch das Malen, die Farben die man wählt.
Ich habe, ohne mir dessen bewusst zu sein, verarbeitet. Das war kein Prozess von einer Minute auf die nächste. Das war eine Entwicklung. Über die Zeit hinweg gab es immer wieder Zeiten in denen ich, ohne es zu merken, getrauert habe, ohne mir dessen wirklich bewusst zu sein.
Ähnlich verlief es mit meinen Kindheitserinnerungen. Irgendwann belasteten sie mich nicht mehr und ich war total irritiert und dachte: "Wie kann das sein, ich habe doch nicht genug geweint" und so. Doch als ich meine Tagebücher laß stellte ich fest, dass ich einen langen Trauerprozess hinter mir hatte, der durch Scheiben, Malen usw. charakterisiert ist.
Quote: | Mit dem Verstand lässt sich alles so leicht erklären, bloß was ist mit den Gefühlen. Muss man die dabei ausschalten? |
Nein, die muss man nicht ausschalten. Es ist nur leider so, dass der Verstand es zuerst kapiert, während das Gefühl dem Verstand oft hinterherhinkt. Du musst die Gefühle nicht ausschalten, aber man muss das erst mal vom Verstand kapieren, damit das auch ins Gefühl dringen kann.
Gruß
Jenny
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_________________ Forum für falsche (induzierte) Erinnerungen, erfundener Missbrauch und Fehldiagnose DIS:
www.induzierte-erinnerungen.com |
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Jenny Doe
Forums-Gruftie
536
BRD W, 39
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Tue, 10.Apr.07, 5:58 Re: Gefühlschaos |
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Hallo Carola!
Quote: | Trotzdem wäre eine analytische oder tiefenpsychologische Therapie wahrscheinlich für den Trauerprozess besser geeignet als eine Verhaltenstherapie,oder?
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Wenn Du das Gefühl hast, dass dich eine VT nicht weiterbringt, dann probier es mal mit einer anderen Methode. Jedem hilft was anderes.
Verhaltenstherapeuten arbeiten unterschiedlich. Manche arbeiten gar nicht mit der Kindheit, andere schon und bei denen spielt dann auch der Trauerprozess ein Rolle.
Quote: | Früher war es bei mir noch besser. Zwar auch nur oberflächliche Freundschaften, die immer nur "Abschnittsfreundschaften" waren (also Schule, Ausbildung). Danach trennten sich die Wege...
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Was macht es Dir so schwer Kontakte zu knüpfen und zu pflegen?
Quote: | Hatte auch schon Phasen, wo ich fast nur noch Kontakt zu prof. Helfern hatte (Psychiater, Therapeut, Sozialpädagoge). |
Diese Phasen kenne ich auch. Ich denke heute, dass das für mich ein Kompromiss war. So hatte ich soziale Kontakte, aber halt in einem geschützen Rahmen. Später habe ich mich an die Kontakstelle des Sozialpsychiatrischen Zentrums gewandt. Da hatte ich dann mehr Kontakt, auch zu "normalen" (also nicht therapeutisch arbeitende)Menschen, aber der Rahmen war immer noch sicher. Und von dort aus habe ich den Absprung in die wirkliche Welt geschafft.
Gruß
Jenny
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vallée
Forums-Gruftie
514
Wolkenkuckucksheim W, 27
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Tue, 10.Apr.07, 9:09 Re: Gefühlschaos |
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Quote: | Irgendwie glaub ich nämlich manchmal, dass das Ziel einer Psychotherapie ist, dass alle Geschehnisse an einem abprallen sollen, dass man ein kalter, gefühlsloser Mensch wird. Sorry, für die ganzen Zweifel.
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Das glaube ich ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Die Therapie regt dich dazu an, sich mit dir und dienen gefühlen auseinder zu setzen. Denn mit der Hoffung, die da immer noch in dir ist, lähmst du dich. Trauern, das ist auch Leben. Wenn dundir erstmal richtig erlaubst, die Trauer hochkommen zu lassen, sind es riesige Gefühle. Aber sie haben auch mal ein Ende, bzw. wandeln sich in etwas, das leiser ist und erträglicher. Zumindest hoffe ich das.
Quote: | Ich bin auch ziemlich wütend auf die Psychologin, weil sie mir nur sagt, dass ich akzeptieren soll, dass ich nicht mehr viel von meiner Mutter erwarten dürfte und nicht WIE ich das nur schaffen könnte. |
So erging es mir auch schon einige Male. Ich ärgere mich immer noch, wenn ich solche Sachen gesagt bekomme. Aber eigebntlich begreife ich auch langsam, dass es eben etwas ist, das man nicht so recht in Worte fassen kann und was so individuell ist. Mein Rat wäre einfach mit der Therapeutin/Psychologin, aber insbesondere mit Menschen, die dir Nahe stehen über diene Gefühle zu reden, dich darauf einzulassen.
Noch etwas fällt mir dazu ein, zumindest mir geht es so: Meine Gefühle richtigen sich oft sehr stark auf die Therapeutin. Ich glaube deshalb, weil man da eben die Sicherheit hat, die man zu den Eltern, Familie nicht hat. Denn Trauer, Enttäuschung, Wut rauszulassen dazu gehört auch Vertrauen.
Diese Wut, die ich spüre, wenn mir die Therapeutin so etwas sagt gilt nicht wirklich ihr. Es ist die Wut über die Enttäushcung,w enn ich eben spüre, dass sie recht hat und ich nichts mehr von der Familie zu erwarten habe. Also gilt die Wut denen. Auch wenn die Therapeutin mich nicht gleich versteht, dann ere ich so enorm wütend und enttäuscht. Aber irgendwo weiß ich, es ist eine Enttäuschung, die zu meiner Familie gehört. Aber da fühle ich mich, obwohl finanziell und auch sonst seit Jahren unabhängig immer noch nicht sicher genug diese Gefühle in mir zu spüren und wirklich auf sie zu richten. Statt dessen kriegt es alles die Therapeutin ab. Aber vielleicht ist das auch Sinn einer Therapie. Das ganze so zu verarbeiten. Wer weiß.
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Stilles Wasser
sporadischer Gast
5
Bayern W, 21
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Tue, 10.Apr.07, 23:10 Re: Gefühlschaos |
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Hallo,
Quote: | Hast du schon einmal mit deiner Mutter ueber all das gesprochen? |
Mit meiner Mutter habe ich noch nie über mich, geschweige denn meine Gefühle gesprochen. Ich glaub, ich kann und möchte das auch nicht, weil ich denke, dass sie mich sowieso nicht verstehen würde. Sie fühlt sich auch sehr schnell verletzt und wird dann ziemlich aufbrausend. Ein normales Gespräch ist dann nicht mehr möglich. Im Streit mache ich ihr dann schon mal den Vorwurf, dass sie damals für mich nicht dagewesen sei und mich im Stich gelassen hat. Natürlich bringt das verständlicherweise nichts.
Quote: | Ähnlich verlief es mit meinen Kindheitserinnerungen. Irgendwann belasteten sie mich nicht mehr und ich war total irritiert und dachte: "Wie kann das sein, ich habe doch nicht genug geweint" und so. |
Irgendwie kann ich es mir nicht vorstellen, irgendwann einmal auf die Vergangenheit zurückzublicken ohne dass diese Erinnerungen einen belasten. Mancher Schmerz sitzt doch viel zu tief. Oder heilt die Zeit alle Wunden? Mir geht es zumindest so, dass ich gar nicht nachgrübeln darf, was alles in der Vergangenheit schief gelaufen ist, sonst gehts mir erst Recht schlecht. Ist dieses Nachgrübeln dann eigentlich auch Trauer?
Quote: | Meine Gefühle richtigen sich oft sehr stark auf die Therapeutin. |
Mir geht es ähnlich. Oft lasse ich an ihr die Wut aus, obwohl sie eigentlich gar nicht dahin gehört. Schon alleine, wenn sie etwas nüchtern wirkt, werde ich wütend auf sie. Da steckt vielleicht auch der Wunsch dahinter manchmal etwas mehr Wärme und Zuneigung von der Psychologin zu bekommen. Das wäre natürlich die Aufgabe der Mutter gewesen. Alles ist so kompliziert.
Liebe Grüße
Stilles Wasser
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