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mandelkern
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Post Sun, 25.Mar.07, 10:12      Nähe beim Sport - Ekel Reply with quoteBack to top

Hallo,

ich bin Sozialphobiker (glaub ich), und nachdem ich eine Therapie hinter mir habe, habe ich begonnen, mich aus meiner Isolation zu befreien.

Nun bin ich in einem Sportverein, in dem ich mich manchmal sehr wohl fühle, ein richtiges Hochgefühl habe, was neu für mich ist, und mir sehr gut tut.

Nur gibt es sehr oft Tage, an denen wir uns gegenseitig mit speziellen Griffen zB hochheben müssen, oder so ne Art "Huckepack" durchführen müssen. Und dabei fühle ich mich unendlich mies!
Einerseits weiß ich, dass es etwas "normales" ist, andererseits möchte ich einem Fremden nicht so nahe sein.
Irgendwie ist es auch ein Gefühl des "ausgeliefert sein", obwohl die Leute in dem Verein super nett sind und ich sie auch mag.

Ich habe mich, vor allem am Anfang, öfters geweigert bestimmte Übungen zu machen, was für meinen Trainingspartner natürlich nicht angenehm ist, weil er die Übungen alleine ja nicht durchführen kann.

Heute lasse ich die Übungen mehr oder weniger über mich ergehen, obwohl es mich davor ekelt. Und außerdem habe ich keine Lust mehr im Mittelpunkt zu stehen durch meine Verweigerungen. Hoffe darauf, dass es mit der Zeit besser wird?

Kennt wer so eine Situation? Ich frage mich, woher dieser Ekel vor Berührungen kommt, wenn ich die Menschen doch mag? Versteh mich manchmal selber nicht.
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Post Sun, 25.Mar.07, 12:52      Re: Nähe beim Sport - Ekel Reply with quoteBack to top

Hallo mandelkern,

Quote:
Einerseits weiß ich, dass es etwas "normales" ist, andererseits möchte ich einem Fremden nicht so nahe sein.


Die entscheidende Frage ist, möchtest du einem Fremden nicht so nahe sein, oder möchtest du einem Fremden deine Nähe nicht zumuten? Hinter einer SP verbirgt sich bekanntlich die Angst vor Beurteilung die mit steigender Nähe ebenso zunimmt.
Ich finde es gut, dass du trotz deiner Abneigung gegen Nähe sie zulässt, das ist ein Lernprozess und es wird mit der Zeit besser. Du weißt eh Angst lebt durch Vermeidung und das zu machen was am meisten Angst verursacht ist ein guter Weg diese zu besiegen.

Quote:
Und außerdem habe ich keine Lust mehr im Mittelpunkt zu stehen durch meine Verweigerungen.


Ja, das ist das Dilemma des Sozialphobikers. Er möchte alles vermeiden, was ihn in den Mittelpunkt bringt und gerade dadurch bringt er sich dorthin was unbedingt vermieden werden soll.

Quote:
Ich frage mich, woher dieser Ekel vor Berührungen kommt, wenn ich die Menschen doch mag?


Eine mögliche Antwort liegt in meiner ersten Frage. Der Ekel ensteht im Normalfall nicht durch die anderen (sofern Symphatie vorhanden), sondern durch die eigene Unfähigkeit sich anderen Menschen "zumuten" zu wollen. Der SP`ler erlebt sich als Zumutung für andere Menschen deshalb meidet er sie ohne damit wirklich glücklich zu sein. Wäre das nicht so, würde kein Leidensdruck entstehen und das Nicht Suchen von Nähe wäre keine Belastung sondern ein normales (gesundes) Empfinden.

Zusammengefasst, ich finde du bist auf einem guten Weg und kannst stolz auf dich sein. Ich kan dir den Tipp geben achte in so unangenehmen Situation genau auf deine Gefühle, wie fühlt sich das an, was ist das schlimmste an dieser Situation. Du könntest das auch in einem Art "Notensystem" zuhause aufschreiben, wie ging es dir heute mit Nähe von sehr gut (1) bis sehr schlecht (5) und was an guten Tagen anders war? So erkennst du schnell Fortschritte und merkst das nicht jeder Tag gleich ist. Vor allem kannst du selbst viel zum Erfolg beitragen.

LG
comus

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Post Sun, 25.Mar.07, 13:13      Re: Nähe beim Sport - Ekel Reply with quoteBack to top

Hallo,

comus wrote:
Der Ekel ensteht im Normalfall nicht durch die anderen (sofern Symphatie vorhanden), sondern durch die eigene Unfähigkeit sich anderen Menschen "zumuten" zu wollen.


Ich bin mit dieser Aussage so wenig einverstanden, dass ich auch was dazu schreiben mag Wink

Ich bin keine Sozialphobikerin, mag andere Menschen idR, habe keine Schwierigkeiten mit mir und meiner Körperlichkeit, liebe die körperliche Nähe mit meinem Mann, umarme gerne meine Freundin, meine Mutter ...
UND ICH VERABSCHEUE körperlich "erzwungene" Nähe zu anderen Menschen. Dazu gehörte auch der Versuch, Judo zu erlernen, dazu gehört, von mir nicht nahestehenden Menschen (ohne dass diese Hebamme oder Arzt sind Wink) am Schwangerschaftsbauch berührt zu werden, dazu gehört, in der U-Bahn ungerne anderen Menschen körperlich zu nah zu sein.
Ich denke nicht, dass ich mich da irgendwie überwinden oder etwas lernen müsste. Es ist halt mein persönliches Distanzempfinden zu anderen Menschen, mit dem ich mich wohl oder eben nicht wohl fühle.
Dieses Distanzbedürfnis mag von Mensch zu Mensch etwas variieren - aber grundsätzlich sollte es da sein und jeder sollte diesem Gefühl Raum geben, man darf sich wohl oder eben unwohl fühlen und danach handeln.

Möglicherweise ist diese Übung für Mandelkern auf Dauer extrem unangenehm, vielleicht lässt das blöde Gefühl nach, wenn diese immer mit dem gleichen Trainingspartner gemacht wird?

Lg,

Irrlicht

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Post Sun, 25.Mar.07, 13:43      Re: Nähe beim Sport - Ekel Reply with quoteBack to top

Hallo tanzendes_irrlicht,

Okay, da hab ich mich ein wenig mißverständlich ausgedrückt. Ich bezog das Nähe zulassen können in Zusammenhang mit einer SP.

Beachte dazu folgenden Satz in meinem Beitrag

comus wrote:
Wäre das nicht so, würde kein Leidensdruck entstehen und das Nicht Suchen von Nähe wäre keine Belastung sondern ein normales (gesundes) Empfinden.


Abgesehen davon gibt es ein natürliches und gesundes Distanzempfinden welches damit auch nicht in Frage gestellt werden soll. Ich mag es auch nicht wenn ich eingepfercht in der U-Bahn mit wildfremden Menschen stehe und finde das völlig normal. Was den "Wohlfühlabstand" zwischen fremden Menschen betrifft gibt es natürlich kulturelle Unterschiede, in unserer westlichen Welt ist er relativ groß, so können "lustige" Szenen entsthen wenn verschiedene Kulturen aufeinandertreffen.

Kulturelle Unterschiede
In Südamerika sind die Distanzzonen geringer ausgeprägt als in Mitteleuropa. In einem brasilianischen Reitclub hatten derartige Missverständnisse zwischen Mitteleuropäern und Nordamerikanern schmerzhafte Folgen: Ein Schreiner musste das Geländer einer Veranda erhöhen, weil immer wieder Nordamerikaner und Nordeuropäer rücklings hinunter gestürzt waren. Ihre südamerikanischen Pferdefreunde hatten den üblichen „nordischen“ Gesprächsabstand von einer Armlänge nicht eingehalten, und die Gäste hatten sich unbewusst bedroht gefühlt. Da sie Schritt um Schritt zurückwichen und die Südländer nachrückten, hatte dies fatale Folgen.

Ähnlich problematisch können Begegnungen zwischen kühlen Engländern, die Berührungen praktisch nie zulassen, und Männern aus Puerto Rico sein. Ein puerto-ricanischer Mann wird seinen Gesprächspartner, wie bei Beobachtungen gezählt wurde, wohlmöglich 180-mal pro Stunde berühren. Für den Briten genau 180-mal zu oft. Der Engländer wird dem Puerto-Ricaner mit Sicherheit homosexuelle Absichten unterstellen.



LG
comus Wink

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mandelkern
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Post Sun, 25.Mar.07, 16:17      Re: Nähe beim Sport - Ekel Reply with quoteBack to top

Hallo comus!

comus wrote:
...Die entscheidende Frage ist, möchtest du einem Fremden nicht so nahe sein, oder möchtest du einem Fremden deine Nähe nicht zumuten?


Das ist eine wirklich gute Frage, hat mich echt zum Grübeln gebracht.

Es ist wahrscheinlich wirklich so, dass ich meine Nähe niemandem zumuten möchte.

Denn ich fühle mich zu einem sogar hingezogen, liebe es, wenn er in meiner Nähe ist und wenn er mich berührt, doch sobald sich der Kontakt nicht nur auf die Hände beschränkt, kommt der Ekel auf und Wut steigt in mir hoch.

Habe auch oft das Gefühl, dass die Leute zusammenbrechen könnten, wenn sie "Hebeübungen" mit mir machen, was im Prinzip blödsinnig ist, weil es nicht um Kraft, sondern Technik geht.

Hm, ich sollt mich wahrscheinlich erst mal selbst akzeptieren, bevor ich die Nähe zu einem anderen Menschen zulassen kann.

Danke für den Denkanstoß, comus!


@tanzendes_irrlicht

tanzendes_irrlicht wrote:
UND ICH VERABSCHEUE körperlich "erzwungene" Nähe zu anderen Menschen. Dazu gehörte auch der Versuch, Judo zu erlernen, ...


Aber wenn du zB nicht Judo lernst, weil du die Nähe zu den Trainingspartnern (die du angenommen nett findest) nicht zulassen willst/kannst, dann wäre das für mich persönlich zB ein Rückschritt, weil dann meine "Angst/Problem" über meinen Wunsch gesiegt hätte.
Denn ich denke, dass es in dem Fall ganz "normal" sein sollte, die Nähe zulassen zu können?

LG,
mandelkern
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Post Sun, 25.Mar.07, 16:44      Re: Nähe beim Sport - Ekel Reply with quoteBack to top

mandelkern wrote:
Hm, ich sollt mich wahrscheinlich erst mal selbst akzeptieren, bevor ich die Nähe zu einem anderen Menschen zulassen kann.


Aus eigener Erfahrung weiß ich natürlich, dieses Ziel zu erreichen ist ein langer und steiniger Weg. Deshalb reicht es mir oft schon ein Problem zu erkennen, auch wenn ich es jetzt noch nicht lösen kann. Zumindest hast du schon mal die Erkenntnis gewonnen Nähe nicht prinzipell abzulehnen. Was natürlich nichts mit einer SP zu tun hat ist, wenn du dich nicht mit wildfremden Menschen zusammenkuscheln möchtest, sondern wenn du Nähe mit Personen deines Vertrauens trotz deines Wunsch und Willens nicht aufbauen kannst.

LG
comus

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Post Mon, 30.Apr.07, 9:32      Re: Nähe beim Sport - Ekel Reply with quoteBack to top

sag ma mandelkern ...
muss es für den anfang gleich so eine "körperliche" sportart sein ??
...selbst kann ich beim tischtennis andrer leute schweiss ganz passabel ertragen, aber was "näheres": NO - u. ich hab keine SP !! (vermut`ich
jedenfalls stark...)
LG brocoli

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