Neues Forum! [Info]
Post new topic Reply to topic    Print
Author Message
blue77
Helferlein
Helferlein


Posts 30
Wohnort Bad Neustadt
W, 29


Post Tue, 20.Mar.07, 16:21      Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Hi,
ich habe seit jahren wiederkehrende Depressionen, nehme auch Medikamente vom Facharzt verschrieben.
Das schlimmste daran ist diese Antriebsschwäche, zu nichts Lust, bringt nichts auf die Reihe.
Meine Therapeutin meinte dazu nur: Überwindung, Selbstdisziplin.
Großes Problem habe ich mit dem Haushalt, Putzen.
Wenn ich da anfang, werden die Depressionen sehr heftig-keine Ausrede.
Einzig das Lesen ist es, wo ich diese Antriebsschwäche nicht verspüre.
Ich fühle mich auch körperlich oft völlig ausgebrannt und schlapp.
Organisch ist alles in Ordnung.
Wie geht ihr damit um, wenn ihr diese lähmende Antriebsschwäche im Rahmen einer Depression habt?
Überwindet ihr euch?
Einerseits wird diese ja immer schlimmer, wenn man ihr nachgibt, andererseits wird vom Ankämpfen dagegen auch abgeraten, soll wie ein Auto sein, wo die Handbremse angezogen ist.
Wer hat auch so Erfahrungen, wo diese Antriebsschwäche so heftig ist, und wie geht ihr damit um?

Freue mich über Erfahrungsberichte, Tips von Leuten, denen es ähnlich geht/ging

Jani

_________________
Jeder erschafft seine Wirklichkeit selbst
Find all posts by blue77
Werbung
Joli69
sporadischer Gast
sporadischer Gast


Posts 20
Wohnort Deutschland
W, 37


Post Tue, 20.Mar.07, 19:24      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Hallo Jani,

Antriebsschwäche... puuh, kann dich grad gut verstehen. Hab ich auch hin und wieder und grad jetzt, nachdem es letzte Woche bei dem schönen Wetter aufwärts ging, geht es diese Woche wieder abwärts. Sad

Ich kann meistens ganz gut dagegen ankämpfen, indem ich mir morgens beim Frühstück einzeln aufschreibe, was ich heute erledigen muss/will und überlege mir eine "Belohnung" als Ziel.
Mit aufschreiben, meine ich wirklich all die Kleinigkeiten, wie Fenster putzen oder Wohnzimmer saugen, Küche wischen, einkaufen, etc. (klingt verrückt, funktioniert bei mir aber) und wenn ich etwas erledigt habe, dann streiche ich das auch durch.
Ich plane dann auch extra ein oder zwei Kaffeepausen mit ein, während derer ich dann ein wenig lese. Und ne Belohnung am Ende des Tages ist für mich schon ein schönes Bad nehmen, einen gemütlichen Abend bei Kerzenlicht, eingekuschelt in eine Decke auf dem Sofa ein gutes Buch lesen.
Zur Belohnung werden diese Dinge dadurch, dass ich sie bewusst plane, mich dann auch drauf freue und sie so viel mehr genieße, als wenn ich auf Automatismus schalte.
Kraft tanke ich in der Natur bei einem Spaziergang. Der muss oft gar nicht lang sein. Manchmal reicht es schon, wenn ich bei uns im Dorf mal kurz eine Runde durch die nächste Straße drehe, dann eine heiße Tasse Kakao und schon fühl ich mich besser.

Gäbe es da irgendwelche Möglichkeiten, die du dir für dich vorstellen könntest? Wann hast du dich denn zum letzen Mal weniger antriebsschwach und depressiv gefühlt?

Liebe Grüße Joli

_________________
Jenseits von falsch und richtig gibt es einen Ort.
Dort treffen wir uns.
Rumi
Find all posts by Joli69
mizzy7
Forums-InsiderIn
Forums-InsiderIn


Posts 284
Wohnort Berlin
W, 40


Post Wed, 21.Mar.07, 8:57      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Meine erfahrung ist: wenn man sich disziplinieren kann, dann ist es schon nicht mehr ganz schlimm. Wenn der antrieb jedoch versiegt ist, dann geht es nicht. Manchmal aber geht ein bisschen und das versuche ich auszunutzen und so weit zu gehen, wie es möglich ist. Ohne mir zu starke vorwürfe zu machen, wenn es nicht klappt. Es ist schade drum, wenn man die möglichkeiten nicht ausnutzt, denn das aufräumen und erledigen von sachen wirkt sich meistens positiv verstärkend aus. So ist es bei mir. Ich räume oft nicht auf und schiebe erledigungen vor mir her. Meistens bin ich dann so verstrickt in bestimmte weitreichende gedanken, dass sich das naheliegende kleine nicht sehen kann oder für unwichtig halte. Dabei sind es immer nur konkrete kleine schritte, die man gehen kann. Das ist die depression, in den konkreten aktionen gelähmt zu sein. Ich weiß das, aber leider gibt es zustände, in denen das wissen überlagert ist von diesen blockaden. Das versuche ich zu akzeptieren, denn ich habe mir meine konstitution und depressionen nicht ausgesucht. Trotzdem versuche ich nicht aufzugeben und immer wieder die grenzen zu erweitern. Nicht übel ist übrigens früh aufzustehen. Langes im bett liegen und grübeln ist mist. Aber ich tue es oft, wenn ich keinen zwingenden termin habe.

Alles gute und lieben gruß! Wink
Find all posts by mizzy7
iMage
Forums-InsiderIn
Forums-InsiderIn


Posts 191
Wohnort Chaos
W, 23


Post Wed, 21.Mar.07, 12:22      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Früh aufstehen ist super - wenn man es schafft Smile

Hat jemand von Euch Erfahrung mit einer "Notfallliste". Das Aufschreiben aller Dinge, die ich tun will, hilft mir auch immer, aber wenn ich im Loch bin, fällt es mir meist gar nicht ein. Insofern dachte ich gerade, eine Notfallliste mit ganz kleinen Aufgaben, die man leicht bewältigen kann (Wohnzimmer staubsaugen oder so), die einen aber wieder hochziehen ...) könnte vielleicht ganz nützlich sein. Die kann man dann auch schreiben, bevors einem schlecht geht Smile
Find all posts by iMage
Werbung
Nachtvogel
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie


Posts 517
Wohnort Ex-Norddeutsche:)
W, 30


Post Wed, 21.Mar.07, 14:50      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Tja, mir geht's ähnlich wie mizzy7: Geht's mir so lala, dann schaffe ich es auch irgendwie, mich zu motivieren (zumindest zu kleineren Tätigkeiten). Bin ich aber so "richtig" depressiv, so klappt das ueberhaupt nicht. Das Problem bei der Depression ist ja, dass man alles als völlig sinnlos ansieht. Ganz anders, als wenn man einfach keinen Bock hätte, jedoch einen Sinn in der Sache sieht - dann kann man sich am Riemen reissen und die Sache hinter sich bringen. Sieht man aber keine Sinn in den Sachen, so sieht man auch auch keinen Sinn, sich zu motivieren oder sich am Riemen zu reissen. Aus dem Grunde funktioniert auch eine Tätigkeitenliste bei mir ueberhaupt nicht. Bin ich "zu" depressiv, ist es mir absolut egal, ob ich was auf die Reihe bekomme oder nicht, ob ich was esse, an einer Krankheit sterbe oder sonst was. Ich habe dann keinen Lebenswillen.

Bei mir geht die Depression wie bei blue 77 auch ins Körperliche: Ich habe dann einfach keine Kraft. Meine Kondition (etwa beim mit dem Rad in die Stadt zum Einkaufen fahren) ist völlig unterschiedlich, ob ich nun gerade "richtig" depressiv bin oder ob es mir psychisch einigermassen gut oder "ganz normal" geht. Im depressiven Zustand habe ich einfach keine Kraft. Mir ist schwindelig, ich sehe irgendwie schlecht, ich kapiere Dinge nicht, kann mich nicht entscheiden ... Leicht breche ich auch zusammen/in Tränen aus oder bekomme einen Wutanfall. Meinst mache ich da mehr kaputt als dass ich mir helfe, wenn ich mich in so einem Zustand unter Leute zwinge.
Zur Zeit laufe ich relativ gut damit, wenn ich mich während einer stärker depressiven Phase einfach gehen lasse und etwa schlafe oder im Bett liege. Die Phasen sind meist morgens, so dass mir dann Morgen und Vormittag fehlen. Dafuer geht's mir dann aber nachmittags häufig besser, so dass ich dann Dinge erledigt bekomme. So klappt es ueberraschenderweise wesentlich besser, als wenn ich mich morgens depressiv aus dem Bett quäle und dann irgendwas machen zu versuche. Meist klappt es dann eh nicht (richtig) und das frustiert mich dann so, dass ich den ganzen Tag nichts auf die Beine bekomme.

LG, Nachtvogel
Find all posts by Nachtvogel
Joli69
sporadischer Gast
sporadischer Gast


Posts 20
Wohnort Deutschland
W, 37


Post Thu, 22.Mar.07, 17:53      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Hallo,

irgendwie geht mir jetzt dieses Wort: "Depression", nicht mehr aus dem Kopf. Es hängt da wie ein schwarzes Tuch, das nur darauf wartet, dass es einen umhüllen kann. Sad
Ich meine, alleine das Wort läßt einen doch schon in sich selbst zusammensinken und hoffnungslos aus dem Fenster starren. Das ist jetzt einfach mal so das Gefühl das es in mir weckt und das ich hier so einfach hinschreibe.
Wen ich falsch liege, sagts mir einfach.

Ich glaub ich werde dieses Wort für mich jetzt einfach gegen "Melancholie" austauschen.

Melancholie, Melancholie, Melancholie...

und jetzt mach ich mir nen heißen Kakao


Liebe Grüße und ein Lächeln an euch
Jolie

_________________
Jenseits von falsch und richtig gibt es einen Ort.
Dort treffen wir uns.
Rumi
Find all posts by Joli69
Werbung
Nachtvogel
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie


Posts 517
Wohnort Ex-Norddeutsche:)
W, 30


Post Thu, 22.Mar.07, 21:03      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Moin!
Melancholie ist eigentlich ein recht schönes Gefuehl. In solche Stimmungslagen komme ich auch manchmal. Oft, wenn ich mich an etwas Schönes erinnere, was es jetzt nicht mehr gibt - oder halt, wenn ich sehnsuechtig vor mich hinträume. Man kann dabei auch ruhige Musik hören, etwas träumerische - wie z.B. Clannad. Nicht selten bekomme ich in solchen Phasen einen Kreativen und schreibe, male, fotografiere etwas. Geht's euch so ähnlich?

Ist aber was ganz anderes als eine lähmende Depression, in der einem alles aussichtslos, sinnlos und schrecklich vorkommt.

LG, Nachtvogel
Find all posts by Nachtvogel
mizzy7
Forums-InsiderIn
Forums-InsiderIn


Posts 284
Wohnort Berlin
W, 40


Post Fri, 23.Mar.07, 0:11      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Melancholie ist für mich eine stimmung, ähnlich wie nachtvogel beschreibt. Ein gefühl, in das sehnsucht mit hineinspielt, getrennt sein, wobei das, wovon ich mich entfernt fühle, spürbar ist.
Depression ist nicht-gefühl. Ich finde, ein körperlicher mangelzustand. Vielleicht sind überwiegend melancholische menschen anfällig für depressionen. Der unterschied zwischen melancholie und depression ist für mich deutlich.
Ich empfinde allerdings auch, dass das wort depression eine starke wirkung hat. Manchmal hilft es mir, es zu vermeiden, indem ich konkretere und kleinere beschreibungen finde - müde, erschöpft, traurig, enttäuscht, niedergeschlagen ... da gibt es eher einen ausweg.

LG, mizzy7 Wink
Find all posts by mizzy7
Joli69
sporadischer Gast
sporadischer Gast


Posts 20
Wohnort Deutschland
W, 37


Post Sat, 24.Mar.07, 9:31      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Hallo,

Melancholie fördert also kreative Talente... Very Happy und Kreativität wirkt sich doch unheimlich gut auf die Selbstachtung aus und stärkt das Selbstbewusstsein, oder?
Malen kann ich gar nicht (neidisch guck) aber schreiben tue ich auch gern. Ich kann mich da total drin verlieren, wenn die Worte fließen und die Finger über die Tastatur huschen. Musik beeinflusst mich da auch sehr. Ich kann dann Melancholie auch sehr genießen, weil ich durch sie ja produktiv werde, (werden kann, wenn ich sie nutze, da ist natürlich der Haken) und mir ist es dann gar nicht wichtig, ob irgendjemand bewertet, was ich schreibe. Allein dass die Zeilen da stehen und sie mir gefallen - das tut mir gut.

Mit dem fotografieren hast du mich auch grad auf eine Idee gebracht. Dieses Hobby werd ich jetzt glaube ich auch wieder aufleben lassen. Danke Nachtvogel. Smile


Quote:
Ich empfinde allerdings auch, dass das wort depression eine starke wirkung hat. Manchmal hilft es mir, es zu vermeiden, indem ich konkretere und kleinere beschreibungen finde - müde, erschöpft, traurig, enttäuscht, niedergeschlagen ... da gibt es eher einen ausweg.


Genau darauf wollte ich hinaus *grins*, vielleicht ist es ja irgendwie möglich aus diesem "manchmal" ein "öfter" zu machen.
Diesen Ausweg, der da ein wenig leichter zu finden ist - wie du so schön schreibst - durch die Umschreibung überhaupt zu sehen und vielleicht noch gehen zu können, während das Wort Depr. meinem Gefühl nach, von Anfang an verhindert, einen Ausweg überhaupt zu erkennen.

Und dann stell ich mir grad dauernd die Frage, wie man die Zeiten, in denen die Stimmung besser bzw. gut ist, am besten für sich nutzen kann.
Nutzen in dem Sinne, dass man möglichst viel Positives für sich tut und verändert. Nutzen in dem Sinne, Altes loszulassen und Neues zu suchen. Nutzen in dem Sinne, dass man sich selbst möglichst oft auf die Schulter klopfen kann und sich sagt: He, Mädchen, das hast klasse hingekriegt.
Irgendwie so ähnlich... Mir fehlen grad die Worte dafür.
Habt ihr schon mal was von EFT gehört?

LG Joli

_________________
Jenseits von falsch und richtig gibt es einen Ort.
Dort treffen wir uns.
Rumi
Find all posts by Joli69
iMage
Forums-InsiderIn
Forums-InsiderIn


Posts 191
Wohnort Chaos
W, 23


Post Sat, 24.Mar.07, 11:12      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Such mal nach Pick-up (Verführungskunst), das war im Wie-finde-ich-eine-Freundin-Thread öfter mal erwähnt worden. Offensichtlich scheint es eine beliebte Strategie für die angehenden Womanizer zu sein, um ihr Selbstwertgefühl anzustreichen.

Aber an Erfahrungen wäre ich auch interessiert Cool

lg
iMage
Find all posts by iMage
Werbung
Nachtvogel
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie


Posts 517
Wohnort Ex-Norddeutsche:)
W, 30


Post Sat, 24.Mar.07, 14:03      Re: Wie umgehen mit Antriebsschwäche bei Depressionen? Reply with quoteBack to top

Also ich finde am Wort Depression ansich nix Negatives. Genauso wie ich an den Wörtern "Grippe", "Epilepsie" oder "Kopfschmerzen" an sich nix Negatives finde. Sie geben halt bestimmten Erkrankungen oder Symptomen Namen. Ich war dankbar, als ich nach meinem Selbstmordversuch beim Arzt war und der meinem vorausgegangenden monatelang andauernden absolut schrecklichen Zustand den Namen "Depression" gegeben hat. Da war der Zustand plötzlich nicht mehr so alles umgreifend, sondern halt eine Depression - etwas, worueber man Infos finden und wogegen man Medikamente und Therapie bekommen konnte. Und etwas, was von Ärzten und anderen Leuten ernst genommen wurde. Auch von mir selbst.
Vorher dachte ich halt auch eher an "Niedergeschlagenheit", "Trauer" usw. und habe nix dagegen unternommen, was mir am Ende beinahe das Leben gekostet hätte.
Habe ich jetzt mal wieder eine stärker depressive Phase, weiss ich inzwischen, dass das halt wieder mal ne Depri ist, die gewöhnlich "so und so" verläuft und durch "das und das" zu mindern ist. Und dass es halt auch wieder vorbei geht. Ohne diesen Namen wäre der Zustand fuer mich anders, allesumfassend und wie ein Teil von mir, der immer dazu gehört.

Eine Depression ist im Prinzip ja auch was Wertvolles, weil sie einem halt signalisiert, dass nicht alles ok ist. Man sollte sie deshalb auch zulassen und nicht verleugnen. Durch das Verleugnen versucht man nur, seinen Gefuehle zu vergraben und sozusagen normal weiterzumachen. Kehrt man alles nur unter den Teppich, wird man irgendwann vom ganzen angesammelten Berg ueberrollt. Probleme kann man nur durch Konfrontation lösen; z.B. dadurch, dass man infolge einer Depression in Therapie geht und das aufarbeitet, was einem an der Seele hängt.

Soweit zu meiner Meinung + eigenen Erfahrungen Smile Wink

LG, Nachtvogel
Find all posts by Nachtvogel
Display posts from previous:      
Post new topic Reply to topic