Neues Forum! [Info]
Post new topic Reply to topic    Print
Author Message
Emily77
Helferlein
Helferlein


Posts 55
Wohnort Bayern
W, 30


Post Tue, 20.Feb.07, 13:30      Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Ich mache seit einem knappen Jahr eine analytische Therapie. Ich mag meinen Therapeuten sehr gerne, vertraue ihm und konnte ihm schon einiges anvertrauen, was ich nicht für möglich gehalten hätte.
Ich habe zwei Termine pro Woche bei ihm und allein dadurch ist es ja schon einfacher an einem Thema dranzubleiben als wenn man nur einmal die Woche eine Stunde hat.
Bestimme Themen (Sexualität, Männer) sind ein sehr großes Problem für mich. Er hat das in der Vergangenheit immer mal wieder angeschnitten, aber ich steige dann ziemlich schnell aus, weil ich Panik bekomme, anfange zu dissoziieren und nicht in der Lage bin, darüber zu reden.
Also wird dann wieder über andere Dinge gesprochen, die sicher auch wichtig sind, aber manchmal habe ich das Gefühl, wir drehen uns ein bißchen im Kreis und ich kann manchmal auch den Zusammenhang zwischen den einzelnen Stunden nur schwer erkennen. Mir fehlt eben der "rote Faden".
In den letzten Stunden ging es mal mehr, mal weniger, wieder um das Thema Männer. Heute habe ich das erste Mal zugelassen, dass wir uns dem Thema mehr genähert haben und auch die ganze Stunde dabei geblieben bin. Einen Grund für meine Schwierigkeiten haben wir auch gefunden, ich weiß aber, dass da noch einige mehr sind.
Ich möchte an dem Thema dran bleiben, weil ich es selbst für mich so wichtig finde. Und ich glaube auch, dass er jemand ist, mit dem ich darüber sprechen kann - aber ich habe unendlich Angst davor.
Ich kanns mir natürlich leicht machen und das nächste Mal wieder über etwas vollkommen anderes sprechen... und ich habe Angst, dass ich das aus lauter Scham und Unsicherheit tun werde. Und mich danach dann wieder ärgere, dass ich vor dem einen Thema davon laufe...
Die nächste Stunde habe ich in sechs Tagen... ich weiß nicht genau, wie ich das weiter machen soll... vielleicht schreibe ich ihm einen Brief und versuche das zu erklären? Oder ich lasse es auf mich zukommen? Oder ich warte darauf, dass er das Thema wieder anspricht...
Keine Ahnung... er weiß ja, wie schwer das Thema für mich ist und er sagt selbst, dass er sich manchmal nicht traut mehr nachzuhaken, weil er nicht weiß, wie ich darauf reagiere.
Ich will dranbleiben und es versuchen zu reden trotz meiner Angst... aber wie schaffe ich es, das zu überwinden und mich der Angst zu stellen?!

Hat vielleicht jemand Tipps für mich?

Viele Grüße, Christina
Find all posts by Emily77
Werbung
Vera7
sporadischer Gast
sporadischer Gast


Posts 9
Wohnort Hamburg
W, 42


Post Tue, 20.Feb.07, 16:16      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Hallo Christina,

ich bin sicher, dass wichtige Themen sowieso wieder auftauchen. Mir kam das immer so vor, als würde ich manchmal die Themen umkreisen wie mein Hund, als sie als Welpe das erste Mal einen Igel sah. Sie war interessiert, hatte aber auch Angst und trotzdem ist sie immer wieder in die Nähe geschlichen und ist dann wieder auf Abstand gegangen.

Ich glaube fest daran, dass das Unterbewußtsein die Themen auftauchen läßt, wenn wir bereit sind. Und wenn es zu viel für uns ist, dann versinken sie wieder eine Weile. Aber ich würde wirklich darauf vertrauen, dass wichtige Themen nicht verschwinden.
Es wäre günstig, Geduld mit sich zu haben.

Oder du gehst es an. Es gibt ja auch die Möglichkeit, genau damit die nächste Stunde anzufangen. Du sagst einfach, was du auch geschrieben hast: Dass du an dem Thema dran bleiben möchtest, weil du es wichtig findest und dass du gleichzeitig Angst hast. Und schon bist du ja wieder beim Thema...

Das hört sich alles so einfach an, merke ich gerade...
Dabei kenne ich das total gut. Ich habe mir oft gewünscht, meine Therapeutin würde mich irgendwie zwingen, bei einem Thema am Ball zu bleiben und mich daran hindern, immer wieder abzubiegen. Aber sie arbeitet so, dass sie mich so lange abbiegen läßt, bis ich selbst die Nase davon voll habe und mich den schwierigen Dingen mit ihr zusammen stellen kann und will. Das kann natürlich dauern - aber es entspricht meinem Tempo und meiner Kraft.

Liebe Grüße
Vera
Find all posts by Vera7
Emily77
Helferlein
Helferlein


Posts 55
Wohnort Bayern
W, 30


Post Tue, 20.Feb.07, 18:50      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Hallo Vera,

danke für Deine Antwort.

Quote:
Sie war interessiert, hatte aber auch Angst und trotzdem ist sie immer wieder in die Nähe geschlichen und ist dann wieder auf Abstand gegangen.


Das finde ich ein total gutes Beispiel... darin finde ich mich zu 100% wieder... ich glaube auch - wie Du geschrieben hast - dass wichtige Themen automatisch immer wieder auftauchen. Und so war es in den vergangenen Monaten ja auch. Und jetzt habe ich das Gefühl, dass der nächste Schritt ist, dieses Thema zu bearbeiten und mich der Angst zu stellen, die ich auch in einem Jahr noch haben werde, wenn wir weiter auf andere Themen ausweichen. Vielleicht ist der Unterschied zu früher, dass ich Angst hatte und sofort der Angst nachgegeben habe und jetzt habe ich wieder Angst, aber ich kann sie aushalten. Und wenn ich mit meinem Therapeuten das Thema langsam angehe und nicht gleich in der nächsten Stunde zu tief gehe, vielleicht kann ich dann immer mehr aushalten... das wäre mein Wunsch.
Ich merke schon noch oft die Abwehr, wenn bestimmte Wörter fallen oder mir alles zu intensiv wird. Und wenn wir dann das Thema wechseln und ich mich wieder einkriege, dann bin ich nach der Stunde nicht erleichtert, sondern unzufrieden und ich ärgere mich, weil ich ja mehr sagen möchte (nur oft die richtigen Worte nicht finde).

Vielleicht schaffe ich es ja wirklich, die nächste Stunde so zu beginnen...

Viele Grüße, Christina
Find all posts by Emily77
Vera7
sporadischer Gast
sporadischer Gast


Posts 9
Wohnort Hamburg
W, 42


Post Wed, 21.Feb.07, 9:26      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Hallo Christina,

das hört sich gut an, finde ich. Ich meine, das mit der Angst, die sich ja nicht sofort in Luft auflöst, sondern etwas wird, mit dem eine besser klar kommt. Ich habe das auch so erfahren, dass meine Spielräume langsam immer etwas größer geworden sind und ich eben, wie du auch schreibst, trotz der Angst, noch einen oder ein paar Schritte weitergehen konnte.

Was mich auch oft total fertig macht ist das, was du am Ende schreibst. Wenn ich wieder mal abgebogen bin, bin ich auch nach der Stunde nicht froh darüber, dass ich das Thema mal wieder umschifft habe sondern oft wirklich verzweifelt, weil ich das Gefühl habe, dass ich wieder eine Chance vertan habe. Manchmal habe ich dann sogar gedacht, dass NIE wieder eine Chance kommt, weil ich nicht fähig bin, bestimmte Themen anzugehen. Aber das war nicht so - es gibt neuen Stunden und neue Chancen - jedes Mal.

Mir hat es auch sehr geholfen, dass ich seit Anfang der Therapie Tagebuch schreibe. Alles, was mir nach der Stunde einfällt oder zwischen den Stunden, wandert einfach so auf die leeren Seiten. So habe ich noch mehr das Gefühl, dass nichts verloren geht von dem, was für mich z.B. zu einem für mich schwierigen Thema gehört. Und dass ich am Ball bleibe, obwohl ich mich in der Stunde rausgewunden habe.
Ich denke, dieser Ärger nach solchen Abbiege-Stunden gehört einfach zum Prozess dazu und hat mich zumindest auch oft dazu motiviert, mir vorzunehmen, beim nächsten Mal etwas mutiger zu sein - oder beim übernächsten Mal... Confused

Wir umschiffen die Themen ja, WEIL sie so schwierig sind und weh tun. Aber wir haben uns auch entschieden, die Therapie zu machen, um uns denen zu nähern. Das ist alles ziemlich mutig und tapfer! Auch wenn man manchmal noch kneift... Very Happy

Liebe Grüße
Vera
Find all posts by Vera7
Werbung
vallée
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie


Posts 514
Wohnort Wolkenkuckucksheim
W, 27


Post Wed, 21.Feb.07, 10:10      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Hallo ihr,
ich habe auch schon manchmal gedacht, das mir der rote Faden in den Sitzungen fehlt. Aber dann dachte ich? Worum geht es? Um Sitzungen oder mein Leben?
Ich messe meinen Therapieerfolg an dem roten Faden in meinem leben, seit ich Therapie begonnen habe. genauer, an dem roten Faden der Entwicklung, die ich geamcht habe. Das es in sich konsistent ist und vor allem dahin führt wo es mir besser geht.
Und komischer Weise, so chaotisch und sprunghaft mir die Sitzungen erscheinen, die Entwicklung in meinem leben ist doch sehr klar und gut. Und das zählt.

Und das ist es ja eben auch ein Weg den man geht, bis man zum Zentrum, zum Kern kommt.
Viele Grüße
Find all posts by vallée
Emily77
Helferlein
Helferlein


Posts 55
Wohnort Bayern
W, 30


Post Wed, 21.Feb.07, 16:13      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Hallo Vera,

Quote:
ch denke, dieser Ärger nach solchen Abbiege-Stunden gehört einfach zum Prozess dazu und hat mich zumindest auch oft dazu motiviert, mir vorzunehmen, beim nächsten Mal etwas mutiger zu sein - oder beim übernächsten Mal...


Stimmt, das ist mir auch schon oft so gegangen. Mir kann dann die Zeit bis zur nächsten Stunde gar nicht schnell genug vergehen, weil ich das Gefühl habe, dass ich da jetzt durch muss... vielleicht gehört es wirklich dazu. Ich bin nur immer so ungeduldig... Confused

Ist es wirklich so mutig, eine Therapie zu machen? Ich habe das auch schon oft gehört und in der Klinik wurde es auch immer wieder betont. Mir fällt es schwer, das so zu sehen. Für mich war es immer eine Schwäche, dass ich eine Therapie brauche. Klar, es ist mutig, weil man sich mit sich auseinandersetzt, sich seinen Problemen stellt, aktiv was für Veränderungen unternimmt. Und es kommt auch immer mal wieder vor, dass ich auf Menschen treffe, bei denen ich mir denke "denen täte eine Therapie auch gut" - trotzdem wenn ich die Wahl hätte, würde ich mir wohl wünschen, dass ich ein Leben habe, in dem ich nicht auf eine Therapie angewiesen bin. Auch wenn es mir persönlich schon viel gebracht hat und ich viel über mich lerne... keine Ahnung, ich hab da immer so gemischte Gefühle...

**

Hallo vallée,

Quote:
Ich messe meinen Therapieerfolg an dem roten Faden in meinem leben, seit ich Therapie begonnen habe. genauer, an dem roten Faden der Entwicklung, die ich geamcht habe. Das es in sich konsistent ist und vor allem dahin führt wo es mir besser geht.
Und komischer Weise, so chaotisch und sprunghaft mir die Sitzungen erscheinen, die Entwicklung in meinem leben ist doch sehr klar und gut. Und das zählt.


Das finde ich einen guten Gedanken, so habe ich das noch gar nicht gesehen. Wenn ich nur mein Leben anschaue und die Entwicklung, dann sehe ich auch einen roten Faden... echt interessant, da muss ich mal mehr drüber nachdenken!

Danke und Grüße, Christina
Find all posts by Emily77
Werbung
Vera7
sporadischer Gast
sporadischer Gast


Posts 9
Wohnort Hamburg
W, 42


Post Wed, 21.Feb.07, 16:32      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Hallo Christin,

ja, ich finde das wirklich mutig, sich auf den Weg zu machen, um sich selbst kennenzulernen. Vielleicht sogar jeden Winkel und jedes Kellerloch.
Auch alle unbequemen Seiten zu betrachten, Schmerz zuzulassen und Wut und was sonst noch so an Emotionen hochkommt.
Therapie tut einfach häufig auch weh.

Viele trauen sich das nicht zu - und ich hätte, ehrlich gesagt, eine Therapie ohne eine ausgewachsene Krise auch nie angefangen.

Ja, das ist mutig - sonst würden nicht so viele Leute sich darum herumdrücken, obwohl es hilfreich wäre, sich Unterstützung zu holen.
Es gibt viele Leute, die wissen total viel über Mozart oder Computer-Netzwerke und haben absolut wenig Schimmer, wer sie selbst eigentlich sind.

Vielleicht ist das jetzt etwas hoch gegriffen, aber manchmal habe ich schon über meine Therapie gedacht, dass ich im Grunde in einer Ausbildung bin, ich bin die Schülerin einer Lehrerin, die mich begleitet, damit ich mich auf den Weg machen kann, um vielleicht mal irgendwann bei mir anzukommen. Aber, auch wenn das jetzt etwas abgelutscht klingt, hier ist wirklich der Weg schon ein großer Teil des Ziels.

Viele Grüße
Vera
Find all posts by Vera7
Emily77
Helferlein
Helferlein


Posts 55
Wohnort Bayern
W, 30


Post Sun, 25.Feb.07, 20:03      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Hallo Vera,

danke für Deine Antwort. Ich werde morgen einen neuen Versuch starten... mal sehen, ob es mir gelingen wird, mein Thema anzusprechen und es vor allem dann auch auszuhalten, wenn wir darüber sprechen..

Viele Grüße

Christina
Find all posts by Emily77
Hypomoch
Forums-InsiderIn
Forums-InsiderIn


Posts 164
Wohnort Deutschland
W, 33


Post Sun, 25.Feb.07, 23:36      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Meine Ex-Therapeutin hatte mal das Bild von der Therapie als einer Spirale, auf der immer wieder dieselben Themen kommen, aber jedes Mal auf einem anderen Ring. Fand ich ganz gut.

Liebe Grüße und alles Gute!
H.
Find all posts by Hypomoch
Emily77
Helferlein
Helferlein


Posts 55
Wohnort Bayern
W, 30


Post Tue, 27.Feb.07, 9:39      Re: Roter Faden in der Therapie? Reply with quoteBack to top

Ich glaube, es ist mir gestern ganz gut gelungen, einen Anfang zu machen grinsend ich weiß, dass es nicht einfach wird und ich hatte auch gestern phasenweise zu kämpfen, aber ich will endlich durch dieses Thema durch und wissen, was mich so verunsichert... ich freue mich auf die nächste Stunde und bin gespannt wie es weiter läuft...

Lg, Christina
Find all posts by Emily77
Werbung
Display posts from previous:      
Post new topic Reply to topic