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~*Crys*~
sporadischer Gast
8
Schwabenländle/Deutschland W, 21
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Thu, 18.Jan.07, 12:27 Angst vor Blicken/Gedanken von Anderen |
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Hallo zusammen,
also erstmal will ich sagen, dass ich diese Seiten hier echt super finde. Hab schon einige Foren durchgelesen, aber diese hier ist mit Abstand die Beste.
Also meine Ängste sind weit gestreut. Ich hab furchtbare Angst, tagsüber rauszugehen. Mir macht es unheimliche Angst, gesehen zu werden (was sich ja nicht vermeiden lässt, wenn man in die Öffentlichkeit geht), ich habe Angst vor den Menschen....aber nicht in der Form, dass sie mich angreifen oder mir was antun, sondern ich habe Angst vor den Gedanken der Menschen, von denen ich glaube, sie empfangen zu können.
Ich weiß, dass ich diese scheinbar fremden Gedanken schlicht und ergreifend meine eigenen sind, die ich jedem Menschen, der mir begegnet "einpflanze". Das Problem hab ich schon seit einigen Jahren, es ist mal schlimmer mal weniger schlimm.
Wenn es weniger schlimm ist, dann nur aus dem Grund, weil ich mir denke, die können mich alle mal...aber diese Gedanken sind immer noch da.
Es sind böse Gedanken. Bewertungen meiner Person, die NIEMALS positiv sind...sondern immer das Abscheulichste in mir bewerten. Dadurch verändern sich die Menschen für mich....sie werden irgendwie zu böswilligen Monstern. Es ist jetzt nicht so, dass die Menschen plötzlich furchteinflößende Gestalten annehmen. Sie sehen schon noch aus, wie ganz normale Menschen, aber eben nur noch in der Fassade.
Wenn es ganz schlimm ist, sind nicht nur fremde Menschen draußen böse, sondern auch mir nahestehende Menschen, Freunde.
Diese Ängst zwingen mich zeitweise zu absoluten Isolation. Einerseits will ich auch so leben, wie die anderen Menschen....rausgehen, wenn ich rausgehen will.....das Schöne im Leben genießen, aber andererseits hab ich furchtbare Angst davor, dass die Menschen einfach wirklich böse sind und nur darauf warten, dass ich mich ihnen anvertraue um mir dann das Messer in den Rücken zu stecken.
Hmm...ich glaub, ich belasse es mal bei diesen Zeilen und hoffe, dass sich jemand findet, dem es auch so geht. Ich war nun 2 1/2 Jahre in Therapie und eine wirkliche Besserung ist nicht in Sicht.
Viele liebe Grüße
~*Chys*~
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bumble_bee
sporadischer Gast
10
Österreich W, 45
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Thu, 18.Jan.07, 14:09 Re: Angst vor Blicken/Gedanken von Anderen |
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Hallo Crys,
mir geht's wie Dir, ich finde dieses Forum auch sehr gut, bin froh, dass ich es gefunden habe!
Hast Du denn Deine Therapeutin / Deinen Therapeuten schon mal gefragt, welche Diagnose auf Deine Krankheit zutrifft? Wenn nicht, würde ich das mal machen.
Deine Symptome und Gedanken kommen mir sehr bekannt vor - und meine Diagnose heißt Sozialphobie. Ich leide seit Jahrzehnten unter dieser Krankheit, mal mehr, mal weniger. Leider wurde sie bei mir sehr spät richtig diagnostiziert und deshalb auch lange nicht adäquat behandelt. Das mindert die Heilungschancen. Kann nur jedem mit ähnlichen Symptomen raten, sich so rasch wie möglich in Behandlung zu begeben!
Was Du schreibst, ist so typisch für Sozialphobiker: Man fühlt sich ständig von den anderen beobachtet, taxiert und - jetzt kommt das Schlüsselwort - NEGATIV bewertet. Immer wie auf der Bühne... ständig der fixe Gedanke, die andern würden einen "komisch", "dumm", "hässlich" etc. finden. Vom Kopf her weiß man, dass das so nicht zutrifft, aber trotzdem lässt sich dieses ungemein quälende Gefühl nicht abstellen.
Du schreibst, dass Du deshalb die Menschen als "böse" empfindest. So krass würde ich es bei mir nicht ausdrücken, aber es stimmt schon, man ist nicht gerade menschenfreundlich gestimmt, wenn man ständig den Eindruck hat, die anderen würden schlecht über einen denken (oder reden).
Darf ich fragen, welche Art von Therapie Du machst? Gesprächstherapie? Verhaltenstraining? Einzel- oder Gruppentherapie? (Nur wenn Du erzählen willst). Für mich war die Gruppentherapie immer zu anstrengend (hab's zwei Mal versucht). Das Unangenehme ist, dass die Therapiesituation in der Gruppe ja für den Sozialphobiker genau die Angstsituation darstellt. So haben viele Schwierigkeiten, überhaupt in Therapie zu gehen...
LG, bumble_bee
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~*Crys*~
sporadischer Gast
8
Schwabenländle/Deutschland W, 21
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Thu, 18.Jan.07, 14:42 Re: Angst vor Blicken/Gedanken von Anderen |
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Hallo bumble_bee,
vielen lieben Dank für deine Antwort.
Schön, dich kennenzulernen.
Also..ich versuch dir mal auf deine Fragen zu antworten:
Ich war 2 1/2 Jahre in Therapie (tiefenpsychologische Analyse). Anfangs hatte ich Einzelgespräche und bin dann unter dem selben Therapeuten in Gruppentherapie gegangen. Natürlich ist das für jemanden wie ich, gleich doppelt so schwer, aber ich bin froh, es getan zu haben....ich habe sehr wertvolle Freunde gefunden und konnte den Menschen gegen Ende auch für meine Verhältnisse einigermaßen vertrauen.
Zwischendurch war ich mal für 4 1/2 Monate in stationärer Therapie.
Eine wirkliche Diagnose ´hab ich nie bekommen....mein Therapeut war dagegen Diagnosen zu stellen, weil es für das Problem an sich ja nicht wichtig ist. Es ändert nichts am Problem, wenn man ihm einen Namen gibt, oder?! Es kommen aber noch einige andere Dinge dazu, wo ich die Diagnose kenne: Depressionen, Esstörungen und eben die Ängste im Allgemeinen.
Nunja, meine letzte Sitzung war Ende November - mein Anspruch auf intensive Therapie ist seitens der Krankenkasse erloschen, jetzt muss ich theoretisch 2 Jahre pausieren um Recht auf Bezahlung zu haben.
Also, ich muss sagen, dass mein Therapeut manchmal komische Einstellungen an den Tag gelegt hat, die ich aber im Laufe der Zeit verstanden habe und die mir gezeigt haben, dass er seinen Job ernst nimmt und ihm die Patienten wichtig sind....ein Beispiel war das mit dem Nicht-Stellen einer Diagnose. Er hat auch keine Berichte an andere Ärzte geschrieben bzw. nur dann wenn es wirklich unbedingt nötig war.
Ich hab in den letzten Jahren eine ganze Menge über mich gelernt, aber irgendwie hab ich angefangen, dieses Wissen zu missbrauchen. Ich kenne die Ursachen meiner Probleme größtenteils schon, aber ich habe eben angefangen ganz tief unten zu manipulieren....ich weiß nicht, wie ich das jetzt erklären soll, damit du das auch verstehst....
Das Problem mit den Menschen ist im Moment wieder sehr schlimm....und ich weiß eigentlich was ich tun müsste, um mir zu helfen, aber ich tu es ganz bewusst nicht....ich suche Ausreden für mich selbst, damit ich mich meinen Ängsten nicht stellen muss.
Ich steh im Moment an einem Punkt, wo ich nicht weiß, wie ich weitermachen soll.....fühl mich so ziemich alleine gelassen. Wie sieht deine Therapie im Moment aus....was tust du? Nimmst du Medikamente? Wer unterstützt dich? Wie gehts dir?
(Sorry, wegen der vielen Fragen.....aber wer nicht fragt, bleibt dumm*g*)
Alles Liebe
~*Crys*~
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cocconut_kiss
sporadischer Gast
7
Salzburg W, 21
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Thu, 18.Jan.07, 18:48 Re: Angst vor Blicken/Gedanken von Anderen |
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Hi Crys.
Kann dich total gut verstehn,weil es mir genau gleich geht....bin Studentin u. denke mir, wenn ich in Vorlesungen sitze,dass ich von allen Seiten beobachtet werde u. dass mich alle für total blöd halten u. mich nicht mögen (teilweise hassen!!!).
Ich versuche dann immer,diese Gedanken zu streichen,rede mir ein,dass das doch gar nicht sein kann....aber es braucht dann nur wieder eine Kleinigkeit sein (z.B. ich lächle jemanden an u. er lächelt nicht zurück),dann sinkt mein Selbstbewusstsein,meine Gefühle etc... in den Keller u. mir gehts dann wieder total schlecht.
Führt dann wieder zu schlaflosen Nächten,ich denke dann nur mehr über diese Sache u. "igle" mich richtig ein. Vielleicht gehts dir ähnlich??
Bist du auch Studentin?? Wenn ja,könntest du zu einer psychologischen Beratungsstelle für Studenten gehen; die ist kostenlos u. angeblich sehr gut (habs selbst noch nicht ausprobiert!!!!!!)
Sonst würde ich dir raten,für eine gewisse Zeit privat in Behandlung zu gehen (oder kannst du es dir finanziell gar nicht leisten?)...ich denke mir,lieber mal für eine gewisse Zeit Geld ausgeben,wo es gut investiert ist, als sich noch jahrelang mit diesen Gedanken&Ängsten zu plagen....
Hoffe,ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.
Lg
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~*Crys*~
sporadischer Gast
8
Schwabenländle/Deutschland W, 21
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Thu, 18.Jan.07, 21:54 Re: Angst vor Blicken/Gedanken von Anderen |
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Hallo cocconut_kiss,
freut mich, von dir zu lesen.
Ja, so geht es mir auch....es ist ÄTZEND! Nur ist das mit dem Lächeln bei mir meist andersrum. Wenn ich mal wieder so sensibel bin und es lächelt mich jemand an, dann fühl ich mich sofort ausgelacht. Dann setzen die Gedanken ein, aus welchem Grund der/die jetzt über mich lacht. Da ist es dann vorbei. Da kann ich vorher noch so euphorisch gewesen sein, ab diesem Zeitpunkt will ich nur noch nachhause...weg von diesen ganzen "bösen" Menschen.
Die schlaflosen Nächte kenn ich auch....ich lasse dann im Bett immer alle Gespräche und Situationen nochmal Revue passieren und versuche mir jegliche Mimik, jegliche Reaktion des Anderen vorzustellen und es zu bewerten....hat er/sie mich vielleicht mal schief angekuckt. War es so (was ja immer mal wieder passiert), dann überlege ich warum er das gemacht hat...und da kommt NIE was positives bei raus.
Ich war bis vor 4 Wochen Studentin und will mich jetzt wieder um Arbeit kümmern.
Hmm...privat zu bezahlen ist unheimlich schwer. Ich werde jetzt mal zu einem Neurologen gehen.....und wenn´s gar nimmer geht, muss ich nochmal in eine Klinik, danach hat man meist Anspruch auf eine Folgebehandlung.
Bist du in Behandlung? Ich meine, du leidest ja auch darunter und magst sicherlich endlich freier leben, oder?!
Warum hast du diees Studentenberatung noch nicht aufgesucht?
Wie geht es dir so allgemein? Das "Ein-igeln" schränkt einen ja unheimlich ein...
Alles Liebe
~*Crys*~
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bumble_bee
sporadischer Gast
10
Österreich W, 45
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Fri, 19.Jan.07, 9:01 Re: Angst vor Blicken/Gedanken von Anderen |
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Hallo Crys,
danke für Deine nette und ausführliche Antwort!
Finde es toll, dass Du trotz Gruppenängsten eine solche Therapie durchgezogen und Dich den anderen geöffnet hast!
Meine beiden Gruppentherapie-Versuche (hab nie länger als ein paar Monate durchgehalten) waren sehr stark von Erwartungsangst, körperlichen Symptomen (Schwitzen, Zittern...) und Redehemmung während der Sitzungen geprägt.
Einzeltherapie bekam mir viel besser, obwohl ich auch da drei Anläufe brauchte, bis ich die richtige Therapeutin fand.
Nun ja, wurdest eh schon mit jeder Menge Diagnosen konfrontiert.
Es ist schon richtig, dass man den Diagnosen nicht übermäßig große Bedeutung einräumen sollte. Also nicht denken, Hilfe, ich bin jetzt ein Sozialphobiker / ein Schizophrener / ein Depressiver etc. - und das vielleicht für immer. Also man sollte es nicht so weit kommen lassen, dass die Diagnose die Krankheit sozusagen "zementiert", weil der Patient sich nun nur noch als... (siehe Bezeichnungen oben) sieht und vergisst, dass jeder Mensch auch noch gesunde Anteile hat, die zu stärken sind.
Mir persönlich hat es aber sehr geholfen, nach Jahrzehnten endlich die richtige Diagnose gestellt zu bekommen. Erstens weiß man bei Ausbruch der Krankheit Sozialphobie meist nicht, was nun mit einem los ist. Man fühlt sich so "anders" als die andern und hat auch Scheu, seine Probleme überhaupt jemandem mitzuteilen. Bei mir war's zumindest so.
Zweitens ist es so, dass die Heilungschancen für Sozialphobie durch das meist massive Vermeidungsverhalten (sozialer Rückzug) rapide sinken, je länger die Krankheit nicht oder nicht spezifisch genug behandelt wird! Als ich endlich die richtige Diagnose hatte, konnte auch mit der richtigen Behandlung begonnen werden. Bloss - eine Sozialphobie, die erst nach Jahrzehnten richtig behandelt wird, ist extrem schwer in den Griff zu bekommen.
Das mit dem "ganz tief unten manipulieren", über das Du schreibst, verstehe ich nicht.
Aber ich weiß, dass es wohl hilfreich sein kann, theoretisches Wissen über die eigene Krankheit zu haben, es trotzdem aber nicht unbedingt bedeuten muss, dass man dadurch einer Heilung näher kommt.
~*Crys*~ wrote: | fühl mich so ziemich alleine gelassen. |
Ich finde, jeder Kranke hat Anspruch auf eine Therapie, auch wenn ihm die Mittel fehlen, sie selbst zu bezahlen. Hier in Österreich gibt es die Möglichkeit, dass die Krankenkasse die Kosten für eine Therapie in bestimmten Fällen ganz übernimmt - jedoch muss man meist mit einer Wartezeit rechnen.
So ein Forum wie dieses hier hilft auch, dass man sich nicht ganz allein gelassen fühlt mit seinen Problemen.
Hast Du Verwandte, Bekannte, Freunde, mit denen Du über Deine Probleme sprechen kannst?
~*Crys*~ wrote: |
(Sorry, wegen der vielen Fragen.....aber wer nicht fragt, bleibt dumm*g*) |
Frag ruhig.
Therapie: Ich bin zur Zeit in Einzeltherapie bei einer sehr guten Therapeutin, die bis jetzt noch jede Krise auffangen konnte. Es hat noch keine Sitzung bei ihr gegeben, aus der ich nicht gestärkt hinaus gegangen bin.
Medikamente: Ich nehme eigentlich nicht gerne Psychopharmaka, und Antidepressiva schlagen bei mir nicht an. Leider ist bei der Einnahme von Gewacalm eine seelische Abhängigkeit entstanden, denn diese Beruhigungsmittel wirken im Moment sehr gut, stark entspannend und angstlösend. Dass diese Medikamente keine Lösung darstellen, ist mir klar.
Unterstützung: erfahre ich durch Familienmitglieder, meine Therapeutin, und durch liebe Internetfreunde.
Mein Leben mit der schweren Sozialphobie war immer ein Kampf und das wird wohl auch in Zukunft so bleiben. Ich rechne aber fest damit, dass es mir gelingen kann, noch besser mit meiner Behinderung zu leben. Unter glücklichen äußeren Umständen schließe ich auch eine völlige Heilung nicht aus. Die Hoffnung stirbt nie.
Liebe Grüße auch an Dich, und alles Gute!
bumble_bee
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cocconut_kiss
sporadischer Gast
7
Salzburg W, 21
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Sat, 20.Jan.07, 17:05 Re: Angst vor Blicken/Gedanken von Anderen |
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kenn ich auch (die Situation mit dem "auslachen")...manchmal sitz ich da,und seh dann jemanden in meine Richtung lächeln u. dann denk ich mir auch gleich wieder:Hilfe,der lacht mich aus,nur schnell weg von hier!!!!!!!!
Sicher,es kann schon sein dass mich mal wer auslacht (aus welchen Gründen auch immer),aber oft is es sicher auch nur Einbildung....nervt mich dann auch immer total,ich spiel dann auch im Bett immer alle Situationen durch,wie ich mich gegenüber andern verhalten hab,hat mich einer schief angeschaut??? etc....
bei mir ist es immer so,dass ich Hoch & Tiefs habe; manchmal gehts mir wieder voll gut u. mich kümmern andere Leute überhaupt nicht u. dann plötzlich überkommen mich wieder diese ängste (alle hassen mich etc...) u. mir gehts dann wieder total schlecht.
Es stellt für mich auch eine ziemlich große Überwindung dar,zu der Studentenberatung zu gehen,weil mir meine Ängste oft so lächerlich vorkommen....dann denk ich mir immer,der Therapeut dort muss mich doch deswegen auslachen!!!
Dieses Einigeln ist echt so besch....,ich HASSE meine Ängste u. denk mir immer,warum passiert genau mir das??
Man fühlt sich oft so gehemmt im Umgang mit andern Leuten,bin manchmal sowas von verkrampft (kennst du vl auch??) u. denk mir dann immer,mein Gegenüber muss mich doch für total bescheuert halten!
Aber ich werde sicher irgendwann eine Therapie beginnen,weil mich diese ganze Situation so in meiner Lebensführung einschränkt.
Wünsch dir alles Gute
Würd mich auch interessieren,wie es mit dir weitergeht (bzgl. Behandlung etc....)
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