Extrem extrovertiert

Helferlein 124 Köln W, 40

Eine Freundin und ich machen uns verstärkt Gedanken über das Verhalten einer gemeinsamen Bekannten.

Diese Bekannte ist extrem extrovertiert. Sie geht sofort auf jeden zu und redet mit ihm, als ob sie ihn schon ewig kennen würde. Sie belegt alle neuen Personen und auch alle Bekannten total mit Beschlag, ruft ständig an und redet stundenlang, schreibt ständig Mails, will sich ständig mit allen treffen. Sie hat überhaupt kein Gespür dafür, wann mal eine Grenze erreicht ist, wann sie sich mal zurücknehmen müsste. Sie merkt überhaupt nicht, wann sie jemandem auf die Nerven fällt. Sie quatscht in Geschäften die Verkäuferinnen oder Kassiererinnen mit irgendwelchem Zeug voll und merkt überhaupt nicht, dass die einfach nur irritiert sind und damit nichts anfangen können. Sie bemerkt auch nicht, dass viele Leute in Gesprächen mit ihr die Notbremse ziehen und sich mit 'Ich muss weg' rausreden. Sie steigert sich in alles total rein. Weiss sie, dass jemand, den sie grade interessant findet, regelmäßig in ein bestimmtes Café geht, taucht sie da auch ständig 'zufällig' auf. Sie lauert einigen Bekannten regelmäßig nach der Arbeit auf, so dass einer davon jetzt schon immer woanders parkt. Interessiert sich jemand, den sie interessant findet, für etwas bestimmtes, interessiert sie sich plötzlich auch total intensiv dafür, auch wenn sie bisher immer total negativ dazu eingestellt war.
Und es ist noch nicht mal was wirklich intelligentes, was sie dann redet, sondern irgendwelcher banaler Kram. Sie redet offensichtlich nur um zu reden. Dabei verspricht sie sich vor lauter hibbeligkeit ständig, kichert darüber dumm rum, verspricht sich noch mehr, kichert noch mehr....
Man könnte vom Verhalten her meinen, sie wäre höchstens 14, ist aber 26.

Wir haben schon mehrmals versucht mit ihr zu reden. Dann stimmt sie zwar immer zu, dass sie so ein Verhalten nicht gut findet, ist aber offensichtlich nicht in der Lage zu erkennen, dass sie dann auch ihr Verhalten ändern müsste. Leider liegt es uns allen nicht, ihr mal ordentlich die Meinung zu sagen. Wahrscheinlich würde sie es auch gar nicht verstehen.

Was ist ihr Problem? Fühlt sie sich irgendwie toll, wenn sie mit so vielen Leuten angeblich gut befreundet ist? Krankhaftes Geltungsbedürfnis? Haben die Eltern versäumt ihr sowas wie Distanz beizubringen?

Meine Freundin und ich haben überlegt, ob es auch für solche Menschen eine Therapie gibt, so wie für extrem introvertierte Menschen.

Welche Möglichkeit haben wir, ihr Verhalten irgendwie in Richtung 'normal' zu lenken? Wir können ihr ja nicht verbieten jemanden zu treffen oder irgendwo hinzugehen und wir haben auch keine Lust, wegen ihr auf die anderen Freunde und Bekannten zu verzichten.

Forums-InsiderIn 456 Deutschland W, 38

hallo iki,

viell. indem ihr ihr einfach eine freundin seid ? das klingt für mich nach bevormundung und nicht nach freundschaft, was ihr macht. und einer bekannten, die euch gar nicht so nahesteht ? was gehts euch an ?

wenn es ihr mit ihrem verhalten/reaktionen von anderen schlechtgeht und sie um rat bittet, ist es was anderes, da könnte man ihr durchaus den tipp geben, dass es sowas wie therapie gibt. aber offensichtlich stört es euch ja mehr als sie selbst.

gruß
caroline

Helferlein 124 Köln W, 40

Stimmt. Offensichtlich stört es sie überhaupt nicht. Sie findet ihr Verhalten völlig in Ordnung. Aber sie bekommt ja gar nicht mit, begreift es nicht, dass viele Leute einfach genervt von ihr sind. Sie merkt nicht, wenn jemand in einem Gespräch mit ihr unruhig wird und ständig auf die Uhr guckt. Sie merkt nicht, dass einige Leute Gespräche mit ihr mit den fadenscheinigsten Begründungen abwürgen. Sie ist anscheinend der Meinung, jeder muss total glücklich sein, dass ausgerechnet sie mit ihm spricht. Sie merkt gar nicht, dass um sie rum eigentlich alle im Stillen den Kopf über sie schütteln, weil sie einfach nur peinlich und völlig distanzlos ist.
Aber es stört eine ganze Menge anderer Leute. Sie merkt überhaupt nicht, dass sie sich total lächerlich macht, anderen nur auf die Nerven geht.
Ihr Freund hat sich wegen diesem Verhalten von ihr getrennt, er hat es einfach nicht mehr ausgehalten. Auch sonst hat sie keinen einzigen wirklichen Freund, nur jede Menge oberflächlicher Bekannter, die sie nach Belieben austauscht. Je nachdem, wer ihr grade interessanter erscheint.
Ihr Verhalten würde uns ja auch nicht so massiv stören, wenn wir davon nicht ständig betroffen wären. Denn sie hat sich auch an unsere Freunde drangehängt und fällt denen auf die Nerven. Und - wie gesagt - wir können ihr nicht verbieten irgendwo hinzugehen, wo sie bestimmte Menschen trifft, wir wollen auch nicht wegen ihr unser Leben total umkrempeln, nur damit wir sie nicht so oft treffen müssen.

neu an Bord! 4 Lauf W, 29

Hallo,

schonmal daran gedacht, dass sie einfach nur schon viel zu oft von "echten" Freunden enttäuscht wurde und nun um jeden Preis Kontakt sucht und deswegen so aktiv auf alle zugeht und dabei in Euren Augen so übertreibt? Sie hätte das ja nicht nötig, wenn sie genügend echte Freunde hätte und das Gefühl hätte, dass sie gemocht und gebraucht würde. Da bin ich mir ziemlich sicher. An Eurer Stelle macht Ihr es nur schlimmer wenn Ihr Euch unter fadenscheinigen Begründungen verzieht, denn dann merkt sie gleich, dass da was nicht stimmt. Ich würde das Thema offen ansprechen, wenns nicht alleine klappt dann eben zu zweit oder zu dritt und dann aber nicht "wir denken..." sondern jeder für sich "ich denke..." oder "mir ist zuviel...". Sonst ist das schon ein ziemlicher Angriff.

Also viel Glück, eine Therapie kann man dann immer noch anstreben, aber auf den Trichter muss sie selbst kommen und es muss nicht immer gleich nötig sein, nur weil einer nicht der "NORM" die sich andere zusammenreimen entspricht.

[nicht mehr wegzudenken] 1030 münchen W, 35

iki wrote:

Stimmt. Offensichtlich stört es sie überhaupt nicht. Sie findet ihr Verhalten völlig in Ordnung. Aber sie bekommt ja gar nicht mit, begreift es nicht, dass viele Leute einfach genervt von ihr sind.

Hallo iki,

ja, solche Leute sind anstrengend... Aber ich glaub damit sie sich ändert muss sie das erstmal wollen. Aber die meisten Menschen ertragen solches Verhalten nach aussen stoisch, innen brodelt es oft völlig abgenervt.

Damit sie erstmal einen Anreiz zu Veränderung bekommt müsste sie öfters mal freundliches bis direktes Feedback bekommen daß sie NERVT und ihr Verhalten nicht unbegrenzt auf eure Kosten ausleben kann.
Weil, sie hat doch ein schönes Leben, fast jeder spielt ihr Spiel mit.

Zur Kur, evtl zentrierende, nonverbale Tätigkeiten, Hobbies. Tai Chi, Meditation, Töpfern an der Drehscheibe (dabei muss man sich verdammt konzentrieren), alles was erdet und wobei man nicht quatschen kann.

Ich hab bei solchen Leuten so den Eindruck die reden sich in so eine Art Labereuphorie rein und finden diesen Zustand ziemlich high und angenehm.

Ausserdem kann man so wunderbar von wirklich wichtigen und tiefschürfenden Problemen ablenken die evtl in irgendwelchen Tiefen der Seele "drohen".
Ich finde das hat mit extrovertiertheit eher weniger zu tun, weil solche Leute scheinbar ziemlich wenig ernstes Interesse an Mitmenschen haben, ausser als Zulaberopfer. Das ist alles in allem ein ziemlich egozentrisches Verhalten und verhindert geradezu daß man eine wirklich gute tiefe Freundschaft entwickeln kann.

(Ich hab vor einiger Zeit bei einem Seminar 2 Wochen mit so jemandem das Zimmer geteilt. Dazu hatte ich eine Bronchitis plus ernsthafte private Probleme und war ziemlich geschwächt und konnte mich nicht adäquat wehren. )

Liebe grüsse,

Petra

Helferlein 124 Köln W, 40

münchnerkindl wrote:

Damit sie erstmal einen Anreiz zu Veränderung bekommt müsste sie öfters mal freundliches bis direktes Feedback bekommen daß sie NERVT und ihr Verhalten nicht unbegrenzt auf eure Kosten ausleben kann.

Das schlimme ist ja, sie merkt solches Feedback überhaupt nicht. Ein Freund hat ihr schon mal gesagt, dass sie untereinander über sie reden und jeder ausser ihr hat daran, wie er das erzählt hat gemerkt, dass sie nicht positiv über sie reden. Sie bildet sich da jetzt sogar was drauf ein und erzählt überall rum, dass ja diese Leute, die sie toll findet, über sie reden.
Nehme ich sie mal mit dem Auto mit zur Bahn und ihre Bahn fährt erst später, ich habe aber schon gesagt, dass ich noch in Ruhe einkaufen möchte, kümmert sie das auch überhaupt nicht. Sie steigt nicht aus und redet und redet. Da kann ich dann schon drei mal gesagt haben, dass ich jetzt aber los will, sie fängt immer wieder was neues an. Hört sie mir überhaupt nicht zu? Ist ihr das, was ich sage egal? Versteht sie es nicht?

münchnerkindl wrote:

Ich hab bei solchen Leuten so den Eindruck die reden sich in so eine Art Labereuphorie rein und finden diesen Zustand ziemlich high und angenehm.

Dass sie dadurch high wird glaube ich langsam auch. Vor allem, wenn sie sich dann ständig verspricht und darüber albern rumkichert.

münchnerkindl wrote:

Ich finde das hat mit extrovertiertheit eher weniger zu tun, weil solche Leute scheinbar ziemlich wenig ernstes Interesse an Mitmenschen haben, ausser als Zulaberopfer. Das ist alles in allem ein ziemlich egozentrisches Verhalten und verhindert geradezu daß man eine wirklich gute tiefe Freundschaft entwickeln kann.

Das sehe ich auch so. Für sie sind alle Menschen nur so lange interessant, wie sie sie irgendwie 'unterhalten' können und zwar dadurch, dass sie irgendwas haben oder sind, für das sie sich grade interessiert. Da steigert sie sich total rein. Sie telefoniert mit verschiedenen Menschen stundenlang. Dabei geht es aber ausschließlich um das bestimmte Thema, dass sie grade interessiert, überhaupt nicht um sie oder den Gesprächspartner. Sie kennt dann zwar genaustens die Meinung ihres Gesprächspartners zu dieser Sache, aber nicht seinen Beruf oder sonst irgendwas über ihn.

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