Habe Angst, dass jemand meine Innere Leere entdeckt

sporadischer Gast 23 Ulm M, 24

Hallo Leute,

ich weiß nicht weiter, ich weiß es echt nicht. Seit 1,5 Jahren dreh ich mich im Kreis. Hier meine Psychische Situation und meine Macken:

Problem Nummer 1: Ich habe totale Angst davor, dass man meinem Gesicht ansehen könnte, dass ich im Herzen ein zu tiefst unglücklicher Mensch bin.

Ich mach immer auf cool und erfolgreich, alle staunen, dass ich in meinem Alter schon selbständig bin, aber in meinem Leben bin ich unglücklich. Dieser "Gesichtsprüf-Tick" äußert sich darin, dass ich z.B. im Bad ständig prüfe, wie ich aussehe und ich kriege voll die Panik, wenn ich sehe dass ich schon wieder total traurig aussehe. Gleichermaßen beruhigt mich es z.b aber dass es eigentlich niemanden interessiert, wenn z.b in Filmen ein Hauptdarsteller eigentlich auch traurig guckt, aber ganz normal handelt und agiert. Da denke ich mir, dass da wohl eh keiner so drauf achtet.

Der Horror ist aber, wenn ich durch mein feinsinniges Gespür merke, dass mein gegenüber erkennt, dass ich nicht ganz natürlich, eher etwas gehemmt, traurig rüberkomme und mir dann vielleicht noch prüfend und auffällig lange ins Gesicht schaut, da werd ich total unsicher und weiß nicht wie ich mich verhalten soll.

Was uns zu Hauptproblem Nr. 2 bringt: Ich prüfe STÄNDIG, was ich tue, wie ich es tue, wie es ankam usw. Das ist furchtbar. Ich beneide Typen wie Jack Nicholson, die scheinbar ohne Probleme einfach so sein können wie sie sind, egal was andere über einen Denken.

Wenn ich Sport mache ist das dagegen alles hinfällig, denn da tauchen diese Hemmungen nie auf, weil ich glüklich bin, wenn ich Sport mache, da bin ich auch total befreit, kann so sein wie ich bin, aber so Essen gehen oder einfachso quatschen, das ist immer nicht ganz unproblematisch.

Ich hab mal wirklich intensiv überlegt, warum ich so eine Angst habe, dass jemand bemerken könnte, dass ich gehemmt bin usw. Es ist diese Widersprüchlichkeit in meiner Person. Auf der einen Seite, selbstbewusst, humorvoll, erfolgreich und auf der anderen Seite, ängstlich und schwach. Die Eigentliche Angst ist eben nun, dass es jemand mitbekommt und daraus schlussfolgert, dass ich ne Memme, kein richtiger Mann, ein inkompetenter Angsthase wäre. Interessant zu wissen, dass dieses Männerbild von meiner Mutter immer wieder abgelehnt wird. "Er ist son sensibelchen, kein richtiger Mann!" hat sie mal über einen Bekannten gesagt. Ich habe z.B. auch Angst, dass ich sie irgendwie entäusche, obwohl Sie mir gesagt hat, dass Sie stolz auf mich ist.

Mein Traum ist es, dass ich irgendwann wirklich mal ganz befreit, ohne Druck ohne Hemmungen mit einem Gefühl der inneren ausgeglichenheit und Ruhe, Reden und handeln kann, weil ich es so will und nicht, weil ich glaube dass es vielleicht gut ankommt. Dass ich vor allem beim Reden nicht 60% meiner Aufmerksamkeit draufrichte, wie es beim gegenüber ankommt, sondern, vor allem was ich rede und was ich sagen möchte. Das wäre für mich eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten. Aber da bin ich leider noch weit von entfernt.

Danke fürs lesen... ich hoffe, ich bekomme etwas Feedback.

Forums-InsiderIn 411 BRD W, 44

Hallo Entschleuniger,

Quote:

Interessant zu wissen, dass dieses Männerbild von meiner Mutter immer wieder abgelehnt wird. "Er ist son sensibelchen, kein richtiger Mann!" hat sie mal über einen Bekannten gesagt. Ich habe z.B. auch Angst, dass ich sie irgendwie entäusche, obwohl Sie mir gesagt hat, dass Sie stolz auf mich ist.

Da scheint doch schon der Knackpunkt zu liegen. Sie sagt es, hat Dir aber wahrscheinlich nie wirklich das Gefühl gegeben. Vielleicht hast Du Dich auch deshalb immer bemüht. Im Job, im Sport. Ich könnte mir vorstellen, dass Deine Mutter Deinem Vater gegenüber auch nicht gerade besonders positiv eingestellt war oder ist. Oder hat er sie vielleicht verlassen oder sie ihn?

Quote:

Mein Traum ist es, dass ich irgendwann wirklich mal ganz befreit, ohne Druck ohne Hemmungen mit einem Gefühl der inneren ausgeglichenheit und Ruhe, Reden und handeln kann, weil ich es so will und nicht, weil ich glaube dass es vielleicht gut ankommt. Dass ich vor allem beim Reden nicht 60% meiner Aufmerksamkeit draufrichte, wie es beim gegenüber ankommt, sondern, vor allem was ich rede und was ich sagen möchte. Das wäre für mich eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten. Aber da bin ich leider noch weit von entfernt.

Wie lief es denn früher? Gab es da Bestätigung von den Eltern oder eher das Gegenteil? Da scheint doch der Punkt zu lösen. Und ändern kannst Du das, indem Du Dir bewusst machst, dass es alte Bewertungen von früher sind, die Du übernommen hast. Du weißt, dass diese falsch sind, kommst aber nicht davon weg. Das kann man schaffen, wenn man sich in den Situationen immer wieder klar macht: Ich will jetzt gerade der Mama oder dem Papa gefallen, deshalb beobachte ich mich und prüfe andere auf ihre Reaktionen mir gegenüber.

Vielleicht hat man Dich auch früher gedemütigt, wenn Du „unmännliche“ Gefühle zeigtest?

Gruß

Whoopie

Helferlein 89 Niederösterreich, Wien W, 23

Hey du,

ich weiß nicht ob ich wirklich Tipps für dich hab, aber vielleicht hilft es dir auch, zu wissen, dass du nicht der einzige bist, dem es so geht. Ich hatte das früher (obwohl das nun doch etwas übertrieben klingt, weil so lang ist es noch nicht her) auch, das Problem, das du schilderst.

Ich hatte panische Angst davor, dass mich jemand durchschauen könnte, dass jemand merken könnte wie es "in mir" aussieht. Ich war schon als Kind immer sehr nachdenklich, melancholisch, und habe früh schon angefangen anderen was vorspielen, weil ich diese dämlichen Fragen (Warum bist du denn so traurig??) nicht mehr aushielt und sehr bald merkte, dass man als fröhlicher, erfolgreicher, ehrgeiziger, etc. etc. Mensch viel mehr Möglichkeiten hat und vor allem beliebter war.

Das Ergebnis war jedoch nur, dass ich irgendwann genau da stand, wo du jetzt scheinbar stehst - ich drehte mich im Kreis. Ich habe auch Gesichtsausdrücke einstudiert und mich "abgehärtet", niemand konnte mehr wahrnehmen wie es mir wirklich geht, obwohl die Angst davor, dass es doch jemand in meinen Augen erkennen könnte, blieb.

Doch du hast recht, sowas fällt den meisten Menschen nicht auf. Sie achten nicht so feinfühlig auf sowas. Bei mir ist das auch ganz anders, ich sehe jemanden auch sehr schnell an, wenn etwas nicht stimmt. Das ist halt so, jeder "spezialisiert" sich auf andere Dinge...

Naja, wie auch immer, aber weißt du, eines Tages stand ich da und merkte, dass das alles zu nichts führt. Ich entfernte mich immer weiter von den Menschen, niemand wusste mehr, wer ich bin oder wie ich bin - bis ich es selbst nicht mehr wusste...und das, so möchte ich behaupten, ist eines der schlimmsten Dinge die einem so passieren können!

Aber ich habe wieder zurückgefunden, besser gesagt, ich bin noch dabei meinen Weg zu finden. Und auch wenn es sehr schwierig ist sich vollkommen natürlich zu verhalten, es ist doch wunderschön. Es ist so befreiend und Stück für Stück finde ich den Ausgang! Mittlerweile ist es mir schon egal, wie ich auf andere wirke. Entweder sie mögen mich so wie ich bin, oder eben nicht. Jedem das seine!

Forums-InsiderIn 305 Ostholstein M, 43

Hallo, Entschleuniger!

Von deinem Gefühl, dich verstecken zu müssen, fühlte ich mich angesprochen, und zudem bin ich ein Mann und kann deine Probleme mit dem Männlichkeitsbild nachvollziehen. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass sowas tief sitzen und langwierigst zu verändern sein kann. Aber es ist zu verändern! Ich bin mittlerweile recht offen und stelle immer wieder fest, dass es gar nicht so schlimm ist, sich "zu outen".
Letztlich solltest auf jeden Fall aktiv was machen dagegen - je früher desto besser - da diese Hemmungen dich zu zeigen, unweigerlich weitere Probleme nach sich ziehen, z.B. Einsamkeit! So kann dich ja niemand wirklich kennenlernen.
Lies ggf. mal meine Homepage, vielleicht bringt das bei dir noch mehr Erkenntnisse zutage.

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