Habe ich eine unterdrückte SM-Veranlagung?

sporadischer Gast 11 Trier M, 25

Liebe Forenleser,

ich hoffe ihr könnt mir helfen. Es geht um eine Unsicherheit, um Verwirrtheit, um Zerissenheit im Umfeld von BDSM. Ich möchte noch anfügen, dass ich mit meinen 26 Jahren noch keinen Sex und keine Beziehung hatte. Nicht, weil ich nicht wollte oder unattraktiv wäre, nein, eher Schüchternheit, mangelndes Selbstbewußtsein und mangelnde Lesefähigkeit der weiblichen Signalsprache.

Ich fotografiere gern und wollte auch schon mal gern Fetischbilder machen. (Meinen Lederfetisch gebe ich hier offen zu.) Per Zufall lernte ich eine fast 15 Jahre ältere Künstlerin kennen: obwohl wir grundverschieden sind, verstehen wir uns blendend, teilen wichtige Werte und Ansichten und lieben Fotografie und lachen viel. Allerdings ist sie aktive SM'lerin. Wir haben inzwischen auch schon einige spezielle Fotosessions gemacht. Eigentlich hatten wir vorher die Fronten geklärt: nur Bilder. Und eigentlich war SM für mich nie ne Frage. Ich mag Zärtlichkeit, gleiche Augenhöhe in Beziehungen. Aber mich verunsichert die Neugier auf die fremde Welt, denn wir lernten uns an einem SM-Stammtisch kennen, den ich mal aus Neugier aufsuchte (alles "normale" nette Leute).

Was soll ich sagen: je mehr ich diese Frau kennenlerne, desto mehr bin ich fasziniert; ich habe ihr auch mal nach ner Fotosession mitgeteilt, dass sie mir theoretisch sehr gefährlich werden könnte. Ich habe das aber als Kompliment verpackt. Die letzte Fotosession machten wir mit einem Bekannten, den wir beide vom Stammtisch kennen. Normal lasse ich mich nicht gern berühren und wahre lieber Distanz. Aber wir haben einige Spaßbilder gemacht und ich glaube, mir war anzusehen, dass ich es genossen habe, als Fotograf und Model sich eng in die Arme nahmen. Und ich habe auch "spontan" einige Bilder gemacht, bei denen ich sie berühren konnte. Sie hat sich übrigens zum ersten Mal von mir mit einer festen Umarmung verabschiedet, was ich jetzt aber mehr freundschaftlich verstehe. Vielleicht kommt sogar ne freundschaftliche Wochenendkurzreise.

Ich habe mich vom SM-Stammtisch mit der offiziellen Begründung des Uni-Stresses und des überwiegenden Fetischinteresses verabschiedet. Aber den Kontakt zu ihr will ich nicht abbrechen - im Gegenteil. Was ist los mit mir? Wieso läßt mich das alles nicht los, obwohl ich mich "verabschiedet" habe? Ist das der Anfang von SM, wenn man jemandem beginnt zu verfallen und sogar bereit wäre, mit dieser Frau eine Grenzerfahrung in dieser anderen Welt zu machen? Also bitte nicht mißverstehen: ich bin hingerissen, weil sie eine tolle Frau ist. Als Frau verkörpert sie für mich viele unterdrückte Sehnsüchte und SM stößt mich interessanterweise nicht ab, sondern macht sie noch interessanter.

Was könnt ihr mir raten? Was soll ich tun? Danke für eure Ratschläge Rolling Eyes

Helferlein 70 sdjösdöjf M, 42

Hallo. Ich glaube, wenn du eine SM-Veranlagung hättest, dann wüßtest du das. Du würdest dir z. Bsp. entsprechende Szenen vorstellen, wenn du "es" dir selber machst (ich gehe mal davon aus, daß du das tust, weil du ja nach eigenen Angaben keine sexuelle Beziehung hast).

Aus deinem Beitrag lese ich eher Faszination an dieser interessanten Frau, mit der du eine liebevolle Beziehung unterhältst, die Sex nicht ausschließt. Daß die Frau um einiges älter ist als du, das macht die Sache noch interessanter. SM-Gelüste erkenne ich deinem Beitrag nicht.

Aber selbst, wenn es so wäre, wäre das schlimm? Ich selbst habe eine gewisse Sado-Ecke, und die lebe ich, soweit es geht, auch aus. Ich habe kein Problem damit, warum denn auch?!

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß es vor allem selbstbewußte Frauen sind, die sich gerne einmal von einem Mann züchtigen lassen. Frauen ohne Selbstbewußtsein würden eine Züchtigung als persönlichen Angriff empfinden. Deine Bekannte kommt bei mir als sehr selbstbewußt rüber. Ich meine, probier die Sache doch einmal aus, dann weißt du mit Sicherheit Bescheid.

Forums-InsiderIn 159 below the waves W, 27

Hallo kleines Landei Wink

Mir scheint es eher so, dass du dir alles mögliche vorstellen könntest, wenn du nur endlich zur Erfüllung deiner Sexualität kommst. Was wäre, wenn die Frau ausschließlich Tantra betreiben würde? Ich schätze, dann wäre sie genauso interessant für dich? Und willst du dir überhaupt detailliert vorstellen, was sie so unter Gleichgesinnten praktiziert? Es ist wohl nur aufregend solange es geheimnisvoll bleibt oder aber wenn man wirklich darauf steht.
Ich habe den Eindruck, dass dir das ganze technische Trallala um den SM hilft, deine Angst vor Nähe zu überwinden, weil ja vorher abgesprochen ist was laufen wird und du nicht bei einem Candlelightdinner für passende Konversation sorgen musst.
Sag mir wenn ich falsch liege.
LG rainyday

sporadischer Gast 11 Trier M, 25

@ marquee: Danke für deine Antwort. Also beim "Selbsttun" gibt es schon sehr oft Vorstellungen, die sich eindeutig der SM-Ecke zuordnen lassen, wenngleich auch der soften. Aber eben nicht nur: auch ganz normale und welche rein fetischbezogen.

Ich sehe das so: wenn ich ausschließlich "normal" veranlagt wäre, dann müßte mich doch die Tatsache, dass sie SM praktiziert (und ich weiß auch genau was, das hat sie mir erzählt) eigentlich als "pervers" abstoßen. Aber das tut es nicht. In erster Linie ist sie ne tolle Frau, aber ihre SM-Aktivität zieht mich an, macht mich neugierig. Bis vor nem halben Jahr hätte ich das ruhigen Gewissens abgestritten, dass mich die Grenzerfahrung interessiert.

Du hast schon Recht: sie ist sehr selbstbewußt. Gerade das führt aber auch bei mir zu mehr Selbstbewußtsein. So locker wie am Wochenende kenne ich mich gar nicht. Und ja: unser herzliches Verhältnis beruht definitiv auf Gegenseitigkeit. Sex habe ich von meiner Seite aus nicht ausgeschlossen, hab das aber sehr dezent aber klar verständlich als Kompliment formuliert.

@ rainyday: Danke für deine Antwort. Es stimmt zwar, dass ich endlich gern meine Sexualität ausleben möchte, aber nicht um jeden Preis, nicht mit jedem. Ich weiß z. B., dass sie auf Spanking bei ihrem Partner steht und ich weiß auch, dass ihr Ex auf eine Peitsche mit reingedrehten Schrauben stand. Da mußte ich wirklich schlucken. Das kann ich mir nun überhaupt nicht für mich vorstellen, aber es hat mein Bild nicht verändert, da ich in erster Linie ihr Wesen beurteile und das ist sehr herzlich und offen.

Was Konversation angeht: mit dem richtigen Mädel habe ich da überhaupt kein Problem, kann über echt alles reden. Auch mit ihr kann ich über alles reden und wir haben keinen konstruiert technischen Umgang, sondern im Gegenteil eher einen spontanen. Da wir uns schon über ein Jahr kennen, würde ich auch sagen, dass SM zwar ein wichtiger Teil für sie ist, aber eben nicht nur. Und wir haben mehr "alltägliche" Schnittmenge, als ich mir hätte vorstellen können am Anfang.

Und eines ist wichtig: wir sind beide keine oberflächlichen Menschen. Ausschließliches Tantra würde mich übrigens weniger ansprechen. Aber für sie ist es umgekehrt auch völlig normal, dass ich einen Fetisch für Leder habe. Aus meiner Sicht ist es genau dieses zweite Ich, dieser fließende Übergang vom Fetisch zum soften SM, der mich anzieht, obwohl ich Gewalt ablehne und eigentlich überzeugt von Beziehungen auf einer Augenhöhe bin. Und genau das macht mir irgendwo Angst.

Forums-InsiderIn 151 Hamburg W, 21

Hallo Junge vom Land,

vielleicht solltest du mal mit deiner Freundin reden? Es ist sicher einfacher für euch, wenn ihr die Fronten klährt? Ich meine, wenn du dir eh vorstellst, eine Beziehung zu ihr haben zu können...
Weiss sie denn, was du fühlst?

Forums-InsiderIn 329 NRW W, 33

Hallo!
Ich glaub ja eher, dass es schlicht und ergreifend deine Unerfahrenheit in Sachen Sex ist, die dich zu solchen Gedanken führt.
Über SM scheinst du auch nicht wirklich gut bescheid zu wissen, eben das, was sie dir so erzählt. Dadurch bekommst du aber kein Bild dieser Spielart, denn da hilft, wie meistens in sexuellen Dingen nur: ausprobieren.
Dann, und nur dann! würdest du wissen, ob es tatsächlich SM ist, was dich anmacht, oder eben doch eher ihr Wesen, sie als Frau mit ihrer Vorliebe, die sie, natürlich, interessant macht. Und die gut zu deinem Lederfetisch passt. Wenn man jemanden interessant findet oder gar verliebt ist, will man ja in dessen Welt vordringen, man beginnt u.U. die gleiche Musik zu mögen, die gleichen Bücher zu lesen, etc., und bei ihr ist es eben SM.
Wie bereits gesagt, wenn du eine SM-Neigung hättest, dann würdest du das auch in deinen Fantasien ausleben. Es ist wohl doch eher die Neugier, aber dagegen spricht ja nichts!
Und das:

Quote:

Ich sehe das so: wenn ich ausschließlich "normal" veranlagt wäre, dann müßte mich doch die Tatsache, dass sie SM praktiziert (und ich weiß auch genau was, das hat sie mir erzählt) eigentlich als "pervers" abstoßen.

ist blanker Blödsinn, sorry. Ich kann doch nicht jeden pervers finden, der anderen Sex praktiziert als ich, wo bliebe denn da die Toleranz?!
Jeder kann doch treiben, was er/sie will, wenn's im gesetzlichen Rahmen bleibt. Wink

sporadischer Gast 11 Trier M, 25

Hallo Beavis:

unsere Fronten sind geklärt. Immerhin kam es zu unseren Fotoprojekten, gerade WEIL ich nichts von ihr WILL. Das ich das nun nicht mehr leugnen kann, heißt nicht, dass ich es auch zugeben muss. Beziehung ist vielleicht das falsche Wort. Erotische Freundschaft oder Affäre trifft es besser. Und eigentlich war es immer tabu für mich, wenn jemand so sehr älter ist.

Hallo Triggerhappy:

du hast Recht: unerfahren bin ich und beileibe kein SM-Experte. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht theoretisch wüßte, um was es geht. Aber ich möchte das jetzt hier ja nicht ausbreiten. Das Ausprobieren, das ist ja genau das, was ich meine: sie ist die erste Frau, bei der ich dazu AUS NEUGIER bereit wäre, um eben festzustellen ob es mich anspricht oder ich nur glaube dass es das tut. Ich habe Vertrauen zu ihr und das habe ich nicht zu vielen Menschen. Ich weiß, was du meinst mit dem Vordringen in die Welt des anderen. In unseren künstlerischen Ambitionen haben wir eine ähnliche Welt, von der Basis sind wir ja gestartet. Aber ich würde andererseits nie meine eigene Welt deswegen einschränken. Ich dachte übrigens, ich hätte das schon geschrieben: ja, ich habe SM-Fantasien, aber keine extremen. Und nicht ausschließlich. Eher ein sowohl als auch. Mit meinem Ausspruch wollte ich übrigens nicht intolerant erscheinen. Ich meinte nur, dass ich mich doch eigentlich abgestoßen fühlen müßte von Praktiken, die ich nicht mag und zwar unabhängig ob ich die Person an sich mag.

Forums-InsiderIn 329 NRW W, 33

Hallo,
und ich meinte, dass man sich nicht zwangsläufig abgestoßen fühlen muss, wenn jemand, den man mag, gewisse Praktiken ausübt, die man für sich ausschließt. Er/sie kann doch tun und lassen, was ihr/ihm beliebt, nur eben dann nicht mit uns. Wink

(fiktives Bsp.: mein neuer Partner steht auf Blowjobs, ich will sowas aber nicht machen. Deshalb stößt es mich aber doch nicht ab, ich finde es normal, nur möchte ich es nicht praktizieren.)
Tja, vielleicht läuft es darauf hinaus, dass du es eines Tages mal ausprobierst (warum denn auch nicht?!) und dann bist du schlauer! Ansonsten genieße diese Freundschaft, sie ist sicher so oder so eine Bereicherung!

sporadischer Gast 11 Trier M, 25

Oh ja, diese Freundschaft ist eine Bereicherung und das tut mir gut; und wie ich deinem Beitrag entnehmen kann, teilen wir doch eindeutig den gleichen Standpunkt, auch wenn wir das unterschiedlich formulieren. Wink

Ja, kann gut sein, dass ich mal was ausprobiere. Und die Grundvoraussetzung für SM ist bei uns wirklich vorhanden: Vertrauen. Ich würde mich "ihren Händen" anvertrauen, doch. Smile

Vielleicht habt ihr Recht, denn die Antwort auf meine Frage finde ich wirklich erst danach.

Allerdings: irgendwie habe ich auch "Angst" davor, wenn es mir gefällt, dass mich das alles stark verändert.

Aber eines weiß ich: ich möchte diese Erfahrung gern mit ihr teilen. Um ehrlich zu sein: der SM-Stammtisch, von dem wir uns kennen, die veranstalten auch einmal im Sommer eine Art Grillfest mit spezieller Spielmöglichkeit. Wenn sie mitgefahren wäre, ich hätte es definitiv drauf angelegt und wäre über meinen Schatten gesprungen.

sporadischer Gast 14 Österreich M, 41

Ich wäre vorsichtig mit bei dieser Frau - mach Dich etwas zu, mach Deinen Brustkorb nicht auf, lass da Knochen sein zwischen Deinem Herz und der Frau.

Grund: Du läufst Gefahr, ein Schattenbild Deiner Fantasie in die Frau hineinzusehen. Du siehst Deine Fantasie in der Frau verwirklicht - sie ist aber nicht Deine Fantasie.

Halte Dich gefühlsmäßig zurück, sammle Erfahrung mit ihr, lass Zeit verstreichen, übereile nichts - sei realistisch.

sporadischer Gast 11 Trier M, 25

Hallo Bileam,

sei unbesorgt: ich sehe selbst diese Gefahr und sie ist mir bewußt. Und ganz wichtig: um mein Herz geht es eher wenig, vielmehr um Lust. Zumal mein Herz äußerst wählerisch ist.

Mein BWL-Studium hat mich übrigens sehr zu einem rationalen Kopfmenschen gemacht. Insofern ist Realismus eine Grundeinstellung von mir, die auch Gefühlen und Gelüsten übergeordnet ist.

Von daher gebe ich dir Recht: wenn ich an echte Beziehungen denke, ist sie überhaupt nicht meine Idealvorstellung. Aber spricht das dagegen, wenn man einmal die Chance hat, seine unterdrückten Empfindungen zu erforschen, zuzulassen, den Moment zu genießen?

sporadischer Gast 11 Trier M, 25

Ich glaube, eure Beiträge haben bei mir zu der richtigen Entscheidung geführt. Ich habe mich mit meinem Problem einer sehr guten Freundin anvertraut. In mein Fotoprojekt hatte ich sie schon vorher eingeweit. Ich hoffe, dass ich mit ihr wieder einen klaren Kopf bekommen kann.

Ihr habt Recht: es besteht die Gefahr, dass ich mich in etwas verrenne, was mir nicht gut bekommt und was ich womöglich wirklich nicht will.

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