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alterego
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Post Sat, 16.Dec.06, 10:20      Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Hallo,
es fällt mir sehr schwer, in der Therapie über Gefühle zu sprechen, weil ich mich, denke ich, sehr instinktiv vor Zurückweisung schützen möchte. Ich hänge sehr an meiner Therapeutin und habe ihr das auch gesagt und so fällt es mir noch schwerer, Gefühle wie Eifersucht, Traurigkeit und Scham zu thematisierten. Ich gebe mir zwar wirklich Mühe, aber es fällt mir einfach unendlich schwer. Meine Therapeutin meinte, ich müssen lernen Gefühle wahrzunehmen und auszuhalten und nicht versuchen, sie wegrationalisieren. Das klingt sehr vernünftig und ich will das auch gerne tun, aber ich weiss nicht wie! Sie meinte auch, ich solle in mir selbst finden, was ich immer außen suche (Geborgenheit, Liebe, Akzeptanz, etc..) und allein dadurch, dass ich es außen suche, ohne es innen zu haben, nie bekommen werde.
Im Moment liege ich ohnehin gerade krank im Bett, fühle mich so schrecklich einsam und traurig, könnte den ganzen Tag nur heulen, etc...
Aber was ist mit aushalten gemeint? Wie kann ich diese Gefühle aushalten ohne mich da richtig reinzusteigern? Das wäre ja auch wenig liebevoll mir selbst gegenüber. Wie kann ich mich selbst trösten? Wie kann ich den Verlust der Illusion, dass irgendwann einmal jemand kommt, mich in den Arm nimmt und sagt, dass alles ok ist, aushalten? Wie kann ich aufhören mit der Suche nach dem was ich als Kind nie bekommen habe? Und es gleichzeitig schaffen, selbst derjenige zu sein, der mir das gibt.
Ich weiss nicht ob mich vielleicht irgendeiner versteht und wäre dankbar für ein paar Antworten.
Viele Grüße,
Alterego
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mizzy7
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Post Sat, 16.Dec.06, 10:53      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Hallo Alterego,

Quote:
Ich hänge sehr an meiner Therapeutin und habe ihr das auch gesagt und so fällt es mir noch schwerer, Gefühle wie Eifersucht, Traurigkeit und Scham zu thematisierten.


Ich verstehe den zusammenhang nicht genau. Beziehen sich die gefühle auf deine therapeutin? Oder warum hast du sonst angst, über sie zu sprechen?

Und anscheinend nimmst du doch diese gefühle wahr ...? In dieser beziehung rationalisierst du sie also nicht ganz weg?

Wie machst du das denn eigentlich mit wegrationalisieren?

Quote:
Wie kann ich aufhören mit der Suche nach dem was ich als Kind nie bekommen habe? Und es gleichzeitig schaffen, selbst derjenige zu sein, der mir das gibt.


Ich weiß nicht. Ich glaube, wir müssen mit den narben leben, die uns der mangel einmal zugefügt hat. Es ist aber schon eine weiter weg dahin, der eigenen verwahrlosung ins gesicht sehen zu können. Und nicht vorher schon alles mit gedanken kleinzuhacken. Dieses rationalisieren ist ja sehr lieblos sich selbst gegenüber. Eine art wiederholung der brutalität, die einmal erfahren wurde.

Gute besserung Wink Wink
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Nachtvogel
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Post Sat, 16.Dec.06, 10:55      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Moin!
Wie wäre es, wenn du ein "Gefuehlstagebuch" anfängst: Kommt in einer bestimmten Situation ein Gefuehl hoch, so schreibe Situation und Art des Gefuehls auf. Anhand dieser Notitzen ist es dann einfacher, in der Therapie darueber zu reden. Durch dieses Aufzeichnen kannst du es auch eventuell vermeiden, dich da reinzusteigern.
"Einsam und traurig" sind auch Gefuehle!
LG, Nachtvogel
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alterego
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Post Sat, 16.Dec.06, 13:09      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Lieber Nachtvogel, hallo Mizzi
vielen Dank für Eure Antworten.
Quote:
Ich verstehe den zusammenhang nicht genau. Beziehen sich die gefühle auf deine therapeutin? Oder warum hast du sonst angst, über sie zu sprechen?

Eigentlich nicht, eher in so einer Art Übertragung. Ich wünsche mir von meiner Therapeutin letztendlich die Nähe und Wärme, die ich als Kind nicht bekommen habe, weiss aber (und das sagt sie auch), dass ich das nicht bekommen kann, sondern mir selbst geben muss. Vom Kopf her ist mir das alles ganz logisch, aber emotional ist es eben immer noch so, dass ich nicht aufhöre, es zu wollen. Und ich denke, es ist dieser unerfüllte Wunsch, mit dem ich mir auseinandersetzen muss. Das ist ein ganz alter Wunsch, der mich mein Leben lang verfolgt hat und mit diesem werde ich im Moment in der Therapie sehr stark konfrontiert, weil er sich im Moment auf meine Therapeutin bezieht.
Es ist saumäßig schwer so etwas zuzugeben und dann noch fünfmal schwerer auszuhalten, dass der Wunsch natürlich unerfüllt bleibt. Und in statt in solchen Momenten die Tatsache, dass es eben ein unerfüllter Wunsch ist, auszuhalten, fange ich an mit meiner Therapeutin zu diskutieren, ihr zu sagen, dass ich ja genau weiß, dass ich mir die Nähe selbst geben soll und sie nicht von ihr bekommen kann und dass sie mir bitte nicht unterstellen soll, dass ich das nicht wüsste. Und dass ich ja nur versuche, zu äußern, wie ich mich fühle und keine Bitte an sie richte. Dann bin ich beleidigt, wenn sie denkt, ich bäte um Nähe und mir dann sagt, dass das nicht geht. Und so wird das ganze zu einem "Sie haben gesagt, dass" und "Sie denken, dass ich das und das denke, aber ich denke das doch gar nicht....". Etc...
Ich müsste es irgenwie schaffen, diesen Wunsch in mir zu akzeptieren und über seine Unerfülltheit zu trauern. Aber irgendwie ist das so unerträglich, dass ich anfange, mich dafür zu rechtfertigen, indem ich hervorhebe, dass ich den Wunsch doch gar nicht äußere und Zurückweisung deswegen doch unangebracht sei, etc... Und so wird das ganze etwas streckenweise etwas weniger schmerzhaft aber umso komplizierter.
Ich denke nicht, dass ich Gefühle nicht spüren kann. Ich lenke mich auch nicht sonderlich ab oder versuche sie zu verdrängen, aber ich kann sie eben nur ganz schlecht ertragen. Und so versuche ich sie umzuinterpretieren und (innerlich) den Leuten, die mir etwas sagen, was mich verletzt, die Schuld in die Schuhe zu schieben, dafür, dass ich mich schlecht fühle.
So bin ich eben nicht traurig, weil ich einen so starken unerfüllten Wunsch habe, ein Loch aus der Kindheit, sondern weil sich meiner Therapeutin erdreistet mir zu sagen, dass sie mir diesen Wunsch nicht erfüllen kann, OBWOHL ich das doch selbst weiss und OBWOHL ich sie doch gar nicht darum gebeten habe. Und so akzeptiere ich nicht die Trauer in mir, sondern verlagere sie nach außen - z.B. in die Formulierungen meiner Therapeutin. Denn wenn sie das nicht so gesagt hätte, ginge es mir ja nicht schlecht. Und somit hat sie die Verantwortung für meine Gefühle und nicht ich. Was völliger Quatsch ist und weswegen ich das Thema "Gefühle aushalten" so wichtig finde. Denn wenn ich das könnte, müsste ich nicht an allem was andere sagen heruminterpretieren und meinen Gefühlszustand davon abhänig machen. Und deswegen will ich es lernen.
Oje, das ist ganz schön kompliziert...
Aber vielleicht versteht es ja trotzdem einer...
Viele liebe Grüße,
Alterego
PS: Das mit dem Tagebuchschreiben habe ich mir auch schon überlegt. Denn so kann ich das Gefühl zulassen, aufschreiben und dann auch wieder ziehen lassen. Wenn ich dann darüber reden will, habe ich ja quasi ganz viele Momentaufnahmen.
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münchnerkindl
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Post Sat, 16.Dec.06, 13:14      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Hi,

ich finde es ziemlich schäbig, von Dir zu verlangen etwas zu tun ohne Dir zum Beipiel praktische Übungen an die Hand zu geben, wie Du das auch erlernen kannst... Weil das ist wie wenn zu mir jemand sagt, "ja wenn sie in Frankreich sind dann sprechen sie dort halt Französisch wenn sie ein Kommunikationsproblem haben". Sehr hilfreich wenn ich die Sprache nciht beherrsche!!!

Weil draufzukommen daß das bei Dir so ist, dazu braucht es keinen Therapeuten, das sagt einem eigentlich der gesunde Menschenverstand auch.

Es wäre ja gerade die Aufgabe eines Therapeuten Dir beizubringen WIE Du das üben und erlernen kannst

Mein Tip ist, frag ihn ganz klipp und klar, wie Du das machen sollst. Und wenn er Dir nicht ganz klare, befriedigende Hinweise geben kann, Dir ein Gefühl dafür geben kann, Dich anleiten kann, dann überlege Dir, einen anderen Therapeuten zu suchen.

Liebe Grüsse,

Petra
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mizzy7
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Post Sat, 16.Dec.06, 13:58      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Ich glaube, ich verstehe, was du meinst, alterego.
Mit diesen gefühlen in der therapie ist es kompliziert. Ich kenne das auch, auch die wut und auch die "zurückweisungen". Manchmal habe ich schon überlegt, ob das nicht ein grundlegendes paradoxon der psychotherapie ist. Man kommt in die therapie mit einer mangelerscheinung, spürt sie in der beziehung zur therapeutin und muss sie sofort wegrationalisieren, also das tun, was man sowieso beherrscht. Denn wenn du sagst, es sei dir klar, dass die therapeutin deine sehnsüchte nicht erfüllen kann, dann ist das ja ebenfalls eine rationalisierung. Tatsache ist, dass du diese sehnsüchte jetzt hast und zwar in bezug auf die therapeutin.

In meiner aktuellen schwierigen liebesbeziehung stoße ich auch immer wieder auf dieses muster. Ich bin kaum in der lage, trauer zu empfinden und mir meine sehnsüchte einzugestehen. Stattdessen werde ich aggressiv und streite mich über unsere beziehung.

Ich gehe eigentlich davon aus, dass ich zu einer bestimmten tiefe von gefühlter einsamkeit und der unendlichen sehnsucht nach nähe nicht in der lage bin. Ich stelle mir vor, dass irgendwelche verbindungen in dieser hinsicht in meinem gefühlsrepertoire nicht ausgebildet wurden, an deren stelle sind löcher, ödnis oder so. Ich komme da nicht ran. So lebe ich relativ autark, pseudoautark. Hinter einer panzerglasscheibe.

lieben gruß
Wink
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carö
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Post Sat, 16.Dec.06, 14:06      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

hallo alterego,

Quote:
Ich müsste es irgenwie schaffen, diesen Wunsch in mir zu akzeptieren und über seine Unerfülltheit zu trauern.


das ist sicherlich eine der schwersten "übungen" friend aber letztlich der wesentliche schritt zu einer weiterentwicklung. würde jemand von aussen, diese lücke, diese sehnsucht nach halt, nähe, geborgenheit aufzufüllen versuchen, würde es niemals ausreichen. das ist ein bedürfnis, das aus einer anderen zeit stammt und ehrlich gesagt kenne ich keinen anderen weg als immer wieder in der konfrontation, auseinandersetzung aber auch im verstandenwerden im schmerz der unerfüllbarkeit dieser sehnsüchte mit dem therapeuten zu bleiben. es hört irgendwann auf grinsend

Quote:
Aber irgendwie ist das so unerträglich, dass ich anfange, mich dafür zu rechtfertigen, indem ich hervorhebe, dass ich den Wunsch doch gar nicht äußere und Zurückweisung deswegen doch unangebracht sei, etc...

du kannst noch nicht akzeptieren, dass du eine solche sehnsucht überhaupt hast und fängst an, dich nach aussen hin zu verstricken... all das, weil es so sehr wehtut, diesem riesengroßen defizit und der sehnsucht ins auge zu schauen. ich habe das auch so erlebt, dass es lange nicht aushaltbar war und habe ähnlich reagiert, wie du es beschreibst... also sehr stark rationalsiert, beleidigt gewesen, streit angefangen, auf den therapeuten übertragen, dass ER mir etwas nicht gibt.. anstatt das gefühl der trauer, den schmerz und der einsamkeit ertragen zu können... es ist auch schwer, hab geduld mit dir... wegrationalisieren ist wie schon oben geschrieben, ein mittel um dir selbst wieder eins überzubraten, anstatt dich sooo unendlich traurig anzunehmen... es kommt noch - geduld grinsend

wenn es so einfach wäre, dass man einem eine anleitung geben könnte, wie es geht, dann wären wir alle schlauer.

viel mut und kraft wünsche ich!

caroline

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Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können.
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alterego
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Post Sat, 16.Dec.06, 16:22      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Hallo,
vielen Dank für eure Antworten.

@münchnerkindl

Leider denke ich schon, dass ich den Weg zu mir selbst und den Abschied von der Illusion, dass mir jemand helfen kann, alleine meistern muss. Wahrscheinlich würde ich in diesem Stadium jeden Tipp meiner Therapeutin diesbezüglich nur noch als weitere Zurückweisung sehen.
Aber ich musste trotzdem ein bisschen lächeln, darüber, dass Du es als "schäbig" bezeichntet hast, dass sie mich damit allein lässt. Denn das hat mir in dem Moment in dem ich es gelesen habe ganz gut getan.

@ mizzy

[quote]

Du Arme! Das tut mir so leid für Dich!! Du musst wirklich sehr verletzt worden sein!
Bei mir ist das anders. Ich spüre das schon. Ich habe das Gefühl, der Boden unter den Füßen entgleitet mir oder ich verhungere. Dann kommt in Wellen so ein innerlicher Schmerz, wie der schlimmste Liebeskummer.
Ich kann das nur nicht aushalten und als Teil von mir sehen. Ich hänge ihn dann anderen Leuten an (jetzt meiner Therapeutin, aber früher auch schon anderen mutterähnlichen Figuren in meinem Leben), in dem Sinne, dass ich mich der Illusion hingebe, wenn die nur für mich da wären, wäre alles ok. Ich schaffe es einfach nicht, mich in so einer Situation quasi selbst in den Arm zu nehmen und zu trösten. Meine Therapeutin meint aber, das genau das die Voraussetzung für Beziehungsfähigkeit ist, das man das kann. Denn sonst gerät man in jeder engen Beziehung gleich in eine Abhängigkeit von der Zuwendung des anderen.
Wenn ich das Problem mit meiner Therapeutin also nicht hätte, hätte ich's wahrscheinlich in einer anderen Beziehung. Nur da wäre die Kommunikation auf der Metaebene nicht mehr so leicht möglich, wie in der Therapie, weil in normalen Beziehungen ja beide drinhängen. Also sehe ich diese starke Übertragung schon auch als Chance, an dem Problem zu arbeiten. Was ein bisschen schwierig ist, ist das meine Therapeutin Verhaltenstherapeutin ist und das Thema Übertragung in der VT keine so große Rolle spielt.

@caroline
Was Du geschrieben hast, tut mir sehr gut. Ich schwanke oft hin und her zwischen "ist das jetzt etwas Wichtiges, das ich durchleben muss, damit es mir besser geht" und der Angst, in tiefste Depressionen zu verfallen. Ich denke schon, dass es sehr wichtig ist, mich mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen - und wahrscheinlich hast Du recht - ich wehre mich noch mit Händen und Füßen dagegen, sie in mir selbst zu erkennen. Du hast das wirklich gut beschrieben mit dem nach außen verstricken.
Es hört sich an, als wärst Du schon ein paar Schritte weiter als ich. Wie hast Du denn das geschafft?
Liebe Grüße,
Eure Alterego
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Post Sat, 16.Dec.06, 18:05      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Hallo Alter Ego,

Mir hat es geholfen, "ja, aber"-Sätze zu vermeiden.


Alles Liebe und geh diesen Weg weiter,

Irrlicht

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Toleranz ist, wenn sich die Menschheit in die Menschlichkeit verliebt. C.M.
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Post Sat, 16.Dec.06, 18:43      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

mizzy7 wrote:
Man kommt in die therapie mit einer mangelerscheinung, spürt sie in der beziehung zur therapeutin und muss sie sofort wegrationalisieren, also das tun, was man sowieso beherrscht. Denn wenn du sagst, es sei dir klar, dass die therapeutin deine sehnsüchte nicht erfüllen kann, dann ist das ja ebenfalls eine rationalisierung.


es ist von vorne herein absolut nicht möglich daß so eine Herangehensweise IRGENDEINEN Nutzen hat.

Denn Emotionen "wegrationalisieren" zu müssen ist für viele Menschen erst der Grund daß sie in einen Zustand geraten sind der einer Therapie bedarf.

Emotionen kann man nicht wegrationalisieren. Das führt nur zu einem inneren Kriegszustand und emotionaler Verwirrung.

Grüssle,

Petra
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Post Sat, 16.Dec.06, 18:54      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

alterego wrote:
aber emotional ist es eben immer noch so, dass ich nicht aufhöre, es zu wollen. Und ich denke, es ist dieser unerfüllte Wunsch, mit dem ich mir auseinandersetzen muss. Das ist ein ganz alter Wunsch, der mich mein Leben lang verfolgt hat und mit diesem werde ich im Moment in der Therapie sehr stark konfrontiert, weil er sich im Moment auf meine Therapeutin bezieht.


Es ist saumäßig schwer so etwas zuzugeben und dann noch fünfmal schwerer auszuhalten, dass der Wunsch natürlich unerfüllt bleibt.

Und in statt in solchen Momenten die Tatsache, dass es eben ein unerfüllter Wunsch ist, auszuhalten, fange ich an mit meiner Therapeutin zu diskutieren, ihr zu sagen, dass ich ja genau weiß, dass ich mir die Nähe selbst geben soll und sie nicht von ihr bekommen kann und dass sie mir bitte nicht unterstellen soll, dass ich das nicht wüsste. Und dass ich ja nur versuche, zu äußern, wie ich mich fühle und keine Bitte an sie richte.

Dann bin ich beleidigt, wenn sie denkt, ich bäte um Nähe und mir dann sagt, dass das nicht geht. Und so wird das ganze zu einem "Sie haben gesagt, dass" und "Sie denken, dass ich das und das denke, aber ich denke das doch gar nicht....". Etc...


Ich müsste es irgenwie schaffen, diesen Wunsch in mir zu akzeptieren und über seine Unerfülltheit zu trauern. Aber irgendwie ist das so unerträglich,

dass ich anfange, mich dafür zu rechtfertigen, indem ich hervorhebe, dass ich den Wunsch doch gar nicht äußere und Zurückweisung deswegen doch unangebracht sei, etc..


kann es sein daß Du mit der Therapeutin genau das lieblose Verhältnis zu Deiner Mutter wiederholst?

Und nochwas, was vergibt sich denn diese Therapeutin wenn sie Dir ein bischen menshcliche Nähe und Anteilnahme angedeien lässt?

Ist sie am Ende einer von den Menschen die sich nur wohlfühlt wenn sie ihre Mitmenschen immer auf Armeslänge von sich halten kann? Dann ist sie in dem Job aber definitiv nicht die richtige. Weil es geht ja nicht darum daß Du ihr privatesten intimen Bereich eindringst. Es geht aber um so was wie "Nächstenliebe", Anteilnahme und das kann und muss ein Therapeut seinem Patienten leben.

Menschliche Anteilnahme und wärme ist kein unerfüllbarer Wunsch den man wegrationalisieren und "aushalten" muss. Es ist ein ganz normales Bedürfniss des sozial lebenden Säugetiers Mensch. Für jeden von uns!

Hm, einen warmherzigeren Therapeuten suchen? Nicht wieder eine "Mutter die Dich zurückweist"?

Liebe Grüsse,

Petra
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Post Sat, 16.Dec.06, 19:09      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Hi nochmal,

hab noch was vergessen, ich meine damit nicht, daß man sich wie eine Klette an jemand anders haftet um dann auf ewig emotional abhängig zu bleiben. Klar, solche Tendenzen muss man bearbeiten, weil liebestechnisch ein Fass ohne Boden zu sein das kann nie befriedigend sein.

Aber dieses Verhalten ist durch Zurückweisung entstanden. Also wird es schwerlich durch Zurückweisung zu heilen sein, nach dem Motto "find dich ein für allemal damit ab".

Es ist ein menschliches Bedürfniss, nichts krankhaftes. Wenn die Therapeutin dafür kein Mindestmass an Anteilnahme zeigen kann hat sie ihren Beruf verfehlt und ist höchstens in der Lage eine Spinnenphobie zu therapieren.

Ich hatte mal ein wirklich interessantes Erlebnis: In der schule hatte ich einen Mönch als Religionslehrer den ich sehr mochte. Jahre später, als es mir ganz übel ging bin ich einfach so da hingegangen zu dem Kloster und hab mich in den Gottestdienst gesetzt. Danach hab ich einen der Brüder angesprochen und hab ihm das von dem Religionslehrer erzählt und daß es mir so schlecht geht. Er hat gemeint, ich könnte ihm ja alles erzählen wenn ich will. Ich hab dann eine halbe Stunde mit ihm geredet und er hat einfach zugehört. Und da hab ich wirklich gemerkt was das gerede von der christlichen Nächstenliebe, was man so oft hört bedeutet. Daß jemand wirklich anteilnimmt! Sich Zeit nimmt! Das hat so gutgetan! Erheblich besser als das allermeiste was ich so von Therapeuten erlebt habe.
Der Mönch hat sich NICHTS vergeben, anteilzunehmen. Das ist die Art von Liebe die zwischen Menschen herrschen kann und die auch die Kraft hat zu heilen.

Ich glaube das ist genau das was Du auch brauchst.. geh und such es Dir! Es wird helfen.

Liebe grüsse,

Petra
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Post Sat, 16.Dec.06, 19:15      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

ach noch was. Mit besserem Selbstwertgefühl wird es auch besser auszuhalten sein zurückgewiesen zu werden.

Das Selbstwertgefühl ist die Basis. Wenn Du das stärkst bist Du weniger angewiesen auf Bestätigung von aussen.

Aber um Selbstwertgefühl aufzubauen ist es ziemlich notwendig wenn Du von Deiner Therapeutin so wie Du bist angenommen zu werden. Weil sonst immer dieses "ich bin falsch" Gefühl bleibt.


Und nicht nur eine Art "Erziehung" durchmachen zu müssen.
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vallée
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Post Sat, 16.Dec.06, 23:18      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Hallo alterego,
ich verstehe das ziemlich gut. Ich habe dieses "Problem" erst seit kurzem. Nun da war es sicher schon immer. Ich habe es nur nicht so gespürt und bestimmte Beziehungen einfach umgedeutet.
Ich hasse mich richtig selbst dafür, dass ich diese Sehnsucht überhaupt habe, das ich so verletzlich bin, wenn ich das Gefühl habe man nimmt mit die Nähe weg oder gibt sie mir nicht. Ach was schreibe ich man. Ich meine die Therapeutin und die ist auch noch eine frau. Rolling Eyes Man ist also murks.

Aber ich denke die rationale Einsicht ist schon okay und ein erster Schritt. Davon geht es nicht weg, aber vielleicht kann man dann besser bei sich bleiben als sich mit anderen zu verstricken, was ja alle Beteiligten oft nur unfroh macht.
Und so kannst du dich vielleicht daran erinnern, das die Therapeutin dich ja annimmt, ganz und so wie du bist. Und das ist ja auch ein Stück Hafen, mal so sein zu dürfen, wie man ist (wenn man sich denn traut), mal ankern dürfen. Und zwar so lange bis man hochseetauglich ist. zwinkernd..

Denn ich glaube wirklich diese Sehnsucht zeigt sich eben erst, wenn man im Hafen angekommen ist. In stürmischer See wäre das viel zu gefährlich. Zumindest sehe ich das für mich so. das es ein bewesi dafür ist, dass da ne gute Basis in der Therapie ist, an der ich mich festhalten kann. Etwas, das man eben als Kind nicht hatte.

Ich glaube auch du bist auf dem richtigen Weg.
Was das aushalten angeht, so hilft mir eben diese rationale Einsicht woher es kommt und wie es sich verhält und auch das Wissen, das ein so extremer Anfall immer (!!) vorrüber geht. Wo Schatten ist, muss auch Licht sein. Und es ist auch ein Fakt, dass man nach ca. 45 min aufhört zu weinen. Weil trauern Hochleistung bedeutet. und es kann ja auch niemand für immer rennen. Irgendwann ist der Akku alle und dann sitzt man erstmal und erholt sich.

Weiß nicht, vielleicht hab ich grad Quark geschrieben, mich treibt das Problem ja selbst zur Zeit sehr um.
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Post Sun, 17.Dec.06, 12:21      Re: Gefühle aushalten Reply with quoteBack to top

Hallo,
Vielen Dank für Eure Antworten!
@münchnerkindl
Danke für Deine vielen Mails. Ich wünschte auch, ich würde von meiner Therapeutin bekommen können, was mir fehlt und DANN lernen, es mir selbst zu geben. Aber ich glaube, hier ist eher die Idee, dass ich mich damit abfinden muss, dass sie und auch niemand anderes außer mir das kann. Und das ist eben so schwer auszuhalten. Irgendwann einmal hat sie mir gesagt, ich renne immer wieder gegen die Wand (nicht nur bei ihr, sondern allgemein in meinem Leben), weil ich hoffe, dass dadurch endlich die Tür zu dem was mir so fehlt aufgeht. Und dabei entwickle ich immer größere Frustrationstoleranz im nicht Bekommen was ich haben möchte und immer größere Beulen. Und dabei müsste ich doch einfach aufhören gegen die Wand zu rennen, mich umdrehen und mir selbst zuwenden.
Und ich denke nicht, dass das geht, wenn die Wand sich dann doch auf einmal liebevoll um mich kümmert Sad
Denn meine Therapeuting ist ganz sicherlich nicht nicht warmherzig. Das ist sie sogar sehr. Wenn es darum geht, irgendwelche anderen Probleme zu lösen oder wenn es mir wegen etwas anderem schlecht geht, ist sie sehr verständnisvoll und einfühlsam – und immer bedacht auf die Hilfe zur Selbsthilfe. Vielleicht bin ich gerade deswegen immer mit irgendwelchen anderen Problem zu ihr gegangen als mit diesem zentralen Problem was ich jetzt habe. Sie hat mir dabei sehr geholfen, aber irgendwann war es eben so, dass ich mehr auf ihre Zuwendung wert gelegt habe, als auf ihre Hilfe bei der Lösung von meinen Problemen. Und da bin ich dann selbst eingeschritten und habe das zentrale Thema auf den Tisch gelegt.
In Bezug auf meine anderen Probleme fühle ich mich mittlerweile selbst sehr kompetent und frage sie auch nicht mehr um Rat. In dem Sinne war die Therapie bisher sehr erfolgreich. Und ich bin sehr stolz darauf, dass ich meine alltäglichen Probleme jetzt gut selbst im Griff habe.

@vallée
Quote:
Und es ist auch ein Fakt, dass man nach ca. 45 min aufhört zu weinen. Weil trauern Hochleistung bedeutet.


So habe ich das noch nie gesehen. In dem Moment denke ich immer 1. es wird nie aufhören und 2. wenn ich es jetzt stoppe, verdränge ich nur und es kommt dann noch schlimmer zurück. Aber Du hat völlig recht! Irgendwann geht's nicht mehr...Kein Wunder, dass ich jetzt krank im Bett liege.

@ irrlicht
Quote:
Mir hat es geholfen, "ja, aber"-Sätze zu vermeiden.


Das werde ich auch versuchen! Das nehme ich mir für meine nächste Therapiestunde in 4 Wochen Sad vor. Denn fast jeder zweite meiner Sätze ist "ja aber". Jetzt wo ich so darüber nachdenke...

Liebe Grüße und danke für Eure Unterstützung,
Eure Alterego
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