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effloresce
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Post Mon, 20.Nov.06, 23:13      Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

hey!
wie alle, die hier rein schreiben, hab ich ein problem. warum ich das in diesen themenbereich reinposte, wird sich noch zeigen...
also: ich bin 22 und befinde mich derzeit im 5. semester soziologie. ich konnte mich bisher nicht mit den geforderten referaten (die werden fast überall gefordert) anfreunden, da ich probleme damit habe vor einer großen menge leute länger zu reden (gehirn setzt vollkommen aus), so dass ich meist 2 wochen vor referatstermin nicht mehr zur veranstaltung gegangen bin. normalerweise hat man das grundstudium innerhalb d. ersten 4 semester, mir aber fehlen noch ca. die hälfte aller zu erbringenden leistungsnachweise.

worauf ich hinaus will...
für die ausübung einer tätigkeit bedarf es nicht nur eines interesses, sondern auch einer befähigung. nicht nur befähigung für die materie an sich, sondern auch befähigung für die zu erbringenden arbeitstechniken, in diesem fall das halten von vorträgen.

karl marx spricht da übrigens von sog. charaktermasken, die sich jeder mensch innerhalb des produktionsprozesses überstülpen muss:
diese gesellschaft verlangt von jedem einzelnen die ausprägung bestimmter verhaltensweisen und psychischer grundstrukturen.

in der großstadt sind die leute anonymer und kälter; auf der arbeit zählt nich menschlichkeit, sondern rationalität; innerhalb von gruppen (ganz besonders solchen die durch institutionen zwanghaft einem zweck untergeordnet werden) haben oft diejenigen verloren, die ein weicheres selbstvertrauen haben oder gewisse frustrationsabwehrmechanismen und auch strategien zum überleben in einer hierarchie während ihrer sozialisation nicht erlernt haben. ich selbst gehöre zu diesen leuten. sensibel, soziale ängste (viele konflikte in der schule gehabt, "außenseiter", leider kaum erfolgserlebnisse dort gehabt), antiautoritäre erziehung etc.

ich bin ihn fiese löcher gefallen, seit dem ich hier bin. und ständig die frage, was ich mit meinem leben anfangen will. morgens "studium", mittags "ausbildung", abends "aussteigen". ich habe mir schon so unendlich darüber den kopf zerbrochen, dachte schon mehrmals in den letzten jahren, dass ich verrückt werde. nachdem die depressiven episoden, sich in einer zeit von ca. 1 1/2 wochen zu fiesen nicht mehr kontrollierbaren heulkrämpfen aufgetürmt haben, ich mich sogar ein paar mal angeritzt habe (blöde idee), weiß ich echt nicht mehr weiter.

wieso soll ich meine natur bekämpfen? ich habe schon immer die tendenz dazu gehabt, meine probleme auf einen gesamtgesellschaftlichen rahmen zu beziehen. aber.. leben wir wirklich in einer freien gesellschaft? natürlich muss jede gesellschaft ein wenig durch zwänge für integration sorgen. aber was ist mit mir, der ich einfach pech hatte, eine beschissene sozialisation (im sinne der herstellung meiner integrationsfähigkeit und selbstdisziplin) zu erfahren und nun ein selbstunsicherer typ bin, der im studium nicht klarkommt? wo soll ich hin?? wer bin ich denn noch, wenn ich in meiner seelischen grundverfassung nicht mehr "recht" "funktioniere", nicht mehr recht integrationsfähig bin (ich bin sicher diese frage haben sich schon mehrere hier gestellt)? soll ich mich jetzt wirklich für diese faschistische gesellschaft, die in meinen augen antiquiert ist, verändern? warum soll ich mir diese charaktermasken aneignen? alle klagen über den hass zwischen den menschen, gerade seelisch kranke nehmen aufgrung einer beobachterperspektive gewisse dinge vielleicht anders wahr (und wer ist jetzt objektiv, und wer pathologisch?)? was stimmt nicht, wenn depressionen auf dem weg sind, volkskrankheit nummer eins zu werden? und doch können wir nicht fliehen, denn jeder ist dem zwang zur lohnarbeit unterworfen. der mensch wird von objektiven mechanismen unserer kultur hinweggerafft. vielleicht auch nicht. aber ich, denn anscheinend bin ich in meiner seelischen verfassung zu subjektiv und untragbar..

dem objektiven anpassen oder subjektive wege finden? ich weiß echt nicht mehr weiter...
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Post Tue, 21.Nov.06, 16:38      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

Hallo,

das Sprechen vor größeren Menschenansammlungen bekommt man auch nur in den Griff wenn man es laufend trainiert und erst nach einiger Zeit stellt sich soetwas wie Routine dabei ein. Ich war sehr lange vortragend tätig und brauchte ca. ein Jahr um mein Lampenfieber nicht mehr als störend zu empfinden. Den Zuhörern fällt ein nervöser Vortragender nicht wirklich auf und Sie sind auch nicht wirklich kritisch besonders bei einem Kollegen. Und was solls verplapperst dich halt und machst dich lächerlich jeder deiner Kollegen hat selbiges vor oder hinter sich und weiß wie es einem da draußen geht. Und die dich wirklich auslachen werden von der Überzahl der gefühlvollen sowieso geächtet. Sind eh Soziologen.

Rede dich nicht auf Marx oder sonst einen Gelehrten hinaus. Ich habe 10 Jahre in einer Großstadt gelebt und wohne jetzt seit 10 Jahren auf dem Land und die Leute sind überall genauso herzlich oder kalt wie du Ihnen begegnest.

Daß man am Anfang des Studiums in ein Loch fällt ist normal geht vielen so. Es gibt an deiner Uni eine Beratungsstelle für diese Probleme und die würde ich dir auch empfehlen. Oder du suchst Dir anderweitig professionelle Hilfe(Schnitzereien und Heulkrämpfe). Habe ich in meiner Studienzeit auch in Anspruch genommen und hat mir wirklich geholfen.

Zur Lohnarbeit: Du hast es ja selbst in der Hand durch fleißiges Studieren dich in eine Position zu bringen in der Du zur Verbesserung deiner Welt etwas beitragen kannst und dabei noch ordentlich zu verdienen.

Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.
Hölderlin

Mein Lieblingszitat von meinem Lieblingsdichter. Augen zu und durch.

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Post Tue, 21.Nov.06, 17:06      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

wo kultur ist, da ist mensch, und wo mensch ist, die ist nicht objektivität.

meine frage ist, in wie fern bist DU dem zwang der lohnarbeit unterworfen.

und das mit dem "funtkionieren" verhält sich eben so: man selbst ist mit sich nachsichtig, wenn man einmal nicht auf dem posten ist - auch noch mit seinen unmittelbaren nächsten; doch wehe das passiert deinem nächsten aus zweiter reihe und aufwärts. da gibts eben kein pardon, denn wo kämen WIR da hin, wenn all so täten?

der mensch wiegt eben ab, leider hat er es sich zu eigen gemacht, die zeitliche komponente beständig auszublenden

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Post Wed, 22.Nov.06, 17:19      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

@heis phronesis
inwiefern ich dem zwang zur lohnarbeit unterworfen bin? nun ja, das ist doch eindeutig oder? selbst wenn ich mich jetzt auf die faule haut legen sollte, werde ich eines tages zum 1-euro jobber werden, mal ganz abgesehen von der tatsache, dass es nicht ganz einfach ist, sich ohne lohnarbeit vor sozialer isolation und ablehnung zu retten.
mag sein dass es viele menschen gibt, die den "nächsten aus zweiter reihe und aufwärts" nach gröberen rastern verurteilen als menschen aus der unmitelbaren umgebung (schließlich ist unsere informationsverarbeitungskapazität ja auch irgendwo eingeschränkt).. damit willst du mir also sagen, dass ein gewisses maß an objektiver kultur nötig ist...dem stimme ich dir auch zu. und auch wenn aufgezwungene lohnarbeit nicht zur natur des menschen gehört, ganz abgesehen von der frage inwieweit der kram den wir hier schreiben für alle menschen gilt oder nicht...was ist denn nun mit menschen wie mir, deren subjektive psyche integrationsschwierigkeiten hat (meiner meinung nach der integrationsdruck durch den zwang zur lohnarbeit besonders groß ist)?

halten wir also fest, dass menschen mit anderen seelischen grundstrukturen als den geforderten, in einem gewissen maß dazu gezwungen sind, diese über bord zu werfen...

@vb3rzm
augen zu und durch.. genau das meine ich ja. ist der mensch etwa ein wesen, welches sein glück maßgeblich nur dadurch erlangen kann, indem es von ihm ungeliebte aufgaben bewältigt?
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Post Wed, 22.Nov.06, 20:35      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

Quote:
ich weiß echt nicht mehr weiter...


das Gefühl habe ich nicht. Entweder stellst du dich deinen Problemen oder du suchst nach Ausreden. Bitte das nicht als Wertung zu verstehen.

Quote:
was ist denn nun mit menschen wie mir, deren subjektive psyche integrationsschwierigkeiten hat (meiner meinung nach der integrationsdruck durch den zwang zur lohnarbeit besonders groß ist)?


die liegen halt der Allgemeinheit auf der Tasche. Und das meine ich auch nicht wertend.

Ich würde mich an deiner Stelle an eine professionelle Beratungsstelle wenden. Nicht um dich für die Gesellschaft fit zu machen sondern damit du dich nicht mehr schneiden mußt.

Von Goethe stammt, glaube ich: "Es gehört Mut zum Glück"

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Post Wed, 22.Nov.06, 21:09      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

um deine aussagen noch mal wiederzugeben:

-menschen wie ich und viele viele andere in diesem forum liegen der allgemeinheit auf der tasche

-nicht mehr weiter wissen ist für dich ein nicht nachzuempfindender zustand.

-akzeptiere die verhältnisse, adaptiere erfordernisse in deine seelische grundstruktur

-alles andere ist ausrede


natürlich kenne ich tendenzen, aus seinen eigenen problemen eine riesige bagatelle zu machen um sich ihnen nicht zu "stellen".

das heißt aber noch nicht, dass ich deswegen nur noch in grenzenlosem konservatismus verharren soll und mir keine gedanken mehr machen darf über gesellschaftliche anforderungen an sein und psyche des menschen. genau darüber wollte ich mit anderen auch in diesem thread drüber reden.

du hast recht, ein teil meiner probleme hat etwas mit mir zu tun und sind verselbstständigte seelische automatismen, die mich zerstören. die müssen weg. deswegen habe ich auch grad mit ner therapie angefangen.

aber ich weigere mich, bestimmte eigenschaften und verhaltensweisen, bloß weil sie in der derzeitigen gesellschaftlichen konstellation gefordert sind, als natürlich wahrzunehmen. wer weiß schon ob ich in anderen (durchaus denkbaren!) gesellschaften in den menschlichen hierarchien genauso untergegangen wäre wie hier!?


zu dem goethe zitat: ja, und je mehr mut, je weiter weg du dich von der gesellschaftlichen normalität befindest. es erfordert indess nicht nur mut, sondern ein stück selbstaufgabe, wenn man erstmal angefangen hat gewisse dinge zu relativieren..
und wie gesagt, ich glaube nicht dass unsere gesellschaftliche (nicht du abstrakte, sondern die wirklich gelebte...) definition von glück die einzig wahre ist
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Post Wed, 22.Nov.06, 22:38      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

Zu: Der Allgemeinheit auf der Tasche liegen habe ich gesagt, dass ich es nicht wertend meine. Im Gegenteil, ich bin froh, dass es diese Möglichkeiten gibt und in meinem ersten Posting auch erwähnt, sie selbst in Anspruch genommen zu haben. Ich hoffe das ausreichend klargestellt zu haben.

Schön, dass du eine Therapie angefangen hast.

Quote:
nicht mehr weiter wissen ist für dich ein nicht nachzuempfindender zustand.
habe ich den Eindruck vermittelt?

Quote:
akzeptiere die verhältnisse, adaptiere erfordernisse in deine seelische grundstruktur-alles andere ist ausrede
dann hast du mich falsch verstanden.

"It is impossible to achieve the aim without suffering." J. G. Bennett

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Post Thu, 23.Nov.06, 14:03      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

effloresce wrote:
inwiefern ich dem zwang zur lohnarbeit unterworfen bin? nun ja, das ist doch eindeutig oder? selbst wenn ich mich jetzt auf die faule haut legen sollte, werde ich eines tages zum 1-euro jobber werden, mal ganz abgesehen von der tatsache, dass es nicht ganz einfach ist, sich ohne lohnarbeit vor sozialer isolation und ablehnung zu retten.
diese antwort zeigt mir das verständnis, wer nicht mitmacht ist ausgeschlossen und ferner, du willst jedoch nicht ausgeschlossen sein, trotzdem du dich außer stande siehst, mitzumachen.
nun, die welt teilt man für die einfachheit gerne in schwarz und weiß, doch läßt es sich nie verheimlichen, daß es dazwischen unzählige grauschattierungen gibt. du kannst dir also aussuchen, in welchen bereichen du mitmachen willst, und wo du ausgeschlossen sein wirst, weil du ohnehin lieber darauf verzichtest. wesentlich dafür ist einmal, in welchen kreisen du dich in deinem leben zu bewegen gedenkst.
effloresce wrote:
mag sein dass es viele menschen gibt, die den "nächsten aus zweiter reihe und aufwärts" nach gröberen rastern verurteilen als menschen aus der unmitelbaren umgebung (schließlich ist unsere informationsverarbeitungskapazität ja auch irgendwo eingeschränkt).. damit willst du mir also sagen, dass ein gewisses maß an objektiver kultur nötig ist...
nein. damit wollte ich sagen, warum diese gesellschaft von jedem einzelnen die ausprägung bestimmter verhaltensweisen und psychischer grundstrukturen verlangt, selbst wenn sie es mit diesen selbst nicht immer so genau nimmt.
effloresce wrote:
und auch wenn aufgezwungene lohnarbeit nicht zur natur des menschen gehört, ganz abgesehen von der frage inwieweit der kram den wir hier schreiben für alle menschen gilt oder nicht...
es gehört aber der menschlichen natur mit an, sonst hätte es sich nie so weit entwickelt. die frage ist nur, wie wir damit umgehen.
effloresce wrote:
was ist denn nun mit menschen wie mir, deren subjektive psyche integrationsschwierigkeiten hat (meiner meinung nach der integrationsdruck durch den zwang zur lohnarbeit besonders groß ist)?
wenn du sein willst wie die imaginäre gesamtheit der gesellschaft, dann mußt du dich nach deiner subjektiven wahrnehmung auch wie sie gehaben.

effloresce wrote:
halten wir also fest, dass menschen mit anderen seelischen grundstrukturen als den geforderten, in einem gewissen maß dazu gezwungen sind, diese über bord zu werfen...
wer so handelt, den trifft das sprichwort: wer sich selbst belügt, den straft das leben.

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Post Thu, 23.Nov.06, 14:49      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

ok, ihr habt recht, vielleicht neige ich wirklich ein bißchen zur überdramatisierung mittels überzeichnung.
es gibt viele möglichkeiten zu existieren, wie heis phonesis ja sagt, es ist alles davon abhängig, in welchen kreisen ich mich bewegen möchte. über diese frage zerbreche ich mir schon ewig den kopf. auch alternative lebensformen wie umsonstnetzwerke, alternative ökonomien, communities, sogar kloster habe ich mir schon überlegt.
was die ausprägung bestimmter verhaltensweisen angeht, glaube ich meinen wir dasselbe.
ich glaube auch, dass der mensch die tendenz hat ziele zu haben und zu verwirklichen und somit ein bestimmtes maß an arbeit zu verrichten. aber arbeit ist ja noch nicht dasselbe wie lohnarbeit, das sollte man trennen, finde ich.
was dein letztes sprichwort angeht.. darum gehts ja bei mir.. ich will mich nicht belügen! wenn ich jetzt eine therapie mache (abgesehen von depressionen und so), damit ich irgendwann besser vorträge halten kann, oder nicht mehr aufschiebe, oder mehr motivation für erzwungene arbeit habe (nämlich damit ich überleben kann).. dann ist doch das was ich da mache: an meiner derzeitigen seelischen struktur solange herumdrehen, bis ich das hinkriege.

zu dem zitat von benett: vielleicht gibt es wirklich kein leben ohne selbstüberwindung und leid. vielleicht sollte man sich seine ziele so setzen, dass davon nicht zu viel entsteht.
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Post Thu, 23.Nov.06, 23:11      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

Hallo effloresce,

verstehe ich es richtig, daß es Dir darum geht, daß Du Dir nicht von der Gesellschaft aufzwängen lassen willst, Dich zu ändern? Weil Du die Gesellschaft als "verkorkst" empfindest und Dich quasi fragst, wieso ändert sich denn nicht die Gesellschaft statt Du?
Hast Du Dir mal überlegt, wie es wäre, wenn Du in einer "freien" Gesellschaft leben würdest, wie es da für Dich wäre?
Ich bin aus ähnlichen Überlegungen mal beim Thema Anarchie gelandet (angesichts der Gleichsetzung dieses Begriffs in den meisten Medien mit "Chaos" möchte ich an der Stelle mal festhalten, daß es lediglich Herrschaftsfreiheit bedeutet. Daß aus plötzlicher Herrschaftsfreiheit und mit den gegebenen Fertigkeiten der einzelnen daraus häufig Chaos entsteht, ist ein anderes Thema) Ich hab mich in Kreisen bewegt, die sich auch mit Anarchie beschäftigt haben und auch nach Lebensformen gesucht haben, dies zu verwirklichen, v.a. Kommunen. Es ist einerseits sehr interessant gewesen, weil alle viel stärker die Notwendigkeit von Selbstreflektion gesehen haben, man so auch einen anderen Umgang pflegen konnte als sonst üblich, andererseits waren auch diese Menschen mit Fehlern behaftet und auch da kam es zu genausoviel Streitereien wie sonst. Trotzdem hatte es für mich eine andere Qualität, weil ich wußte, diese Menschen wollen eigentlich dasselbe wie ich und erst so konnte ich akzeptieren, daß manches halt nicht anders geht, quasi ein Sachzwang ist.
Na ja, das sind halt meine Erfahrungen.
Aber eh Du viel drüber nachdenkst, warum probierst Du nicht einfach irgendwas aus von Deinen Ideen (Umsonstnetzwerke bis Kloster)? Du mußt Dich dem ja nicht gleich mit Haut und Haaren verschreiben, aber Du wirst so Erfahrungen sammeln, die Dir hilfreich sein können.
Vielleicht kommst Du dann darauf, daß bestimmte Fertigkeiten, die Du jetzt nicht hast und was Dir solche Schwierigkeiten bereitet, daß Du daran weniger den Zwang durch andere siehst, sondern den eigenen Wunsch, es können zu wollen.
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Hiob
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Post Fri, 24.Nov.06, 10:03      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

@ Effloresce. Mir fällt auf, dass du zu jeder deiner Regungen einen wissenschaftlichen Kommentar bereit hast. Vielleicht beginnst du einfach mal, auf die Kommentare nur zu achten, die dein eigenes Verhalten bewerten. Das hört sich jetzt einfach und nutzlos an, aber versuchs doch mal.

Könntest du dir vorstellen, zu leben, ohne an dir herumzulaborieren? Könntest du dir vorstellen, dein Leben so zu gestalten, dass du dein Inneres mehr und mehr entdeckst und auch tatsächlich ausdrücken kannst, ohne gleich den Psychologen zu fragen, ob das richtig ist, sondern Wahrheit im Ausdruck selbst empfinden kannst? Wahrheit im Ausdruck? He? Rolling Eyes

Meinst du, es ist möglich, deine Ideen in die Tat umzusetzen und dir das vom leben zu nehmen, was du magst, und dabei nur in einem Mindestmaß auf die Gesellschaft Rücksicht zu nehmen und gleichzeitig von ihr nur ein Mindestmaß zu erwarten? Könntest du dir vorstellen, dass dieses Mindestmaß nur ein Bruchteil von dem sein könnte, was du im Moment für erforderlich hältst? Könntest du für deine Freiheit auf etwas verzichten?

Hiob
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Post Fri, 24.Nov.06, 13:12      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

hallo Very Happy

@stöpsel: das ist vielleicht gar keine schlechte idee. vielleicht höre ich dann auf, mich dagegen zu wehren. ehrlich gesagt ist es bei mir so, dass ich mir es vielleicht schon öfters gewünscht habe (zu funktionieren, weil es ein irgendwie erfülltes leben bietet) und es versucht habe, aber immer wieder gemerkt habe wie sich mein inneres (vielleicht ist es angst, depression, motivationslosigkeit oder sonstwas..) dagegen gewehrt hat, nach einigen wochen "glücklichsein". so kam ich dann wahrscheinlich auch darauf, mir solche wissenschaftlichen oder philosophischen aussagen zu suchen, die andersgeartete subjektivität gegen gesellschaftliche zwänge verteidigt (wie ich in den letzten tagen entdeckt habe, ist da z.b. arno gruen ziemlich gutes futter Razz ). mit der zweiteilung von subjektivität und objektivität geht bei mir anscheinend in bezug auf mich auch das muster richtig und falsch einher. allerdings bin ich irgendwie gar nicht in der lage ein gesundes verhältnis innerhalb dieser beiden zweiteilungen zu finden. überall nur dicke fragezeichen Question Question

@hiob: du meinst aussagen, die mir sagen, dass mein zustand/meine meinung falsch ist?
mein inneres? ob ich überhaupt weiß was das ist..? ich meine, mein sein ist doch sowieso nur immer im kontext der umwelt da.
wahrheit im ausdruck, um daran zu wachsen.. das hat stöpsel2 ja auch gemacht in ihrer anarchie-zeit. vielleicht ist das keine so schlechte idee.
aber vielleicht sind meine ideen, sich anders auszudrücken, auch alles nur eine riesige bagatelle, um mich nicht meinen depressionen, meiner antriebslosigkeit und meinen ängsten zu stellen. ich habe keine ahnung was richtig ist und was ich machen soll, und wenn solche sachen wie arno gruen lese oder irgendwelche threads über psychologie auf wissenschaft-online.de, dann sehe ich dass man sich in der psychologie irgendwie auch nicht darüber einig ist über das "richtige" verhältnis von subjekt und objektivität. also heißt das, dass es keine andere möglichkeit als die des ausdrucks gibt? oder? ahhh.
wenn meine therapie losgeht, muss ich unbedingt meine therapeutin fragen, was sie denkt, wie ein seelisch kranker mensch einen subjektiv richtigen weg für sich entdecken kann und in wechem verhältnis er zur gesellschaftlichen objektivität steht, bzw. inwieweit er sich an ihr orientieren soll.
ich weiß was du meinst.. eigentlich hänge ich voll an der nabelschnur. ich brauche internet, pc, musik, information, eine breitere nahrungspalette usw. usw. obwohl ich ansonsten ein recht zurückhaltender konsument bin. ich meine es gibt ja schon leute die solche wege gegangen sind und davon reden dass bei ihnen ein krasser prioritätenwechsel stattgefunden hat und sie mit ihren neuen glücklicher sind.
vielleicht bin ich nur zu ignorant, mich weiterzuentwickeln, in welche richtung auch immer? oder sollte es ziel einer gesellschaft sein, so viel seelische verschiedenartigkeit wie möglich zu ertragen? oh man, jetzt geht wieder diese denkschleife los, in der ich schon seit tagen hänge.. am besten lege ich mich gleich wieder ins bett
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Post Fri, 24.Nov.06, 14:02      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

Hallo effloresce!

Dein letzter Beitrag hat mich zum lächeln gebracht. grinsend
Ich denke du bist im Moment auf einem recht guten Weg. Wobei ich mit "gut" lediglich meine, dass er gut für dich ist - es ist ein gesunder Weg. Dass man erstmal verwirrt ist wenn eine neue Sichtweise mit einer alten konkurriert ist dabei normal. Ich finde es sehr schön zu sehen wie gut du in dich selbst hineinschaust und wie gut du deine Problemfelder formulierst, denn ich denke dass du damit bereits die Vorraussetzung hast um deine Probleme zu lösen. Die Fähigkeit konkret sagen zu können "Ich bin verwirrt weil A und B nicht zusammenpassen" hat nicht jeder. Und auch die Idee erstmal ins Bett zu gehen wenn die Verwirrung überhand nimmt kommt nicht jedem. Wink

Was diese Sache mit den Vorträgen angeht:
Das hat nichts mit "Sein" zutun. Es gibt keine Unterscheidung zwischen Vortrag-Menschen und Nicht-Vortrag-Menschen, sondern es gibt einfach Menschen und einige können besser vortragen und andere eher schlechter. Es ist eine Fähigkeit und kein Zustand. Und es ist eine Fähigkeit mit Abstufungen und keinen Alles-oder-Nichts Kategorien. Zudem ist es eine Fähigkeit die gelernt werden kann! Man erwartet in der Uni nicht mehr von dir als dass du die Fähigkeit vortragen zu können mit der dir gegebenen Fähigkeit lernen zu können (die jeder Mensch hat) so gut du kannst erlangst.
Dass du dabei trotz Verbesserungen vielleicht nicht so gut sein wirst wie andere ist normal und wird sich an anderer Stelle wieder ausgleichen (auch du hast Talente die dir in deinem Leben nützen... aber das habe ich oben ja schon angedeutet Wink ), sofern du nur endlich mal bereit bist deinen Weg weiterzugehen. Denn solange du dieses Problem vor dir herschiebst wird es auch immer dein Problem bleiben und du verfällst leicht in die Ansicht, dass die Gesellschaft ständig ungerecht zu dir ist, weil du es ja immer so schwer hast. Solche Phasen gehen nur zuende wenn man sich aktiv mit ihnen befasst. "Augen zu und durch" beschreibt dabei keinen Lebensstil, sondern es beschreibt die Ausgangsituation in der man mit etwas neuem und ungewohntem konfrontiert wird. Die beste Möglichkeit aus dieser Situation herauszukommen ist die erste Angst gar nicht erst aufkommen zu lassen (Augen zu) und es einfach ohne groß darüber nachzudenken zu machen bis es funktioniert (und durch!). Darum überwinde die Phase der Unsicherheit und der Angst so schnell wie möglich indem du dich an dein Problem heransetzt.

Viel Glück dabei!

Gruß

Der Suchende
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Post Fri, 24.Nov.06, 17:11      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

Quote:
von effloresce:
ich meine, mein sein ist doch sowieso nur immer im kontext der umwelt da.

Meins nicht. Ich bin auch ohne die Umwelt da...und mitunter ziemlich faul und selbstgerecht, wenn ich mich richtig erkenne. *frech kucke *
Ich weiß, was du meinst, aber ich halte nichts davon, diese Lehrsätze so eins zu eins zu übernehmen.

Quote:
aber vielleicht sind meine ideen, sich anders auszudrücken, auch alles nur eine riesige bagatelle, um mich nicht meinen depressionen, meiner antriebslosigkeit und meinen ängsten zu stellen.

Warum willst du das, was du empfindest, nicht wahr haben. Bagatelle? Wenn du deine Umwelt nicht erträgst und du mit dir so sehr unzufrieden bist, empfinde ich das nicht als Riesenbagatelle. Sondern in deinem Leben als wichtig. Und um welches Leben , wenn nicht deins soll es denn gehen.

Quote:
wenn meine therapie losgeht, muss ich unbedingt meine therapeutin fragen, was sie denkt, wie ein seelisch kranker mensch einen subjektiv richtigen weg für sich entdecken kann und in wechem verhältnis er zur gesellschaftlichen objektivität steht, bzw. inwieweit er sich an ihr orientieren soll.

Seltsam, wie schwierig du dich ausdrückst. *grübel *
Ich hab noch immer nicht begriffen, was „gesellschaftliche Objektivität“ sein soll.

Quote:
oder sollte es ziel einer gesellschaft sein, so viel seelische verschiedenartigkeit wie möglich zu ertragen?

Kümmer dich doch nicht um die Ziele der Gesellschaft. Kümmer dich doch lieber darum, dass DIR das Leben Freude macht. Dass du entdeckst, was Lebendigkeit ist, dass aus dir Ideen und Gefühle wieder heraussprudeln, denen du frei nachgehen kannst. Wenn du ein Leben lang Ziele der Gesellschaft erfüllen willst, ist das wohl lobenswert, aber wozu gibt’s dich, als ein ICH-Bewußtsein (und eines, was außerhalb ist) dann, dann wärst du austauschbar. Wär doch schade drum, wenn du der Zeit hier nicht auch für dich was abgewinnen könntst. Maschinen gibt’s genug. Übrigens könntest du auch schauen, welche deiner eigenen Ziele eigentlich aus einem Samenkorn gewachsen sind, was dir die Gesellschaft eingesetzt hat. Ich weiß nicht, ob es möglich ist, auf Ziele zu stoßen, die wirklich eigene sind, oder ob sie immer von der Gesellschaft stammen...aber interessant ists und die Aufmerksamkeit wächst dabei. Ich würde das alles vielleicht etwas spielerischer sehen.

Ich wünsch dir was.
Hiob
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Post Fri, 24.Nov.06, 19:44      Re: Gesellschaftliche Objektivität... Reply with quoteBack to top

"gesellschaftliche objektivität": hm, ist auch irgendwie ein schwammiger begriff. ich schätze das hab ich irgendwie von meinem studium übernommen, mich in begriffe zu verstricken. in der soziologie gibt es so gut wie keine einheitlichen begriffe und theorien über "das soziale". wie zum beispiel in der mathematik oder in der physik.
ich versuchs mal platt zu übersetzen: erwartungen an die mitglieder der gesellschaft, die bei nichterfüllen negative konsequenzen nach sich ziehen. im extremsten fall sind sie durch gesetz untermauert. aber das sind nicht die einzigen sanktionierten erwartungen, die es gibt.
die erwartungen und andere gesellschaftliche strukturen haben meiner meinung nach weitreichende konsequenzen auf verhalten und einstellungen der menschen. denn ich versuche als mensch glücklich zu sein, dementsprechend kann ich nur handeln und sen, indem ich nicht andauernd mit den begrenztheiten meiner umwelt kollidiere.
erst letztens hatte ich in einer vorlesung den begriff "lebensraumregime"(klingt ziemlich drastisch): damit ist die"„normierende Wirkung gesellschaftlicher Verhältnisse auf die Lebensgestaltung und Lebensführung von Individuen" gemeint.
sie ist wesentlich eine ausprägung des politisch-ökonomischen systems.

sorry Very Happy . musste ich jetzt aber schreiben, damit du weißt was ich meine.

@der suchende: erstmal danke! klar ist "vortragen" eine fähigkeit, so wie vieeles andere auch. man will ja auch nicht alle erlernen. aber leider gibt es an uns menschen innerhalb dieser gesellschaft (natürlich nicht mehr so drastisch wie z.b im mittelalter) ganze bündel von fähigkeiten und verhaltensweisen, die von uns erwartet werden.
wo beginnen für dich fähigkeiten und eigenschaften, deren erlangung zu weit weg für dich ist, vielleicht manchmal auch gar nichts erstrebenswert? und umgekehrt: ab wann beginnt für dich eine fähigkeit oder eigenschaft erstrebenswert zu sein?
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