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global_man
Helferlein
43
Im globalen Raum M, 35
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Sat, 09.Sep.06, 14:31 Als Kind Ohrenzeuge eines Missbrauchs - Einordnung? |
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Beim Durchlesen des Threads „Der Spielplatz“ von Laguna habe ich mich an eine Begebenheit aus meiner Kindheit erinnert, wo ich das einzige Mal Ohrenzeuge von Missbrauch geworden bin. Ich konnte das damals nicht einordnen und kann es heute noch nicht. Obwohl ich nicht persönlich davon betroffen war, ist es doch eine bleibende Erinnerung.
Konkrete Fragen habe ich jetzt noch keine, ich schreib einmal die Geschichte und überleg dabei.
Ich bin in sehr behüteten und auch finanziell gut situierten Verhältnissen in einer sehr guten Gegend aufgewachsen. Wenn dort etwas passiert sein sollte, war das immer hinter verschlossenen Türen und nie in der Öffentlichkeit für mich sichtbar.
Mein Vater kommt allerdings aus sehr, sehr einfachen Verhältnissen und ist in dem absolut heruntergekommensten Teil der Stadt aufgewachsen. Als ich ein Kind war, hat meine Oma noch dort gewohnt und ich war von Zeit zu Zeit dort. Allerdings ist mir diese Gegend immer fremd geblieben. Noch seltener habe ich dort mit jemanden gespielt.
Einmal (ich schätze mal, dass ich so zwischen 8 und 11 war) habe ich jedoch was mit dem Sohn eines Jugendfreundes meines Vaters unternommen, der aber allerdings auch nur auf Besuch dort war. Es hat dort einen kleinen Badesee gegeben, wo wir zwei Baden waren.
Plötzlich hören wir „Schreie“ (ich erkläre die Anführungszeichen gleich) von Mädchen, aus dem Waldstück neben dem See. Wir haben nichts gesehen, sondern nur etwas gehört. Ich kann jetzt absolut das Alter der Mädchen nicht schätzen. Irgendwas von 10/11/12 bis 17/18; am wahrscheinlichsten aber etwas in der Mitte. Ich habe jetzt einmal Mädchen in der Mehrzahl geschrieben, obwohl ich mich nicht 100% sicher bin, ob es eines oder zwei waren.
Der Freund und ich haben natürlich inne gehalten und uns angeschaut. Daneben ist dann ein anderer Bub gestanden, der vielleicht zwei Jahre älter war als wir, und dort gewohnt hat.
Der hat dann nur ganz lapidar gesagt: „Ahh, die Mädchen werden wieder „ausgegriffen““ (@admin: ich hoffe ich darf das so schreiben – sonst bitte löschen!!!) (hoffe das ist nicht nur Östereichisch, sondern für alle verständlich). Damit endete die Geschichte schon wieder.
Ich konnte mir damals den Sachverhalt nicht vorstellen, ihn nicht begreifen, ihn für mich nicht einordnen und kann das heute noch nicht; vorallem weil ich damals null Erfahrung oder Wissen zu Sexualität oder Missbrauch gehabt habe.
Ein besonderer Aspekt dabei war eine gewisse Ambivalenz in den Schreien (und darum auch oben das Anführungszeichen). Ich habe die damals nicht als ausschließlich angst-/schmerzgeladen empfunden. Ich denke mir, wenn das so gewesen wären, hätte ich das anderes empfunden (vielleicht was unternommen??? weiß nicht).
Einerseits waren da sicher Angst- und Schmerzelemente (sei es jetzt physisch oder psychisch) dabei, andererseits habe ich das so empfunden, dass da auch Elemente dabei waren, die ein wenig in die Richtung gehen (ich möchte vorab betonen, dass ich das jetzt in keinster Weise irgendwie frauenfeindlich oder abwertend gegen Missbrauchsopfer oder gar relativierend meine – einfach meine Empfindung): „So jetzt schreien wir halt einmal, weil das so dazu gehört, aber irgendwie ist es ja doch lustig mit Jungs herumzumachen, und mit Jungs herummachen ist ja so, oder“
So das sind jetzt meine Erinnerungen dazu. Ich frage mich seither immer wieder, was ist dort wirklich passiert?
Jetzt ist mir schon klar, dass mir diese Frage hier niemand beantworten kann, aber kennt jemand ähnliche Ereignisse (näher). Bitte, ich will jetzt keine voyeuristische Beschreibung von solchen Vorfällen!!!!
Aber wie ist so was einzuordnen in der „Sozialstruktur“ von „Pubertierenden“, jungen Erwachsenen (oder Erwachsenen???).
Glaubt ihr sind solche Vorfälle bzw. die Art der Vorfälle milieuspezifisch? In meiner sonstigen Umgebung (auch dann in der Pubertät) habe ich so was nicht einmal annähernd gesehen oder auch nur ansatzweise davon gehört; würde sich ja irgendwie herumsprechen, oder?
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Philipp1982
Forums-InsiderIn
169
Groningen M, 23
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Sun, 10.Sep.06, 13:52 Re: Als Kind Ohrenzeuge eines Missbrauchs - Einordnung? |
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Hallo,
die Frage, die in deinem Text mitschwingt ist: Ist Vergewaltigung zulaessig? Und die Antwort darauf ist ein klares: Nein. Vergewaltigung ist eine Straftat (selbst wenn die Frauen dabei nicht schmerzvoll schreien) und man bekommt dafuer eine Gefaengnisstrafe. Ich kann jemandem, der sich mit solchen Gedanken beschaeftigt empfehlen, zum Schutz vor sich selber und zum Schutz von anderen eine Psychotherapie zu machen. Dort koennen sexuelle Energien in strafffreie Bahnen gelenkt werden. Und ich gehe einfach mal stillschweigend davon aus, dass du nicht ins Gefaengnis moechtest.
Gruss
Philipp
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_________________ Wir rennen vor dem Leben weg. (Erich Fromm) |
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global_man
Helferlein
43
Im globalen Raum M, 35
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Sun, 10.Sep.06, 18:40 Re: Als Kind Ohrenzeuge eines Missbrauchs - Einordnung? |
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WooW, jetzt muss ich einmal Luft holen.
NEIN, NEIN UND ABSOLUT NEIN.
Ich muss mich auf das Schärfste (!) gegen diese bösartige Unterstellung verwehren!
Das ist eine derart perfide und bösartige Unterstellung und Missinterpretation meines Textes, dass ich das nur mit aller Bestimmtheit zurückweisen muss.
Wie kommst du dazu mir zu unterstellen, dass ich etwas mit Vergewaltigungen zu tun habe?
Wie kannst du die Frechheit besitzen, mir aus einem Text heraus so was zu unterstellen?
Ich habe in keiner Silbe auch nur ansatzweise angedeutet, dass ich Vergewaltigung gutheiße.
Ganz im Gegenteil: bevor ich von der Ambivalenz geschrieben habe, habe ich auch in aller Länge (!) darauf hingewiesen, dass das nicht verachtend oder relativierend oder entschuldigend ist!!
Falls es noch irgendwelche Zweifel gibt, ganz explizit: Vergewaltigung und jede Form von Belästigung und Missbrauch sind uneingeschränkt und kompromisslos zu verurteilen, ein Verbrechen und durch nicht zu rechtfertigen!!
Auch das was damals passiert ist, war falsch und ist absolut zu verurteilen.
Ich habe übrigens im Titel auch explizit "Missbrauch" geschrieben!
Lieber Philipp1982: wenn da was "mitschwingt", schwingt das ganz gehörig in deinem Kopf.
Ich habe damals als Kind etwas empfunden und wollte das, was ich damals empfunden habe, hier niederschreiben und fragen, ob andere User ähnliches erlebt haben oder zu meinen Fragen am Ende des Textes was sagen können.
Und das werde ich mir auch von selbsternannten Sittenwächtern und sonstigem a la Phillip1982 nicht verbieten lassen.
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lastrada
Helferlein
131
by myself W, 24
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Wed, 13.Sep.06, 4:04 Re: Als Kind Ohrenzeuge eines Missbrauchs - Einordnung? |
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global_man wrote: |
Lieber Philipp1982: wenn da was "mitschwingt", schwingt das ganz gehörig in deinem Kopf.
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Dem stimme ich zu.
@global-man: Ich fand Deine Ausfuehrungen ein wenig konfus.
Koennte es sein, dass dort jemand schlicht und ergreifend nur Geschlechtsverkehr hatte?
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Jenny Doe
Forums-Gruftie
536
BRD W, 39
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Wed, 13.Sep.06, 5:21 Re: Als Kind Ohrenzeuge eines Missbrauchs - Einordnung? |
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Quote: | Ich konnte mir damals den Sachverhalt nicht vorstellen, ihn nicht begreifen, ihn für mich nicht einordnen und kann das heute noch nicht; vorallem weil ich damals null Erfahrung oder Wissen zu Sexualität oder Missbrauch gehabt habe. |
Hallo global_man!
Kann es sein, dass Du heute, wo Du weiß, was Sexualität, Vergewaltigung, ... ist, wie sich Sex zwischen zwei Menschen anhört, dieses Ereignis von früher, uminterpretierst? Ist nur eine Frage, keine Unterstellung. Denn du schreibst, dass Du das Ereignis damals nicht einordnen konntes. Erignisses, die man nicht einordnen kann, hinterlassen ein Gefühl der Unsicherheit. Man will eine Antwort haben. Als Erwachsener, wenn man mehr Verständnis von den Dingen in der Welt hat, kann es passieren, dass man den Ereignissen von früher, die man nicht einordnen konnte, eine Bedeutung verleiht, damit diese quälende Frage: "Was ist damals passiert?" ein Ende findet und beginnt wohlmöglich zu glauben, sich tatsächlich daran erinnern zu können, Ohrenzeuge einer Vergewaltigung geworden zu sein.
Mir ist ähnliches passiert. Auch ich war als Kind Ohrenzeuge. Ich war so ca. 6 - 8 Jahre alt als ich eines Nachts durch einen lauten Schrei meiner Mutter aufwachte. Ich hatte Angst und versteckte mich unter meiner Decke. Ich weiß also nicht, was in jener Nacht passiert ist, ich habe nichts gesehen, ich habe nur die Schreie meiner Mutter gehört. Und als ich am nächsten Morgen aufwachte fand ich im Waschbecken einen dicken Bündel Haare, den ihr jemand wohl in jener Nacht ausgerissen haben muss.
Die Frage, was in jener Nacht passiert ist, hat mich nie losgelassen. Im Jugendalter, als ich begann mehr von Sexualität, Vergewaltigung etc. zu verstehen, stellte sich mir die Frage, ob meine Mutter in jener Nacht vergewaltigt worden sein könnte. Ich begann zu glauben, ich könnte mich an die Vergewaltigung meiner Mutter erinnern, ich wäre Ohrenzeuge dieser gewesen. Ich hielt lange an diesem Glauben fest. Ich hatte endlich eine Antwort auf meine Frage, was in jener Nacht passiert sein könnte. Diese quälende Unsicherheit hatte endlich ein Ende gefunden. Ich hatte eine Antwort.
Erst vor einigen Monaten ist mir bewusst geworden, dass es sich dabei nur um eine Erklärung handelt, um Wissen, dass ich im Jugendalter erworben habe und auf dieses frühere, unsichere Ereignis, übertragen habe, es mit einer Bedeutung und Erklärung versehen habe.
Die Wahrheit ist, dass ich bis heute nicht weiß, was in jener Nacht passiert ist. Ich habe nichts gesehen. Ich bin heute wieder da, wo ich als Kind war: Ich kann dieses Ereignis nicht einordnen und ich werde vermutlich nie erfahren, was in jener Nacht passiert ist.
Gruß
Jenny
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_________________ Forum für falsche (induzierte) Erinnerungen, erfundener Missbrauch und Fehldiagnose DIS:
www.induzierte-erinnerungen.com |
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Diogenes
Helferlein
45
Salzburg M, 32
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Wed, 13.Sep.06, 9:47 Re: Als Kind Ohrenzeuge eines Missbrauchs - Einordnung? |
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Hallo global_man,
nun, was da passiert ist?
Wenn der euch begleitende Junge Recht hatte, war es sehr wohl ein Übergriff von Jungen auf Mädchen. Allerdings hat das "ausgreifen", wie er es nannte und ich es in meiner Jugend kennen lernte (hab das zwar nicht mit gemacht, es aber in der Schule erlebt), meist nichts mit vollzogenen sexuellen Handlungen zu tun. Es "bleibt" bei "angedeuteten Handlungen", wie ihnen auf die Hose in den Schritt oder die Bluse greifen.
Heute weiß ich, dass so etwas falsch ist. Als Junge, am Anfang der Pubertät, war das lustig. Ich war zwar damals ein Außenseiter und hab nur zugesehen. Mir hat es damals keinen Spaß gemacht, "so was" selber zu tun, was mich unter Anderem auch zum Außenseiter machte.
Nur hat es, kam mir damals vor, auch den beteiligten Mädchen Spaß gemacht. Sie sind sich, glaube ich, begehrt vor gekommen. Irgendwie halt. Wer nicht mitmachen wollte, ist davon gelaufen oder hat sich z.B. zu mir gesetzt und damit angezeigt, dass sie ihre Ruhe haben will.
Nur: wir hatten damals Grenzen, die nie überschritten wurden. Die Hose blieb zu, zum Beispiel. Ganz egal von wem! Wenn sich einer (oder eine, ja auch das kam vor! ) zu viel heraus nehmen wollte, haben alle Anderen eingegriffen.
Auch wenn ich mich der Gefahr eines Sturmes der Entrüstung im Sinne von "wie konntet ihr nur", "wie konntest du das zulassen" und "Übergriffe sind verachtenswert" usw. ... aussetze, hoffe ich doch, Dir ein wenig Deine Unsicherheit nehmen zu können. Ich kann zwar nicht mit Sicherheit sagen, ob das Gleiche gemeint war, aber unter dem Begriff verstehe ich halt so was.
Und gerade an einem Baggersee kann ich mir das schon vorstellen, dass da ein paar "Buam" hinter ein paar "Dirndln" her waren und sie belästigt haben. Die kreischen ja auch so schön. Wir waren damals so 13, 14.
Klingt blöd, oder? Als Jugendlicher denkt man noch anders, glaube ich. Und meint vieles nicht so bös, wie es in den Ohren von Erwachsenen klingt. Heute komme ich mir dumm vor, wenn ich an damals zurück denke. Aber ob ich was anders machen würde, weiß ich nicht. Unter den gleichen Voraussetzungen? Wahrscheinlich nicht ...
In diesem Sinne.
Ein schönes Leben weiterhin
wünscht
Diogenes
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Avantgarden
Helferlein
113
Österreich W, 26
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Wed, 13.Sep.06, 18:59 Re: Als Kind Ohrenzeuge eines Missbrauchs - Einordnung? |
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@Philipp
So sehr ich mich auch bemühe, ich kann den Zusammenhang zwischen deinen völlig unangemessenen, provokanten Anschuldigungen und der Schilderung von global_man einfach nicht finden. Aber es ist der Mühe wohl ohnehin nicht wert.
Ich wundere mich nur mittlerweile immer öfter, dass du hier noch dein Unwesen treiben darfst.
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_________________ 'Das ist nur deine Phantasie' rief ich, 'die macht dich noch mal verrückt'
Da hat sich meine Freundin nach einem Stein gebückt. |
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global_man
Helferlein
43
Im globalen Raum M, 35
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Sat, 14.Oct.06, 9:56 Re: Als Kind Ohrenzeuge eines Missbrauchs - Einordnung? |
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Hallo Diogenes,
danke für Wünsche für mein Leben!
Hab jetzt lange hier nichts geschrieben, weil ich total im Stress war.
Deine Antwort hat mir wirklich sehr gut gefallen - war wirklich total plastisch und sehr nachvollziehbar.
Ich hab das in meiner Umgebung nicht so oft erlebt - diese "Pubertätsspiele" kenne ich natürlich auch.
Deine Erklärung ist sicher die Wahrscheinlichste und Plausibelste. Und wie du siehst ist ja der Sturm der Entrüstung ausgeblieben.
Also Danke Diogenes
Ein paar so allgemeine Fragen an alle bleiben aber für mich doch noch (ich bin halt ein Mensch, der alles genau verstehen muss ):
Gibt es diese Grenzen heute auch noch? Oder hat sich da was verschoben (mein Erlebnis und die von Diogens sind ja doch schon über 20 Jahre her)?
Mich würde einmal die Erinnerungen einer Frau a la Diogens dazu interessieren. Wie haben das Mädchen damals empfunden?
Ist das alles aus eurer Sicht "ungefährlich" solange das unter Gleichaltrigen bleibt?
Und der Punkt, den ich schon in meinem ersten Posting angeführt habe, gibt es da Milieuunterschiede?
Fragen über Fragen!!!!!
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