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r.l.fellner
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Post Wed, 06.Sep.06, 18:46      Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

Liebe ForumsbesucherInnen,

ich habe lange gezögert, dieses Thema im Forum anzusprechen - vor allem, da anderswo schon genug darüber gemutmasst und "getratscht" wurde.

Nun aber hat sich Natascha K. entschlossen, erstmals in die Öffentlichkeit zu treten und sich bezüglich ihrer Geschichte persönlich und unmittelbar in den Medien zu äußern*. Vielleicht möchte der/die eine oder andere von Ihnen hier seinen Gedanken zu dieser aufwühlenden Geschichte Raum geben?

Persönlich hat mich neben den psychischen Auswirkungen einer Ausnahmesituation, wie sie Natascha K. erlebt hat, am meisten die Rolle der Medien in diesem Fall beschäftigt. Einerseits ermöglichen sie der Betroffenen aufgrund der Einmaligkeit des Geschehenen wohl ein fortan wenigstens finanziell sorgenfreies Leben, andererseits stellt sich die Frage, wie weit sie zukünftig aufgrund des ungemeinen medialen Interesses nicht in eine neue, andere Form der "Gefangenschaft" überwechselt, die wieder bis in den privatesten, intimsten Bereich gehen wird..

Wie denken Sie ganz persönlich über die Rolle der Medien, der Eltern und Aspekte der Geschichte Natascha K's, und vor allem: was hat sie in Ihnen ausgelöst?

rlf

* (heute 20:15h, ORF2 & RTL, Hintergrund-Infos )

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Morgaine
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Post Wed, 06.Sep.06, 19:04      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

Hallo zusammen!

Als ich das 1. Mal vom Fall Natascha Kampusch hörte, war ich zutiefst erschüttert....und das bin ich auch jetzt noch! Ich begreife nicht, wie ein Mensch einem anderen so etwas antun kann und ich bewundere die Kraft von Natascha Kampusch, dass sie es durchgestanden hat und vor allem jetzt auch den Mut hat, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Wenn man sich vorstellt, was dieser Frau alles genommen wurde...keine Freiheit, keine Jugend, kein Leben...stattdessen nur ständige Angst, der Glaube, dass ihre Eltern kein Lösegeld zahlen wollen, keine Perspektive...

Glaube, man kann sich einfach gar nicht vorstellen, was diese Frau erlebt hat und ich frage mich sehr oft, ob sie jemals wieder ein glückliches Leben führen kann.

Die ganze Geschichte hat sehr viele verschiedene Gefühle in mir ausgelöst: Mitgefühl für Natascha Kampusch, Wut/Hass auf den Entführer, Fassungslosigkeit, Angst...Kann das alles gar nicht so genau beschreiben.

Was die Rolle der Medien betrifft, kann ich gar nicht viel sagen. Allerdings finde ich den von Herrn Fellner angesprochenen Aspekt interessant:

Quote:
andererseits stellt sich die Frage, wie weit sie zukünftig aufgrund des ungemeinen medialen Interesses nicht in eine neue, andere Form der "Gefangenschaft" überwechselt, die wieder bis in den privatesten, intimsten Bereich gehen wird..


Ich denke, das mediale Interesse wird für Natascha Kampusch tatsächlich eine neue Form von Belastung darstellen. Andererseits wird das mediale Interesse nach einiger Zeit auch wieder nachlassen, wie es auch im Fall von Laetitia und Sabine war, die seinerzeit von Dutroux in Belgien entführt wurden und befreit werden konnten.

Was mich am Fall Natascha Kampusch ebenfalls interessiert: in den Medien ist immer die Rede davon, dass Natascha zu ihrem Entführer auch positive Gefühle entwickelt hat, da er ihre einzige Kontakt- und Bezugsperson war. Meine Frage dazu wäre, ob dies vergleichbar mit dem Stockholm-Syndrom ist?

Viele Grüße

Morgaine
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lordvader
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Post Wed, 06.Sep.06, 22:00      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

Wenn jemand Totgeglaubter plötzlich aus dem Nichts auftaucht, dann wirbelt das immer Staub auf! Jedes Medium will natürlich das erste sein, exklusiv über sie berichten zu dürfen, diese Senstaionsgeilheit find ich nicht gut. Aber Natascha Kampusch hat selber entschieden wie was wann und das ist das einzig richtige!
Mich hat überrascht wie positiv sie ist, sie lacht und ist fröhlich - meinen Respekt vor dieser Stärke, denn gespielt ist es meiner Meinung nach nicht!
Der Entführer hat nach ihrer Flucht das einzig richtige getan find ich.
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enya
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Post Wed, 06.Sep.06, 22:22      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

...sorry, aber der Entführer ist in meinen Augen n fieses, feiges Schwein...

Ich war entsetzt über dieses Interview....dieses Mädchen tat mir nur unendlich leid und ich konnte meine Tränen nur mühevoll zurückhalten. Ich glaube....und davon bin ich mittlerweile fest überzeugt....sie gab das Interview nur, weil die Medien sonst nur alles breitgetratscht und möglicherweises total verdreht wiedergegeben hätten. Daß sie das nicht wollte, ist mehr als klar.

Außerdem kam alles gut durchdacht......und (sorry) vorbereitet rüber....fast möchte ich sagen, die Antworten wurden ihr in den Mund gelegt.....nicht umsonst schaute sie dauernd zu ihrem "Arzt" rüber.

Inwiefern kann ein Mensch nach jahrelanger "Gefangenschaft" eine eigene Meinung haben? Wie kann sich ein Mensch so "gepflegt" ausdrücken?

Ich kann einige ihrer Aussagen und Ansichten sehr gut nachvollziehen..........und ich verstehe es nicht wie die ganze Welt so extrem über ihre Geschichte herfällt.

Ich wünsche ihr, das sie nun langsam etwas zur Ruhe kommen kann.....doch das bezweifle ich.....
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Hilfesuchender
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Post Wed, 06.Sep.06, 22:25      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

Quote:
was hat sie in Ihnen ausgelöst?

Verschiedenen Gefühle.
Einerseits bin ich entsetzt wie schlecht unsere Welt schon wird. Ich mein wie krank muss ein Entführer sein, um jemanden 8 Jahre lang gefangen zu halten? Evil or Very Mad Es gibt echt so perverse abartige Arschlöcher da kann man gar nichts mehr dazu sagen. Mad Zum Glück ist er tot, denn solche Leute braucht niemand!!

Andererseits bin ich überwältig von der psychischen Stärke Nataschas. Wenn man betrachtet welche Probleme die weggesteckt hat, dann relativiert das die eigenen Sorgen wieder etwas

Ich habe vorhin das Interview auf ORF2 gesehen, und ich war überwältigt wie gut Natascha das alles überstanden hat. Eigentlich hätte ich erwartet ein labiles, "verstörtes" Mädl zu sehen, doch das Gegenteil war der Fall.
Die sieht vollkommen normal aus!! Das ist wirklich erstaunlich. Man würde nie auf die Idee kommen, das sie so etwas durchlebt hat.
Sie hat auf jeden Fall eine enorm starke Psyche, weil sie so etwas den Umständen entsprechend gut durchgestanden hat.

So tragisch dieser Fall auch war, so denke ich trotzdem das wir von ihr auch etwas lernen können. Nämlich Strategien zur Bewältigung von extremen Problemen.

Besonders interessant fand ich den Ansatz mit ihrem fiktiven Zukunfts-Ich. Sie sagte im Inteview, das sie als 12 jährige, immer daran geglaubt hat, von ihrem älteren Erwachsenen "Ich", gerettet zu werden, und genau so war es jetzt auch. Wenn ich das nächste mal eine Panikattacke habe, werde ich diesen Lösungsweg einmal versuchen!!

Ich denke sie hat gute Chancen ein normales Leben fürhen zu können, auch wenn hinter der äußeren Fassade sicherlich einige Traumen sind, die sie nicht nach aussen zeigt...

Ich wünsche ihr jedenfalls noch alles gute!
Sie hat gute Chancen es zu schaffen!

EDIT:
Was mich aber ein wenig wundert ist, das "erst" nach 8 Jahren die Chance auf Flucht bestand. Sie hat ja selber gesagt, das sie häufig raus gekommen ist, auf die Straße, in Geschäfte etc. Ich hätte dem Entführer bei der ersten Gelegenheit in die Eier getreten und wäre abgehauen. Das wundert mich, das erst nach 8 Jahren(!!!!) eine Flucht möglich war.

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zu_wenig
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Post Thu, 07.Sep.06, 6:23      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

Hallo

Es ist schockierend was ein Kind erleben muss und da auch herranwachsen , ich war sehr erschüttert , zum einen Teil weil ich "Nataschas " Eltern sehr verstehen konnte sie haben Angst gehabt um ihre Tochter , jahrelange Ungewissheit ist echt schlimm , man weiß nicht ob lebendig oder Tod , man weiß nicht was geschehen ist, aber hat immer in sich die Hoffnung " sie lebt noch " .
Und dann nach 8 Jahren ist das kleine Mädchen ,eine junge Frau und ich meine nachdem ich jetzt ihr Interview gesehen habe und es innerlisch verschlungen habe , da mich diese junge Frau sehr interesiert .
Sie wirkt sehr sicher sehr stark auf der einen Seite , und dann auf der anderen ist die verletzliche Seite zu sehen .
Ich finde sie hat eine starke Persönlichkeit was echt der Hammer ist nach 8 Jahren in Gefangenschaft.

Ich hoffe für Sie das sie mit Hilfe der Psychologen und auch mit der Unterstützung ihr leben soweit neu finden kann und einen Teil der Vergangenheit hinter sich abschließt, alles wird nicht vergessen sein aber einen Teil vielleicht.

Und zu ihrem Peiniger , ich frage mich welche Abgründe in seinem inneren waren ein Kind , ein heranwachsendes Mädchen in einen Raum zu sperren und dort zu halten wie ein Stück Vieh.
Ich kann nur eins sagen , ich kann sowas nicht verstehen auch nicht das es nie bemerkt wurde das er da ein Kind in seinem Haus gefangen hält.
Da ist es egal ob Einzelgänger oder nicht , die Polizei hatte damals ein Auge auf ihn , tja die haben nicht richtig gekuckt , das hätte Natascha vielleicht alles erspart wenn sie sich mehr auf den Verdacht gestürzt hätten, und bei Gefahr in Verzug kann man in eine Wohnung oder ein Haus auch ohne "durchsuchungsbefehl " wieso sind sie dann nicht in das haus , weil es auf die mutter gelaufen ist , die haben nicht wirklich richtig ermittelt finde ich
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Giordano
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Post Thu, 07.Sep.06, 11:58      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

Auf mich hat sie auch sehr stark gewirkt. Selbst wenn es "nur" eine in den 8 Jahren erworbene Strategie ist, muss man das bewundern. Ein starker Lebenswille, eine Lebensfreude ist in ihr, die es ihr ermöglichten, sich nicht brechen zu lassen...

Dieses Sich-Stark-Zeigen hat mich ein bisschen an den Roman vom Imre Kertesz (Roman eines Schicksallosen) erinnert. Darin erlebt ein Jugendlicher die Deportation in ein KZ. Er weigert sich dann im Nachhinein allerdings sich als Opfer zu fühlen, er kann es nicht haben bemitleidet zu werden. Denn dadurch würden all die Jahre ganz ausgelöscht werden, aber auch wenn sie schwer und hart und unmenschlich waren, es waren doch seine Jahre und es war seine Jugend... So ähnlich geschockt wie manche Leser des Romans waren, so ähnlich ist bei manchen auch das Unverständnis darüber, dass es für Natascha auch schöne Momente gab... Mit diesem Zwiespalt können manche nicht annehmen, wie mir scheint... Denn man hat einfach gebrochen zu sein, man hat ein abschreckendes Beispiel zu sein, so höre ich im Hintergrund das unausgesprochene Unbehagen...

Was mich aber auch wirklich beeindruckt hat an ihr, war das was sie im ORF dann ihre "soziale Kompetenz" oder "Empathie" genannt haben. So zynisch es klingen mag, hat sie ihre Isolation vielleicht doch auch vor dieser "normalen Verrohung" bewahrt, der wir in der Phase des Heranwachsens, wenn es darum geht sich durchzusetzen, seine Territorien abzustecken, ausgesetzt sind... Finde die psychologischen Mechanismen, die da ablaufen schon sehr interessant.

Ich hoffe wirklich sie wird jetzt von den Medien in Ruhe gelassen, und weiterhin liebevoll umsorgt von ihrer Familie und freundschaftlichen Helfern... Sie wird es schaffen, denke ich...

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Therese28
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Post Thu, 07.Sep.06, 12:03      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top




      Meine Stellungnahme hier wird gewiss nicht zum Erwecken von Sympathie taugen.
      Dennoch: das Breittreten dieser Thematik finde ich obsolet.

      Ginge es hier ausschließlich um die Rolle der Medien -gut.
      Das detaillierte Aufwärmen und Senf-dazugeben jedes einzelnen hier, halte ich jedoch für mehr als überflüssig und belanglos! Ist die Geschichte doch bereits Aufmacher der Medien allerorts.

      Da ändert für mich auch Folgendes nichts:
      rlf wrote:
      ich habe lange gezögert, dieses Thema im Forum anzusprechen (...) Nun aber hat sich Natascha K. entschlossen, erstmals in die Öffentlichkeit zu treten
      Umso mehr, als doch klar ersichtlich ist, dass die Intention von Frau Kampusch, sich öffentlich zu äußern, dahingehend war, den weiteren Rummel um ihre Person tunlichst zu vermeiden. Ja, und der pekuniäre Aspekt war wohl auch kein geringer.

      Es wird sich hier niemand finden, dessen Anteilnahme nicht dieser bewundernswerten jugen Frau gilt.

      Erfüllen wir ihr doch ihren Wunsch. Tun wir unser Möglichstes, um das Gras zum Sprießen zu bringen. Auf dass es ehebaldigst über diese Causa wächst.



        Viel Kraft Natascha
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      Post Thu, 07.Sep.06, 12:14      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

      Hallo!
      Quote:
      was hat sie in Ihnen ausgelöst?


      Wie klein und unbedeutend sind dagegen Meine "Probleme".

      _________________
      Viele Grüsse!

      Indi
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      Post Thu, 07.Sep.06, 12:37      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

      @ menis
      Quote:
      Das detaillierte Aufwärmen und Senf-dazugeben jedes einzelnen hier, halte ich jedoch für mehr als überflüssig und belanglos! Ist die Geschichte doch bereits Aufmacher der Medien allerorts.

      Naja... Jetzt hast Du ja auch Deinen Senf dazu abgegeben...

      @ all
      Ich vermute mal, es ist ganz "normal", dass ein wahnsinniges Interesse der Medien an dieser unglaublichen Geschichte besteht.
      Aber ich finde es auch sehr verständlich, wenn Natascha K. sagt, dass sie selbst "ihre Geschichte" erzählen möchte. Völlig unabhängig davon ob es dem Zweck diente, die Medien zu beruhigen oder nicht...es verdient Respekt, dass sie sich so kurz nach ihrer Flucht damit an die Öffentlichkeit gewagt hat!


      Zitrönchen

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      Post Thu, 07.Sep.06, 12:49      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

      mich hat es - wie wohl jeden - sehr berührt...

      mir waren auch von anfang an sachen völlig sonnenklar die in meinem umfeld oft als "seltsam" und "ungreimt" beschreiben wurden.

      kinder die gewalt von ihren eltern erleben rennen auch oft nicht zum lehrer oder kassier und rufen um hilfe - oft verteidigen sie ihre eltern und vertuschen ihr leid. wie gestern auch angesprochen wurde - weil keiner NUR böse und keiner NUR gut ist.

      wie oft lügt unsereins jemanden an wen ner gefragt ist wie es einem geht, sagt "gut" und lächelt gequält - hoffend das der andere es merkt - nachfragt. fremde registrieren diese kleinen zeichen nicht. freudne schon. sie hatte zu der zeit keinen freund - oder lediglich die gute seite des herrn priklopil.

      auch kann ich ihren wunsch verstehen sich zu äussern. es ist etwas anderes, die mutmaßungen in den medien mit zu bekommen - die bei vielen menschen sehr giftige und zynische feststellungen erzeugten - durchaus auch neid - so grotesk das klingt - oder sie selber zu sehen und zu erkennen - es ist authentisch...
      jeder von uns kennt es wankelmütig zu sein, gewissen ambivalenzen zu leben, seine meinungen zu ändern. uns wirft man es aber so gut wie nie vor. viele aber fühlen sich plötzlich befreit von solchen menschlichen merkmalen weil es macht gibt, ein fremdes schicksal zu zerpflücken.

      ich interessiere mich in diesem fall auch für die motivation jener menschen, die sehr negativ reagieren, sagen das sie das alles nicht interessiert, es nur ein fake wäre oder sie für eine gerissene strategin halten. ich frage mich - was menschen zu diesem zynismus bewegt - warum manche vor mitgefühl verschont bleiben. oder ob sie sich bedroht fühlen. auch ist es ja in, in oposition zu sein. warum also nicht auch in einer sache die ans herz geht - dann eben den harten zyniker markieren - wirkt ja sehr cool und hart - und - man erregt aufmerksamkeit durch die empörten.

      ich glaube auch, das es aus der konfrontation mit dem eigenen leid kommt. ich meine - es ist stärke, seine eigenen schwächen zu erkennen, sie artikulieren zu könnenb, zugeben zu können das man opfer war oder leid ertragen musste. wir hier sind in der regel solche leute - wir wären sinst kaum hier. daher vermute ich, wird es hier in der regel auch mehr menschen geben, die mitfühlen können, sich mit manchem gar identifizieren können. wer aber sein eigenes leid, sein eigenes opfersein, seine schwächen ablehnt - der macht sich dann auch über andere lustig oder unterdrückt deren recht auf das ausleben und artikulieren des leides.

      herr priklopil ist ein tragisches beispiel einer kindheit wo die liebe nicht dem kind galt - sondern den eigenen bedürfnissen der eltern - würde ich sagen. die liebe hat das kind vollkommen vorbei an dessen bedürfnissen erdrückt. wie auch viele in erwachsene beziehungen nicht begreifen: liebe ist - den anderen zu SEHEN und ihn so sein und wachsen zu lassen wie er IST.

      die strategie mit dem zukünftigen ich habe ich selber auch angewandt. als es mir in meienr jugend sehr schlecht ging nahm ich konkat auf zu meinem 30-jährigen ich. stellte mir vor wie dieses sich herausgestrudelt und gemauster hätte und nun eine zeitreise zurück macht um mir zu helfen un zuversicht zu geben. es hat geholfen. und tatsächlich habe ich als 30-jährige eine phase durchlebt- in der ich mich intensiv um die damalige zeit mein damaliges ich kümmerte.

      bezüglich medien. sie gäbe es nicht - gäbe es keine menschen. wir tun oft so als wären medien so eine art phänomen ohne reales leben. es ist tatsächlich schwer, in so einem fall, die richtige linie zu bringen. auf der einen seite das große interesse von uns allen - weil es ein schicksal ist das berührt, weil sich jeder fragt (so glaube ich) wie viel würde ICH ertragen... es konfrontiert uns...

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      Post Thu, 07.Sep.06, 13:02      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

      auf der anderen seite... jeder weiß auch un kann nachvollziehen wie nötig von ihr ruhe ist. das ist ein echt schwieriger spagat.
      ich frage mich, ob es wirklich gereicht hätte - wäre es ein kleiner randabsatz in der zeitung gewesen.

      ich versuchs aufs kleine umzumünzen. kommt der lang ersehnte sohn heim, dann wird auch geschrien, gejubelt, geweint, die verwandtschaft trommelt sich zusammen, man will alels genau wissen, fotos sehen....

      ich denke es ist sowas wie ein urverhalten von uns menschen. hätten wir keinerlei interesse daran - wären wir wirklich verroht. das spektakel machen wir - die wir uns freuen und interessiert sind wie ein mensch so etwas schaffen kann. die medien sind ein eigenes thema. sie erzeugen pseudobekannte - und wir verhalten usn gegenüber dieser pseudobekannten so wie gegenüber echten bekannten... verlieben uns und interssieren uns, oder hassen und empfinden wut... menschen gegenüber denen wir nie begegnet sind und denen wir nie begegnen werden.

      ich empfinde tiefen respekt vor nataschas selbstvertrauen. ich denke so grenzsituationen erzeugen eine tiefe verbundenheit mit dem leben in seiner puren form - und unter diesen umständen glaube ich wird auch der eigene wille deutlich und klar. auch ist es für keinen von usn vorstellbar wie es sein muss, so viel zeit zu haben. so ein komplett anderes verständnis von zeit zu entwickeln. ich glaube auch daraus erwächst ihr selbstvertrauen. wer die zeit hat sich für seine wünsche einzusetzen, weiß wer er ist und was er will - lässt sich nicht übervorteilen. unsereins wird zu entscheidungen ja oft so auf die schnelle und nebenbei gedrängt....

      ich finde es nicht verkehrt - sich darüber gedanken zu machen. denn ich denke - jeder gedanke dazu ist auch ein gedanke über sich selber. sie wird diese beiträge nicht lesen. ich denke, wer wirklich berührt ist - wird so auch über sich selber etwas lernen.
      ich tu das. speziell was selbstvertrauen, entscheidungswilligkeit ist.

      sich hinzusetzen und etwas zu tun im bewusstsein das viele sagen würden (und ihr gesagt haben) zu es nicht - einfach weil sie weiß das sie es für sich und ihre belange tun kann - ist eine entscheidung die mut und kraft erfordert. der vorwurf berechnend kann man ihr nur insofern geben - als das sie diesen hype nutzt etwas für ihre foundation zu bewegen. wer von uns käme auf diese idee? udn wie viele würden sich lieber leid tun und verkriechen anstatt zu sagen: was ist, das ist und das nehme ich an - ich nehme diese verantwortung an und handle entsprechend.

      respekt.

      etwas, von dem sich gerade die schärfsten gegner, zyniker und weltverschwörungstheoretiker einiges abschneiden können.

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      Post Thu, 07.Sep.06, 14:23      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

      Hallo,

      ich habe das Interview auch gesehen und muss sagen, dass ich den Zeitpunkt für verfrüht halte. Man hat ja an ihrer Körpersprache gesehen, wie ihr einiges wieder nahe gegangen ist, sie nicht mehr richtig atmen konnte. Aber weil das Medieninteresse so groß war, musste sie das Interview wohl geben. Wie Herr Fellner schon sagte, nutzt sie ja auch die Vorteile der Medienwelt und ist finanziell abgesichert. Also wollte sie den Hype um sie jetzt noch nutzen, denn in 3-4 Wochen wird der große Rummel auch wieder vorbei sein. Leider wird es in Zukunft, nachdem ihr Gesicht bekannt ist, wohl auch Medienleute geben, die ihr auflauern und sie auf Schritt und Tritt beobachten werden, um weitere Fotos zu machen oder noch Antworten auf Fragen zu bekommen, die im Interview nicht gestellt worden sind.
      Ich wünsche Ihr sehr, dass sie zur Ruhe kommt, aber ich befürchte leider auch, dass sie jetzt erst recht ein "Medienstar" ist und in Europa (nicht nur Österreich) überall erkannt wird.

      Viele Grüße

      Karola
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      Post Thu, 07.Sep.06, 14:56      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

      Ich vertrete diesbezüglich eine andere Meinung.

      Ihr "Untertauchen" nach ihrer Flucht fand ich eine sehr gute Sache, denn ich kann mir vorstellen, dass man nach 8 Jahren Gefangenschaft zu labil ist, um sich öffentlich zu stellen. Dass sie nun an die Öffentlichkeit geht, finde ich sehr sehr schade.

      Das Argument, dadurch die geifernde Meute zu beruhigen und sich selbst Ruhe zu verschaffen, ist lächerlich falsch und so kurzsichtig naiv, dass sie mir jetzt schon leid tut. Für mich ist klar, dass sie nun, da sie jeder visuell kennt, sie auf jeden Fall ein schweres Leben in der Zukunft hat - schwerer noch als das, das ihr aufgrund ihrer Erfahrungen sowieso bevorgestanden hätte. Die ganze Geschichte steht ihr nun wie ein Stempel auf dem Gesicht geschrieben und der Stempel ist wahrlich kein schöner. Kein Zweifel, dass die lange Zeit der Aufarbeitung bedarf, allerdings sollte die Aufarbeitung nicht in den Medien stattfinden, sondern zusammen mit Fachpersonal, das einem Rückhalt und Vertrauen entgegenbringt.

      Ich finde es zutiefst erniedrigend, dass die gesamte Presse die Psyche einer Person diskutiert; und wenn ich mir dazu noch vorstelle, dass diese Person nun auch noch bekannt ist (anstatt verhüllt - die Mutmaßungen über ihr jetziges Aussehen gingen ja weit an der Tatsache vorbei), dreht mir vor Mitleid den Magen um. Ich frage mich, wer oder was sie zu diesem Schritt bewogen hat. Trotz ihrer Abgeschlossenheit hat der Brief, den ich in Auszügen gelesen habe, einen intelligenten und aufgeklärten Eindruck bei mir hinterlassen, weswegen ich mir schwer vorstellen kann, es wäre allein ihre Idee gewesen, nach ein paar Tagen der Erholung an die Öffentlichkeit zu gehen. Wenn tatsächlich Geld eine Rolle gespielt hat, dann hat sie mein doppeltes Mitleid. Eine geschundene Seele auch noch zu verkaufen, ist wohl das letzte, was einem Menschen passieren sollte.

      Die mediale Inszenierung (v.a. in der Boulevardpresse) finde ich einfach nur widerlich.

      vlg
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      Post Thu, 07.Sep.06, 15:15      Re: Der "Fall Natascha Kampusch" Reply with quoteBack to top

      es dient keineswegs als rechtfertigung - bitte nicht auch so verstehen.

      mediale ausbeutung von geschundenen seelen und körpern findet tagtäglich und ständig satt - in der regel ohne das die opfer irgend etwas steuern können.

      sie hat den weg der aktivität gewählt - anstatt das dann papparazzis sich eine goldenen nase mit fotos verdienen die sie in nicht so vorteilhafter situation zeigen.

      ebenso wird sie vermutlich so ein freieres leben leben können, als wenn sie sich versteckt. auch wenn es eine tragische ist - so ist es doch ihre identität. ich weiß nicht ob es nicht unangenehmer wäre - sich selber verleugnen zu müssen, mit keinem sprechen zu können, immer auf der hut zu sein nicht entdeckt zu werden - dreimal überlegen zu müssen wem man sich anvertraut - nur dafür das sich dann irgendwer produziert und profitiert.

      da gilt es dann das thema medien im allgemeinen zu diskutieren. nicht nur in diesem fall - sondern ganz generell. ein ganzer berufs und wiurtschaftszweig wird keine ausnahme machen. wäre der mensch so menschlich gäbe es auch keinen krieg.

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