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Laguna
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Post Sat, 02.Sep.06, 17:47      Der Spielplatz Reply with quoteBack to top

Als ich ca. 5 oder 6 Jahre alt war, es war der Sommer vor meiner Einschulung, war ich auf einem Spielplatz und spielte dort mit Kindern aus meiner Nachbarschaft.
Wir waren recht viele, irgendwann den Abend verabschiedeten sich die meisten der anderen und ich blieb zurück mit zwei Jungen, einer von ihnen wohnte direkt im Haus nebenan, der andere ist der Sohn meines Patenonkels, wir spielten fangen.
Sie rissen an meiner Kleidung und ich blieb stehen, um sie wieder zurecht zurücken. Die beiden sahen sich an, tuschelten und und lachten. Ich sah es und bekam ein ungutes Gefühl. Sie rannten zu mir rüber, warfen mich auf den boden, hielten mich fest, der eine zog mir die Hose und die Unterhose runter und setze sich auf meine Beine, der andere riss mir T-Shirt und Unterhemd über den Kopf und hielt meine Arme fest.
Ich begann zu weinen und sagte immer wieder "nein" und sie lachten nur. Ich weiß nicht wie lang sie mich festhielten und weiter lachten.
Irgendwann ließen sie mich gehen und ich rannte weinend nach Hause. Meine Mutter fragte, was sei und erzählte ihr davon.
Sie zwang mich sofort zur Nachbarin hinüber zu gehen und es ihr zuberichten und auch zu meinem Patenonkel.
Die beiden kamen erst sehr viel später Heim.

Nachdem das geschehen war hörte ich auf zu essen, bis meine Mutter mir mit Sondennahrung drohte, weil ich nur noch ein Skelett war.
Ich konnte mich bis zu meinem 17. Lebensjahr an all das nicht mehr erinnern. Nur durch einen Zufall in einer Discothek erinnerte ich mich den nächsten Morgen daran.
Ich stand im Bad vorm Waschbecken und alles kam wieder in mir hoch, es war, als würde dieser Schmerz mich zerreißen.
Ich kann bis heute nicht damit umgehen, hab es nur einer mal während einer stationären Behandlung angesprochen.
Es gibt Tage, da legt mich diese Erinnerung lahm, ich kann nichts mehr tun, sitze mit angewinkelten Beinen in einem Stuhl, zittere und wiege mich wie ein kleines Baby hinundher.

Ich bin seit ich 16 bin bulimisch, war vier Jahre deshalb in Therapie, habe versucht mich umzubringen und schneide mir so ziemlich überall alles auf, wo es niemand sehen kann.
In meiner ambulanten Therapie hatte meine Therapeutin mir freigestellt, darüber zu reden, sie erfuhr von all dem erst, als sie den Bericht aus der Klinik bekam. Einmal hatte ich Mut gefasst, machte mir extra einen Termin bei ihr und ich konnte nicht reden, ich habe minutenlang vor mich hingestottert, keinen Satz konnte ich formen, gar nichts.

Ich weiß nicht mal, ob das, was die Jungen mit mir gemacht haben eine Straftat ist.
Aber es hat mir so sehr mein Leben versaut.
Ich habe mein Abitur abgebrochen, weil ich damit nicht klar kam und war 1 1/2 Jahre nicht arbeitsfähig. Ich bin 21 und mein Leben kommt mir wie ein Haufen Schrott vor!

Einer der beiden, der Sohn meines Patenonkels hat mittlerweile zwei Kinder und eine Familie gegründet und ich kann keinen Mann an mich herankommmen lassen.

Hat jemand von euch auch irgendetwas in der Art erlebt?
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Whoopie
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Post Sat, 02.Sep.06, 23:14      Re: Der Spielplatz Reply with quoteBack to top

Liebe Laguna,

das ist ganz schlimm, was man da mit Dir gemacht hat. Das tut mir sehr leid. Es ist eine Straftat, es ist Missbrauch, aber ich vermute mal die beiden Jungen waren damals noch nicht strafmündig. Vorallem war es ein Trauma für Dich und es ist völlig klar, dass Du das nicht mal eben so erzählen kannst, auch nicht bei der Therapeutin. Das dauert. Es muss sich ein Vertrauensverhältnis aufbauen.

Es tut mir auch beim Lesen weh, wie Deine Mutter damit umgegangen ist. Sie zwang Dich, das zu erzählen. Das ist ein erneuter Missbrauch. Dann drohte sie mit Zwangsernährung anstatt auf Deine Probleme einzugehen.

Ich glaube schon, dass das bearbeítet werden muss. Mit einem Experten/ einer Expertin. Dabei solltest Du Dir selbst Zeit lassen, soviel wie Du brauchst.

Viele Grüße
Whoopie
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alalie
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Post Sun, 03.Sep.06, 14:57      Re: Der Spielplatz Reply with quoteBack to top

Liebe Laguna,
ich kann mir relativ gut vorstellen wie´s dir geht. Ich erinnerte mich wohl cirka im selben Alter an einen Vorfall, später kamen noch ein paar Erinnerungen dazu. Ich bin zwar jetzt in Therapie, aber kann immer noch nicht glauben, dass diese paar "Kleinigkeiten" mir mein Leben so versauen können.
Bei mir ist´s so dass ich fast Panik bekommen wenn jmd versucht mir wirklich nah zu kommen, Nähe UND Sexualität/Körperlichkeit bringe ich gar nicht zusammen... Ich hatte zwar ein langjährigen Beziehung, aber da habe ich den Sex über mich ergehen lassen wenn ich ihn nicht merh vermeiden konnte.
Ich weiß niht recht wie ichs beschreiben soll, aber ich "funktioniere" zwar nach außen hin recth gut, aber ich "lebe" nicht... d.h. Ich habe ein eingeschränktes Emotionsspektrum, starke Gefühle, Wut, Schmerz, Liebe, Vertrauen,... etc. das kann ich alle snur eingeschränkt "fühlen", ich habe starke stimmungsschwankungen, verletze mich selber, bin tendenziell soziophob... Körperlichkeit ist grundsätzlich schwierige und ein Problem für mich - ob jetzt in Bezug auf Selbstwertgefühl, Selbst"befriedigung" (ich kann und mag mich nicht anfassen), sex mit anderen, oder einfach nur simpler körperkontakt mit guten freundInnen... und schwer darüber reden können - wenn dann hpts metaphorisch, erst in der Therapie schildere ich details, aber "natürlich" emotionslos....

Diese Erfahrungen die ich machte haben auch insofern mit deiner Erfahrung eine Gemeinsamkeit, als es bei mir ebenfalls mit Demütigung, Augelacht werden, Ohnmacht,... zu tun hat - immer mit diesem sexuellen Aspekt gekoppelt.

Es ist zwar für mich immer noch schwierig zu begreifen, dass einzelne/wenige und noch dazu "relativ" "harmlose" (man kann natürlich nicht vergleichen - das wort zeigt nur wie ich es bei mir selbst nach wie vor ver-harmlose...) Mißbrauchssituationen einen Menschen derartig fertig machen können, aber leider ist es so, und ich weiß ich muss das anerkennen, um das"heilen" zu können...

Wie geht es dir damit? Hast du schuldgefühle? Bist du wütend - auf die Täter, deine Mutter,... ? Seit wann setzt du dich damit bewußt auseinander? Ist dir klar dass es NICHT DEINE SCHULD ist?

Alles Liebe,
alalie hug
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liv1
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Post Sun, 03.Sep.06, 15:35      Re: Der Spielplatz Reply with quoteBack to top

Laguna,

auch mir tut es sehr leid, was Dir passiert ist/was mit Dir gemacht wurde und dass Du nach dieser langen Zeit noch so darunter leidest!

Mich betrifft es eben gerade besonders, da fast dasselbe mit dem 5-jährigen Mädchen meiner Freundin gemacht wurde. Nur, dass einer der Jungen (13) eingedrungen ist und Stossbewegungen ausgeführt hat und dann den anderen (11) aufforderte dies auch zu tun.

Hier in der Schweiz (wohl aber auch in Deutschland und Österreich) ging das die letzte Woche (fast zuviel) in der Presse herum. Ich kann dazu meine Gefühle schlecht beschreiben - mir tut das Kind bestimmt sehr leid, und ich verstehe auch irgendwie, dass die Eltern damit an die Öffentlichkeit gingen - aber vergewaltigt man damit ein Kind nicht gleich nochmal? Kommt es dem Kind zugute, wenn es laut Presse (Klatschpresse mit inbegriffen!!) das "Opfer" ist und alle das (dank unscharfem Foto) wissen?

Erschreckend war für mich einfach, dass (zumindest!) eine Familie fünf Wochen von dieser Tat wusste (da der Junge es gesehen hat) und nicht damit rausrückte.

Wie solltest Du, als 5-6 -jähriges Kind den Mut aufbringen, sowas (ausserhalb der Familie) zu erzählen. Das war, wie schon von Whoopie erwähnt, die zweite "Vergewaltigung". Wir sahen es bei dem Jungen von gegenüber (der den Missbrauch beobachtet hatte): seine Eltern redeten auf ihn ein, die ganze Sache der Mutter des Opfers zu erzählen. Aber was für einen Mut bräuchte da ein Kind, zu einer wildfremden Frau zu sagen: Hey, Sie, ihre Tochter wurde **** - ich habe es gesehen, bin aber nicht eingeschritten .... . Sowas kannst Du auch echt nicht von einem 10-jährigen Kind verlangen.

Das gute daran, dass die Eltern des Mädchens dermassen offensiv an die Sache rangingen, ist, dass beide Jungen (die das Mädchen vergewaltigten) von der Schule verwiesen und daher - zumindest unter der Woche - nicht mehr im Dorf anzutreffen sind.

Meine Gefühle sind aber sehr gespalten, da ich mir noch immer nicht sicher bin, ob es dermassen in der Öffentlichkeit hätte breitgetreten werden dürfen .... . Aber es erschreckt einen schon, wenn man bedenkt, dass das Mädchen zur Blut - und Abstrich-entnahme zum Arzt musste. Blutabnahme deswegen, weil das Kind durch den Übergriff ja Hepatitis C oder gar HIV-Viren bekommen haben könnte. Wieso der Abstrich genau durchgeführt werden sollte, weiss ich jetzt nicht wirklich, da die Tat ja schon vor Wochen geschah. Und nur schon die Situation glich einer zweiten Vergewaltigung - daher liessen sie es auch nach ein paar Sekunden wieder bleiben.

Ich weiss leider echt nicht mehr dazu zu schreiben. Ich wünsche Dir einfach ganz viel Kraft, Lebensmut und Zuversicht und grüsse Dich herzlich, liv
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Laguna
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Post Sun, 03.Sep.06, 16:16      Re: Der Spielplatz Reply with quoteBack to top

Vielen Dank für eure lieben Antwort und euer Mitgefühl.

@Whoopie
Ich habe mir lange Zeit Gedanken darüber gemacht, wie es mir heute ergehn würde, wenn meine Mutter mit mir nach diesem Vorfall zu einer Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeutin gegangen wäre...ich denke, ich wäre heute nicht so instabil und hätte es damals sicher besser verarbeiten oder besser noch, bearbeiten können.
Ich bin traurig, dass sie es nicht getan hat.
Wir haben nie wieder darüber gesprochen und im Nachhinein fühle ich mich sehr allein gelassen mit diesem Erlebnis.
So als wäre es für andere oder eben meine Mutter nur eine Lapalie, etwas, das mal "passieren" kann, das man hinnehmen muss.
Alles an diesem Geschehenis und all die "Kleinigkeiten drum herum, wirklich alles, ist so schmerzhaft für mich und seit ich mich wieder dran erinnere, wünsche ich mir, es wieder vergessen zu können.


@alalie
Ich weiß genau, was du meinst, wenn du von "Kleinigkeiten" sprichst.
Je nach dem, wie mein Gesamtzustand ist, sage ich zu mir entweder, es sei doch gar nicht gewesen, was der Rede wert wäre, es gibt so viel Schlimmeres, was Frauen und Kindern angetan wird und da komme ich mit etwas derartigem daher und dann schäme ich mich für die Augenblicke, in denen ich großen Schmerz über das empfinde, was passiert ist.
Ich kann kaum glauben, wie ambivalent ich der ganzen Sachen gegenüber stehen kan, ich verstehe nicht, wie diese beiden Sachen mit einander einhergehen können.
Mal ist es nur diese "Kleinigkeit" und das nächste Mal, haut es mich massiv um. Ich kann diese beiden Seiten an mir nicht verstehen, ich weiß einfach nicht, wie soetwas sein kann.

Ich bin wütend, dass ich mir durch diesen Vorfall, mein Leben Leben immer wieder aufs Neue erschwere, durch das Erbrechen, Hungern, Schneiden, Depressivität...ich habe so viele Einbußen in meinem Leben gemacht.
Es macht mich sehr wütend, wenn ich an den einen der beiden denke, der nun zwei kleine Kinder hat, weil ich mir sage, er hat eine Familie und ein zufriedenes Leben...genau weiß ich es natürlich nicht, aber er hat mir in meinem bisherigen Leben die Freude an diesen Dingen genommen.
Und es ist so, dass mein Patenonkel in der gleiche Straße wohnt, in der ich bis Anfang des Jahre lebte und ich im sehr oft begegne und ich muss immer nett sein, dabei möchte eigentlich meine Wut zum Ausdruck bringen...ich kann es nur nicht.

Ich kann dir gar nicht sagen, ob ich mich überhaupt bewusst damit auseinander setzte.
Meist sind es nur die Bilder und der Ablauf des ganzen, die in meinem Kopf wieder und wieder ablaufen, wie ein Fließband.
Das hier im Forum ist eigentlich das erste Mal, das ich es bespreche.
Ich habe es meinem Therapeuten, während meines stationäre Aufenthaltes zwar berichtet, aber er hat nichts dazu gesagt, er hat "nur" zugehört.
Und auf deine Frage, ob mir bewusst ist, dass es nicht meine Schuld ist, muss ich sagen, ich kann es mir in manchen Augenblicken nicht vor Augen halten, dass ich "unschuldig" bin. Ich steigere mich hin und wieder so stark in das Geschehen rein, dass ich mir starke Vorwürfe mache, nicht gegangen zu sein, als es die meisten der anderen Kinder an dem Abend nach hause zog.

@Liv1
Es tut mir Leid, was der Tochter deiner Freundin geschehen und ich hoffe, man wird ihr helfen, es zu verarbeiten, damit sie irgendwann damit umgehen kann.
Ich habe nichts davon mitbekommen...
Aber ich denke, es ist besser so, denn wenn ich davon gelesen hätte, hätte es mich sicherlich stark reingerissen und du schreibst ja auch, das lange Zeit davon berichtet wurde, was hieße, ich hätte es über diese Zeit massiv im Kopf gehabt.
Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, dass das was der Kleinen angetan wurde, in die Öffentlichkeit gelangt ist.
Ich sehe vor und Nachteile...
Trotzdem muss ich ausdrücklich sagen, dass ich meine, dass das Opfer geschützt werden sollte, einfach immer und wenn man die Medien da mit hineinzieht, bin ich mir ganz und gar unsicher, dass das möglich ist.
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alalie
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Post Wed, 06.Sep.06, 13:49      Re: Der Spielplatz Reply with quoteBack to top

Hi laguna,
ich hab mir dien posting nochmal durchgelesen, und möchte zu Alles an diesem Geschehenis und all die "Kleinigkeiten drum herum, wirklich alles, ist so schmerzhaft für mich und seit ich mich wieder dran erinnere, wünsche ich mir, es wieder vergessen zu können. "
noch etwas sagen:
Sei froh, dass du dich erinnerst, denn erst mit dem Wissen um die Ursachen deiner Probleme, kannst du daran arbeiten! Ansonsten hättest du zwar ständig die Probleme, und du könntest es vielleicht sogar schaffen ein "symptom" zu behandeln und loszuwerden, aber dafür würde halt ein anderer "Tick" zu dem restlichen packen an Symptomen dazu kommen.
Klartext: wenn du das problem nicht vom keim auf bearbeiten kannst, wirst du nie wirklich zu einem erfüllten, gesunden leben kommen, im besten fall eben nur "funktionieren".

Ich persönlich ahne aufgrund von Kindheits -Alpträumen und fragmentarischen Erinnerungen, dass da wohl nohc mehr .... und ich wünsche mir von Herzen dass ich mich an allles erinnern werde, denn ich will es wissen, allein schon um heilen zu können...

In diesem Sinne,
viel kraft und Liebe,
alalie flower
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