Aussenseiter - Wie Kann Ich Die Mauern Abbauen?

neu an Bord! 1 österreich W, 30

hallo!

ich war gestern auf einer party, bei der überraschender weise alle die ich beruflich kenne abgesagt hatten. somit waren es also - bis auf die schwer beschäftigte gastgeberin - alles fremde gesichter.

beruflich muss ich sehr viel auf menschen zugehen (vertrieb, kundenkontakt) - und das hat auch auf der party ganz gut funktioniert. ich war also schnell mit ein paar gruppen im gespräch ... nach aussen hin sieht das also sehr kontaktfreudig aus.

aber innerlich ... da fühl ich mich sehr einsam. ich hab schon ewig niemanden mehr näher als auf der small-talk ebene kennen gelernt. und mir sitzt da auch immer die angst aus kindergartentagen im nacken. ich war ganz schrecklich unsportlich und wurde in der pause von den ballspielen immer ausgeschlossen. hab da fast immer einsam an meinem pausenbrot geknabbert und mir sehr gewünscht dazu zu gehören. so richtig als teil der herde fühle ich mich bis heute in keiner gruppe. irgendwie ist da noch immer die stimme im hinterkopf "keiner will mit dir spielen".

angeblich erscheine ich nach aussen hin sehr stark, selbstbewusst ... auch ein bisschen dominant. aber das ist eher die flucht nach vorne als wirkliches in-mir-ruhen in sozialen kontaktsituationen.

ich würd gern lernen, die mauern die ich so um mich herum aufgebaut hab (und den glaubenssatz: keiner will mich in der runde haben) abzubauen ... wie gehe ich das am besten an?

ich hab mir selbsterfahrungs-gruppen überlegt, würde das sehr gern nicht nur aus büchern lernen. aber wie finde ich da in / um wien einen geeigneten anbieter? ich bin mir nicht sicher, nach welchen stichworten ich da suchen müsste.

freu mich über eure gedanken und vielleicht auch ein paar tipps, wie ich's am besten angehen könnte.

lg,
froschkoening

Forums-InsiderIn 411 BRD W, 44

Hallo Froschkönigin,

als erstes solltest Du Dir klarmachen, dass Du wahrscheinlich zu den wenigen gehörst, die auch gar keinen Wert auf oberflächlichen Kontakt legen. Das grenzt die Möglichkeiten erheblich ein.

Ich könnte mir vorstellen, dass Du zu denen gehörst, die nach geselligen Zusammenkünften in ein tiefes Loch fallen. Deine Ansprüche sind andere.

Mein Tipp: Finde für Dich erst einmal heraus, WAS Du willst. WAS Du Dir von dem Kontakt zu anderen versprichst. Erst dann sind weitere Tipps sinnvoll.

Freue mich von Dir zu lesen.

Gruß
Whoopie

Forums-InsiderIn 296 Hamburg M, 23

Deine Befürchtungen kannst du aufschreiben. Damit meine ich alle negativen Gedanken, die für dich heute noch im Zusammenhang mit den Erlebnissen im Kindergarten stehen. Und dann suchst du dir Situationen, in denen du bereit bist, diese Gedanken auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Z.B. werde ich wirklich abgelehnt, wenn ich mich anderen gegenüber öffne ?

Ich glaube nicht, dass du dazu unbedingt einen kommerziellen Anbieter brauchst. Du müsstest eigentlich selbst am besten Wissen, was dir Schwierigkeiten bereitet. Es reicht ja nicht, einfach auf so ein Selbsterfahrungsseminar zu gehen. Dort könntest du auch ganz schnell wieder eine Mauer aufbauen und die Wirkung wäre gleich Null.

sporadischer Gast 23 Schweiz W, 28

Hallo froschkoenigin

Die Stimme im Hinterkopf: "Keiner will mit mir spielen", kenne ich nur allzu gut. Ich wurde auch jahre lang von meinen Mitschülern ausgeschlossen und gehänselt, und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als irgendwo dazu zu gehören. Mittlerweile habe ich meinen Freundeskreis, wo ich dazu gehöre und wo ich mich wohl fühle.
Dabei geholfen hat mir die Erkenntnis, dass ich nicht mit allen Leuten auskommen muss oder befreundet sein sollte. Früher war ich so ausgehungert nach Freundschaft, dass ich allen nachgelaufen bin. Mittlerweile habe ich begriffen, dass es für mich persönlich besser ist, sehr wählerisch zu sein. Ich achte darauf, bei wem ich mich wohlfühle und nicht mehr darauf, wen ich bewundere. Neue Freundschaften zu schliessen ist für mich ein langer Prozess, manchmal dauert es ein halbes Jahr oder mehr bis eine Bekannte zu einer Freundin wird. Und wenn wieder mal diese Stimme im Hinterkopf auftaucht, sage ich: "Stop, das war damals! Jetzt ist eine andere Situation!".
Wenn du also auf dieser Party nur Smalltalk gemacht hast und nicht neue Freunde gefunden hast, bedeutet das nur, dass niemand es Wert war, deinen Freund zu werden. Das sagt nichts negatives über dich aus oder über die anderen, sondern es waren einfach nicht deine Leute. Das passiert vielen Leuten recht häufig.
Deshalb wäre mein Rat an dich, achte darauf, bei wem du dich wohl fühlst und lass dir Zeit beim Freundschaften schliessen. Vielleicht fällt es dir so leichter, deine Mauern einzureissen. Für mich war es auch sehr wichtig, dass ich mit meinem Freund darüber reden konnte. Er hat mir es auch immer wieder gesagt, wenn ich wieder mal damals mit heute verwechselt habe. Hast du jemanden, mit dem du über deine Kindergartentage reden kannst? Ich glaube, solche Verletzungen steckt niemand einfach so weg.
Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen mit meinem Beitrag.

Liebe Grüsse

Lisa Simpson

Forums-Gruftie 607 Berge M, 32

Tag Froschkönigin,

als ich mich so wie du gefühlt habe, hatte ich einen riesengroßen Hass auf die dummen Gespräche, die immergleichen Masken und das offensichtliche Verstellen und dieses „mit dem anderen reden, um etwas zu bekommen“, gespürt. Bei den letzten Feiern, zu denen ich mich dann nurnoch gezwungen hatte, bin ich dann meist draußen allein gewesen und war oft dann einfach „verschwunden“.

Heute gehe ich zu keiner Feier mehr, auf die ich nicht gehen will. Und ich fühl mich gut damit.

Wenn du Menschen suchst, die dein Seelchen erreichen und in deren ebensolches du ganz tief eindringen möchtest, wirst du wahrscheinlich an ganz anderen Orten suchen müssen, als auf solchen Parties oder anderen Small-Talk-Runden. Auch solche Single-Verkaufsveranstaltungen halte ich für absolut ungeeignet...mir rollen sich die Fußnägel auf, wenn ich sehe, wie sich die Menschen da anbiedern und ihr ganzes Wesen in 3 Sätzen zusammenfasssen. Meist schaffen sie das dann auch noch, das ist das eigentlich schlimme.

Jeder quatscht einen heute voll, man solle immer erst bei sich selbst suchen und an sich arbeiten. Ja, vielleicht, aber bitte versuch nicht, dich so hinzubiegen, dass du in eine kranke Gesellschaft passt. Alles was du dazu tun kannst, ist ebenso krank zu werden. Such nicht immer den Fehler in dir. Wenn du manchmal allein sein willst, dann ist das halt so. Und wenn du oberflächliche Menschen nicht mehr leiden kannst, dann meide sie. Ich hab bemerkt, dass ich manchmal mit einem geöffneten Herzchen auch scheinbar eine ganz andere, viel tiefere „Person“, aus dem anderen heraushole. Der andere ist mir gegenüber anders, als jemand anderem gegenüber. Es ist nicht ganz ungefährlich, sich verletzlich zu machen, echt zu sein, aber das ist vielleicht ein Weg, wo du viele viele kleine Experimente machen kannst. Versuch einfach mal, auf eine herzliche und unschuldige Weise auf andere zuzugehn, dabei darauf zu achten, wann du in die Verkäufermaske oder eine der anderen Masken rutschst. Das kuriose ist, dass man gar nicht auf andere zugehen muss, wenn die Masken langsam bröckeln, sie kommen einfach oder sind bereits da.

Wie die anderen reagieren, kannst du in gewisser Weise beeinflussen. Da der andere in dir auch nur ein Bild sieht, was er sich in wenigen Sekunden zusammenbastelt oder aus dem Gedächtnis abruft und dir überstülpt, kann er auch von dir so überrascht sein, dass er sich viel weiter öffnet, als sonst. Das müsstest du mal probieren, wie auf einem Spielplatz. Dafür ist das Leben da find ich. Übrigens das Bild was du von dir selbst hast, könnte bei alledem eher stören...vielleicht lässt du da mal die Luft heraus.

Alles Gute
Hiob

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