Wieso brauch ich diese psychische Gewalt?

sporadischer Gast 24 Bamberg W, 23

Hallo,

ich habe mich sehr viel mit mir selbst beschäftigt und brauche jetzt jemanden zum Reden/Mailen. Ich habe Dinge über mich herausgefunden, die mich sehr beunruhigen.

Also, kurz zur Vorgeschichte. Meine Mutter leidet unter Depressionen und ist alkoholabhängig. Mein Vater ist ein so gefühlskalt wie ein Stein. Ich habe mir immer Vorwürfe gemacht, daß ich mich nicht genug um meine Mutter kümmere und habe ständig nach Anerkennung bei meinem Vater betteln müssen. Ich war nie gut genug.

Meine bisherigen Freunde haben sich in zwei Typen aufgeteilt. Die "Lieben und Netten" waren irgendwann zu "langweilig" und ich habe sie betrogen. Den Männer, die mich schlecht behandelt haben, bin ich regelrecht hinterher gelaufen.
Ich war bisher zweimal richtig verliebt. Mein Exfreund hat mich betrogen immer wieder und immer wieder, ich konnte mich nicht trennen. Wollte mir einmal sogar das leben nehmen als er sich getrennt hat.
Mein jetziger Freund behandelt mich teilweise sehr gut, hat mich aber auch schon betrogen. Wir haben sehr viel Streit.

So, nun zu meinem Problem/Problemen:

1. Ich hab das Gefühl, daß ich den Streit brauch. Ich weine sehr viel, wenn wir streiten, aber ohne Streit fühl ich mich nicht lebendig.

2. Ich brauche das Gefühl, daß mein Freund das "Sagen" hat und lasse mich regelrecht erniedrigen. Ich brauche das Gefühl, nichts mehr unter Kontrolle zu haben.
Z. B. er will mit mir schlafen, ich will nicht, er macht weiter und ich wehre mich nicht sondern lasse es geschehen; ich weiß gar nicht, ob ich das will oder nicht, aber ich brauch die Art, wie er dann mit mir umgeht.

3. Gestern haben wir gestritten; er ist dann immer sehr kalt und lässt mich links liegen. Ich habe gesagt, daß er mich bitte schlagen soll oder irgendwas machen soll, aber mich nicht so behandeln soll.

Das alles ist krank. Ich weiß. Ich wollte eine Therapie machen, konnte aber mit meinem Psychologen darüber nicht reden. Deswegen suche ich Euren Rat. Was ist los mit mir? Bin ich so verrückt? Was kann ich dagegen tun?

Forums-InsiderIn 153 Wien W, 25

DieVerwirrte wrote:

Hallo,

ich habe mich sehr viel mit mir selbst beschäftigt und brauche jetzt jemanden zum Reden/Mailen. Ich habe Dinge über mich herausgefunden, die mich sehr beunruhigen.

1. Ich hab das Gefühl, daß ich den Streit brauch. Ich weine sehr viel, wenn wir streiten, aber ohne Streit fühl ich mich nicht lebendig.
2. Ich brauche das Gefühl, daß mein Freund das "Sagen" hat und lasse mich regelrecht erniedrigen. Ich brauche das Gefühl, nichts mehr unter Kontrolle zu haben.
3. Gestern haben wir gestritten; er ist dann immer sehr kalt und lässt mich links liegen. Ich habe gesagt, daß er mich bitte schlagen soll oder irgendwas machen soll, aber mich nicht so behandeln soll.

Hallo!

Erstmal finde ich finde es toll von dir, dass du es geschafft hast, dich so mit dir auseinander zu setzen und diese schmerzhaften, aber wichtigen Erkenntnisse gemacht hast. Ich denke, das ist der erste Schritt, um etwas zu verändern.

Deine Beschreibung über deinen Freund hat mich sehr an die Beschreibung über deinen Vater erinnert "gefühlskalt wie ein Stein".

Kann es sein, dass du dir unbewusst immer wieder solche Typen suchst, um dich wieder in eine aus der Kindheit vertraute Situation zu bringen ("ich bin nicht gut genug, ich bekomme keine Anerkennung, ich hab nichts unter Kontrolle, hab nichts zu sagen", immer wieder Streit)?

Diese Situationen tun dir nicht gut, aber weil sie dir vertraut sind, brauchst du sie offenbar so sehr.

Du hast eine unglückliche Beziehung von deinen Eltern vorgelebt bekommen und kennst es nicht anders, als sie nachzuahmen.

Quote:

Ich wollte eine Therapie machen, konnte aber mit meinem Psychologen darüber nicht reden. Deswegen suche ich Euren Rat.

Du kannst dir hier natürlich gerne alles von der Seele schreiben und wirst auch Rat von den Forumsteilnehmern bekommen.
Dennoch würde ich dir eine Therapie sehr ans Herz legen, um deine Verhaltensmuster zu analysieren und sie schrittweise zu verändern.

Warum konntest du mit dem Psychologen nicht reden? Hat er dich nicht verstanden? Oder hast du ihm nicht vertraut? Hast du dich nicht sicher gefühlt?
Falls er einfach für dich nicht gepaßt hat, könntest du es einmal bei einem anderen versuchen.

Alles Liebe! Linea

sporadischer Gast 24 Bamberg W, 23

Danke

War ein großes Stück Arbeit.

Ja, ich suche mir oft Männer aus, die mich an meinen Vater erinnern. Aber die anderen (Netten) interessieren mich halt nicht.

Und dadurch, daß ich immer viel Verantwortung und Kontrolle haben mußte, will ich sie jetzt in einer Beziehung verlieren.

Aber ich lass mich so total erniedrigen.

Nein, ich kann darüber nicht reden. Schreiben ist ok, aber Reden... no chance.

Was soll ich tun? Wie krieg ich das weg? Komme mir vor, als wäre ich ein Fall für die Psychiatrie.

sporadischer Gast 20 NRW W, 34

Hallo,

ich denke Linea hat es im Wesentlichen auf den Punkt gebracht!

Quote:

Komme mir vor, als wäre ich ein Fall für die Psychiatrie

Da finde ich , gehst Du aber sehr hart mit Dir um!

Ich denke, dass Du den ersten Shcritt getan hast, indem Du so in Dich gegangen bist und Dir erstmal alles weitere von der Seele geschrieben hast. Die nächsten Schritte werden bestimmt folgen!
Vielleicht war der Therapeut auch einfach nicht der Richtige für Dich und Dein Problem und Du konntest kein Vetrauen fassen. Versuche es dochmal mi einer Therapeutin?

Quote:

Was soll ich tun? Wie krieg ich das weg?

Das wird nicht so schnell weggehen, da es ja eine lange Vorgeschichte hat, warum Du Dich so verhalten mußt und so empfindest. Setze Dich nicht so unter DRuck, dass Du alles sofort in der Griff kriegen mußt, sondern akzeptiere, dass dieses Verhalten im Moment - so schrecklich es auch ist - noch zu Dir gehört. Ich würde Dir dann aber auch mittelfristig zu einer Therapie raten.

LG

sootraurig

Helferlein 100 München, BRD W, 28

Hallo Verwirrte,

hier ist eine ehemals Verwirrte...! Ich war 11Jahre mit einem Mann zusammen, der mich auch sehr schlecht behandelt hatte. Natürlich war er auch "sehr nett" zwischendrin, was mir die Trennung unmöglich machte - wie Dir. Auch ich hatte vor ihm meine Freunde betrogen (nur Knutschen damals). Die waren alles liebe Kerle, zu lieb, denen bin ich auf der Nase rumgetanzt. Es gab mir Bestätigung, wenn ich sah, dass ich begehrt bin. Es tat mir gut zu sehen, wenn mein Freund eifersüchtig war, denn das gab mir erst das Gefühl, was wert zu sein.
Dann kam der M. - 11Jahre lang. Die Hölle im Nachhinein betrachtet. Es begann rel. harmlos, aber endete im Fiasko - er bedroht mich noch heute - hatte erst heute wieder eine Mail im Postfach... Früher hatte ich mich auch mal gefragt, ob ich denn Streit absichtlich provoziere, um danach bei der Versöhnung Liebe zu spüren, Wertschätzung zu erfahren? Das ist Unsinn! Er war der Schuldige! Aber ich, das Opfer, gab sich selbst die Schuld- typisch!

Ich habe mich vor 1/2 Jahr getrennt, es war sehr, sehr schlimm und hat mich unheimlich viel Kraft gekostet, aber trotz der Strapazen und Drohungen u.s.w. bin ich froh, diesen Schritt gegangen zu sein. Wenn Du meine Story lesen willst, findest Du sie unter Pepperoni - " Gewalt: ich kann es nicht verarbeiten". Ich habe mir professionelle Hilfe geholt, mache nun eine Psychotherapie und muss sagen, sie hilft mir!!! Bevor ich das erste Mal zu einer Psychotherapeutin/ Neurologin gegangen bin, habe ich mehr als 2 Jahre gezögert. Erst DIESES Forum hat mir den entscheidenden Ruck gegeben und mich überzeugt, dass ich Hilfe brauche und dass ich mich nicht zu schämen brauche. Ich habe gemerkt, dass es viele Menschen mit dem selben Problem, den selben Ängsten gibt.
Ich lerne nun in der Therapie, u.a., mich selbst zu lieben - so banal das klingt. Aber Du musst das mal so betrachten: Wenn Du bei Deiner Freundin mitbekommen würdest, dass es bei ihr so läuft wie jetzt bei Dir, dann würdest Du sicherlich anders urteilen als nun in Deinem eigenen Belang, oder? Warum sieht man bei anderen Menschen, was für diese gut ist, aber bei sich selbst ist man blind? Das Entscheidende ist einfach tatsächlich: Liebe und schätze Dich selbst! Du bist Dir selbst die Nächste! Tu Dir was Gutes! Das hört sich vll platt an, fand ich anfangs auch doof, aber es ist der Schlüssel zum Glück! Du solltest an Deinem Selbstwertgefühl arbeiten. Das wirst Du alleine aber wohl nicht in ausreichendem Maße schaffen, daher lass Dir helfen. Es ist garnicht so schlimm, es tut zwar anfangs unheimlich weh und es ist eine unheimliche Überwindung, darüber mit einer fremden Person zu sprechen, aber hinterher wird es Dir besser gehen. Voraussetzung: Du findest einen Therapeuten etc., der Dir sympathisch ist, dem Du vertrauen kannst. Das klappt nicht auf Anhieb, aber die Krankenkasse gesteht Dir mehrere Testtermine zu, um den Richtigen zu finden.
Mittlerweile bin ich in der Lage einigermaßen klar zu sehen -ohne "Schleier" im Gehirn/ Herzen. Ich bin in der Lage, Entscheidungen zu treffen und auch mal "Nein" zu sagen und das dann auch so durchzusetzen. Ich nehme Rücksicht auf mich und meinen Körper. Ich gebe mir Ruhe, wenn ich sie brauche. Es geht alles in kleinen Schritten und ist mühsam, aber es geht mir definitiv besser als vor einem 1/2 Jahr. Und dabei dachte ich damals noch, ich müsste sterben, weil es so wehtat! Nun weiß ich, dass ich soetwas NIE MEHR WIEDER erleben will und werde!
Also, Kleines, viel Kraft und Mut!
Pepperoni

Forums-InsiderIn 295 Wien W, 40

Hallo Verwirrte!
Ich kenne das Gefühl genau das du so beschreibst. Ich lebe auch in einer solchen Beziehung und ich bin mir sicher, es hat einen Grund. Sonst wäre ich doch schon längst weg. Auch wenn ich oft panisch vor Angst bin, weil er öfter droht, mich umzubringen. Wir müssen uns lösen von diesem Gefühl, es zu brauchen. Nur weil wir es nicht anders gewohnt sind.

LG
Jadee

sporadischer Gast 27 Bonn W, 26

Hallo Verwirrte,

ich kann das was Du schreibst absolut nachempfinden und denke Dir geht es da wie mir.
Ich denke nicht dass es mit Deinen Eltern oder Deiner Kindheit zu tun hast, das Du dominiert, beherrscht, ja regelrecht erniedrigt werden möchtest. Kann es sein, dass Dich das Gefühl, gerade auch beim Sex richtig geil macht?
Du bist ein sehr extremer Mensch was Deine Gefühle anbelangt, etwas unter Kontrolle zu haben ist Dir zu langweilig, daher suchst Du das Gefährliche, etwas, was Dich herausfordert. Kurz und gut: Einen Mann, den man weitläufig als Schwein bezeichnet.
Erst durch tiefe Gefühlsausbrüche hast Du das Gefühl zu leben, einen lieben netten Mann, der Dir die Welt zu Füßen liegt, das fordert Dich nicht und gibt Dir nicht die Befriedigung, die Du suchst.
Kann es sein, dass Dein Exfreund in Dir Gefühle hervorrief, die Du vorher nicht kanntest? Hattest Du das Gefühl, es tut weh Jemanden so zu lieben? Hattest Du enorme Gefühlsausbrüche, wie Eifersucht, Aggression, Wut etc. aber auch unbändige Sehnsucht?
Das was Du schreibst ist nicht krank- Es ist Deine Art zu leben. Sei froh dass Du so empfindest, es gibt Menschen, die waren noch kein einziges Mal in ihrem Leben so derartigen Gefühlen ausgesetzt.
Ich habe vor 3 Jahren fast das selbe durchgemacht, noch heute leide ich darunter. Obwohl es mich so sehr verletzte, suche ich immer wieder nach dem gleichen Schema.
Es ist unsere Art, das Leben, das Glück zu empfinden. Und ich bin dankbar dafür.
Wünsche Dir alles Gute!

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